AG Forchheim verurteilt R+V Allgemeine Versicherungs AG zur Zahlung restlichen Schadensersatzes (72 C 386/09 vom 17.06.2009)

Das Amtsgericht Forchheim spricht am 17.06.2009 (72 C 386/09) dem Geschädigten die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zu und verurteilt die eintrittspflichtige Haftpflichtversicherung, die R+V Allgemeine Versicherungs AG, zur Zahlung restlichen Schadensersatzes in Höhe von 309,90 € nebst Zinsen sowie vorgerichtlicher Anwaltskosten.

So das Endurteil:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 309,90 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.8.2008 sowie 83,54 € vorgerichtliche Kosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.8.2008 zu bezahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

A) Die zulässige Klage ist begründet.

I. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 309,90 € gem. § 115 VVG. Die Beklagte ist dem Kläger gegenüber aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfalles un­streitig in vollem Umfang zum Schadensersatz verpflichtet.

Der Klägerschaden beträgt:

Reparaturkosten gem. außergerichtlichem Gutachten des Sachverständigenbüros K. vom 02.07.2008:

965,85 €.

Die pauschalen Unkosten des Klägers werden gem. § 287 ZPO auf 25,- € geschätzt

Zwischensumme: 990,85 €

abzgl. Teilzahlung der Beklagten: abzgl. 680,95 €

Rest: 309,90 €.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten, die nach dem vorgelegten außer­gerichtlichen Sachverständigengutachten in einer markengebundenen Fachwerkstätte anfallen. Gemäß Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29.04.2003, Aktenzeichen VI ZR 398/02 darf ein Geschä­digter bei der Schadensberechnung die Stundenverrechnungssätze einer markengebunden Fachwerkstatt in seiner Umgebung zugrundelegen, auch wenn die Sätze über den von der DEKTRA ermittelten Lohnsätzen der Region liegen.

Der Geschädigte muss sich grundsätzlich nicht auf die Möglichkeit einer billigeren Reparatur ei­ner anderen als einer markengebundenen Werkstatt verweisen lassen (ebenso Kammergericht, Urteil vom 30.6.08, Az: 22 U 13/08). Grundsätzlich handelt ein Geschädigter nicht wirtschaftlich unvernünftig, wenn er eine Reparatur in einer anderen Werkstatt ablehnt (ebenso Kammerge­richt, a. a. O.). Denn eine wirtschaftliche Gleichwertigkeit der Reparaturmöglichkeiten im schadens­rechtlichen Sinne liegt nicht vor. Das Kammergericht führt weiter aus; „Denn auch bei gleicher Qualität der technischen Ausführung honoriert es der Markt, daß Wartungs- und/oder Reparatur­arbeiten an einem Fahrzeug gerade von einer markengebundenen Vertragswerkstatt und nicht von einer freien Fremdwerkstatt durchgeführt werden. Dem Arbeitsergebnis einer Markenwerk­statt kommt neben dem technischen Aspekt noch ein weiterer wertbildender Faktor zu. Der Kun­de – sei es der Reparaturkunde, sei es der potentielle Käufer auf dem Gebrauchtwagenmarkt -verbindet mit dem Besuch von Markenvertragswerkstätten eine über dem technischen Zustand hinausgehende besondere Werthaltigkeit…. dies nimmt unmittelbar Einfluss auf die Preisbil­dung…. Die wertbildende Komponente verliert sich … auch nicht aufgrund des Alters des klägeri­schen Fahrzeugs von über 8 Jahren, der Laufleistung von über 84.000 km und des sonstigen Zustandes in Gestalt von kleinen Dellen an der Tür sowie des „dürftigen Vorlebens“ in wartungs- oder reparaturtechnischer Hinsicht.“

Das Gericht folgt dieser Rechtsauffassung. Der Zustand des Klägerfahrzeugs wird im vorliegen­ den Fall gem. außergerichtlichen Gutachten des Sachverständigenbüros K. vom 02.07.2008 als „bestgepflegt“ bezeichnet. Trotz des hohen Alters des Klägerfahrzeugs von 19 Jahren und der recht hohen Laufleistung von 91.100 km kann noch nicht davon ausgegangen werden, dass das Klägerfahrzeug nach dem streitgegenständlichen Unfall in keiner Weise reparaturwür­dig war. Immerhin wird der Wiederbeschaffungswert des Klägerfahrzeugs im außergerichtlichen Gutachten des Sachverständigenbüros K. vom 02.07.2008 mit 6000,- € beziffert. Daher ist unter Zugrundelegung der Grundsätze, die in der zitierten Kammergerichtsentscheidung dargestellt wurden, davon auszugehen, dass die Reparatur des Klägerfahrzeugs in einer Marken­werkstatt einen wertbildenden Faktor darstellt, auch wenn in den beklagtenseits genannten Werk­stätten ein technisch völlig gleichwertiges Reparaturergebnis erzielt worden wäre.
Der Geschädigte kann den erforderlichen Aufwand zur Schadensbeseitigung auch fiktiv auf der Basis eines Sachverständigengutachtens wie im vorliegenden Fall berechnen (vgl. Palandt, 67.Auflage, Rz. 14, Anm. von Heinrichs zu § 249 BGB). In diesem Fall sind alle Positionen zu be­rücksichtigen, die bei ordnungsgemäßer Reparatur des geschädigten Klägerfahrzeugs in einer markengebundenen Fachwerkstatt anfallen würden. Hierzu zählen grundsätzlich auch die Verbringungskosten zum Lackierbetrieb.

II. Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286, 288 BGB.

III. Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher nicht anrechenbarer Rechtsanwaltskosten er­gibt sich aus den §§ 286, 280 BGB. Diese Kosten belaufen sich einschließlich 1,3 Gebühr zzgl. Auslagen und MWSt. auf unstreitig 83,54 €.

B)     Kosten: §91, Abs. 1 ZPO.

C)    Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708, Nr.; 713 ZPO

Urteilsliste “Fiktive Abrechnung” zum Download >>>>>

Siehe auch: CH-Beitrag vom 08.01.2014

Dieser Beitrag wurde unter Fiktive Abrechnung, Haftpflichtschaden, Lohnkürzungen, R+V Versicherung, Rechtsanwaltskosten, Stundenverrechnungssätze, Urteile abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert