Mit Urteil vom 08.05.2009 (2 C 166/09) hat das Amtsgericht Pforzheim die VHV Allgemeine Versicherungs AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 224,00 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das AG Pforzheim wendet die Schwacke-Liste an, die Fraunhofer Tabelle dagegen nicht.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage erwies sich als begründet.
Die Beklagte kann zunächst nicht damit gehört werden, dass dem Geschädigten ein wesentlich günstigerer Tarif auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt – zumindest auf Nachfrage – zugänglich gewesen sei bzw. daas die Klägerin ihn hätte darüber aufklären müssen, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung (scil.: die Beklagte) möglicherweise nicht den vollen Tarif übernimmt (vgl. Urteile d. BGH v. 04.07.2006, VI ZR 237/05 sowie vom 28.06.2006, XII ZR 50/04). Denn abgesehen davon, dass vorliegend die Anmietung des Ersatzfahrzeuges unmittelbar am Morgen nach dem Unfalltag und damit in einer Eil- bzw. Notsituation erfolgte, setzen beide der angesprochenen Punkte nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung voraus, dass der in Rechnung gestellte Tarif deutlich, im Durchschnitt um mindestens 100 %, über dem Normaltarif liegt. Dies war hier aber gerade nicht der Fall, wie sich aus den weiter unten folgenden Berechnungen ergibt.
Danach war der dem Geschädigten in Rechnung gestellte Tarif nicht derart überhöht, dass ein vernünftiger und wirtschaftlich denkender Geschädigter sich nach einem anderen, günstigeren Tarif hätte erkundigen müssen bzw. den Vermieter eine Aufklärungspflicht getroffen hätte. Hinsichtlich einer möglichen Aufklärungspfiicht des Vermieters bleibt darüber hinaus festzuhalten, dass es sich hierbei nicht um einen Erfüllungsgehilfen gemäß § 278 BGB des Unfallgeschädigten handelt und dieser sich mithin nicht ein entsprechendes Verschulden zurechnen lassen müsste. Dies macht insofern den wesentlichen Unterschied zu dem Urteil des BGH v. 28.06.2006 (XII ZR 50/04) aus. Abgesehen davon ist der Geschädigte auch nach der jüngsten Rechtsprechung des BGH nicht gehalten, unter sämtlich angebotenen Tarifen den denkbar günstigsten in Anspruch zu nehmen und eine Art „Marktforschung“ zu betreiben.
Bei der Feststellung der Höhe der zu ersetzenden Mietwagenkosten schließt sich das Gericht ausdrücklich dem Landgericht Karlsruhe (vgl. jüngst Urteile vom 28.01.2009, 1 S 74/08 und vom 13.02.2009, 9 S 302/08) an, wonach als Ausgangspunkt der Normaltarif auf der Grundlage des gewichteten Mittels bzw. Modus der Schwacke-Liste gemäß § 287 ZPO geschätzt werden kann. Die Schwacke-Liste bildet eine geeignete Schätzgrundlage, da sie keine erheblichen methodischen Mängel bei der Datenerhebung und deren Auswertung aufweist und keine ausreichenden und nachgewiesenen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die eingetretene Preissteigerung allein ein Reflex auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist. Insbesondere war nicht zwingend den Erhebungen des Fraunhofer-Institutes Vorrang zu geben; dem Tatrichter steht es im Rahmen des durch § 287 ZPO eingeräumten Schätzungsermessens frei, auf die Schwacke-Liste zurückzugreifen. Bedenken gegen eine Schätzgrundlage muss nicht durch Beweiserhebung nachgegangen werden, wenn eine andere geeignete Schätzgrundlage zur Verfügung steht (BGH, Urteil v. 14.10.2008, VI ZR 308/07).
Weiterhin ist ein Zuschlag für unfallbedingte Mehraufwendungen anzusetzen, den das erkennende Gericht in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Karlsruhe (Urteil v. 18.09.2007, 13 U 217/06) sowie dem Landgericht Karlsruhe (Urteil v. 10.10.2008, 9 S 20/08) auf 20 % schätzt. Das Oberlandesgericht Köln (Urteil v. 02.03.2007, 19 U 181/06) hat zutreffend ausgeführt, dass ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif bei der Vermietung von Unfallersatzfahrzeugen wegen vermehrter Beratungs- und Serviceleistungen etc. selbst aus Sicht der Versicherungswirtschaft gerechtfertigt und geboten ist.
Darüber hinaus hat die Beklagte selbst mit ihrem Abrechnungsschreiben vom 20.02.2009 grundsätzlich einen „pauschalen Zuschlag für Risiken im Unfallersatzgeschäft“ anerkannt.
Damit war vorliegend auf die Schwacke-Liste 2008 im Postleitzahiengebiet 751.. sowie einen Pkw der Gruppe 6 abzustellen. Ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen war aufgrund der klassenniedrigeren Abmietung nicht vorzunehmen, jedoch war vorliegend von den einzelnen Beträgen jeweils die Umsatzsteuer von 19 % abzuziehen, da die Klägerin lediglich die Nettobeträge geltend macht.
Danach belaufen sich die reinen Mietwagenkosten auf insgesamt 465,75 € (3 Tage zu 345,- € sowie 2 Tage zu je 115,- € abzgl. 109,25 €). Hierauf war – obigen Ausführungen folgend – ein Aufschlag von 20 % bzw. 93,15 € vorzunehmen, woraus ein Betrag in Höhe von 558,90 € folgt. Hinzu kommen des weiteren die Kosten für eine Vollkaskoversicherung in Höhe von insgesamt 105,30 € (3 Tage zu 78,- € sowie 2 Tage zu je 26,- € abzgl. 24,70 €). Denn unabhängig davon, ob das beschädigte Fahrzeug gleichfalls entsprechend versichert war, besteht grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse der Kunden, für die Kosten einer evtl. Beschädigung des Mietfahrzeuges nicht selbst aufkommen zu müssen, zumal Mietwagen in der Regel neuer und damit höherwertig sind als die verunfallten Fahrzeuge (vgl. BGH NJW 05, 1041). Zu einem Abzug unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung sah das Gericht keine Veranlassung.
Bereits hieraus ergibt sich ein der Klägerin aus abgetretenem Recht zustehender Betrag in Höhe von insgesamt 664,20 €, so dass sich – unter Berücksichtigung der vorgerichtlich geleisteten 397,- € – die Klage in der Hauptsache als vollumfänglich begründet erweist. Auf die zwischen den Parteien weiterhin streitige Frage, ob Zusatzkosten für Winterreifen zu erstatten sind oder nicht, kam es mithin nicht mehr in entscheidungser-heblicher Welse an.
Soweit das AG Pforzheim.