Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachfolgend wieder einmal ein prima Urteil aus Wuppertal zur fiktiven Abrechnung. Beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung ist wieder einmal die HUK-Coburg. Diese hat zur Begründung der Verweisung auf eine nicht markengebundene Werkstatt einen Dekra-Prüfbericht vorgelegt. Das reicht nach Ansicht des Gerichtes nicht aus. Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen. Einfache Prüfberichte, seien es solche von Dekra, Control-Expert oder ähnlichen Organisationen, reichen nicht aus, die Gleichwertigkeit der durchzuführenden Reparatur in der Alternativwerkstatt mit der Markenfachwerkstatt zu beweisen. So oft ist die Beklagte schon mit dieser Frage auf die Nase gefallen und immer wieder wird es versucht. Die Wuppertaler Amtsrichterin hat es der Beklagten aber nun deutlich ins Urteil geschrieben. Im übrigen hat die Richterin nunmehr auch die Kürzungen der einzelnen Positionen des Prüfberichtes genauer untersucht und siehe da, es kommen Merkwürdigkeiten zutage, die den Prüfbericht als Makulatur darstellen lassen. Die Amtsrichterin stellt zutreffender Weise das gesamte Vorbringen der HUK-Coburg als unereheblich dar. Das Vorbringen der HUK-Coburg ist nicht geeignet, das schlüssige und beachtliche Vorbringen des Klägers zu Fall zu bringen. Mit anderen Worten, die gesamten Schriftsätze der HUK-Coburg sind das Papier nicht wert. Das ist aber ein Armutszeugnis für die Coburger Firma. Hat die denn auch keine Rechtsabteilung mehr? Lest aber selbst und gebt Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
37 C 118/11
Amtsgericht Wuppertal
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
Klägers,
gegen
die HUK-Coburg, vertreten durch den Vorstand, Willi-Becker-Allee 11, 40227 Düsseldorf,
Beklagte,
hat das Amtsgericht Wuppertal, Abt. 37
im Verfahren nach § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 13.10.11
durch die Richterin am Amtsgericht …
für R e c h t erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 443,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem15.04.2011 zu zahlen sowie den Kläger von vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 83,54 € freizustellen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe:
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Die erhobene Klage auf restlichen Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall ist begründet. Gegen den klägerseits dem Grunde nach und der Höhe nach schlüssig dargelegten Klageanspruch werden beklagtenseits keine erheblichen Einwendungen erhoben.
Die alleinige Haftung der Beklagten für die unfallbedingten Schäden nach §§ 7 Abs. 1 StVG, §§ 3 Nr. 1 und 2 PflVG, § 115 VVG ist zwischen den Parteien unstreitig.
Neben den bereits gezahlten Beträgen kann der Kläger weitere 443,55€ von der Beklagten verlange. Die Kürzungen der Beklagten sind nicht berechtigt.
Bereits mit Verfügung vom 02.08.2011 hat das Gericht auf folgendes hingewiesen:
Hinsichtlich der Rechtsfrage, welche Stundenverrechnungssätze Anwendung finden, hat das Gericht bislang in ständiger Rechtsprechung auf der Grundlage des „Porsche-Urteils“ (siehe nunmehr auch BGH VI ZR 53/09, Urteil vom 20.10.2009) regelmäßig seinen Entscheidungen die Stundensätze markengebundener Fachwerkstätten zugrunde gelegt.
Der Geschädigte, der fiktive Reparaturkosten abrechnet, darf der Schadensberechnung in der Regel die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen.
Auf der Grundlage der BGH-Entscheidung vom 23.02.2010 (VI ZR 91/09, NJW 2010, 2116) braucht sich ein Geschädigter im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB nur dann auf eine anderweitige günstigere Reparaturmöglichkeit verweisen zu lassen, wenn die Verweisung auf mindestens eine konkrete, namentlich und mit Anschrift benannte Werkstatt erfolgt, ein konkretes quasi annahmefähiges „Gegenangebot“ vorgelegt wird, dieses Angebot für den Geschädigten ohne weiteres mühelos zugänglich ist und der Reparaturstandard der einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht.
Letztes Kriterium wird im Bereich des Amtsgericht Wuppertal in der Regel vermutet, insbesondere wenn es sich bei der im „Gegenangebot“ benannte Werkstatt um eine solche handelt, die von einer unabhängigen Kontrollorganisation zertifiziert ist (TÜV, DEKRA), von einem Meister geführt wird, Originalersatzteile verwendet, Herstellervorgaben arbeitet bzw. es sich um ein Mitgliedsbetrieb des Zentralverbandes Karosserie- und Fahrzeugtechnik handelt.
Dabei muss sich der Geschädigte nach § 249 Abs, 2 Satz 1BGB nicht auf Sonderkonditionen von Vertragswerkstätten des Haftpflichtversicherers des Schädigers verweisen lassen (BGH, Urteil vom 20.10.2009 – VI ZR 53/09).
Beruft sich daraufhin der Geschädigte auf eine Unzumutbarkeit dieser Verweisung (z.B. Fahrzeugalter unter 3 Jahre) und legt diese substantiiert dar, obliegt es dann dem Schädiger bzw. seiner Versicherung, diesen Vortrag zu widerlegen. Die Beweislast trifft somit die Schädigerseite.
Der Kläger hat seinen Schadensersatzanspruch durch Vorlage des vorgerichtlichen Sachverständigengutachtens zunächst hinreichend substantiiert dargelegt.
Dem ist die Beklagtenseite nicht hinreichend entgegen getreten, worauf bereits hingewiesen wurde. Der vorgelegte Prüfbericht der Dekra ist insoweit nicht ausreichend und erfüllt die vorgenannten Anforderungen des Gerichts nicht. Es ist darauf hinzuweisen, dass in dem Prüfbericht nicht nur die Stundenverrechnungssätze geändert wurden, sondern auch Ersatzteile in Höhe von 102,13 € heraus gerechnet wurden, ohne das für das Gericht ersichtlich oder nachvollziehbar dargelegt wäre, wie sich diese Kürzung erklärt. Der pauschale Hinweis, dass bei den benannten Alternativwerkstätten Ersatzteilkosten nicht entstehen, trägt diese Kürzung nicht, zumal ja nicht Ersatzteilkosten insgesamt, sondern nur in einem geringen, nicht näher erläuterten Umfang gekürzt wurden. In der Gesamtbetrachtung ist dann aber nicht mehr nachvollziehbar, dass es sich bei der von der Beklagtenseite zugrunde gelegten Reparatur um eine solche handelt, die der des vorgerichtlichen Sachverständigengutachtens umfänglich entspricht.
Darüber hinaus erscheint es dem Gericht erstaunlich, dass zwei – von der Beklagtenseite benannte – voneinander unabhängige Werkstätten zu bis auf den Cent genau identischen Stundensätzen – besonders bei den Lackierkosten – arbeiten sollen und bis auf den Cent genau identische Abzüge an den Ersatzteilkosten anfallen sollen.
Auch die Kürzung der Verbringungskosten ist nicht berechtigt. Insoweit kann der Kläger auch diese bei fiktiver Abrechnung verlangen, sofern sie bei Reparatur typischerweise anfallen. Dies aber ist bei markengebundenen Fachwerkstätten in Wuppertal noch immer typischerweise der Fall.
Nachdem das Gericht auf die Verfahrensart nach § 495a ZPO hingewiesen hat und die gerichtlich gesetzte Fristen zur Stellungnahme abgelaufen sind, ohne dass erhebliche Einwendungen erhoben wurden, war der Klage durch Urteil stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO, die Nebenentscheidungen auf den §§ 286ff BGB, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr.11, 711, 713 ZPO.
Streitwert: 443,55 €
Im Hinblick auf die Kürzung nach dem Prüfbericht der DEKRA ein richtiges Urteil.
Bedenken habe ich allerdings gegen die gerichtliche Vermutung, der Reparaturstandart sei dem einer markengebundenen Fachwerkstatt gleichzusetzen,
insbesondere wenn es sich bei der im “Gegenangebot” benannte Werkstatt um eine solche handelt, die
– von einer unabhängigen Kontrollorganisation zertifiziert ist (TÜV, DEKRA),
– von einem Meister geführt wird,
– Originalersatzteile verwendet,
– Herstellervorgaben arbeitet bzw.
– es sich um ein Mitgliedsbetrieb des Zentralverbandes Karosserie- und Fahrzeugtechnik handelt.
Verehrtes AG Wuppertal:
Welche Kriterien sind DAS denn???
Die meisten Inhaber einer solchen „zertifizierten“ Werkstatt wissen nicht einmal, was im angeblichen Zertifikat steht. Meister und Originalersatzteile sind bei entsprechendem Mangel 100 %ige K.O.-Kriterien, aber doch nicht vermutungsbegründend, wenn diese vorliegen. Mitglied in einem Verband??? Ich werd nicht wieder, hier finden die Nebelkerzen der Versicherungen eine kritiklosen Nährboden bei Gericht.
Es hilft nichts, Kollegen: da muss bestritten und evtl. fein säuberlich vorgetragen werden. Der Schädiger muss nachweisen, ist doch die eindeutig bessere Position für den Geschädigten!
Hallo Babelfisch,
das ist richtig. Der Schädiger muss darlegen und beweisen, dass die von ihm benannte Alternativwerkstatt die Reparatur gemäß dem vom Geschädigten eingeholten Gutachten genauso qualitativ gleichwertig durchführen kann wie die Markenfachwerkstatt, deren Preise der Gutachter zur Grundlage seiner Feststellungen gemacht hat. Zum Beweis reicht eindeutig ein DEKRA-Prüfbericht oder Control-Expert- Prüfbericht nicht aus. Wenn die behauptete Gleichwertigkeit vom Unfallopfer bestritten wird, muss das Gericht Beweis erheben. Denn nur über die Schadenshöhe kann nach § 287 ZPO geschätzt werden, nicht jedoch über eine Gleichwertigkeit einer beabsichtigten Reparatur. Da hilft auch das immer wieder angeführte EUROGARANT-Urteil des BGH nicht weiter, da gerade dort die behauptete Gleichwertigkeit nicht bestritten wurde und das Gericht dann, eben weil nicht bestritten, die Alternativwerkstatt durchwinken konnte.
Behauptungen, die bestritten sind, können nur durch Einholung eines Beweismittels, geklärt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker