Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachfolgend für die kommenden besinnlichen Tage noch ein – bedenkliches – Urteil zum Restwert und zur Nutzungsausfallentschädigung aus Stuttgart. Die BGH-Rechtsprechung zum Restwert – für den Fall, dass der Geschädigte das Fahrzeug behält – wurde komplett missachtet. Im übrigen hat das Gericht nicht bedacht, dass der Sachverständige nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten ist. Zeitverzögerungen gehen nicht zu Lasten des Geschädigten. Lest aber selbst und gebt bitte Eure Meinungen ab.
Viele Grüße
Euer Willi Wacker
Amtsgericht Stuttgart
41 C 4249/11
Verkündet am
8.11.2011
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
…
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerseite.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
Die Vollstreckung kann gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vorher Sicherheit in voller Höhe leistet.
Streitwert: 1.316,00 Euro.
Tatbestand
Die Parteien streiten um restlichen Schadenersatz wegen eines Verkehrsunfalls vom 09.04.2011, wobei nur die Schadenhöhe streitig ist und dort die Anrechenbarkeit von Restwertangeboten sowie der Nutzungsausfall in Grund und Höhe.
Am 09.04.2011 beschädigte der Fahrer des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs den Pkw der Klägerseite. Der Haftungsgrund ist unstreitig. Teilweise wurde der Schaden schon beglichen.
Es liegt wirtschaftlicher Totalschaden vor. Der Wiederbeschaffungswert des klägerischen Fahrzeugs beträgt 2.000,00 Euro. Das Fahrzeug wurde mittels einer groben Reparatur an der Rückleuchte wieder notdürftig instand gesetzt, von der Klägerseite in der Folge gefahren und nicht verkauft. Die Klägerseite hat das Fahrzeug zwischen dem Sachverständigengutachten vom 13.04.2011 und der Grobreparatur vom 06.05.2011 in einem Zeitraum von etwa 3 Wochen, mithin 1.898 km weit bewegt. Das Fahrzeug ist etwa 11 Jahre alt und hat eine Laufleistung von über 300.000 km. Die Beklagtenseite hat 1.090,00 Euro auf den Schaden bezahlt. Die Beklagtenseite hat weiter Aufrechnung in Höhe von 224,29 Euro erklärt, da sie irrig weitere 224,29 Euro bezahlt hatte. Unstreitig bestand für die Zahlung kein Anlass oder Rechtsgrund.
Das Sachverständigengutachten der Klägerseite vom 14.04.2011 weist einen Restwert von 50 Euro aus (K1, Bl. 10 d.A.). Die Beklagtenseite hat dem Geschädigten zunächst am 16.05.2011 ein verbindliches Restwertangebot über 870 Euro eines nicht regional ansässigen Aufkäufers zugeleitet, nach dem ein Anruf bei diesem unter der angegebenen Telefonnummer ausreichend würde, um das Angebot anzunehmen. Darauf würde der Aufkäufer das Fahrzeug nach Absprache mit dem Geschädigten für jenen kostenfrei abholen und bar bezahlen.
Am 04.10.2011 übermittelte die Beklagtenseite ein weiteres verbindliches Angebot eines regional näher gelegenen Aufkäufers mit der Höhe von 720 Euro.
Die Nutzungsausfalldauer ist in Höhe von einem Tag unstreitig.
Die Klägerseite trägt vor, der Restwert des Unfallfahrzeugs sei vom Sachverständigen mit 50,00 Euro zutreffend ermittelt worden.
Die Klägerseite erklärt weiter, es stünde ihr eine Nutzungsausfallentschädigung für insgesamt 12 Tage zu á 38,00 Euro. Sie habe zunächst vom Unfall bis zum Eingang des Gutachtens 7 Tage benötigt, weiter habe sie 3 Tage überlegt, was mit dem verunfallten Fahrzeug geschehen solle und dann habe die grobe Instandsetzung 2 Tage gebraucht.
Die Klägerseite meint, anderweitige Restwertangebote habe sie nicht berücksichtigen müssen, insbesondere da sie jedenfalls über eine Woche nach der umstrittenen Wartefrist auf Restwertangebote erfolgt seien. Die Angebote seien aber auch inhaltlich nicht zu beachten, da sie nicht annehmbar seien.
Die Klägerseite beantragt daher,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.316,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.05.2011 sowie weitere 131,20 Euro vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagtenseite beantragt,
Klagabweisung.
Über die unstreitige Nutzungsausfalldauer von einem Tag hinaus, wird vorgetragen, dass das Fahrzeug ansonsten benutzbar gewesen sei und auch benutzt wurde. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass die Klägerseite offensichtlich mit dem verunfallten Fahrzeug noch umfangreich gefahren sei, auch habe die Grobreparatur nicht 2 Tage brauchen können.
Weiter sei der Nutzungsausfall mit 38,00 Euro zu hoch bemessen. Aufgrund der Fahrleistung und des Alters des Fahrzeugs, sei das Fahrzeug zwei Klassen tiefer einzustufen als ein entsprechendes Neufahrzeug, mithin seien 29,00 Euro angemessen.
Die Beklagtenseite meint, da das Fahrzeug nach wie vor nicht verkauft sei, seien die verbesserten Restwertangebote zu beachten. Die Angebote seien verbindlich, der Geschädigte habe keinen größeren Aufwand als bei einem Verkauf auf dem regionalen Markt oder sonstige Nachteile. Die Angebote seien daher akzeptabel.
Zum weiteren Vortrag wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
Das Gericht hatte nach schriftlichem Vorverfahren mit Zustimmung der Parteien ins schriftliche Verfahren gewechselt, ein Vergleichsvorschlag war nicht angenommen worden.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
A
Die Klage ist zulässig.
I.
Gem. § 17 ZPO konnte die Beklagte an ihrem Sitz unabhängig vom Unfallort verklagt werden.
II.
Die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts ergibt sich nach dem Zuständigkeitsstreitwert, der nicht über 5.000,00 Euro liegt, § 23 Ziffer 1 GVG.
B
Die Klage ist unbegründet.
Der Klägerseite steht kein weiterer Schadenersatz zu, gleich, ob aus §§ 17, 18 StVG, 115 VVG, 1 PflVG oder §§ 823, 249BGB oder einer anderen Norm. Denn der Schadensersatzanspruch ist insgesamt durch Erfüllung (§ 362 BGB) und Aufrechnung (§ 389 BGB) erloschen.
I.
Weiterer Wiederbeschaffungsaufwand über die regulierten 1.090 Euro steht der Klägerseite nicht zu. Denn die Beklagtenseite hat mehrere annehmbare Restwertangebote vorgelegt, die sich die Klägerseite anrechnen lassen muss.
Vom unstreitigen Wiederbeschaffungswert von 2.000,00 Euro war schon das erste Restwertangebot abzuziehen (870 Euro), sowie weitere 40 Euro (§ 287 ZPO) im Rahmen der Differenzbesteuerung, da kein neues Fahrzeug beschafft wurde, somit die Steuer nicht angefallen ist (§ 249 Abs. 2 S. 2 BGB), so dass sich ein Wiederbeschaffungsaufwand von1.090 Euro ergibt, der beglichen wurde (§ 362 BGB). Schon das erste Angebot, Bl. 48 d. A, war annehmbar, sowohl inhaltlich wie zeitlich.
a) Das Angebot war inhaltlich annehmbar, denn es handelte sich dabei um ein verbindliches Kaufangebot, bei dem das Fahrzeug garantiert kostenfrei vom jetzigen Standort abgeholt und bezahlt werden sollte. Zur Annahme war ein Anruf unter der angegebenen Telefonnummer ausreichend. Es spielt keine Rolle, dass das Angebot nicht aus der Gegend des Klägers kam, da der Angebotsgeber das Fahrzeug abgeholt hätte und dem Kläger kein höherer Aufwand oder größere Unsicherheit aufgebürdet würde, als bei einem Angebot aus dem regionalen Markt, vgl. etwa OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.07.2004 – 1 U 30/04, zit. nach juris.
b) Das Angebot war auch zeitlich noch annehmbar. Jedenfalls solange der Geschädigte sein Fahrzeug nach einem Verkehrsunfall noch nicht verkauft hat, er sich an ein Restwertangebot halten lassen, das ihm der Schädiger oder dessen Versicherung zeitnah und in sonst akzeptabler Weise zuleitet.
Das Gericht folgt hier OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.07.2004 – 1 U 30/04; Urt. v. 15.10.2007 – 1 U 267/06; LG München, Urt. v. 05.03.1998 – 19 S 18868/97; LG Saarbrücken, Urt. v. 04.04.1997 – 13 A S 108/96; insg. zit. nach juris; Bachmeier, 2. Aufl. Rn. 309 m.w.N.
Dies hat nichts mit der Frage zu tun, ob und wie lange der Geschädigte mit einer Veräußerung seines Fahrzeugs warten muss, bevor er es zum von seinem Sacherständigen ermittelten Restwert verkauft – denn er hat es ja gerade noch nicht verkauft. Wenn die Klägerseite Urteile zitiert, die der Frage nach gehen, welche Wartezeit dem Geschädigten zuzumuten ist, so handelt es sich hier um andere Fallgestaltungen. Dort hatte der Geschädigte sein Fahrzeug mittlerweile verkauft, konnte also die Angebote nicht mehr annehmen.
c) Aufgrund der Differenzbesteuerung hat sich die Klägerseite einen weiteren Abzug von 40,00 Euro (Schätzung gem. § 287 ZPO) vornehmen zu lassen, damit beträgt ihr Anspruch bezüglich des Schadens direkt am Fahrzeug 1.090,00 Euro. Dieser wurde vollumfänglich beglichen.
II.
Nutzungsausfall ist nur für 2 Tage zuzusprechen. Es ist nicht dargelegt, weshalb es zunächst 7 Tage brauchte, bis das Gutachten vorlag. Die Klägerseite hat nicht substantiiert zu etwaigen Gründen vorgetragen. Das Gutachten weist nicht eine Komplexität auf, die eine längere Dauer rechtfertigen würde. Möglicherweise wurde das Gutachten zu spät beauftragt, die Klägerseite ist für die Notwendigkeit der Dauer beweisbelastet. Selbst wenn nicht zugewartet wurde, so hat die Klägerseite schon aufgrund der Schadenminderungspflicht, § 254 BGB, darauf hinzuwirken, dass das Gutachten schnell erstellt wird. Weiter ist nicht erkennbar, weshalb für Überlegungszeit und die Grobreparatur (Auswechslung einer Leuchte) insgesamt 5 Tage angemessen sein sollen. Es ist aus anderen Verfahren und sachverständigen Gutachten gerichtsbekannt, dass solch eine Reparatur regelmäßig von Werkstätten sofort durchgeführt wird, mithin allenfalls 30 Minuten dauert. Insgesamt ist daher ein Zeitraum für die Erstellung des Gutachtens, der Grobreparatur und einer Überlegungszeit von 2 Tagen angemessen.
In der Höhe ist ein Nutzungsausfallersatz von 29,00 Euro/Tag angemessen. Wegen des Fahrzeugalters und der sehr hohen Laufleistung (ca. 300.000 km), kann das Fahrzeug nicht als Neufahrzeug eingruppiert werden, sondern ist zwei Stufen herabzusetzen. Der Sachverständige … hat diese Punkte nicht ausreichend berücksichtigt. Es erfolgte eine Schätzung nach § 287 ZPO. Ein weiteres Sachverständigengutachten ist nicht notwendig, da das Gericht ausreichende Anknüpfungstatsachen hat und aufgrund der einschlägigen Tabellen, insb. Sanden/Danner/Küppersbusch in der aktuellen Auflage, eine Einordnung möglich ist.
III.
Der der Klägerseite zunächst noch zustehende Anspruch auf 58 Euro ist wegen der erklärten Aufrechnung erloschen, § 389 BGB. Die Beklagtenseite hat den Betrag von 224,29 Euro neben dem bereits bezahlten an die Klägerseite bezahlt. Mit diesem Betrag erklärt sie die Aufrechnung (teilweise unbedingt, teilweise hilfsweise). Nachdem der Klägerseite lediglich ein Betrag von 58,00 Euro noch zustand, greift jedenfalls der unbedingte Teil der Aufrechnung, der den Betrag von 58 Euro übersteigt.
Die Beklagtenseite konnte auch die Aufrechnung noch erklären, insb. § 814 BGB stand nicht entgegen. Eine Kenntnis der Nichtschuld bestand erkennbar nicht, es handelte sich lediglich um einen Irrtum auf Beklagtenseite bezüglich der Zahlung, etwas anderes wurde auch von Klägerseite nicht vorgetragen.
C
Da der Klägerseite in der Hauptsache nichts zugesprochen wurde, konnten auch keine Zinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zugesprochen werden.
D
Die Entscheidung über die Kosten ergab sich aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt ergab sich aus § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Die Entscheidung über den Streitwert ergab sich aus § 3 GKG.
passt zwar nicht ganz hierher, aber aus gegebenen anlass:
ich habe in den letzten wochen wieder diverse höhere restwertangebote von der HUK erhalten. natürlich vom überregionalem markt, aber auch mit vollem namen des bieters, dessen kontaktdaten und sogar der UStId. da der tätige SV eine UE in händen hält, hab ich mit diversen bietern kontakt aufgenommen und angeblich (ich kann es leider nicht überprüfen) waren keine bilder im internet veröffentlicht.
wenn das stimmt, ist es der HUK scheinbar gelungen, auf “annahmefähige” angebote umzustellen, ohne urheberrechte zu verletzten. war ja auch nur eine frage der zeit.
@ HUK: ich bin für die entgegennahme von restwertangeboten NICHT empfangsbevollmächtigt.
BITTE MAL AN GEIGNETER STELLE VERMERKEN!
Hallo Willi Wacker,
lass mich vorab anmerken, dass mich aus diesem Gerichtsbezirk schon lange kein Urteil mehr verwundert.
Liebes Gericht:
Wiederbeschaffungswert 2.000,- € und das ganze nach 11 Jahren und 300.000km auch noch differenzbesteuert.
Schaden demnach min. 2.000,- €, oder mehr?
Restwert 870,- €. Aus Polen?
Meinen Respekt.
Ja wird denn am AG Stuttgart schon im November Weihnachten gefeiert? Wohl zu tief ins Glas geschaut? Womöglich auf der Weihnachtsfeier der betroffenen Versicherung?
Frohe Weihnachtszeit und noch viele Geschenke durch Stuttgarter Richter/innen? an die Versicherungswirtschaft.
Liebes Amtsgericht Stuttgart,
Thema verfehlt, setzen, 6!
Offensichtlich mußte das Gericht lange suchen, um die Entscheidungsbegründung mit entsprechenden Belegen zu untermauern(LG München, Urt. v. 05.03.1998 – 19 S 18868/97; LG Saarbrücken, Urt. v. 04.04.1997 – 13 A S 108/96) Vielleicht hätten ja auch noch Reichsgerichtsentscheidungen zur Verfügung gestanden??
Akuelle höchstrichterliche Entscheidungen wären angebracht gewesen, diese hätten aber ein anderes Ergebnis belegen müssen.
Ein Fahrzeug von 11 Jahren mit 300000 Km Laufleistung einer Differenzbesteuerung zu unterwerfen hat schon was …
Und zur gerichtlichen Bewertung des Restwertangebots kann man wirklich nur noch mit dem Kopf schütteln.
Aber kein Urteil kann zu schlecht sein, um nicht wenigstens als abschreckendes Beispiel veröffentlich zu werden…
Weihnachten verbringt der Richter im Ferienhaus eines der Versicherungsvorstände?
Das Urteil wundert mich nicht. Dank dem BGH ist der Assekuranz doch das Recht auf Schadenskürzung zugesprochen worden. Nachweis und Recht sind doch zur Nebensache geworden.
Hauptsache der Geschädigte bekommt Geld. Wenn es ihm reicht seinen Sachen „irgendwie“ zu reparieren, ist alles weitere doch reine Geldgier. – „Man darf sich nicht bereichern“!
Ansonsten Rechnung vorweisen! Tja, die fiktive Schadenabwicklung steht vor dem Ende…
Wo steht eigentlich, dass es keinen Unterschied zwischen realem und fiktivem Schadensersatz geben darf? AKB, AGB, BH… ah, ich habs vergessen. Egal, alle anderen ja auch.
…damit es vor Weihnachten nicht langweilig wird und Viele wieder den Griffel spitzen (denn wenn ich was zum Restwertrecht schreibe, muss es ja wohl…):
– Wenn der Geschädigte (wie wohl hier) das verunfallte Fahrzeug weiter nutzt, zählt im Grundsatz nur der Restwert aus dem Gutachten (BGH, Urteil vom 6.3.07 – VI ZR 120/06; BGH, Urteil vom 10.7.07 – VI ZR 217/06). Da liegt der wackere Willi mit seiner Einschätzung prima facie richtig.
Aber:
– BGH, Urteil vom 13.10.2009 – VI ZR 318/08
a) Der Geschädigte, der nach Einholung eines Sachverständigengutachtens, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, im Falle eines wirtschaftlichen Totalschadens im Vertrauen auf den darin genannten Restwert und die sich daraus ergebende Schadenersatzleistung des Unfallgegners sein unfallbeschädigtes Fahrzeug reparieren lässt und weiternutzt, kann seiner Schadenabrechnung grundsätzlich diesen Restwertbetrag zugrunde legen
b.) Der vom Geschädigten mit der Schadenschätzung zum Zwecke der Schadensregulierung beauftragte Sachverständige hat als geeignete Schätzgrundlage für den Restwert im Regelfall drei Angebote auf dem maßgeblichen regionalen Markt zu ermitteln und diese in seinem Gutachten konkret zu benennen
Folglich: Weiß jemand, ob es in dem Gutachten den Dreifachnachweis nach Lit. b gab? Liegt der Fehler also wirklich beim Gericht oder am Ende gar beim Sachverständigen, der seinen Pflichten nicht genügt hat?
Egal, was alles zwischen den Jahren noch geschrieben wird, wünsche ich allen Lesern und Akteuren, Diskutanten und auch denen, die sich ansonsten noch angesprochen fühlen könnten,
besinnliche Weihnachten und ein gesundes neues Jahr 2012.
Mit vorweihnachtlichen Grüßen
aus Bochum & Tangendorf(Toppenstedt)
Dipl.-Ing. Harald Rasche
@ joachim otting
So oder so ist das Urteil falsch.
Wenn die Restwertermittlung des SV tatsächlich falsch gewesen wäre (keine 3 Restwertangebote am örtlichen Markt), dann kann (und muss) der Richter dies (auf BGH VI ZR 318/08) begründen, sofern er einen anderen Restwert der Versicherung, der ja mit hoher Wahrscheinlichkeit aus der überregionalen Restwertbörse stammt, den Vorzug gibt. Der Stützung auf die Restwerte des Geschädigten-Gutachtens sind in der (BGH) Rechtsprechung inzwischen so durchgängig, dass man nicht gerade mal so, aus der Laune heraus, komplett gegensätzlich entscheiden kann, ohne entsprechend zu begründen. Darüber hinaus ist insbesondere die Verwendung des überregionalen Restwertes aus der Börse völlig fehlerhaft, sofern der Geschädigte sein Fahrzeug – wie hier – behält. Wenn das Gutachten zum Restwert nicht korrekt war, dann hätte der Richter – gemäß BGH – einen Restwert am örtlichen Markt ermitteln (lassen) müssen => Sachverständigengutachten.
Wenn jedoch 3 korrekte Restwertangebote am örtlichen Markt durch den Sachverständigen ausgewiesen waren, dann ist das Urteil nach den BGH-Grundsätzen sowieso grottenfalsch. Siehe obige Argumentation.
Ich denke, wenn der SV tatsächlich einen Fehler gemacht hätte (keine 3 Restwertangebote am örtlichen Markt), dann wäre es für den Richter bestimmt ein Fest gewesen, dies in der (sowieso tendenziellen) Begründung entsprechend auszuschlachten.
Die Tatsache, dass keinerlei Bezug auf irgendwelche Fehler des Sachverständigen genommen wurde, spricht schon für sich selbst. Insbesondere wenn man zur Durchsetzung des Versicherungsrestwertes irgendwelche überholten Uralt-Urteile aus der verstaubten Mottenkiste zieht und die BGH-Rechtsprechung außen vor lässt, ja geradezu meidet bzw. völlig ignoriert.
Auch die Ausführungen zur Besteuerung dieses Fahrzeuges sind so was von daneben, dass man tatsächlich nur noch mit dem Kopf schütteln kann.
Das Einzige, was man dem Richter vielleicht zugute halten könnte ist, dass sein „Fehler“ auf einem Irrtum beruht. Bei Konkretisierung des Restwertes (Veräußerung) kann man ggf. einen höheren Restwert entgegen halten. Bei „fiktiver“ Abrechnung – wie hier – hat dies jedoch keinen Bestand. Grundlage hierbei ist der Restwert aus dem Sachverständigengutachten des Geschädigten.
So ein fehlerhaftes „Schrott-Urteil“ zu kommentieren, ist eigentlich schade um die Zeit. Wenn sich dann trotzdem jemand findet, der sich FÜR die Entscheidung verausgabt, braucht es wohl nicht viel Phantasie, um entsprechende Schlüsse zu ziehen?
Richten sollte die Anwedung des Rechts sein. Dieser Richterin vom AG Stuttgart wünsche ich via Weihnachtsmann, sie möge selbst ein solcher Schadenfall, einschließlich eines solchen Richters, treffen. Das wäre dann Gerechtigkeit.
@ Hunter
Wo hab ich mich denn f ü r die Entscheidung ausgesprochen. Ich hab nur gefragt, ob Jemand weiß, ob da drei Restwerte notiert waren. Lesen Sie doch bei meinen Beiträgen einfach mal, was da steht und nicht, was Sie denken, was da steht.
Über die Qualifizierung „Uralturteile“ hab ich mich schon bei Babelfisch amüsiert. Entscheidungsjahr 1997 und 1998 ist also ein Disqualifikationsmerkmal für Urteile. Das ist schlecht, denn die Grundlagenentscheidung, wie Restwert geht, also die vom BGH vom 21.1.1992 – VI ZR 142/09, ist ja noch viel älter. Kann ich mich auf die noch stützen?
Die 97er und 98er – Entscheidungen, die das Gericht zitiert hat, sind so falsch nicht gewesen. Der Sache nach wurden sie nämlich in Leitsatz 2 der BGH – Entscheidung vom 30.11.1999 – VI ZR 219/98 bestätigt. Das Gericht hätte natürlich besser daran getan, diese BGH – Entscheidung zu zitieren.
Was an dem Stuttgarter Urteil inhaltlich – über eine deutliche Begründungssschwäche hinaus – falsch sein soll (außer der Differenzbesteuerung, aber auch da hab ich das Gutachten noch nicht gesehen, wer weiß…), ist mir jedenfalls für den Fall, dass der Restwert nicht dreifach unterlegt ist, immer noch nicht erkennbar.
Ich mach mich mal schlau, wer das war und besorg mir mal das Gutachten. Ich tipp drauf, dass darin die Differenzbesteuerung auftaucht und ein unbelegter Restwert.
Ach, ’ne Kleingigkeit noch. Sie schreiben:
„Bei Konkretisierung des Restwertes (Veräußerung) kann man ggf. einen höheren Restwert entgegen halten. Bei “fiktiver” Abrechnung – wie hier – hat dies jedoch keinen Bestand.“
Merkwürdig, in der VI ZR 318/08 hat der Geschädigte das Auto doch auch weiter genutzt.
@ joachim otting
joachim Otting – Donnerstag, 22.12.2011 um 11:15
joachim otting – Donnerstag, 22.12.2011 um 13:42
Na dann sollten Sie, neben BGH VI ZR 318/08, den o.a. Kommentar vielleicht noch einmal lesen?
Sofern das Gutachten tatsächlich keine 3 Restwerte ausweist, kann der Richter (gemäß BGH VI ZR 318/08) bestenfalls den Restwert am örtlichen Markt ermitteln (lassen). Den überegionalen Restwert aus einer Restwertbörse in Abzug zu bringen, den der Schädiger „ermittelt“ hat, sofern das Fahrzeug – wie hier – nicht veräußert wird, gefällt vielleicht den Versicherungsanwälten und deren Auftraggebern. Sachlich nüchtern und ohne rosarote Versicherungsbrille betrachtet, ist dies jedoch schlicht und ergreifend grottenfalsch!
Aufgrund der Tatsache, dass es eine durchgängige BGH-Rechtsprechung zum Restwert gibt einschl. jeder Menge neuerer BGH-Urteile, ist das Hinzuziehen von „verstaubten“ und überholten Instanzurteilen zur Untermauerung einer falschen Rechtsprechung wohl völlig neben der Sache.
Genau! Und welcher Betrag wurde bei dem zu Grunde liegenden Rechtsstreit als Restwert in Abzug gebracht?
Der vom Gerichtsgutachter festgestellte „Durchschnittswert“ 3er Restwertangebote am örtlichen Markt. Und gerade nicht der von der Versicherung in den Prozess eingebrachte „Traumwert“ aus der Restwertbörse, wie beim o.a. „Schrott-Urteil“ des AG Stuttgart wieder geschehen.
Zitat: BGH VI ZR 318/08
Anmerkung: Der gerichtliche Sachverständige hatte 3 Angebote auf dem örtlichen Markt ermittelt: Und zwar EUR 1.000, EUR 2.500, EUR 2.560.
Deshalb ist es auch völlig unerheblich, was in dem gegenständlichen Gutachten zum Restwert in dem o.a. Urteil aus Stuttgart steht.
Entweder
a.) die Restwerte im Geschädigtengutachten waren korrekt ermittelt => AG Stuttgart falsch (BGH VI ZR 318/08).
oder
b.) die Restwerte im Geschädigtengutachten waren nicht ausreichend dargelegt => AG Stuttgart falsch, da korrekter Restwert am örtlichen Markt durch das Gericht nicht ermittelt wurde (BGH VI ZR 318/08).
Langsam wird´s schon peinlich?
Wie wär´s mit einem Pseudonym? „Sandmann“ oder „Undercover“ wäre doch passend?
@ „- Wenn der Geschädigte (wie wohl hier) das verunfallte Fahrzeug weiter nutzt, zählt im Grundsatz nur der Restwert aus dem Gutachten (BGH, Urteil vom 6.3.07 – VI ZR 120/06; BGH, Urteil vom 10.7.07 – VI ZR 217/06). Da liegt der wackere Willi mit seiner Einschätzung prima facie richtig.“
Hallo Herr Otting,
warum sollte Willi Wacker (oder der wackere Willi) nicht richtig liegen auf den ersten Blick? Ich glaube nicht, dass der Amtsrichter in Stuttgart überhaupt BGH VI ZR 318/08 geprüft hat. Dann hätte er dazu Ausführungen im Urteil gemacht, was ja auch vernünftig wäre. Immerhin ist das Urteil berufungsfähig. Aber unterstellt, der Richter hätte die BGH-Rspr. zum Dreifachnachweis beachtet, dann hätte er nur örtlich allgemein zugängliche Restwerte berücksichtigen dürfen.
Nein, nein, ich halte das Urteil auch und gerade unter Berücksichtigung der BGH-Rspr. für bedenklich.
Gleichwohl wünsche ich Ihnen frohe Weihnachten und ein gutes gesundes Jahr 2012.
Ihr wackerer Willi
„Über die Qualifizierung “Uralturteile” hab ich mich schon bei Babelfisch amüsiert. Entscheidungsjahr 1997 und 1998 ist also ein Disqualifikationsmerkmal für Urteile. Das ist schlecht, denn die Grundlagenentscheidung, wie Restwert geht, also die vom BGH vom 21.1.1992 – VI ZR 142/09, ist ja noch viel älter. Kann ich mich auf die noch stützen?“
Schön, zum Amüsement beigetragen zu haben.