Mit Urteil vom 21.07.2011 (3 S 3/11) hat das Landgericht Krefeld auf die Berufung der Klägerin das erstinstanzliche Urteil des AG Nettetal vom 03.02.2011 (4 C 66/10) abgeändert und die VHV Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 868,02 € zzgl. Zinsen verurteilt. Dabei wird neben den Voraussetzungen einer Abtretung auch geklärt, dass die Schwacke-Liste gilt und die Fraunhofer Tabelle keine Anwendung findet.
Aus den Entscheidungsgründen:
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts Nettetal (Az 4 C 66/10) vom 03.02.2011 Bezug genommen. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung ihren Klageantrag auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Mietwagenkosten in Höhe von 868,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz weiter.
Die Klägerin rügt die Verletzung materiellen Rechts und ist der Ansicht, das Amtsgericht Nettetal habe die tatsächlichen Feststellungen nicht richtig bewertet. Es lägen keine Anhaltspunkte vor, die das Fehlen der Vertretungsmacht der Tochter der Klägerin, Frau A., beim Abschluss des Mietvertrages rechtfertigen könnten, im Übrigen habe die Klägerin die Genehmigung zum Abschluss des Mietvertrages durch die Klageerhebung konkludent erklärt.
Die Klägerin beantragt,
1. unter Abänderung des am 03.02 2011 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Nettetal (AZ 4 C 66/10) bleibt das am 16 09.2010 verkündete Versäumnisurteil aufrechterhalten.
2. hilfsweise den Rechtsstreit zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und nimmt Bezug auf ihr erstmstanzliches Vorbringen. Sie ist der Ansicht, dass die Klägerin nicht von ihrer Tochter wirksam vertreten worden sei, da die Klägerin weder die Bevollmächtigung der Tochter noch eine nachträgliche Genehmigung vorgetragen habe
II.
Die zulässige insbesondere gemäß den §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und nach den Maßgaben von § 520 ZPO begründete Berufung hat in der Sache Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der restlichen Mietwagenkosten.
Gemäß § 513 ZPO ist das angefochtene Urteil durch das Berufungsgericht nur darauf zu überprüfen, ob dem erstinstanzltchen Gericht ein Rechtsfehler unterlaufen ist, auf dem das Urteil beruht, oder ob auf Rechtsfehlern beruhende Irrtümer in der Tatsachenfeststellung die Entscheidung beeinflusst haben. Das angefochtene Urteil hält dieser Überprüfung nicht stand. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch zu.
Für das Gericht steht fest, dass der Mietvertrag vom xx.xx.2009 für die Klägerin abgeschlossen worden ist. Dass die Klägerin wirksam von ihrer Tochter vertreten worden ist, ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin in Verbindung mit den mit der Klage eingereichten Unterlagen der Autovermietung. Aus dem Vertragsformular vom xx.xx.2009, das der Klageschrift beigefügt war, ergibt sich im Einzelnen, dass als Mieterinnen die Klägerin und ihre Tochter aufgeführt sind Die Rechnung vom xx.xx.2009 ist aber ausschließlich an die Klägerin adressiert. Es ist bei der gebotenen objektiven Betrachtungsweise für alle Beteiligten nachvollziehbar und plausibel, dass die Tochter der Klägerin bei Abschluss des Mietvertrages als Vertreterin für die geschädigte Klägerin aufgetreten ist und der Mietvertrag für die Klägerin gelten sollte. Hinzu kommt, dass bereits anhand der Umstände, unter denen der Mietvertrag zustande gekommen ist, ersichtlich ist, dass dieser durch die Tochter für die Klägerin nur in Vertretung abgeschlossen wurde. Dafür spricht bereits der Zeitraum des Zustandekommens des Vertrages, der in die Zeit fällt, in der sich das beschädigte Fahrzeug der Klägerin in der Reparatur befindet. Davon ist ersichtlich die Beklagte selbst ausgegangen. Dies ergibt sich schon daraus, dass sie im Vorfeld des Prozesses einen Betrag in Höhe van 673,54 EUR an die Klägerin zahlte, wobei sie deren Aktivlegitimation nicht in Frage gestellt hat.
Darüber hinaus hat die Klägerin den hier in Rede stehenden Mietvertrag genehmigt. Eine nachträgliche Zustimmung kann durch schlüssiges Verhalten begründet werden. Dies ist hier nach dem Rechtsgedanken des § 185 Abs. 2 Satz 1,1. Fall BGB bereits darin zu sehen, dass die Klägerin in Bezug auf die Mietwagenkosten Klage erhoben hat. Nach § 185 Abs. 2 Satz 1,1. Fall BGB liegt eine stillschweigende Genehmigung vor, wenn der Berechtigte gegen den Nichtberechtigten Klage auf Herausgabe des Erlangten erhebt. Diese Vorschrift ist ihrem Sinn und Zweck nach auf den hier in Streit stehenden Fall übertragbar. Danach ist demjenigen das Rechtsgeschäft zuzurechnen, der durch die Klageerhebung und dem damit verbundenen Prozessrisiko nach außen erkennen lässt, dass für ihn die Anspruchsdurchsetzung von Belang ist.
Der Anspruch besteht auch in der von der Klägerin geltend gemachten Höhe. Der Geschädigte kann auf der Grundlage von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Aufwand zur Herstellung des Zustandes, der ohne das schadensstiftende Ereignis bestünde, Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf (st. Rechtsprechung, vgl BGH, Urteil vom 12.04.2004, VI ZR 151/03, BGHZ 160, 377 ff. = NJW 2005, 51 ff; BGH, Urteil vom 12.06.2007, VI ZR 161/06, NJW 2007, 2758 f.; BGH, Urteil vom 14.10.2008, VI ZR 308/07, NJW 2009, 58 f.). Basierend auf dieser Grundlage ist der Schaden nach § 287 ZPO zu schätzen. Nach ständiger Rechtsprechung der erkennenden Kammer, die in Übereinstimmung mit einem gewichtigen Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung steht (etwa OLG Köln 24. Zivilsenat, Urteil vom 03.03.2009, 24 U 6/08, NZV 2009, 447 ff.; OLG Stuttgart, 3 Zivilsenat, Urteil vom 08.07.2009, 3 U 30/09, NJW-RR 2009, 1540 ff.), ist der Schadensschätzung der Schwacke-Mietpreisspiegel zugrunde zu legen. Soweit die Beklagte der Auffassung ist, der Schwacke-Mietpreisspiegel stelle keine taugliche Bemessungsgrundlage dar, sondern es sei jedenfalls auch auf den „Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland“ des Frauenhofer-Instituts abzustellen, folgt die erkennende Kammer dem nicht. Zwar können sich Bedenken gegen die Schwacke-Liste ergeben, wenn die Beklagte deutlich günstigere Angebote anderer Anbieter als Beispiele für die von ihr geltend gemachten Mangel des Schwacke-Mietpreisspiegels aufzeigt (BGH, Urteil vom 22.02.2011, VI ZR 353/09, NZV 2011, 333). Die Beklagte hat zwar vorgetragen, dass für den entsprechenden Zeitraum ein vergleichbares Fahrzeug bei der Firma Sixt hätte angemietet werden können. Aber unabhängig davon, ob dies bereits Bedenken im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auszulösen vermag, hat die Beklagte dafür keinen Beweis angetreten, so dass insoweit mögliche Bedenken gegen die Schwacke-Liste unberücksichtigt bleiben. Das Gesetz gibt in § 287 ZPO die Art der Schätzungsgrundlage nicht vor. Dem Tatrichter ist es lediglich verwehrt, die Schadenshöhe auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festzusetzen Ferner dürfen wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Acht bleiben. Listen und Tabellen können in geeigneten Fällen bei der Schadensschätzung Verwendung finden (BGH, Urteil vom 22.02.2011, VI ZR 353/09, NZV 2011, 333; BGH, Urteil vom 11.03.2008, VI ZR 164/07. NJW 2008, 1519 f.; BGH, Urteil vom 14.10.2008, VI ZR 308/07, NJW 2009, 58 ff.). Der Bundesgerichtshof hat wiederholt entschieden, dass in Ausübung des tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO der Normaltarif auf der Grundlage des Schwacke-Mietpreisspiegeis im Postleitzahlengebiet des Geschädigten ermittelt werden kann, solange nicht mit konkreten Tatsachen Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage aufgezeigt werden, die sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH Urteil vom 11.03.2008, VI ZR 164/07, NJW 2008, 1519 f.; BGH, Urteil vom 24.06.2008, VI ZR 234/07, NJW 2008, 2910 ff.; BGH Urteil vom 14.10.2008 – VI ZR 308/07, NJW 2009, 58 ff.).
Nach alledem schätzt die Kammer die angemessenen Mietwagenkosten unter Heranziehung des Schwacke-Mietwagenspiegels 2009 für eine Mietdauer von 11 Tagen unter Zugrundelegung der Fahrzeuggruppe 5 hinsichtlich des bei dem Unfall beschädigten Fahrzeug VW Golf 1,6, Comfort-Line, 74 KW, 1595 ccm, auf einen Betrag von 1.605,20 EUR inklusive Mehrwertsteuer. Der Grundmietpreis beläuft sich auf einen Betrag von 1.019,60 EUR. Hiervon hat die Klägerin bereits im Wege der Vorteilsanrechnung eine Eigenersparnis im Umfang von 10 % abgezogen, hier also in Höhe von 101,96 EUR. Es ergibt sich daher eine Summe von 917,64 EUR. Auch folgt die Kammer der oben zitierten Rechtsprechung darin, bei einer Berechtigung zur Abrechnung eines Unfallersatztarifes einen Aufschlag von 20 % gegenüber dem Normaltarif wegen der nach einem Verkehrsunfall anerkanntermaßen einhergehenden Besonderheiten – wie etwa die Notwendigkeit der Vorfinanzierung für der Schädiger und dem damit einhergehenden Ausfallrisiko hinsichtlich der Forderung – als gerechtfertigt anzusehen ist. Auch der Preis für eine Vollkaskoversicherung ist der ersatzfähigen Summe zuzuschlagen. Dieser beträgt hier 242 EUR. Der Zuschlag für den Zusatzfahrer in Höhe von 132 EUR ist der Klägerin ebenfalls zu gewähren. Auch die Kosten für die Zustellung und Abholung des Fahrzeugs in Höhe von 46 EUR stehen der Klägerin zu. Soweit die Beklagte darauf verweist, die Geschädigte hätte zum Zeitpunkt des Unfalls zu deutlich günstigeren Konditionen einen Ersatzwagen anmieten können, muss sich die Klägerin dies im vorliegenden Fall nicht entgegen halten lassen. Die Geschädigte müsste sich nämlich nur dann auf ein tatsächlich bestehendes günstigeres Angebot verweisen lassen, wenn sie vor Anmietung von der Beklagten darauf hingewiesen worden wäre. Von sich aus ist der Geschädigte nicht verpflichtete, vor der Inanspruchnahme eines Ersatzwagens quasi eine Marktforschung durchzuführen. Im Übrigen ist aus den Angaben der Beklagten nicht zu entnehmen, ob die beispielhaft aufgeführten Angebote auch zum maßgeblichen Zeitpunkt des Schadens, nämlich im September 2009, von der Geschädigten hätten in Anspruch genommen werden könne.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Soweit das LG Krefeld.
Hallo Babelfisch,
wieder ein Urteil, in dem eindeutig festgeschrieben wurde, dass die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung ihrer Darlegungs- und Beweispflicht nicht nachgekommen ist, wenn sie nur Angebote von Sixt vorträgt, dass zu günstigeren als den Schwacke-Preisen hätte angemietet werden können. Beweise trägt die Beklagte allerdings nicht vor. So etwas ist allerdings kein geeigneter Vortrag, der konkrete Tatsachen aufzeigt, die die Mängel der betreffenden Schätzgrundlage darstellen. Also auch nach der BGH-Rechtsprechung bleibt es bei der Schwacke-Liste als entscheidende Schätzgrundlage. Diese weist weniger Mängel auf als die fehlerhaftere Fraunhofer-Erhebung.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker