Mit Urteil vom 21.06.2007 (12 S 77/07) hat das Landgericht Leipzig die beteiligte Versicherung auf die Berufung des Klägers zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten von insgesamt 1.540,47 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an. Daneben bestätigt das Gericht das erstinstanzliche Urteil des AG Leipzig insoweit, als dass auch bei der fiktiven Schadensabrechnung die Stundensätze markengebundener Fachwerkstätten berechnet werden dürfen, ebenso wie die UPE-Zuschläge.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet, mithin zulässig.
Sie hat auch in der Sache im tenorierten Umfang Erfolg.
Der Kläger hat Anspruch auf restlichen Schadensersatz i.H.v. 1.540,47 Euro nach §§ 7, 17 I StVG, § 823 BGB, § 3 PflVersG.
Der geschädigte Kläger kann als Herstellungsaufwand nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB Ersatz der Mietwagenkosten i.H.v. 1.255,38 Euro verlangen.
Im Ansatz zutreffend geht das Amtsgericht davon aus, dass der Geschädigte nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand nur den Ersatz der erforderlichen Mietwagenkosten verlangen kann, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf und dass der Geschädigte dabei nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten ist, im Rahmen des ihm zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. u.a. Urteil vom 20.03.2007 (Az.: VI ZR 254/05 m.w.N., zitiert nach Juris). Die nach einem sogenannten Unfallersatztarif geschuldeten Kosten sind grundsätzlich nur insoweit zu ersetzen, als sie tatsächlich zur Herstellung des Zustands erforderlich sind, der ohne die Schädigung bestehen würde
Vorliegend besteht die Besonderheit, dass der Kläger als Mieter des Ersatzfahrzeugs mit der Autovermietung (XXX) zwar bei Anmietung des Fahrzeugs am 05.01.2006 eine Tagesmiete von 155,00 Euro vereinbart hat, die Rechnung vom 26.01.2006 aber für die angemietete Zeit von 15 Tagen, insgesamt nur einen Tagespreis von 104,53 Euro netto zugrundegelegt (1.568,00 Euro geteilt durch 15 Tage). Da aber aufgrund der üblichen Tarifstrukturen der Autovermieter davon auszugehen ist, dass jedenfalls in den ersten 3- 4 Tagen die Miete deutlich höher als zum Ende der Mietzeit (hier 15 Tage) war, stellt sich die Frage, ob dem Geschädigten nicht bereits zu diesem Zeitpunkt ein wesentlich günstigerer Tarif als 155,00 Euro netto ohne weiteres zugänglich war. Hierbei ist nach den vom BGH entwickelten Grundsätzen (Urteil vom 20.03.2007, AZ.: VI ZR 254/05 m.w.N.) auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abzustellen. Soweit der Geschädigte Bedenken gegen die Angemessenheit des ihm angebotenen Unfallsersatztarifs haben musste, die sich insbesondere aus dessen Höhe ergeben, kann es nach Einzelfall erforderlich sein, sich nach anderen Tarifen zu erkundigen, wobei es in diesem Zusammenhang eine Rolle spielt wie schnell der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug benötigt (BGH a.a.O.).
Vorliegend hat der Kläger erstinstanzlich unbestritten vorgetragen, dass er zum damaligen Unfallzeitpunkt am 05.01.2006 im Außendienst für einen Fruchtsafthersteller tätig und sein erster Termin um 10.30 Uhr in einem Markt angesetzt war. Die nachfolgenden Termine seien dann stündlich bzw. halbstündlich gewesen. Er habe damals die Märkte angefahren und dort Ware bestellt, Regale gefüllt sowie Kontakte gepflegt. Am 05.01. sei er in der Region Wittenberg gewesen. Auch am folgenden Freitag habe er bis jedenfalls 19.00 Uhr gearbeitet. Dieser Vortrag ist nach der abgestuften Darlegungs- und Beweislast zunächst ausreichend, um eine Notsituation des Klägers betreffend der sofortigen Anmietung eines Ersatzfahrzeugs anzunehmen. Das zweitinstanzliche Bestreiten der Beklagten ist nach § 531 Abs. 2 Satz 3 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen, nachdem es im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurde und dies auf der Nachlässigkeit der Partei beruht.
Der Kläger hat jedoch nach eigenem Vortrag „wohl“ am 07.01.2006 das Schreiben der Beklagten zu 2) vom 05.01.2006 erhalten. Danach rät die Beklagte zu 2) dem Kläger zu einem Normal-/Selbstzahlertarif anzumieten und bietet insoweit bei der Beschaffung eines Mietwagens ihre Hilfe an. Soweit man dem Kläger den folgenden Tag (08.01.) für die Recherche und Rücksprache mit der Beklagtenversicherung zubilligt, sind somit 4 Tage á 155,00 Euro zzgl. Mehrwertsteuer zugrunde zulegen (719,20 Euro). Für die restlichen 11 Tage verbleibt es bei dem gewichteten Mittel (= Modus) nach Schwackeliste 2006, da der Kläger ab diesem Zeitpunkt mit Hilfe der Beklagten zu 2) zu einem sogenannten „Normaltarif“ hätte anmieten können. Das gewichtete Mittel für die hier maßgebliche Gruppe 5 beträgt 119,00 Euro, sodass bei 11 Tagen ein weiterer Betrag von 1.309,00 Euro in Ansatz zu bringen sind. Erstattungsfähig wären danach 2.028,20 Euro, sodass die von der Autovermietung in Rechnung gestellten 1.905,88 Euro jedenfalls von der Beklagten zu 2) zu erstatten sind, ohne dass über die darin enthaltene Pauschale für die Winterbereifung zu entscheiden ist.
Der Angriff der Berufungsbeklagten auf die Schwackeliste Automietpreisspiegel 2006 ist bereits wegen der nicht auf konkrete Tatsachen gestützten Einwendungen unerheblich. Die Schwackeliste gilt im Rahmen des § 287 ZPO seit Jahren als anerkannte Schätzgrundlage zur Bestimmung des marktüblichen Normaltarifs.
Bereits die von dem Berufungsbeklagten vorausgesetzte Totalerhebung ist kein Erfordernis für eine repräsentative, wissenschaftliche und grundsätzliche Marktforschung, vielmehr müssen Händler in ausreichender struktureller und regionaler Streuung befragt worden sein. Dass dies bei der Schwackeliste 2006 nicht erfolgt ist, kann dem pauschalen Vorbringen der Berufungsbeklagten nicht entnommen werden. Auch ist nach dem Vortrag der Berufungsbeklagten nicht erkennbar, dass in dem hier allein maßgeblichen Raum Chemnitz eine unzureichende Erhebung von Tarifen erfolgt ist. Das insoweit angebotene Sachverständigengutachten ist daher nicht einzuholen, da es hier um die Ausforschung von Tatsachen oder die Erschließung von Erkenntnisquellen geht, die es vielleicht erst ermöglichen, bestimmte Tatsachen zu behaupten.
Da Instandsetzungskosten bei Kraftfahrzeugschäden zu Recht nach den Preisen einer marktgebundenen Fachwerkstatt abgerechnet werden dürfen, gilt dies auch für die (fiktive) Erstattungsfähigkeit von UPE- Zuschlägen (Palandt, Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 249 Rn. 14 m.w.N.). Vorliegend sind daher die UPE- Zuschläge i.H.v. 284,59 Euro netto zu ersetzen. Anders verhält es sich bei den Verbringungskosten für die Zustellung und Abholung des Mietwagens (= 65,00 Euro netto). Dass diese objektiv erforderlich waren, hat der Kläger nicht dargelegt (vgl. insoweit auch Beschluss des OLG Dresden vom 15.11.2006 (Az.: 7 U 1385/06).
Hinsichtlich der ohne Begründung weiter verfolgten Sachverständigenkosten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im amtgerichtlichen Urteil verwiesen, denen sich das Berufungsgericht anschließt. Die Kostenpauschale von 25,00 Euro sieht das Berufungsgericht als ausreichend an (vgl. Palandt- Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 249 Rn. 43), sodass die darüber hinaus verlangten 5,00 Euro unbegründet sind.
Als Folgeschaden sind auch die vorprozessual entstandenen Kosten für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erstattungsfähig. Diese sind hier in der anrechnungsfreien Geschäftsgebühr i.H.v. 123,48 Euro entstanden. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das in der Anlage zur Klage beigefügte Schreiben des prozessbevollmächtigten des Klägers vom 30.06.2006 verwiesen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da es sich vorliegend um einen Einzelfall handelt, der weder grundsätzliche Bedeutung hat noch für die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Soweit das LG Leipzig.