Mit Urteil 13.10.2011 (46 C 117/11) hat das AG Norderstedt den Halter des unfallverursachenden Fahrzeuges zur Zahlung weiterer SV-Kosten in Höhe von 66,58 € zzgl. Zinsen sowie zur Freihaltung von vorgerichtlichen RA-Kosten verurteilt. Die hinter dem Halter stehende HUK-Coburg Versicherung wollte es sich nicht nehmen lassen, auch bei diesem Streitwert das Verfahren durchzuführen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg, soweit sie nicht zwischenzeitlich von den Parteien für erledigt erklärt wurde.
Die Parteien streiten im Wesentlichen um die Frage, ob das Sachverständigenhonorar, das der Kläger anlässlich der Begutachtung eines verunfallten PKW gegenüber dem Beklagten als damaligen Unfallverursacher nach einer Forderungsabtretung durch die Geschädigte geltend gemacht hat, erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist.
Hierzu gehören nach der ständigen Rechtsprechung Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlicher Mensch für zweckmäßig und notwendig halten durfte (z.B. BGH NJW1975, 160). Ein solches Vergütungsniveau wird vom Beklagten unter Hinweis auf die Ergebnisse eines „Gesprächsergebnisses BVSK-HUK Coburg“ aus dem Jahr 2009 angezweifelt, da die eingeforderte Vergütung oberhalb des hier maßgeblichen Richtwertes liege. Die Klägerseite hält dem entgegen, dass diese Studie nicht maßgeblich sein könne und der Kläger mit seiner Forderung innerhalb eines Korridors liege, der sich aus einer Honorarbefragung des BVSK für die Jahre 2010/2011 ergebe.
Insofern gilt, dass sich eine Beurteilung der Erforderlichkeit weder unmittelbar aus der Honorarumfrage eines Berufsverbandes noch aus dem erwähnten „Gesprächsergebnisses“ ergeben kann. Beide Datensammlungen hält das Gericht allerdings für grundsätzlich geeignet, bei der Ausfüllung des Rechtsbegriffs der Erforderlichkeit im Rahmen einer Gesamtabwägung Berücksichtigung zu finden. Dabei fällt allerdings auf, dass das nach Darstellung der Beklagtenseite als maximal angemessene Entgeltniveau, wie es sich aus der Liste des „Gesprächsergebnisses“ 2009 ergibt, jedenfalls in den Jahren 2010/2011 offenbar keinesfalls der üblichen Abrechnungspraxis der Verbandsmitglieder entsprach. Dies zeigt sich gerade auch im Fall des Klägers, der sich bei Überschreitung der vermeintlich zulässigen Obergrenze nach Maßgabe der Honorarbefragung gerade einmal im unteren Mittelfeld der befragten Mitglieder befindet. Solange jedoch am Markt nicht die Gegebenheiten vorherrschen, die als Ergebnis des „Gesprächsergebnisses“ beziffert wurden, ist einem Geschädigten auch nicht zumutbar, sich an diesen zu orientieren. Soweit die genannten Differenzen zwischen den vorgelegten Daten möglicherweise auf die zwischenzeitliche Marktentwicklung und mögliche Kostenanstiege seit den Jahren 2008/09 zurückzuführen sein könnten, ist festzustellen, dass die klägerseits vorgelegten Zahlen angesichts einer Gutachtenerstellung im April 2011 das aktuellere Zahlenwerk darstellen.
Nach alledem bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nach Maßgabe der konkreten Abrechnung ein Vergütungsniveau erreicht hätte, dass einen verständigen, wirtschaftlichen denkenden Menschen von seiner Beauftragung hätten absehen lassen. Damit ist das Grundhonorar der Höhe nach als erforderlich einzustufen.
Für ausreichend nachvollziehbar hält das Gericht weiter auch den Vortrag, dass der Kläger die von ihm hergestellten Photos mit einem Wasserzeichen schützen lässt. Dieses Vorgehen schlägt sich durchaus erwartbar in erhöhten Herstellungskosten nieder und erscheint angesichts der klägerseits geschilderten Interessenlage auch nicht unangemessen. Ebenso ist auch die Fahrtkostenpauschale weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden.
Kein ausreichender Vortrag des Klägers liegt dagegen hinsichtlich der Kosten für eine Halteranfrage vor. Dem Beklagten ist nämlich zuzustimmen, dass sich nicht ohne weiteres erschließt, weshalb und wann eine solche Halteranfrage im Zusammenhang mit der Gutachtenerstattung oder der sonstigen Rechtsverfolgung gerade des Klägers erforderlich war, da von der Geschädigten ausschließlich die Ersatzansprüche hinsichtlich der Sachverständigenkosten abgetreten wurden (Anlage K4). Insofern war die Klage mithin abzuweisen.
Die vorgerichtlichen Anwaltskosten waren in der beantragten Höhe unter Verzugsgesichtspunkten zu erstatten. Dabei war angesichts der Schwierigkeit der rechtlichen Beurteilung eine 1,3 RVG-Gebühr auch bei einer weniger umfangreichen konkreten Tätigkeitsentfaltung angemessen.
Die Entscheidung über die Kosten ergab sich aus den §§ 91, 91a ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Soweit das AG Norderstedt.
„Solange jedoch am Markt nicht die Gegebenheiten vorherrschen, die als Ergebnis des „Gesprächsergebnisses” beziffert wurden, ist einem Geschädigten auch nicht zumutbar, sich an diesen zu orientieren.“
Genau aus diesem Grund SCHRIEB die HUK immer: „Lediglich um den Fall abzuschließen, wären wir bereit, die Honorarforderung bis zur Höhe des Gesprächsergebnisses BVSK 2009 – HUK COBURG, vorliegend XY €, zu regulieren. FÜR DEN FALL BITTEN WIR UM ERKLÄRUNG; DASS MIT UNSERER ZAHLUNG DIE HONORARFORDERUNG ERLEDIGT IST.“ (Großschreibung erfolgte vom Kommentator)
Dies mit dem Ziel, die Gerichte mit dem mir hier vorliegenden Schriftsatz der anwaltlichen Vertretung der HUK (02.11) in die Irre zu führen: „Aus unserer Sicht bleibt festzuhalten, dass nach unseren Feststellungen der Kläger zu den ganz wenigen Schachverständigen gehört, die ihr Honorar gerichtlich geltend machen bzw. geltend machen lassen, weil es deutlich über dem liegt, was andere Sachverständige in Rechnung stellen. In tausenden von Fällen wird muss das Honorar der Sachverständigen nicht beanstandet werden.“
Es kann daher nur an alle freien und unabhängig arbeitenden Sachverständigen appelliert werden, die die obige –aufgezwungene – Erklärung abgegeben haben, diese im Interesse der fortbestehenden Marktfähigkeit unseres Berufsstandes umgehend (am besten Medien wirksam) zu widerrufen.
Das „Gesprächsergebnis BVSK/HUK-Coburg“ ist Sondervereinbarung im Sinne des VW:Urteils des BGH, da die dort angegebejnen Preise keine marktgerechten Preise sind. Es ist daher für den Geschädigten nach BGH nicht zumutbar, sich auf diese (nicht marktgerechten) Preise verweisen zu lassen. Punkt um.