Mit Urteil vom 28.04.2009 (3 C 629/08) hat das AG Germersheim die Mecklenburgische Versicherungs-Gesellschaft a.G. zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 946,61 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht legt die Schwacke-Liste zugrunde und lehnt die Fraunhofer Tabelle ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage führt in der Sache ganz überwiegend zum Erfolg.
Die Klägerin ist für die erhobene Klage aktivlegitimiert. Die Abtretung des Schadensersatzanspruches des Unfallgeschädigten insoweit, als die Mietwagenkosten der Klägerin betroffen sind, verstößt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gegen § 134 BGB. Die von ihr angezogene Entscheidung des BGH (Urteil vom 04.04.2006 Aktenzeichen VI ZR 338/04, Versicherungsrecht 2005,41 ) trägt diese Ansicht nicht. Schon aus dem von der Beklagten auszugsweise abgedruckten zweiten Absatz (S. 2 der Klageerwiderung, Bl. 55 der Akten) ergibt sich, dass vorliegend gerade kein Verstoß gegen die Rechtsberatungsvorschriften gegeben ist, nachdem die Klägerin als Mietwagenunternehmen lediglich durch Einziehung der ihr zur Sicherheit abgetretenen Schadensersatzpositionen Mietwagenkosten eine eigene Angelegenheit besorgt. Die Behauptung, aus dem tatsächlichen Verhalten der Klägerin ergebe sich, dass der Unfallgeschädigte von der Geltendmachung der Mietwagenkosten gegenüber der jetzigen Beklagen befreit werden solle, ist durch nichts gerechtfertigt und erfolgte ganz offensichtlich formularmäßig (Textbaustein!) ins Blaue hinein.
Die Mietwagenrechnung der Klägerin ist zumindest nicht deutlich überhöht.
Das ergibt sich aus der Anwendung der Werte der so genannten Schwacke-Liste für das Jahr 2007.
Die Berufungskammern des übergeordneten Landgerichts Landau in der Pfalz halten die so genannte Schwacke-Liste für eine geeignete Schätzgrundlage.
Die erste Zivilkammer des Landgerichts Landau führt dazu beispielsweise aus (aus LG Landau 1 S 79/06, Urteil vom 12.02.2008):
Nach der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (grundlegend Versicherungsrecht 2005,850) kann auch ein Unfallersatztarif als erforderlicher- und damit auch von der gegnerischen Haftpflichtversicherung zu erstattender- Aufwand zur Schadensbeseitigung zu qualifizieren sein, wenn die Besonderheiten dieses Tarifs einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis aus betriebswirtschaftlicher Sicht rechtfertigen. Ob ein vom Geschädigten beanspruchter Unfallersatztarif aufgrund unfallspezifischer Kostenfaktoren erforderlich ist, kann zwar offen bleiben, wenn feststeht, dass dem Geschädigten die Anmietung zum Normaltarif nach den konkreten Umständen nicht zugänglich gewesen ist. Dafür gibt der vorliegende Sachverhalt allerdings keinerlei Anhaltspunkte. Im Rahmen der Prüfung der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung des Unfallersatztarifes ist es nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2007,2758) nicht erforderlich, im Einzelfall die Kalkulationen des konkreten Unternehmens nachzuvollziehen. Vielmehr kann sich die Prüfung im Lichte des § 287 ZPO auf die Frage beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein einen Aufschlag rechtfertigen, wobei auch ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif in Betracht kommt. Als Berechnungsgrundlage kann hierbei nach der genannten Rechtsprechung des BGH der Schwacke-Mietpreisspiegel hinsichtlich des Postleitzahlengebietes des Geschädigten herangezogen werden. Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung der Kammer (vergleiche etwa Urteile vom 02.07.2007, Aktenzeichen 1 S 246/06 sowie vom 12.11.2007, Aktenzeichen 1 S 232/06) ist es sachgerecht, in Bezug auf Verkehrsunfälle, die sich – wie hier – im Jahr 2005 ereignet haben, den Automietpreisspiegel für das Jahr 2006 heranzuziehen und der Berechnung des angemessenen Mietpreises den für den einschlägigen Postleitzahlenbereich festgelegten Modus (früher: gewichtetes Mittel) zugrunde zu legen. Nach der Rechtsprechung der Kammer (in diesem Sinne auch das OLG Köln, OLGR Köln 2007, 471) ist es gerechtfertigt, den auf der Grundlage des Automietpreisspiegels errechneten Betrag um eine Pauschale von 20 % zu erhöhen, um den besonderen betriebswirtschaftlichen Anforderungen an den Unfallersatztarif Rechnung zu tragen.
Dieser Rechtsprechung hat sich neben der weiteren Berufungskammer des Landgerichts Landau auch das erkennende Amtsgericht in ständiger Rechtsprechung angeschlossen.
Wie nicht anders zu erwarten war, hat die Versicherungswirtschaft in der Folgezeit versucht, die Eignung der so genannten Schwacke-Liste grundlegend in Abrede zu stellen. So mehren sich in der letzten Zeit die Fälle, in denen die Versicherer auf der Grundlage der – nach ihrer Darstellung auf einer objektiveren Erhebung beruhenden – Fraunhofer-Liste zu geringeren Entschädigungsleistungen gelangen.
Die sogenannte Fraunhofer-Liste begegnet allerdings auch ihrerseits methodischen Bedenken.
Die dritte Zivilkammer des Landgerichts Landau hat dazu unter Aufrechterhaltung ihrer bisherigen Rechtsprechung zur Schwacke- Liste in einer neueren Entscheidung (Aktenzeichen 3 S 18/08, Urteil vom 28. November 2008) ausgeführt:
Zur Berechnung des Normaltarifs kann nach der Rechtsprechung des BGH der Schwacke- Mietpreisspiegel hinsichtlich des Postleitzahlengebietes des Geschädigten herangezogen werden (BGH NJW 2008, 1519). Soweit die Beklagten darauf hinweisen, dass weitere Marktbetrachtungen neben der Schwacke- Liste erschienen sind – insbesondere eine solche des Fraunhofer Instituts – ist ihr Vorbringen nicht geeignet, die Anwendbarkeit des Schwacke- Mietpreisspiegels in Frage zu stellen. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine Schätzgrundlage nachzugehen. Einwendungen gegen die Grundlagen der Schadensbemessung sind nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind. Deshalb bedarf die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH NJW 2008, 1519). An einem dahingehenden konkreten Sachvortrag der Beklagten fehlt es hier; der Hinweis der Beklagten, dass nach der Erhebung des Fraunhofer Instituts einer Anmietung für vier Tage für einen Mietpreis von 334,69 € möglich gewesen sei ist unbehilflich, da nicht nur die einzelnen Konditionen der Anmietung ungeklärt bleiben, sondern sich das Angebot ersichtlich nicht auf ein Fahrzeug der hier maßgeblichen Gruppe 8 bezieht.
Auch das Amtsgericht Kandel (Urteil vom 22.10.2008, Aktenzeichen 1 C 171/08) hält die so genannte Fraunhofer-Liste für ungeeignet:
Im vorliegenden Fall kann auch eine Ermittlung des „Normaltarifs“ nach der Schwacke- Liste erfolgen. Soweit die Beklagte den Marktpreisspiegel Deutschland 2008 des privatwirtschaftlich agierenden Fraunhofer-Institut Arbeitswirtschaft und Organisation vorliegt, ist dieser Erhebung nicht zu folgen. Diese Erhebung ist für den vorliegenden Fall ungeeignet.
Im Gegensatz zur Schwacke-Erhebung bezieht sich die Untersuchung des Fraunhofer Instituts lediglich auf ein- beziehungsweise zweistellige PLZ-Gebiete. Auf diese Art und Weise ist eine regionale Marktbetrachtung nicht möglich. Allein unter Berücksichtigung des für den Bereich des Geschädigten anzusetzenden PLZ -Bezirks „76″ ergäbe sich ein Einzugsbereich auf der linken Rheinseite mit dem Landkreis Germersheim und dem südlichen Teil des Landkreises Südnahe Weinstraße. Auf dem Gebiet der rechten Rheinseite erstreckt sich der PLZ- Bezirk „76″- von Baden-Baden bis Bruchsal einschließlich der Stadt Karlsruhe. Dies ist ein so großer Einzugsbereich, das von einem regionalen Mietmarkt nicht mehr ausgegangen werden kann.
Darüber hinaus wurden in der Erhebung des Fraunhofer Instituts insgesamt 86.783 Datensätze erfasst. 76.457 stammen aus dem Internet. Hierbei handelt es sich um 88% der Datensätze. Diese wiederum stammen von sechs bundesweit beziehungsweise weltweit agierenden Vermietungsunternehmen. Insoweit ist davon auszugehen, dass die Erhebung des Fraunhofer Instituts ganz überwiegend Bezug nimmt auf Internetangebote großer Vermieter. Die Erhebung des Fraunhofer Instituts berücksichtigt deshalb gerade nicht für die große Anzahl lokaler Anbieter, die gerade das lokale Marktgeschehen prägen. Von Letzteren wurden jedoch in der Schwacke-Mietpreiserhebung konkrete Daten erhoben. Gerade auf dem Markt der Anmietung von Fahrzeugen im Unfallersatzgeschäft erfolgt die überwiegende Anmietung bei lokalen Unternehmen. Deren Preise finden jedoch in der Erhebung des Fraunhofer Instituts bestenfalls eine Beachtung am Rande. Aufgrund dieser Erkenntnis zieht das Gericht die repräsentativere Schwacke- Erhebung der Erhebung des Fraunhofer Instituts vor.
Dem schließt sich auch das erkennende Gericht auch im vorliegenden Falle ausdrücklich an.
Damit ergibt sich zutreffender Weise folgende Berechnung:
Nach der Schwacke- Liste 2007 (jeweils Modus-Wert) kann die Klägerin für ein Fahrzeug der Mietwagengruppe 4 für die Dauer von 18 Tagen einen Betrag in Höhe von 1.309,01 € verlangen (zwei Wochenpauschalen zu je 489,34 €, also 978,68 €; eine Dreitagespauschale zu 246,21 €; eine Tagespauschale zu 84,12 €). Dieser Betrag ist angesichts der betriebswirtschaftlichen Besonderheiten des Unfallersatzgeschäfts nach der Rechtsprechung des Landgerichts Landau pauschal um 20% (=261 80 €) zu erhöhen, das ergibt, eine Zwischensumme von 1570,81 €. Die Klägerin weist zu Recht daraufhin, dass die Kosten für die Haftungsfreistellung in der Vollkaskoversicherung nach der Rechtsprechung des BGH wegen der besonderen Haftungsrisiken auch dann erstattungsfähig sind, wenn der Unfallgeschädigte kein vollkaskoversichertes Fahrzeug vorgehalten hatte. Die danach erstattungsfähigen Haftungsfreistellungskosten betragen vorliegend 352 € (zwei Wochenpauschalen zu je 132 €, also 264 €; eine Dreitagespauschale zu 66 €; eine Tagespauschale zu 22 €). Hinzu kommen die pauschal abgerechneten Kosten für die Zustellung und die Abholung des Fahrzeuges in Hohe von 25,00 € was ebenfalls dem Modus-Wert nach der Schwacke- Liste entspricht.
Das ergibt insgesamt erstattungsfähige Mietwagenkosten in Höhe von 1947,81 € auf die die Beklagte unstreitig 1001,20 € bezahlt hat.
Das ergibt zuzusprechende 946,61 €, der weitergehende klageweise geltend gemachte Betrag war demgegenüber abzuweisen.
Die zugesprochenen Nebenforderungen stehen der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Verzuges zu.
Soweit das AG Germersheim