Mit Urteil vom 12.03.2009 (2 C 375/08) hat das AG Geilenkirchen die HDI Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 565,14 € zzgl. Zinsen sowie Freistellung von den vorgerichtlichen RA-Kosten verurteilt. Das Gericht legt die Schwacke-Liste zugrunde und lehnt die Fraunhofer Tabelle ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist teilweise begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen restlichen Anspruch auf Zahlung von 565,14 Euro als Mietwagenkosten aufgrund des Verkehrsunfalls vom xx.xx.2007 in Ü.-P. gem. §§ 7 Abs. 1 StVG, 3 Nr. 1 Pflichtversicherungsgesetz (alte Fassung), 398 BGB.
Die Beklagte haftet als Haftpflichtversicherer des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen (XXX). Um die dem Geschädigten, Herrn (XXX) entstandenen Unfallschäden an seinem Pkw Daimler Chrysler CLK Cabrio, amtliches Kennzeichen (XXX) in voller Höhe, soweit die Schadenspositionen erstattungsfähig sind, gem. §§ 249 ff. BGB. Die volle Eintrittspflicht der Beklagten für die Unfallschäden steht nicht im Streit.
Gestritten wird lediglich über die Position Mietwagenkosten.
Zu dem erstattungsfähigen Schaden gehören grundsätzlich die Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges, allerdings nur in der Höhe, die ein verständiger wirtschaftlich denkender Mensch für zweckmäßig und notwendig halten darf (vgl. BGHZ 160, 377, 383 f.; Urteil vom 11.03.2008, Az: VI ZR 164/07)
Hier sind die geltend gemachten Kosten allerdings nur teilweise in Höhe von weiteren 565,15 Euro von der Beklagten, zu tragen, nachdem die Beklagten unmittelbar an die Klägerin als Mietwagenfirma bereits Zahlungen in Höhe von 973,42 Euro geleistet hat. Soweit die von der Klägerin in Rechnung gestellten Mietwagenkosten den Betrag in Höhe von insgesamt 1.538,56 Euro übersteigen, ist nicht von einem erstattungsfähigen Schaden auszugehen, so dass auch die Klägerin als Mietwagenfirma im Rahmen des Schadensersatzes aus abgetretenem Recht nicht mehr verlangen kann. Denn der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zufolge ist ein den Mietwagenkosten zugrunde gelegter erhöhter Tarif im Rahmen des § 249 BGB nicht generell erstattungsfähig, sondern nur dann, wenn im Einzelfall die Besonderheiten des betroffenen Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallstation einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis aus betriebswirtschaftlicher Sicht rechtfertigen (vgl. BGH NJW 2005, 1933). Inwieweit dies der Fall ist, hat der Tatrichter nach § 287 ZPO zu schätzen (vgl. BGH NJW 2006, 360).
Von dieser Möglichkeit hat das Gericht hier Gebrauch gemacht und sich dabei entsprechend der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Köln (vgl. Urteil vom 02.03.2007, Aktenzeichen 19 O 181/06) an den Pauschalen des gewichteten Normaltarifs der gemieteten Fahrzeugklasse und des Postleitzahlengebiets nach dem Ort der Anmietung und Übernahme des Mietwagens (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 11.03.2008, Aktenzeichen VI ZR 164/07) gem. dem Schwacke-Automietpreisspiegel 2007 zuzüglich Nebenkosten orientiert. Auch der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 03.07.2006, Aktenzeichen VI ZR 237/05 (NJW 2006, 2693 ff,) den sogenannten gewichteten Normaltarif nach dem Schwcke-Automietpreisspiegel für das jeweilige Postleitzahlengebiet als geeigneten Anknüpfungspunkt angesehen, Dem steht auch die neuere Rechtsprechung des BGH nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 14.10.2008, Aktenzeichen VI ZR 308/07 sowie Urteil vom 11.03.2008, Aktenzeichen VI ZR 164/07). Soweit das OLG Köln in seinem Urteil vom 10.10.2008, Aktenzeichen 6 U 115/08, Bedenken gegen die Zugrundelegung des gewichteten Mittels des Schwacke-Automietpreisspiegels 2006 hegt und auf die Zusammenstellung des Fraunhoferinstituts „Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008″ als Schätzungsgrundlage zurückgreift, kann dem im vorliegenden Fall nicht gefolgt werden. Denn gerade hinsichtlich der durch das Fraunhoferinstitut ermittelten Tarife in dem Postleitzahlengebiet „52…“ bezüglich der Fahrzeugklasse 5 bestehen erhebliche Bedenken gegen die Plausibilität. Es ist nicht wirtschaftlich nachvollziehbar, dass die dort aufgelisteten Tarife für eine 7-tägige Anmietung nur unwesentlich höher sind, als die Tarife für eine 3-tägige Anmietung. Eine weitere Schwäche sieht das hier erkennende Gericht in der recht groben Aufteilung der Postleitzahlengebiete. Gegen die Anwendung des Schwacke- Automietpreisspiegel 2007 spricht auch nicht der Vergleich zu der entsprechenden Auswertung aus dem Jahre 2003. Zwar fällt auch dem Gericht eine zum Teil deutliche Erhöhung der gesammelten Normaltarife auf. Jedoch ist aus dem Umstand, dass dennoch weiter erhöhte Unfallersatztarife gesammelt und aufgeführt sind, zu schließen, dass lediglich Normaltarife als solche ausgewiesen werden. Die Erhöhung mag auf der allgemeinen Preissteigerung sowie auf einer veränderten Kalkulationsgrundlage der Fahrzeugvermieter beruhen. Auch die beklagtenseits vorgelegten Preisangebote anderer Autovermieter sprechen ebenfalls nicht gegen die Brauchbarkeit der Schwacke- Liste 2007 als Schätzungsgrundlage, da sie sich zum Teil auf andere Fahrzeuge und auf einen anderen Zeitraum beziehen. Auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des OLG Köln (siehe oben) sieht sich das Gericht mangels konkreter und substantiierter Einwendungen gegen den Schwacke- Automietpreisspiegel 2007 im vorliegenden Fall nicht veranlasst, ein konkretes Sachverständigengutachten hierzu einzuholen.
Bei der Berechnung der Mietwagenkosten sind die sich bei mehrtägiger Vermietung ergebenden Reduzierungen nach dem Schwacke- Automietpreisspiegel nach Wochen, Dreitages- und Tagespauschalen zu berücksichtigen, gegebenenfalls zu kombinieren (vgl. OLG Köln, Urteil vom 02.03.2007, Aktenzeichen 19 O 181/06). Ausweislich der Rechnung der Klägerin vom 14.05.2007 ist hier für die Zeit vom 19.04. bis 04.05.2007 ein Fahrzeug der Gruppe 5 zur Verfügung gestellt worden. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Anzahl der Tage, für die das Mietfahrzeug in Anspruch genommen worden ist, nicht zu beanstanden. Insbesondere kann dem Geschädigten nicht vorgeworfen werden, die Reparatur seines Fahrzeugs zu spät in Auftrag gegeben zu haben. Denn das Schadensgutachten der DEKRA datiert erst vom 24.04.2007. Dass bereits zu einem früheren Zeitpunkt der Sachverständige dem Geschädigten mitgeteilt habe, sein unfallbeschädigtes Fahrzeug sei reparaturwürdig, gegebenenfalls bereits nach Besichtigung des Fahrzeugs am Unfalltag, wird beklagtenseits nicht behauptet. Unter Berücksichtigung von Wochenenden sowie des Maifeiertages ist die Dauer der Inanspruchnahme des Mietfahrzeugs bei einer sachverständigenseits ermittelten Reparaturdauer von 8 Arbeitstagen nicht zu beanstanden.
Der für den vorgenannten Mietzeitraum anhand des Schwacke-Automietpreisspiegels 2007 zu ermittelnde Betrag einschließlich Nebenkosten für die Vollkaskoversicherung sowie Zustellung und Abholung beläuft sich auf insgesamt 1.538,56 Euro (2 mal Modus der Wochenpauschale in Höhe von 544,50 Euro zuzüglich 2 Tage á 102,32 Euro, zuzüglich Vollkaskoversicherung nach dem klägerseits berechneten günstigen Tarif in Höhe von 194,92 Euro, zuzüglich Kosten für Zustellung und Abholung in Höhe von jeweils 25,00 Euro). Die Mehrwertsteuer ist nicht nochmals hinzuzurechnen, da der Schwacke-Automietpreisspiegel 2007 sämtliche Preise inklusive Mehrwertsteuer ausweist.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist kein besonderer Zuschlag auf die vorgenannten Schwacke-Liste zu entnehmenden Tarife zu berechnen. Zwar kommt grundsätzlich ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif in Betracht, um etwaigen Mehrleistungen und Risiken bei der Vermietung an Unfallgeschädigte Rechnung zu tragen, jedoch bedarf es hierzu eines konkreten auf den vorliegenden Fall bezogenen Vortrags der Klägerseite. Dieser genügt hier nach Auffassung des Gerichts nicht den Anforderungen. Er erschöpft sich nämlich in schlichten und pauschalen Erwägungen hinsichtlich des Entfallens einer Sicherheitsleistung und einer Vorauszahlung. Soweit hierzu darüber hinaus auf Verbringung des Mietfahrzeugs an den Wohnort des Geschädigten verwiesen wird, sind die dadurch veranlassten und berechneten Zusatzkosten bereits oben berücksichtigt (siehe Kosten für Zustellung und Abholung des Mietfahrzeugs). Klägerseits ist insbesondere nicht vorgetragen worden, weshalb es gerade dem Geschädigten im vorliegenden Fall nicht zuzumuten war, eine Sicherheit oder Vorauszahlung zu leisten.
Die Klägerin ist aufgrund der erfolgten Abtretung des Geschädigten berechtigt, die restlichen Mietwagenkosten als Schadensposition gegen die Beklagte geltend zu machen (vgl. Palandt- Grüneberg, BGB, 67. Auflage, § 398, Rd. Nr. 21). Die Abtretung ist hier ausdrücklich der Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Geschädigten vom 19.04.2007 zu entnehmen. Gleichzeitig hat der Geschädigte es übernommen, sich selbst um die Schadensregulierung zu kümmern. Das Gericht geht daher von der Wirksamkeit der Abtretung aus, ein Verstoß gegen Artikel 1 § 1 Rechtsberatungsgesetz ist nicht anzunehmen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 04.04.2006, Aktenzeichen VI ZR 338/04). Im übrigen erscheint es nach Auffassung des Gerichts widersprüchlich, soweit sich die Beklagte im vorliegenden Rechtstreit auf einen etwaigen Mangel der Abtretung beruft, nachdem sie vorgerichtlich aufgrund der übersandten Rechnung der Klägerin vom 14.05.2007 an diese unmittelbar bereits 973,42 Euro gezahlt hat.
Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus Verzug, gem. §§ 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagten ist gegenüber der Klägerin spätestens mit Ablauf der mit Rechtsanwaltschreiben vom 25.09.2008 bestimmten Zahlungsfrist zum 09.10.2008 in Verzug geraten.
Hier ist sogar von einem früheren Eintritt des Verzuges aufgrund des eigenen Vortrags der Beklagten auszugehen, da diese der Klägerin gegenüber zuvor bereits die weitergehende Zahlung endgültig und ernsthaft verweigert hat, gem. § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB.
Aus diesem Grunde hat die Beklagte auch die Kosten der vorgerichtlichen Inanspruchnahme der Rechtsanwälte auf Klägerseite zu tragen. Diese belaufen sich auf der Grundlage der oben ermittelten Restforderung der Klägerin in Höhe von 565,14 Euro als Gegenstandswert gem. VV 2300, VV 7002 der Anlage 1 zu § 2 RVG in Verbindung mit Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 RVG auf insgesamt 70,20 Euro (netto). Von der Gebührenforderung ihrer Prozessbevollmächtigten ist die Klägerin durch die Beklagte freizustellen.
Eine Zahlungsforderung besteht noch nicht. Das Gericht kann nicht entsprechend dem klägerischen Vortrag davon ausgehen, dass die Klägerin ihre Prozessbevollmächtigten bereits insoweit bezahlt hat. Denn es fehlt ein substantiierter Vortrag der Klägerseite hierzu, insbesondere Zeitpunkt und Art der Zahlung. Daher war dem klägerseits angetretenen Beweis zur Vermeidung der Ausforschung der benannten Zeugin (XXX) nicht nachzugehen. Da in dem gestellten Zahlungsantrag als „minus“ der Freistellungsantrag enthalten ist, war die Beklagte entsprechend zu verurteilen.
Soweit die Klägerin Verzugszinsen aus dem Betrag der zu erstattenden Rechtsanwaltskosten verlangt, hat die Klage keinen Erfolg. Denn die Klägerin hat ihrerseits nicht vorgetragen, dass sie Ihrem Prozessbevollmächtigten Verzugszinsen schuldet.