Hallo Captain-Huk-Leser!
Meine Aufrufe nach Urteilen sind nicht nutzlos verhallt. Nun sind einige Urteile aus Sachsen-Anhalt übersandt worden. Hier nun aus dem Raum Halle die erste (etwas ältere) Entscheidung. Beklagte Haftpflichtversicherung ist die Bruderhilfe. Der Geschädigte hatte die Sachverständigenkosten erfüllungshalber abgetreten. Nachdem die Beklagte nicht nach Gesetz und Recht reguliert hatte, klagte der Geschädigte auf Freistellung. Mit Erfolg. Gleichwohl kürzt auch die Beklagte weiterhin (rechtswidrig) die Sachverständigenkosten. Das Urteil ist zwar schon etwas älter, aber deshalb nicht uninteressant. Lest selbst und gebt Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi
Amtsgericht Halle (Saale) Verkündet am:
Geschäfts-Nr.: 14.03.2008
98 C 3549/07
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn … ,
Kläger
gegen
Bruderhilfe Sachversicherung AG, vertr. d. Vorstand, Kurt Jaks, Dieter Beck, Jürgen Mathuis, Kölnische Straße 108 -112, 34119 Kassel,
Beklagte
hat das Amtsgericht Halle (Saale) auf die mündliche Verhandlung vom 20.02.2008 durch den Richter am Amtsgericht …
für Recht erkannt:
1.) Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger hinsichtlich der Kosten für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens gegenüber dem Kfz-Sachverständigenbüro … , aus der Rechnung vom 26. September 2006 in Höhe von noch offenen 158,10 € freizustellen.
2.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 27,07 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.09.2007 zu zahlen.
3.) Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
4.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Von der Erstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.
Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Freistellung in Höhe des – von ihr noch geschuldeten – Betrages in Höhe von 158,10 €.
Unstreitig hat die Beklagte vollumfänglich für den Schaden des Klägers, resultierend aus dem Verkehrsunfall zwischen dem Kläger und dem Versicherungsnehmer der Beklagten, zu haften.
Insoweit schuldet die Beklagte auch den Ersatz der Kosten, die der Kläger im Hinblick auf die Schadensfeststellung / Feststellung der Höhe der Reparaturkosten aufwenden musste, also den für den Sachverständigen zu zahlenden Betrag.
Unstreitig hat die Beklagte bislang auf das vom Sachverständigen gegenüber dem Kläger geltend gemachte Honorar einen Betrag in Höhe von 158,10 € nicht ausgeglichen.
Der Kläger hat daher auch ein rechtlich geschütztes Interesse an der Erfüllung des hier mit der Klage geltend gemachten Anspruches auf Freistellung, da er aus dem zwischen ihm und dem Sachverständigen geschlossenen Vertrag nach wie vor dem Sachverständigen den noch nicht ausgeglichenen Betrag schuldet.
Wie sich dem Wortlaut der – unstreitig erfolgten – Abtretung des Schadensersatzanspruches im Umfang der Sachverständigenkosten an den Sachverständigen entnehmen lässt, schuldet gleichwohl der Kläger weiter den Ausgleich des Sachverständigenhonorars. Diesbezüglich hat der Kläger auch ein Interesse an einer entsprechenden Freistellungsverurteilung der Beklagten.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Kläger trotz Abtretung des Anspruches an den Sachverständigen in vorliegendem Verfahren aktiv legitimiert.
Dies, da der Kläger nicht auf Zahlung an sich klagt, sondern lediglich Freistellung von der Beklagten begehrt.
Die Einwände der Beklagten gegen die Höhe der vom Sachverständigen gegenüber dem Kläger geltend gemachten Kosten vermögen nicht durchzudringen.
Nach mittlerweile allgemeiner Meinung in den Obergerichten, welche sich der entscheidende Richter anschließt, sind Einwände gegen die Höhe / die Üblichkeit oder Angemessenheit des Sachverständigenhonorares nur dann erheblich, wenn gleichzeitig dem Auftraggeber des Sachverständigen, dem Geschädigten, auch ein Auswahlverschulden vorgeworfen werden kann. Dies behauptet die Beklagte jedoch nicht.
Daher hat die Beklagte den Kläger in Höhe der noch offenen Sachverständigenkosten freizustellen.
Des Weiteren hat die Beklagte dem Kläger die geltend gemachten 27,07 € an vorgerichtlichen Anwaltskosten zu erstatten.
Unstreitig hat der Kläger seine jetzigen Prozessbevollmächtigten bereits vorgerichtlich mit der Geltendmachung seines Schadensersatzanspruches beaufträgt.
Nach allgemeiner Auffassung umfasst die Schadensersatzpflicht der Schädiger auch die Kosten für die Beauftragung eines Anwalts. Dies zieht die Beklagte auch nicht in Zweifel.
Unstreitig hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers vorgerichtlich zu einem Gegenstandswert in Höhe von 1.520,79 € den Auftrag empfangen. Diesbezüglich schuldet der Kläger seinem Prozessbevollmächtigten hierfür eine Geschäftsgebühr (inklusive Auslagen und Mehrwertsteuer) in Höhe von 229,56 €. Da die Beklagte bislang lediglich 168,00 € gezahlt hat, schuldet sie – zumindest – den hier geltend gemachten Betrag in Höhe von 27,07 €.
Eine Zulassung der Berufung war nicht veranlasst. Die Frage der Erstattungsfähigkeit des Sachverständigenhonorars ist obergerichtlich mittlerweile geklärt. Da die Beklagte mit Ausnahme eines Urteils des Amtsgerichts Halle, welches allerdings mit keinem Wort auf die gegenläufige obergerichtliche Rechtssprechung eingeht, keine neuen Argumente vorbringt, kam ein Zulassen der Berufung auch nicht in Betracht.
Die Nebenentscheidungen rechtfertigen sich aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.