Amtsrichterin des AG Bielefeld verneint von der beklagten Versicherung aufgezeigte Verweisungsmöglichkeiten mit Urteil vom 22.3.2011 – 42 C 731/09 -.

Verehrte Captain-Huk-Leser,

hier noch ein Urteil zur fiktiven Schadensabrechnung. Dieses Mal nicht aus Berlin zur Fortsetzung der angefangenen Reihe, sondern aus Bielefeld. Da die von der Beklagten behauptete Gleichwertigkeit bestritten war, musste das Gericht logischerweise Beweis erheben. Nur hinsichtlich der Schadenshöhe ist es dem besonders freigestellten Richter erlaubt, eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO vorzunehmen. Der vom Gericht bestellte Gutachter konnte die von der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung gemachten Angaben nicht bestätigen. Teilweise wurden ihm die erforderlichen Gerätschaften nicht gezeigt. Teilweise waren die von der beklagten Haftpflichtversicherung genannten Stundensätze unrichtig. Da drängt sich allerdings der Verdacht des Prozessbetruges auf. Die erkennende Amtsrichterin hat sich strikt an die BGH-Rechtsprechung orientiert, nach der der Schädiger die Darlegungs- und Beweislast trägt, wenn er den Geschädigten auf eine preisgünstigere Reparaturmöglichkeit verweisen will, dass diese qualitativ gleichwertig repariert wie die Markenfachwerkstatt. Da half der beklagten Versicherung auch nicht das EUROGARANT-Urteil. Denn nur dann, wenn die Gleichwertigkeit nicht bestritten wurde, kann die Zertifizierung helfen. Also zeigt dieses Urteil eindringlich, wie wichtig es ist, die behauptete Gleichwertigkeit zu bestreiten. Man wird staunen, was ein vom Gericht bestellter Sachverständiger dann alles ans Licht bringt. Lest selbst und gebt Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Euer Willi Wacker

42 C 731/09                                                            Verkündet am 22.03.2011

Amtsgericht Bielefeld

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

Klägers,

gegen

die…

Beklagte

hat das Amtsgericht Bielefeld auf die mündliche Verhandlung vorn 22.03.2011 durch die Richterin am Amtsgericht … für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an der Kläger 527,35 € (i.W. fünhundetsiebenundzwanzig 35/100 EURO) nebsltZinsen in Höhe von 5 Prozentpuruten über dem Basiszinssatz seit dem 14.10.2009 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 313 a Absatz 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegen die beklagte Haftpflichtversicherung einen Schadensersatzanspruch in der geltend gemachten Höhe aus § 115 VVG.

Die Haftung der Beklagten für das streitgegenständliche Unfallereignis ist im Grunde nach zu 100 Prozent unstreitig.

Streit bestand lediglich noch über die hinsichtlich der Stundenverrechnungssätze aus der klägerseits geltend gemachten fiktiven Abrechnung seitens der Beklagten vorgenommenen Kürzung in Höhe der zuerkannten Klageforderung.

Die Beklagte hatte sich insoweit darauf berufen, dass der Kläger bei der Firma … zu den von der Beklagten angegebenen Sätzen die Reparatur hätte vornehmen müssen.

Soweit die Beklagte insoweit noch von weiteren alternativen Reparaturwerkstätten ausging, waren diese von vornherein nach hiesiger Auffassung für die Klägerseite nicht zumutbar, weil sie sich nicht in einem zumutbaren Umfeld zu seiner Wohnanschrift befinden.

Hinsichtlich der Firma … dringt die Beklagtenseite mit ihrem Einwand nicht durch, da hier schon nicht festgestellt werden konnte, dass die Firma … einer Fachwerkstatt vergleichbar in der Qualität tätig werden kann.

Der Sachverständige hat insoweit, nachdem er vom Gericht bestellt wurde einen Ortstermin in der Werkstatt durchgeführt. Die Einzelheiten der Maschinen wurden ihm insoweit nicht gezeigt, wozu die Firma … die nicht am Verfahren beteiligt ist, auch nicht gezwungen werden könnte, im Übrigen sind die von der Beklagtenseite behaupteten Stundenverrechnunqssätze der Firma … nicht zutreffend, wie der Inhaber der Firma dem Sachverständigen gegenüber mitgeteilt hat. Es bleibt somit bei der im Ergebnis nicht entkräfteten substantiierten Kalkulation der Klägerseite, der ein Mitverschulden nicht nachgewiesen worden ist.

Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 291 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen richten sich nach §§ 91, 708 Nummer 11 Alternative 1, 711 ZPO.

Der Streitwert des Rechtsstreits wird im Beschlusswege auf 527,35 £ (i.W. fünfhundertsiebenundzwanzig 35/100 EURO) festgesetzt.

Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Jeder ähnliche Fall liegt letztlich anders, so dass hier keine allgemeine Wichtigkeit gegeben ist.

Urteilsliste “Fiktive Abrechnung” zum Download >>>>>

Dieser Beitrag wurde unter Fiktive Abrechnung, Gleichwertigkeit, Haftpflichtschaden, Lohnkürzungen, Stundenverrechnungssätze, Urteile abgelegt und mit , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.