Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
die Rechtstreite um gekürzte Sachverständigenkosten wollen offenbar kein Ende nehmen. Immer und immer wieder kürzt die HUK-Coburg die Sachverständigenkosten nach eigenem Gutdünken. Dabei legt sie dann auch noch das bereits von der wohl herrschenden Rechtsprechung verworfene Gesprächsergebnis zwischen BVSK und HUK-Coburg zu Grunde. Das AG Nürnberg hatte bereits erhebliche kartellrechtliche Bedenken gegen dieses Gesprächsergebnis. Keineswegs kann es als geeignete Schätzgrundlage angesehen werden. Es handelt sich um eine Sondervereinbarung mit dem Haftpflichtversicherer. Auf Preise einer derartigen Sondervereinbarung kann der Geschädigte nicht verwiesen werden, da diese Preise keine marktgerechten Preise sind. Trotz dieser Kenntnis, denn häufig genug ist dies der HUK-Coburg im Urteil mitgeteilt worden, wird das Gesprächsergebnis immer wieder als Schätzgrundlage vorgebracht. Jedesmal erleidet die HUK-Coburg damit Schiffbruch. Unter Hinweis auf das maßgebliche Sachverständigenkosten-Urteil des BGH vom 23.1.2007 ( BGH DS 2007, 144 ff.) hat die zuständige Amtsrichterin der 3. Zivilabteilung des AG Hersbruck die beklagte Versicherung in ihre Schranken gewiesen. Lest selbst und gebt reichhaltig Eure Meinungen bekannt. Nachfolgend gebe ich Euch das Urteil des AG Hersbruck zu den Sachverständigenkosten vom 20.12.2011 bekannt.
Viele Grüße
Euer Willi Wacker
Amtsgericht Hersbruck
Az.: 3 C 1103/11
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
– Kläger –
Streithelfer:
gegen
HUK Coburg Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch d. Vorstand, Bahnhofsplatz 1, 96442 Coburg
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht Hersbruck durch die Richterin am Amtsgericht … am 20.12.2011 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15.11.2011 und des Sachstandes vom 13.12.2011 folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 169,30 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 29.06.2011 zu bezahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 169,30 € festgesetzt.
Tatbestand
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage war auch begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen restlichen Schadensersatzanspruch in Höhe von 169,30 € aus §§ 7, 18 StVG, 823, 249 BGB, 115 VVG.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte den dem Kläger anlässlich des Verkehrsunfalls entstandenen Schaden unter Berücksichtigung einer Haftungsquote von 100 % zu erstatten hat.
Das Gericht ist auch der Überzeugung, dass der Kläger den Streithelfer mit der Gutachtenserstattung anlässlich des Unfallgeschehens beauftragte.
Der Kläger gab in der mündlichen Verhandlung vom 15.11.2011 an, er selbst habe den Auftrag zur Gutachtenserstellung unterschrieben.
Das Gericht folgt auch dem Einwand der Beklagten nicht, es läge der erforderliche Rechtsbindungswille des Klägers nicht vor.
Zwar führte der Kläger aus, er habe den Auftrag nicht so genau durchgelesen und sei davon ausgegangen, dass alles seine Richtigkeit habe. Mit Preisen kenne er sich überhaupt nicht aus.
Dies lässt jedoch nicht darauf schließen, dass eine verbindliche Erklärung nicht abgegeben werden sollte, vielmehr wollte der Kläger den Streithelfer mit der Gutachtenserstattung beauftragen.
Darüberhinaus ist der innere Wille des Erklärenden nicht entscheidend (Palandt, BGB, 71. Auflage 2012, § 145 Rn 2). Aus der – zur Auslegung heranzuziehenden – Sicht eines verständigen Adressaten kann der unterschriebene Gutachtensauftrag nur so verstanden werden, dass damit eine verbindliche Beauftragung erfolgen soll.
Der Kläger ist auch aktivlegitimiert. Mit Erklärung vom 17.10.2011 trat der Streithelfer die ihm zuvor im Rahmen der Sicherungsabtretung abgetretenen Ansprüche zurück an den Kläger ab. Dieser nahm die Abtretungserklärung im Rahmen der mündlichen Verhandlung an.
Der Streithelfer hat mit Rechnung vom 25.05.2011 ein Honorar in Höhe von 657,30 € gefordert, auf das die Beklagte lediglich 488,- € bezahlte, so dass dem Kläger ein weiterer Schadensersatzanspruch in Höhe des offenen Restbetrages von 169,30 € zusteht.
Das Gericht schätzt den erforderlichen Herstellungsautwänd im Sinne des § 249 BGB gemäß § 287 ZPO auf 657,30 €.
Die vorgerichtlichen Kosten eines Sachverständigen gehören als Rechtsverfolgungskosten zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, wenn und soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches erforderlich und zweckmäßig ist oder wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist.
Der Geschädigte kann vom Schädiger jedoch nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen.
Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann.
Im streitgegenständlichen Fall bedurfte es keiner weiteren Beweisaufnahme zur Frage, ob die in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten überhöht waren.
Hinsichtlich des Streitpunktes, ob der Geschädigte nur Anspruch auf Ersatz von angemessenen Honoraren von Sachverständigen hat, wie der Sachverständige mangels spezieller Tarife gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen seine Leistung bewerten darf oder ob der Geschädigte von dem Sachverständigen zumindest eine detaillierte Rechnung verlangen muss bzw. der Schädiger das Fehlen einer solchen Rechnung dem Geschädigten entgegen halten kann, gibt es eine Vielzahl von amtsgerichtlichen Entscheidungen.
Zu dieser Thematik überzeugt die Rechtsprechung des eigenen OLG’s, nämlich OLG Nürnberg, vom 03.07.2002, 4 U 1007/02. Danach ist bei der Ersatzpflicht für Gutachterkosten generell auf das anerkennenswerte Rechtsverfolgungsinteresse des Geschädigten abzustellen. Dieser darf sich zur Feststellung seines Schadens eines Sachverständigen bedienen. Er ist dabei regelmäßig nicht verpflichtet, sich nach günstigsten oder günstigeren Sachverständigen zu erkundigen. Vielmehr kann der Geschädigte grundsätzlich davon ausgehen, dass sich der Sachverständige im Rahmen des ihm eingeräumten billigen Ermessens bei der Bemessung seiner Vergütung in diesem Rahmen hält. Es ist dem Geschädigten auch nicht zuzumuten, ohne konkreten Anlass auf eine genaue Aufschlüsselung der vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Kosten zu bestehen oder es gar auf einen Rechtsstreit mit dem Sachverständigen hinsichtlich der Angemessenheit dieser Kosten ankommen zu lassen. Insbesondere kann der Laie nicht ohne weiteres abschätzen, welchen Zeit- und Materialaufwand der von ihm angestellte Kfz.-Sachverständige tatsächlich hat, dies schon gleich gar nicht zum Zeitpunkt der Auftragserteilung, auf welchen – wenn überhaupt – der Geschädigte allenfalls einen Einfluss hat.
Hinsichtlich der Erforderlichkeit der Kosten der Schadensregulierung im Sinne von § 249 BGB ist darüber hinaus auch die spezielle Situation des Geschädigten und seine individuelle Erkenntnis-und Einflussmöglichkeit zu berücksichtigen (BGH VI ZR 67/06 = BGH DS 2007, 144). Der Geschädigte ist dabei nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen zu finden.
Im Übrigen ist diese Problematik des erforderlichen Geldbetrages bei der Regulierung des Sachverständigenhonorars auch nicht vergleichbar mit der Thematik zum „Unfallersatztarif“. Im Mietwagen-Bereich hat sich ein besonderer Tarifsatz nach Unfällen entwickelt und ist der Markt nicht mehr maßgeblich von Angebot und Nachfrage bestimmt, sondern durch gleichförmiges Verhalten der Anbieter. Eine derartige Marktsituation, die einen Geschädigten in eine vergleichbare Ausgangsposition bringen würde, hat sich bei Kfz-Schadensgutachten nicht etabliert. Hierfür sind jedenfalls keine Anhaltspunkte ersichtlich.
Soweit die Beklagte vorträgt, der Kläger hätte gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, kann nach Auffassung des Gerichts eine Schadensminderungspflicht des Geschädigten nach einem Verkehrsunfall nicht so hoch geschraubt werden, dass der Streit der Haftpflichtversicherungen mit einem nicht unerheblichen Teii der Kfz.-Sachverständigen auf dem Rücken der Geschädigten ausgetragen wird. Die Beklagte hat daher allenfalls einen Anspruch auf Abtretung etwaiger Rückforderungsansprüche des Klägers gegen den Streithelfer wegen einer etwaig überhöhten Rechnung gemäß § 255 BGB.
Es ist weder Aufgabe des Geschädigten, zwischen verschiedenen Gutachten Preisvergleiche anzustellen, noch ist dies möglich. In einer Vielzahl der Fälle richtet sich die Gebühr des Sachverständigen letztlich nach dem Ergebnis, da die Gebühren als Prozentsatz der notwendigen Schadensbeseitigungskosten festgesetzt werden. Auch sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, dass vorliegend dem Kläger Zweifel an der Richtigkeit der Rechnung aufkommen müssten. Soweit die Beklagte das Gesprächsergebnis BVSK als geeignete Schätzgrundlage ansieht, ist gerichtsbekannt, dass dieses Gesprächsergebnis für Sachverständige vollkommen unverbindlich ist, wie sich auch aus der Erläuterung Ziffer 6 zum vorgelegten Gesprächsergebnis BVSK-HUK-Coburg 2009 ergibt.
Im streitgegenständlichen Fall hält sich die Abrechnung des Streithelfers im Übrigen im Rahmen der BVSK-Honorarbefragung 2010/2011. Bei einem Schaden von 2.316,21 € brutto (Reparaturkosten zuzüglich Wertminderung) ergibt sich eine Preisspanne von 388,- € bis 429,– € im Grundhonorar. Der Streithelfer hat ein Grundhonorar von 298,– € verlangt und bewegt sich damit am unteren Ende dieser Spannbreite. Wie bereits dargelegt, wird ein durchschnittlicher Geschädigter kaum Einblicke oder Erfahrungswerte in die Preisgestaltung und -kalkulation eines Sachverständigen haben. Insoweit sind auch die Nebenkosten erstattungsfähig.
Die Zinsentscheidung beruht auf unbestrittenen Verzugsvoraussetzungen, da die Beklagte letztmals mit Schreiben vom 22.06.2011 unter Fristsetzung zum 28.06.2011 zur Zahlung auf gefordert wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
http://www.autohaus.de/elsner-klage-gegen-allianz-fairplay-noch-nicht-entschieden-1092504.html