Mit Datum vom 01.09.2011 (91 C 2932/11) hat das Amtsgericht Wiesbaden die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 404,58 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht legt bei der Schätzung des Normaltarifs die Schwacke-Liste zugrunde, Fraunhofer gilt nicht. Auch einen Verstoß gegen das RDG sieht das Gericht nicht.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten in Höhe von 404,58 EUR. Dieser Anspruch folgt aus §§ 7 Abs 1, 17, 18 StVG, § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, §§ 249 Abs. 2, 398 BGB
Die Klägerin ist zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Mietwagenkosten entgegen der bisher vertretenen Auffassung des Gerichts auch aktivlegitimiert, da der Geschädigte seine Ansprüche hinsichtlich der Erstattung der Mietwagenkosten gegen die Beklagte gemäß § 398 BGB wirksam an die Klägerin abgetreten hat.
Die Abtretung ist nicht wegen eines Verstoßes gegen §§ 2 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 Rechtsdienstleistungsgesetz (im folgenden „RDG“) gemäß § 134 BGB nichtig.
Gemäß § 3 RDG ist die Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur insoweit zulässig und erlaubt, als sie durch das Rechtsdienstleistungsgesetz oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird.
Gemäß der Legaldefinition des § 2 RDG ist eine Rechtsdienstleistung jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Tätigkeit in fremden Angelegenheiten vor, wenn nach der Geschäftspraxis des Mietwagenunternehmens / der Reparatur-Werkstatt die Schadensersatzforderungen der unfallgeschädigten Kunden (erfüllungshalber) eingezogen werden, bevor diese selbst in Anspruch genommen werden. In diesem Fall liegt nämlich kein Sicherungsfall vor, der eine Inanspruchnahme der Sicherungsabtretung rechtfertigen würde und werden dem geschädigten Kunden eigene Rechtsangelegenheiten abgenommen, deren Erledigung an sich ihm obliegen wurde.
Die Klägerin hat sich im vorliegenden Fall den Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Mietwagenkosten formularmäßig bereits bei Vertragsschluss erfüllungshalber abtreten lassen. So heißt es in der Abtretungserklärung:
„Durch diese Abtretung und Zahlungsanweisung werde ich nicht von meiner Verpflichtung zur Zahlung der Mietwagenkosten befreit, wenn die Versicherung nicht in angemessener Zeit/Höhe leistet“
Dementsprechend hat die Klägerin nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten den Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten direkt gegenüber cer Beklagten geltend gemacht, ohne zuvor den Geschädigten selbst in Anspruch zu nehmen.
Die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erfolgte auch geschäftsmäßig. Dies ergibt sich aus dem Abtretungsformular, das formularmäßig aie Abtretung des Schadensersatzanspruchs auf Erstattung der Mietwagenkosten gegen die einstandspflichtigen Unfallgegner an die Klägerin vorsieht, die diese Ansprüche sodann im eigenen Namen geltend macht. Bei der rechtlichen Geltendmachung des nunmehr klageweise geltend gemachten Schadensersatzanspruchs handelt es sich folglich um eine Tätigkeit in fremden Angelegenheiten.
Es bedurfte vorliegend auch einer rechtlichen Prüfung des Einzelfalles, die über die bloße Anwendung von Rechtsnormen hinausgeht (vgl. § 2 Abs. 1 RDG). Denn die Rechtsfrage bezüglich der gemäß § 249 BGB angemessenen Höhe der zu erstattenden Mietwagenkosten ist – wie auch das vorliegende Verfahren zeigt – hoch streitig und erfordert fundierte Rechtskenntnisse, so dass sie nicht ohne eingehende rechtliche Prüfung beantwortet werden kann.
Gleichwohl liegt eine erlaubnispflichtige Tätigkeit im Rahmen des RDG nicht vor, da die Inkassotätigkeit der Klägerin als Nebenleistung entgegen der Auffassung der Beklagten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG erlaubnisfrei ist.
Gemäß § 5 RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine solche Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 RDG).
Eine Nebenleistung liegt nur vor, wenn die rechtsdienstleistende Tätigkeit die Leistung insgesamt nicht prägt, wenn es sich also insgesamt nicht um eine spezifisch rechtlche Leistung handelt (vgl. Bundestagsdrucksache 16/2355, S. 52). Maßgebend ist in diesem Zusammenhang, ob die Rechtsdienstleitung nach der Verkehrsanschauung ein solches Gewicht innerhalb der Gesamtleistung hat, dass nicht mehr von einer bloßen Nebenleistung ausgegangen werden kann. Der Schwerpunkt der Tätigkeit muss daher stets auf nichtrechtlichem Gebiet liegen. Hierbei ist zu beachten, dass durch die Änderung des Rechtsberatungsgesetzes in das Rechtsdienstleistungsgesetz anders als nach Artikel 1 § 5 RDG die Zulässigkeit rechtsdienstleistender Nebenleistungen nach § 5 Abs. 1 RDG keinen unmittelbaren, unlösbaren Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit voraussetzt, sondern lediglich verlangt wird, dass die Rechtsdienstleistung zu der jeweiligen Haupttätigkeit gehört (Bundestagsdrucksache 16/3655, S. 52).
Ein solcher Fall ist hier gegeben. Unstreitig besteht das Hauptgeschäftsfeld der Klägerin in der Vermietung und im Leasing von Kraftfahrzeugen. Die Klägerin ist somit gerade keine Inkassofirma, deren Hauptgeschaftsmodell die Geltendmachung von Forderungen ist.
Diese Sichtweise wird auch durch die Gesetzgebungsunterlagen gestützt. So heißt es in der Begründung zum RDG in der Bundestagsdrucksache 16/3655 auf Seite 53:
„Weitere Anwendungsfälle der als Nebenleistung zulässigen Inkassotätigkeit finden sich auch im Bereich der Unfallschadenregulierung etwa bei der Geltendmachung von […] Mietwagen- oder Reparaturkosten […] Hierbei entsteht häufig Streit etwa über […] die Höhe der Mietwagenrechnung, […]. Gerade die im Streitfall erforderliche Rechtfertigung der eigenen Leistung oder Abrechnung durch den Unternehmer belegt die in § 5 Abs. 1 geforderte Zugehörigkeit zu dessen eigentlicher Hauptleistung. […]
Hinzu kommt, dass der Bundesgerichtshof bereits im Jahr 1994 daraufhingewiesen hatte, „dass für die Einschaltung des Kraftfahrzeugvermieters in die Verfolgung und Durchsetzung der Schadensersatzansprüche eines durch einen Verkehrsunfall Geschädigten gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Schädigers ein starkes praktisches Bedürfnis spricht. […]
In der Tat ist es nicht nur für die Kunden und den Unternehmer, sondern auch für die Anspruchsgegner durchweg vorteilhaft, wenn der Streit über die Berechtigung einer Rechnungsposition unmittelbar zwischen dem Unternehmer und der letztlich Zahlungspflichtigen Person ausgetragen wird. Der Kunde wird von der für ihn lästigen Schadensabwicklung entlastet, ohne nachteilige Auswirkungen fürchten zu müssen: Setzt der Unternehmer den Erstattungsanspruch erfolgreich durch, wird der Kunde durch die Leistung des Dritten von seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Unternehmen befreit; bestreitet der Dritte seine Einstandspflicht erfolgreich, wird das Unternehmen seine Forderung auch gegenüber dem Kunden nicht durchsetzen können. Der Unternehmer kann seine Leistung unmittelbar gegenüber dem wirtschaftlich Einstandspflichtigen rechtfertigen und braucht seinen Kunden nicht in Anspruch zu nehmen.Der Dritte schließlich wird in die Lage versetzt, sich über die von ihm erhobenen Einwendungen gegen die Abrechnung des Unternehmers unmittelbar mit diesem aus einandersetzen zu können.“
Hieraus ergibt sich somit, dass der Gesetzgeber gerade in der Geltendmachung von Mietwagenkosten eine zulässige Inkassotätigkeit als Nebenleistung sieht. Danach ergibt sich im vorliegenden Fall kein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz, da es dem erklärten Willen des Gesetzgebers entspricht, dass eine Mietwagenfirma die Inkassotatigkeit für die Geltendmachung der Mietwagenkosten gegenüber dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung durchsetzen darf.
Ist danach die Aktivlegitimation gegeben, hat die Klägerin vor dem Hintergrund der unstreitig bestehenden 100 %igen Einstandspflicht des Versicherungsnehmers der Beklagten für die unfallbedingten Schäden grundsätzlich einen Anspruch auf Erstattung derjenigen Kosten, die ihm durch den Unfall entstanden sind, soweit diese im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlich waren. Zu erstatten sind mithin auch die ihm im Zusammenhang mit der wegen des Unfalls erforderlich gewordenen Anmietung eines Mietwagens entstandenen erforderlichen Kosten. Als erforderlich sind nur solche Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf, wobei wegen des geltenden Wirtschaftlichkeitsgebots der Geschädigte im Rahmen des ihm Zumubaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen hat (BGH, Urteil vom 09.05.2006, Az.: VI ZR 117/05 und vom 11.03.2008, Az.: VI ZR 164/07). In Bezug auf die Mietwagenkosten bedeutet dies, dass der Geschädigte von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs innerhalb eines gewissen Rahmens grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung erforderlichen Aufwand verlangen kann (BGH, Urteil vom 11.03.2003, Az.: VI ZR 164/07).
Grundlage für die Feststellung des erforderlichen Schadensbetrages im Sinne von § 249 BGB ist dabei der als „Normaltarif“ bezeichnete regional marktübliche Mietpreis. Im Rahmen seines tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO hat also das Gericht die Frforderlichkeit eines von dem Mietwagenunternehmen berechneten Tarifs anhand des auf dem örtlich relevanten Markt verlangten „Normaltarifs“ zu schätzen. Das Gericht ist dabei mit der Klägerin der Auffassung, dass der Schwacke-Automietpreisspiegel eine geeignete Grundlage für die Schadensschätzung der erforderlichen Mietwagenkosten darstellt. Dies hat der BGH in seiner jüngsten Entscheidung vom 12 04.2011 ausdrücklich klargestellt (BGH, Urteil vom 12.04.2011, Az.: VI ZR 300/09). Die Eignung von Listen und Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf nur der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH, Urteil vom 02.02.2010, Az.: VI ZR 7/09; OLG Köln, Urteil vom 20.07.2010, Az.: I-25 U 11/10, NZV2010, 514). Solche konkreten Mängel hat die Beklagte hier jedoch nicht vorgetragen. Die von ihr im Internet recherchierten günstigeren Angebote beziehen sich nicht auf den streitgegenständlichen Zeitraum Januar 2011, sondern datieren vom Juli 2011. Da Preise für Mietwagen starken saisonalen Schwankungen unterliegen, sind die vorgelegten Angebote nicht geeignet, die Mietpreisangaben im Schwacke Automietpreisspiegel 2010 in Zweifel zu ziehen. Die vorgelegten Angebote enthalten zudem einen starren Mietzeitraum, die erheblich günstiger sind, da die Mietwagenanbieter mit festen Rückgabezeiten kalkulieren können und diesen Preisvorteil an den Kunden weitergeben. Hier stand der genaue Mietzeitraum zum Zeitpunkt der Anmietung noch nicht fest, so dass daher eine Vergleichbarkeit auch aus diesem Grund ausscheidet.
Das Ermessen kann daher im Rahmen des § 287 ZPO in zulässiger Weise dahin ausgeübt werden, dass der vom Schädiger dem Geschädigten zu ersetzende „Normaltarif“ für Mietwagenkosten auf der Grundlage des Schwacke Automietpreisspiegeis im Postleitzahlengebiet des Geschädigten ermittelt wird (BGH, Urteil vom 12.04.2011, Az.; VI ZR 300/09 ; Urteil vom 09.03 2010, Az.: VI ZR 6/09, Urteil vom 19.01.2010, Az.: VI ZR 112/09; OLG Köln, Urteil vom 20.07.2010, Az.: I-25 U 11/10). Unstreitig belaufen sich bei Anstellung einer Vergleichsberechnung zur Ermittlung der erforderlichen Mietwagenkosten auf der Grundlage des Schwacke-Automietpreisspiegels 2010 im maßgeblichen Postleitzahlengebiet die Mietwagenkosten für eine 5-tägige Nutzung eines Fahrzeugs der hier maßgeblichen Gruppe 2 auf 406,07 EUR. Zusätzlich sind die Kosten für den Versicherungsschutz in Höhe von insgesamt 99,63 EUR zu berücksichtigen, da ein schutzwürdiges Interesse des Geschädigten besteht, für die Kosten einer eventuellen Beschädigung des Mietfahrzeugs nicht selbst aufkommen zu müssen, weshalb es auch nicht darauf ankommt, ob das verunfallte Fahrzeug selbst entsprechend versichert war. Darüber hinaus sind auch die Kosten für die Winterbereifung in Höhe von insgesamt 58,55 EUR hinzuzurechnen, da das verunfallte Fahrzeug ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen M. vom 18.01.2011 (Bl. 25 ff. d. A.) auch mit Winterreifen ausgestattet war, so dass bereits aus diesem Grund dem Kläger eine Winterbereifung zusteht, da er als Geschädigter so zu stellen ist, als sei das Unfallereignis nicht entstanden. Auch die Zu- und Abholkosten des Fahrzeugs in Höhe von 60,28 EUR sind zu berücksichtigen, da sie in der streitgegenständlichen Mietwagenrechnung aufgeführt sind und damit offensichtlich auch angefallen sind. Soweit die Beklagte diese Kosten bestritten hat, war der diesbezügliche Vortrag angesichts der Tatsache, dass die Kosten für die Zu- und Abholung von der Klägerin dem Geschädigten in Rechnung gestellt wurden, unsubstantiiert und damit unbeachtlich. Bezüglich der von der Klägerin geltend gemachten Kosten für einen weiteren Fahrer in Höhe von 11,84 EUR pro Tag, mithin insgesamt 59,20 EUR, hat die Beklagte den Vortrag der Klägerseite, auch das verunfallte Fahrzeug sei von der Ehefrau des Geschädigten gefahren worden, so dass die Kosten für einen Zweitfahrer in die Vergleichsberechnung einzubeziehen seien, bestritten. Der von Klägerseite angebotene Zeugenbeweis ist vom Gericht gleichwohl nicht erhoben worden, weil die Klage auch unter Außerachtlassung der Kosten für einen Zweitfahrer voll begründet ist, so dass es hierauf nicht ankommt.
Schließlich ist der von der Beklagten angegriffene pauschale Aufschlag von 20 % auf den Grundpreis (73,09 EUR) als unfallbedingter Mehraufwand ein ersatzfähiger Schadensposten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 19.01.2010, Az.: VI ZR 112/09) kann sich im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO die Prüfung des Tatrichters darauf beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte im Allgemeinen einen Aufschlag rechtfertigen, wobei auch ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif in Betracht kommt, wenn dafür eine hinreichend konkrete Tatsachengrundlage vorliegt.
Eine solche Tatsachengrundlage liegt hier vor. Hier führt die Klägerin an, dass sie beim Geschädigten keine Insolvenz- oder Risikoprüfung (Bonitätsprüfung) durchgeführt habe und daher das Insolvenzrisiko trage. Außerdem habe der Geschädigte eine Kaution oder eine ähnliche Sicherheit nicht leisten müssen. Als im Unfallersatzgeschäft tätige Autovermietung müsse die Beklagte zudem ständig alle Fahrzeugkategorien vorhalten, wodurch ihr Mehrkosten entstünden. Schließlich habe die Beklagte als im Unfallersatzgeschäft tätige Autovermietung regelmäßig enorme Liquiditäts- und Zinsverluste, da die Mietwagenforderungen von den Versicherern – wie auch dieses Verfahren zeigt – nicht sofort, sondern häufig mit erheblichen Verzögerungen beglichen würden.
Dementsprechend waren für die anzustellende Vergleichsberechnung auf Grundlage des Schwacke-Automietpreisspiegels 2010 die in der Klageschrift vom 08.06.2011 aufgeführten Positionen für die reine Mietgebühr sowie für die Zusatzleistungen „Versicherungsschutz“, „Winterreifen“, „Zustellung/Abholung“ sowie der Aufschlag für Mehraufwendungen anzusetzen. Bezüglich der Mietgebühr sind schließlich noch 10 % ersparte Eigenaufwendungen in Höhe von 40,61 EUR abzuziehen, da eine gruppenniedrigere Anmietung nicht dargelegt worden ist, so dass die in der Vergleichsberechnung zu berücksichtigende Mietgebühr auf 365,46 EUR beläuft. Nach allem ergibt sich ein am Markt erforderlicher Mietwagenpreis von 657,01 EUR (365,46 EUR + 99,63 EUR ♦ 58,55 EUR + 60,28 EUR + 73,09 EUR). Da sich anhand der angestellten Vergleichsberechnung auf Grundlage des Schwacke-Automietpreisspiegels 2010 objektiv erforderliche Mietwagenkosten in Höhe von 657,01 EUR ergeben und die Beklagte bereits 277,00 EUR erstattet hat, sind die darüber hinaus geltend gemachten Mietwagenkosten in Höhe von 380,01 EUR als objektiv erforderlich und in Höhe von weiteren, den objektiv erforderlichen Mietwagenpreis übersteigenden 24,57 EUR als objektiv nicht erforderlich anzusehen.
Über das objektiv erforderliche Maß hinaus kann der Geschädigte jedoch im Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Schadensbetrachtung den Differenzbetrag zwischen den in Rechnung gestellten Mietwagenkosten und dem im Wege der Vergleichsberechnung ermittelten Normaltarif dann ersetzt verlangen, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt – zumindest auf Nachfrage – kein wesentlich günstigerer Normaltarif zugänglich war (BGH, Urteil vom 24.06.2008, Ar.: VI ZR 234/07; BGH, Urteil vom 13.06.2006, Az.: VI ZR 161/05 m. w. N.; BGH, Urteil vom 11.03.2008, Az.: VI ZR 164/07). Für die Frage der Zugänglichkeit ist auf die konkreten Umstände des Einzelfalles abzustellen. Dabei kommt es darauf an, ob ein vernünftiger und wirtschaftlich denkender Geschädigter unter dem Aspekt des Wirtschaftlichkeitsgebots zu einer Nachfrage nach einem günstigeren Tarif gehalten gewesen wäre. Dies ist dann der Fall, wenn er Bedenken gegen die Angemessenheit des ihm angebotenen Mietpreises haben muss, die sich insbesondere aus dessen Höhe ergeben können (BGH, Urteil vom 13.06.2006, Az.: VI ZR 161/05 m. w. N.; BGH, Urteil vom 04.07.2006, Az.: VI ZR 237/05).
Solche Bedenken mussten dem Klager im vorliegenden Fall jedoch nicht kommen, weil der ihm in Rechnung gestellte Mietwagenpreis nur unerheblich über dem Durchschnitt der auf dem örtlichen Markt erhältlichen Normaltarife liegt. Der dem Kläger berechnete Mietpreis lag 24,57 EUR über dem oben ermittelten Normaltarif. Diese Überschreitung ist so minimal, so dass nach Auffassung des erkennenden Gerichts keine Veranlassung des Geschädigten bestand, sich nach günstigeren Tarifen – ggf. durch die Einholung von Vergleichsangeboten – zu erkundigen.
Da dem Geschädigten somit bei der vorliegenden Überschreitung keine Bedenken bezüglich der Angemessenheit der Höhe der Mietwagenkosten kommen mussten, kann er auch den – im Wege der Vergleichsberechnung ermittelten – Normaltarif übersteigenden Betrag im Hinblick auf die subjektsbezogene Schadensbetrachtung verlangen. Eine Anrechnung ersparter Eigenaufwendungen in Höhe von 10 % der Mietwagenkosten war durch das Gericht nicht vorzunehmen, weil sich aus der Mietwagenrechnung vom 28.01.2011 (Bl. 34 d. A.) ergibt, dass diese bereits berücksichtigt worden waren. Der Klage ist daher nach allem vollumfänglich stattzugeben.
Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
Die Nebenentscheidungen haben ihre Rechtsgrundlage in den §§ 91, 708 Nr. 11 ZPO.
Soweit das AG Wiesbaden.
Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 003/2012 vom 13.01.2012
Terminhinweise in Sachen VI ZR 143/11 für den 31.1.2012
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir möchten folgende Terminhinweise geben:
Verhandlungstermin: 31. Januar 2012
VI ZR 143/11
AG Waiblingen – Entscheidung vom 5. November 2010 – 8 C 1039/10
LG Stuttgart – Entscheidung vom 13. April 2011 – 4 S 278/10
Die Klägerin, eine Autovermietung, verlangt von dem beklagten Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer aus abgetretenem Recht der Geschädigten Ersatz restlicher Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall vom 4. November 2009. Die volle Einstandspflicht der Beklagten steht außer Streit.
Die Geschädigte mietete bei der Klägerin für die Zeit des schädigungsbedingten Ausfalls ihres Kraftfahrzeugs ein Ersatzfahrzeug an. In diesem Zusammenhang unterzeichneten die Mietvertragsparteien am 5./9. November 2009 eine von der Klägerin vorformulierte Erklärung „Abtretung und Zahlungsanweisung“, die u.a. eine Abtretung der Schadensersatzforderung auf Erstattung der Mietwagenkosten gegen den Fahrer, Halter und deren/dessen Haftpflichtversicherung aus dem oben genannten Schadensereignis erfüllungshalber an die Klägerin enthielt.
Mit der Klage macht die Klägerin die Differenz aus einem von ihr als berechtigt angenommenen Mindestbetrag von 1.147,40 € („Normaltarif/Selbstzahlertarif“ unter Heranziehung des Schwacke-Mietpreisspiegels unter Hinzurechnung eines Zuschlages für unfallbedingte Zusatzleistungen in Höhe von 262 €) und der von dem Versicherer aufgrund der von der Klägerin übersandten Rechnung bezahlten 575,00 €, mithin 572,40 € zuzüglich Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten geltend.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen, weil die Abtretung wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) nichtig sei (beide Urteile veröffentlicht in juris). Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin gibt dem u.a. für das Verkehrsrecht zuständigen VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs Gelegenheit zu entscheiden, ob es sich bei der von der Klägerin vorgenommenen Einziehung der erfüllungshalber abgetretenen Schadensersatzforderung der Geschädigten um eine erlaubte Rechtsdienstleistung im Sinne der §§ 2, 5 RDG handelt.
Hallo Herr Kollege Uterwedde,
warten wir ab, ob der VI. ZS in dieser Sache ein streitiges Urteil fällen wird. Möglicherweise wird vorher anerkannt. Man wird sehen.
Mit freundl. koll. Grüßen
Willi Wacker