Mit Entscheidung vom 06.10.2011 (115 C 5889/11) wurde die HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. durch das Amtsgericht Leipzig zur Erstattung des restlichen Sachverständigenhonorars verurteilt, das die HUK, im außergerichtlichen Verfahren, wieder einmal (rechtswidrig) gekürzt hatte. Das Gericht hat der HUK einmal mehr ins Stammbuch geschrieben, dass der Geschädigte vor Beauftragung eines Sachverständigen nicht erst eine Rundreise antreten muss, um irgendwo einen Sachverständigen ausfindig zu machen, der der HUK möglicherweise „genehm“ sein könnte. Auch das HUK´sche Argument der „Zeitabrechung“ erhielt wieder die gebührende Absage. Summa summarum ein sachlich gut begründetes Urteil aus Leipzig.
Amtsgericht
Leipzig
Zivilabteilung 1
Aktenzeichen: 115 C 5889/11
IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL
In dem Rechtsstreit
– Klägerin –
gegen
HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G., Bahnhofsplatz 1, 96442 Coburg, v.d.d. Vorstand
– Beklagte –
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richterin am Amtsgericht …
im schriftlichen Verfahren gemäß § 495a ZPO, in welchem Schriftsätze bis zum 30.09.2011 eingereicht werden konnten, am 06.10.2011
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 438,47 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 06.08.2010 sowie als Nebenforderung 3,00 € vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 438,47 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a Abs.1 ZPO abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung von 438,47 € aus §§ 823, 249 BGB, § 3 PflVG, § 398 ff. BGB. Unstreitig hat die Klägerin vorgetragen, dass Frau … als bevollmächtigte Vertreterin des Geschädigten schriftlich dessen Schadensersatzansprüche abgetreten hat. Einwendungen gegen die Abtretung wurden nicht erhoben.
Unstreitig haftet die Beklagte für Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 22.05.2010 in vollem Umfang, Gemäß § 249 BGB sind auch die Sachverständigenkosten erstattungsfähig, was ebenfalls unstreitig ist. Streitig ist allein die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten.
Im Rahmen der Beauftragung des Sachverständigenbüros durch Frau … für den Geschädigten wurden die Gebührentabelle der Klägerin zur Grundlage der Rechnungsstellung gemacht. Die Klägerin hat auch entsprechend der Gebührentabelle abgerechnet. Es ist zulässig und nicht zu beanstanden, dass die Berechnung des Honorars anhand der Schadenshöhe erfolgt ist. Da der Geschädigte mit der Klägerin eine Vereinbarung über die Vergütung getroffen hat, ist diese auch weder an § 315 BGB noch an § 632 Abs.2 BGB zu messen. Die Grenze der Geltendmachung bildet allein § 138 BGB, wofür jedoch keinerlei Anhaltspunkte vorliegen.
Richtig ist, dass dem Geschädigten nur der Betrag zu ersetzen ist, der objektiv erforderlich ist, d.h. die Aufwendungen die ein verständiger und wirtschaftlich denkender Mensch in seiner Lage machen würde. Gegen seine Schadensminderungspflicht hat der Geschädigte jedoch nicht verstossen. Der Geschädigte ist nicht zur Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. ( BGH Urteil vom 23.01.2007, AZ: VI ZR 67/06). Im Rahmen der Prüfung, ob dem Geschädigten ein Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten zusteht, kommt es auf die Frage, ob der Sachverständige zulässigerweise nach der Schadenshöhe abrechnen konnte oder aber ob er seinen Zeitaufwand hätte darlegen müssen, nicht an. Es ist der Beklagten im Verhältnis zum Geschädigten verwehrt, sich auf die vermeintliche Überhöhung der Sachverständigengebühren zu berufen ( OLG Naumburg, Urteil vom 20.01.2006 AZ: 4 U 49/05 ). Die Bestimmung des Honorars nach der Schadenshöhe ist daher nicht zu beanstanden und von der Beklagte vollumfänglich zu erstatten.
Auch die Nebenkosten sind erstattungsfähig. Diese waren ebenfalls vereinbart. Hierzu gelten die gleichen Ausführungen. Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit i.S.d. § 138 BGB sind nicht gegeben. Weder die Anzahl der gefertigten Fotos noch die Kosten hierfür von je 2,79 € sind unangemessen, zumal in diesem Zusammenhang auch die Anschaffungskosten für Aufnahmegeräte, Farbpatronen ect. zu berücksichtigen sind.
Schreibkosten sind nicht in Rechnung gestellt, so dass sich hierzu Ausführungen erübrigen. Auch die Kopierkosten in Höhe von 18,50 € sind nicht zu beanstanden. Auch hier sind Anschaffungskosten zu berücksichtigen, sowie der Umstand dass regelmäßig mehrere Gutachtenexemplare angefertigt werden müssen.
Die Klägerin hat auch Versand-Telefon und Internetkosten in Höhe von 22,70 € in Rechnung gestellt. Neben erforderlichen Telefonaten sind auch Internetrecherchen sowie Versandkosten für die Gutachten und weiterer Schriftverkehr zu berücksichtigen.
Insgesamt ist die Höhe der Nebenkosten nicht zu beanstanden. Insbesondere sind wucherische Beträge i.S.d. § 138 BGB nicht gegeben.
Aufgrund des vereinbarten Honorars hat die Klägerin Anspruch in Höhe von 701,97 €. Abzüglich der bereits geleisteten 263,50 € ergibt sich ein noch zu zahlender Betrag in Höhe von 438,47 €.
Die Klägerin hat weiterhin Anspruch auf Erstattung der Mahnkosten in Höhe von 3,00 € gemäß §§ 280, 286 BGB.
Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286 Abs. 3, 288 Abs. 1 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Insgesamt ist die Höhe der Nebenkosten nicht zu beanstanden. Insbesondere sind wucherische Beträge i.S.d. § 138 BGB nicht gegeben.
So ist es richtig –
§ 138 BGB
§ 138 BGB Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
zurrt fest, wonach die Rechnungen von Sachverständigen von den Versicherern zu überprüfen sind.
Da können HUK und Co. das (ihr) Kind nennen wie sie wollen. Rechnet ein Sachverständiger nach seiner Honorartabelle, nach der für einen Auftraggeber erkennbar keine Wucherbeträge in Rechnung gestellt werden, ab, ist das Sachverständigenhonorar ungekürzt als Schadensersatzposition zu erstatten.
Virus
Hallo Hans Dampf,
ich verstehe nicht, warum die HUK-Coburg immer wieder mit dem Kopf durch die Wand will. Das Thema „Zeithonorar“ ist doch seit den Urteilen vom 4.4.2006 und 23.1.2007 ( X ZR 80/05; X ZR 122/05 und VI ZR 67/06 ) höchstrichterlich entschieden. Die Abrechnung nach Schadenshöhe ist werkvertraglich und schadensersatzrechtlich nicht zu beanstanden. Ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes SAchverständigenhonorar kann nach einem Verkehrsunfall grundsätzlich als erforderlicher Herstellungsaufwand i.S.d. § 249 II BGB erstattet verlangt werden. Sollen die Instanzgerichte jetzt auf Wunsch der HUK-Coburg urteilen, dass der BGH Unrecht hat und ein nach Zeitaufwand berechnetes Honorar erforderlich sei? Nein, nein und noch mals nein! Das können die Instanzgerichte nicht, denn der BGH hat ausdrücklich die Abrechnung nach Schadenshöhe als angemessen und damit erforderlich anerkannt. Dass der BGH daneben eine Abrechnung nach Zeitaufwand zugelassen habe, entspringt dem Wunschdenken der HUK-Coburg und findet in den drei besagten Urteilen des BGH keinen Niederschlag. Das ist eben nur Wunschdenken. Man kann auch von Wahnvorstellungen sprechen.
Wenn die HUK-Coburg meint, das berechnete Honorar sei zu hoch, dann muss sie es trotzdem erstatten, kann sich aber eventuelle Bereicherungsansprüche abtreten lassen. Wenn der Geschädigte die Rechnung des Sachverständigen für angemessen erachtet, ist sie auch erforderlich i.S.d. § 249 II BGB. Die Darlegungs- und Beweislast für die Behauptung der überhöhten Sachverständigenkosten trägt der Schädiger. Der Geschädigte kann von der Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten ausgehen. Mit der Vorlage der (angemessenen) Sachverständigenkostenrechnung ist der Geschädigte seiner Darlegungspflicht nachgekommen.
Wenn die HUK-Coburg also die überhöhten Kosten einklagen will, muss sie darlegen und beweisen und Gerichtskosten und Gutachterkosten vorstrecken. Sie trägt die Darlegungs- und Beweislast. Und nicht umgekehrt, wie sie es gerne hätte. Aber auch das ist Wahnvorstellung der HUK.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
Vermutlich rechnet es sich für die HUK nach wie vor, sich verklagen zu lassen weil zuviele vorher einknicken. Der Gesetzgeber ist gefordert, wir brauchen Regelungen die hohe Geldstrafen vorsehen wenn ein Unternehmen immer wieder in der gleichen Thematik vor Gericht unterliegt.
Hallo Hans,
ich verstehe die Vorstände der HUK-Coburg nicht. Da haben sie vor dem AG Leipzig mit der behaupteten Abrechnung nach Zeitaufwand als erforderlichen Herstellungsaufwand eine Schlappe erlitten, und schon behaupten sie im Berufungsverfahren vor der Berufungskammer des LG München I wieder den gleichen Unsinn. Aber auch die Berufungskammer des LG München I hat mit Urteil vom 1.9.2011 – 19 S 7874/11 – die beklagte HUK-Coburg abgebügelt, und zwar mit klaren Worten. Die Berufungskammer hat dem bekannten HUK-Anwalt die Urteile des BGH vom 4.4.2006 (BGH NJW 2006, 2472 = DS 2006, 278 ) und vom 23.1.2007 (BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144 m. Anm. Wortmann) in die Handakten geschrieben. Danach ist eine Abrechnung nach Schadenshöhe üblich und nicht zu beanstanden. Auch der erneute Versuch, die Honorarsätze des Gesprächsergebnisses BVSK/HUK-Coburg etablieren zu können, wurde mit klaren Worten zurückgewiesen. Also eine erneute Pleite der HUK-Coburg auf ganzer Linie.
Mit freundl. Grüßen
Willi