Mit Datum vom 15.07.2011 (103 C 127/11) hat das Amtsgericht Bonn die Zurich Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 1.224,14 € zzgl. Zinsen und Freistellung von vorgerichtlichen RA-Kosten verurteilt. Das Gericht legt bei der Schätzung des Normaltarifs die Schwacke-Liste zugrunde, Fraunhofer gilt nicht. Auch ein Verstoß gegen das RDG sieht das Gericht nicht.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Klägerin steht aus abgetretenem Recht ein Zahlungsanspruch gegen dte Beklagte in Höhe von 1.224,14 Euro gemäß den §§ 7 I, 17 StVG i.V.m. § 115 I VVG, 389, 249 II BGB zu.
Aufgrund des Verkehrsunfalls vom xx.xx.2010, welcher sich in D. ereignete, ist die Beklagte als Haftpflichtversicherer (§115 VVG ) verpflichtet, der Klägerin als Rechtsnachfolgerin aufgrund Anspruchsabtretung vom 01.04.2010 seitens des durch den Unfall Geschädigten die von diesem erlittenen Unfallschäden zu ersetzen. Die alleinige Haftung der Beklagten zu 100 % ist unbestritten. Zu den Unfallschäden zählen u.a. auch die hier geltend gemachten Mietwagenkosten, § 249 II BGB.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert, insbesondere verstößt die Abtretung auch nicht gegen §§ 3, 5 I RDG.
Die Geltendmachung des Unfallschadens im Umfang der Mietwagenkosten stellt eine nach § 5 I RDG erlaubte Tätigkeit in Form der Rechtsdienstleistung dar. Zu den Rechtsdienstleistungen gehört nach § 2 I RDG die Abwickelung von Verkehrsunfällen für den Unfallgegner ( vgl. Gesetzesbegründung in der Beilage zu NJW, Heft 27/2008, Seite 27 ). Diese ist gemäß § 5 I RDG jetzt im Zusammenhang mit anderen Tätigkeiten erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Abtretungsempfängers gehört. Dabei hat der Gesetzgeber gerade auch an die Inkassotätigkeit im Bereich der Unfallschadensregulierung gedacht, etwa bei Geltendmachung von Sachverständigen- oder Mietwagenkosten. Die in der früheren Rechtsprechung praktizierte Einschränkung dahingehend, dass die Einziehung abgetretener Kundenforderungen durch den gewerblichen Unternehmer nur zulässig sei, wenn er die ihm durch die Abtretung vermittelte Sicherheit verwirklichen wolle, ist damit hinfällig (vgl. Gesetzesbegründung a.a.O. ). Ob die Entscheidung des Gesetzgebers den tatsächlichen Lebenssachverhalten – wie die Beklagte meint – nicht immer vollständig gerecht wird, ist an dieser Stelle nicht zu diskutieren.
Die Klageforderung ist auch der Höhe nach berechtigt.
Die Klägerin kann von der Beklagten als Haftpflichtversicherer des Schädigers den erforderlichen Herstellungsaufwand, mithin einen Ersatz der Mietwagenkosten beanspruchen, den ein verständig und vernünftig denkender Geschädigter für notwendig und zweckmäßig halten durfte. Dabei hat der Geschädigte im Rahmen des Zumutbaren den wirtschaftlichsten Weg zum Schadensausgleich wahrzunehmen. Hinsichtlich der Kosten für einen Mietwagen ist er auf die Anmietung eines mit dem beschädigten Fahrzeug vergleichbaren Ersatzfahrzeuges zum örtlich günstigeren von mehreren erhältlichen Tarifen beschränkt, wobei grundsätzlich ohne Vorliegen besonderer Umstände vom am Markt üblichen sogenannten Normaltarif auszugehen ist.
Dabei lässt die Rechtsprechung, insbesondere des BGH, in Ausübung des tatrichterlichen Ermessens gemäß § 287 ZPO einen Rückgriff auf den auch von Klägerseite herangezogenen sog. Schwacke-Automietpreisspiegel grundsätzlich zu. Die Schadenshöhe darf nämlich lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden und ferner dürfen wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Acht bleiben. Auch darf das Gericht in für die Streitentscheidung zentralen Fragen auf nach der Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse nicht verzichten. Gleichwohl können in geeigneten Fällen Listen oder Tabellen bei der Schadenschätzung Verwendung finden (so etwa BGH Urt. v. 18.05.2010 VI ZR 293/08 ).
Demgemäß hat der BGH weiterhin mehrfach ausgesprochen, dass der Tatrichter in Ausübung des Ermessens nach § 287 ZPO den sogenannten „Normaltarif“ grundsätzlich auch auf der Grundlage des gewichteten Mittels/Modus des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ im maßgebenden Postleitzahlengebiet des Geschädigten ermitteln kann (vgl. etwa BGH NJW 2006, 2106, Tz. 9; BGH NJW 2007, 1124, Tz. 8; ). Er hat auch die Schätzung auf der Grundlage des „Schwacke-Mietpreisspiegels 2006“ grundsätzlich nicht als rechtsfehlerhaft erachtet (vgl. BGH, VersR 2010, 494 ), was jedoch nicht bedeutet, dass eine Schätzung auf der Grundlage anderer Listen oder Tabellen, wie etwa der sog. Fraunhofer-Liste, oder eine Schätzung nach dem arithmetischen Mittel beider Markterhebungen (vgl. etwa OLG Saarbrücken SVR 10, 103 m. Anm. Nugel jurisPRA/erkR 7/2010; LG Bielefeld NJW-Spezial 09, 762) grundsätzlich rechtsfehlerhaft wäre. Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadenschätzung Verwendung finden können, bedarf indessen nur der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheiderden Fall in erheblichen Umfang auswirken (vgl. BGH Urt. v. VI ZR 293/08 ). Nicht ausreichend ist insoweit, dass die unterschiedlichen Listen, wie von der Beklagten geltend gemacht, lediglich zu verschiedenen Ergebnissen gelangen ( LG Köln. Urt. v. 19.11.2008, Az. 9 S 171/08 ).
Bisher ist im Allgemeinen, wie auch im konkreten Streitfall, indessen nicht feststellbar, dass die von der Beklagten angeführte sog. Fraunhofer Erhebung eine derart überlegene Methodik gegenüber dem Schwacke Mietpreisspiegel aufweist, welche die Annahme einer mangelhaften Erhebung im Rahmen des Letzteren gebieten würde. Vielmehr bestehen gegenüber der vom Gesamtverband der Haftpflichtversicherer in Auftrag gegebenen Fraunhofer Erhebung gewichtige Bedenken in Bezug auf die ihr zugrundeliegenden gröbere Enteilung in lediglich ein- bis zweistellige Postleitzahlengebiete, telefonische Befragungen und Auswertung von Internetangeboten, die mit einer Anmietung vor Ort nicht vergleichbar sind (vgl. LG Bonn, NZV 2007, 362 ff.; OLG Köln vom 18.03.2008, 5 U 145/07 ). Die Tatsache, dass die Fraunhofer Erhebung durchweg zu anderen Ergebnissen gelangt als der Schwacke-Mietpreisspiegel rechtfertigt es noch nicht, diesen ins Wanken zu bringen ( LG Köln vom 19.11.2008, 9 S 171/08 ).
Das Gericht folgt daher in seiner ständigen Rechtsprechung der Auffassung und Begründung des Landgerichts Bonn (NZV 2007, 362 ), wie auch des Oberlandesgerichts Köln ( a.a.O), wonach die erforderlichen Mietwagenkosten im Rahmen der Schätzung nach § 257 ZPO auf der Grundlage der Schwacke-Liste ( hier: 2009 ) unter Berücksichtigung eines pauschalen Aufschlages von 20 % ( LG Köln a.a.O ) ermittelt werden können.
Eine andere Betrachtungsweise ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes des Geschädigten gegen dessen Schadensminderungspflicht gemäß § 254 II BGB …. dieser nicht weitere Angebote anderer Anbieter eingeholt hat.
Es ist insoweit nicht ausreichend, dass dem Geschädigten seitens der Beklagten, lediglich eine abstrakte Möglichkeit vorgehalten wird, er habe sicherlich ein Fahrzeug zu einem günstigeren Tarif anmieten können, da durchschnittlich in der streitgegenständlichen Konstellation lediglich ca. 650.- Mietwagenkosten anfielen und dabei auf bestimmte andere Anbieter verweist. Vielmehr hat die Beklagte konkret darzulegen, inwieweit der Geschädigte konkret in der Lage gewesen wäre, ein für ihn unter den für ihn gegebenen Umständen ein günstigeres erreichbares Angebot wahrzunehmen. Dies hat die Beklagte indessen nicht hinreichend erklärt.
Bei der konkreten Berechnung der Mietwagenkosten anhand des Schwacke-Mietpreisspiegels 2009 hinsichtlich des Postleitzahlengebietes 404, der unbestrittenen Fahrzeug-Klasse 3 und dem 17-Tage-Modus folgt das Gericht der Darstellung in der Klageschrift, unter Berücksichtigung der Reduzierungen nach Wochen- bzw. Tagespauschalen bei mehrtägiger Vermietung und des von der Klägerin bereits vorgenommenen 5-%-igen Abschlages wegen ersparter Eigenkosten. Daraus ergibt sich bereits ein Grundmietpreis in Höhe von 1.966,15 Euro, ohne Berücksichtigung weiterer Zusatzleistungen. Dieser Betrag übersteigt für sich genommen bereits den Betrag gemäß Rechnung der Klägerin vom 27.04.2010, welcher auf 1.943,41 Euro lautet, so dass dieser in voller Höhe von der Klägerin beansprucht wenden kann.
Unter Berücksichtigung der von der Beklagten unstreitig bereits geleisteten Teilzahung in Höhe von 718,97 Euro ergibt sich somit ein der Klageforderung entsprechender verbleibender Zahlungsanspruch der Klägerin in der zuerkannten Höhe.
Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus den §§ 280 I, II, 286 I, III, 288 I BGB unter dem Gesichtspunkt des Verzuges.
Desweiteren schuldet die Beklagte der Klägerin die Freistellung von vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale, ausgehend von einem Gegenstandswert von 1.224 Euro, mithin einen Betrag in Höhe 56,60 Euro.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
Soweit das AG Bonn.