Die Amtsrichterin der 1. Zivilabteilung des AG Neumarkt/i. d. OPf. hat die beklagte Haftpflichtversicherung mit Ihrem Versicherungsnehmer gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger das von der beklagten Haftpflichtversicherung nicht regulierte restliche Sachverständigenhonorar zu zahlen (Az.: 1 C 0309/08 vom 02.07.2008).
Das Urteil wird wie folgt wortwörtlich wiedergegeben:
I. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt an den Kläger 604,54 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.11.2007 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 140,77 EUR zu bezahlen.
II. Die Beklagten tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
B e s c h l u s s :
Der Streitwert wird festgesetzt auf 604,54 EUR.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Kosten für ein Sachverständigenhonorar.
Bei einem Verkehrsunfall vom 10.11.2007 auf der B 8 zwischen ….wurde der Pkw des Klägers beschädigt. Der Beklagte zu 1) ist Halter und Fahrer des unfallverursachenden Fahrzeuges, welches bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist. Die Haftung der Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig. Der Kläger begab sich mit seinem Fahrzeug zur Schadensfeststellung zum Sachverständigenbüro. Dort wurde ein Gutachten über die Schadenshöhe erstellt und die Kosten für die Erstellung mit 1.408,56 EUR in Rechnung gestellt. Die Beklagte zu 2) hat an den Kläger bislang Gutachterkosten in Höhe von 804,02 EUR überwiesen. Durch anwaltliches Schreiben vom 19.11.2007 wurde die Beklagte zu 2) aufgefordert, die ausstehenden Sachverständigenkosten bis zum 29.11.2 007 anzuweisen, hat jedoch nichts mehr bezahlt.
Der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges wurde auf 16.800,00 EUR brutto im Gutachten festgelegt. Nach Abzug der Differenzbesteuerung in Höhe von 2 % ergibt sich ein gerundeter Betrag in Höhe von netto 16.46 0,00 EUR, Die ermittelten Reparaturkosten betragen für das beschädigte Fahrzeug 29.452,50 EUR.
Der Kläger trägt vor, dass die beklagte Partei verpflichtet sei, die kompletten Kosten des Sachverständigen zu bezahlen. Der Rechnungsbetrag sei bereits an den Sachverständigen überwiesen. Dieser habe ordnungsgemäß entsprechend der BVSK-Liste abgerechnet. Bezüglich der Abrechnung wird auf die Rechnung vom 15.11.2007 (Bl. 7 d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt daher:
Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 604,54 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.11.2007 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 14 0,77 EUR zu bezahlen..
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie tragen vor, dass keine weiteren Gutachterkosten mehr zu bezahlen seien, weil es sich um keinen notwendigen und erforderlichen Herstellungsaufwand handeln würde. Die Abrechnung des Sachverständigen würde um 100 % über der ortsüblichen Abrechnung liegen. Die Beklagten hätten sich an die Abrechnung des TÜV gehalten.
Außerdem werde bestritten, dass der Kläger die Rechnung an den Sachverständigen schon bezahlt habe.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, verwiesen.
Das Gericht hat keinen Beweis erhoben.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und voll begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf restlichen Schadensersatz. Die Kosten für das Sachverständigengutachten des Sachverständigen gemäß Rechnung vom 15.11.2007 sind von den Beklagten vollumfänglich zu ersetzen, da diese Kosten unter den erforderlichen Herstellungsaufwand nach § 249 BGB fallen und zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung des Klägers erforderlich waren.
Zum einen muss der Geschädigte eines Unfalles bei den Sachverständigen keine Preisermittlung betreiben, und sich den günstigsten Sachverständigen heraussuchen. Der Geschädigte ist grundsätzlich berechtigt, den Gutachter seines Vertrauens hinzuzuziehen. Die Art und Weise der Schadensbeseitigung unterliegt grundsätzlich der Dispositionshoheit des Geschädigten. Nach einhelliger Meinung in der Rechtsprechung muss der Schädiger dem Geschädigten die Kosten des Kfz-Sachverständigengutachtens auch dann in voller Höhe erstatten, wenn diese Kosten überhöht sind. Der Gutachter ist nämlich nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten. Das Risiko eines überteuerten Gutachtens trägt allein der Schädiger nicht der Geschädigte.
Die streitgegenständliche Honorarabrechnung entspricht auch gemäß § 315 BGB billigem Ermessen. Der Sachverständige hat sich innerhalb der Werte der BVSK-Honorarbefragung gehalten. Diese Befragung sieht das Gericht als geeignete Schätzgrundlage an, aufgrund derer die Sachverständigenkosten berechnet werden können.
Im vorliegenden Fall liegt ein Totalschaden vor. Damit wird die Schadenshöhe entsprechend der BVSK-Liste als Wiederbeschaffungswert brutto bestimmt. Der Wiederbeschaffungswert brutto beträgt laut Gutachten 16.800,00 EUR. Nach Abzug der Differenzbesteuerung in ‚Höhe von 2 % ergibt sich ein gerundeter Betrag von 16,460,00 EÜR netto. In der Tabelle der BVSK-Honorarbefragung ergeben sich damit Werte zwischen 690,00 EUR und 1.032,00 EUR an Honorar. Innerhalb dieser Spanne bewegen sich 90 % der befragten Sachverständigen. Der Sachverständige H. hat hier einen Betrag von 1.032,00 EUR angesetzt und bewegt sich damit noch im Rahmen der Tabelle. Ebenso verhält es sich mit den geltend gemachten Anfahrtskosten, Fotokosten, Schreibkosten und Porto- bzw. Telefonkosten.
Nach alldem sind dem Geschädigten die geltend gemachten Sachverständigenkosten insgesamt zu ersetzen.
Die BVSK-Liste ist nicht nur eine Schätzgrundlage, sondern im Bereich Neumarkt für die freien Sachverständigen auch die ortsübliche Vergütung. Im Bereich von Neumarkt sind die Sachverständigen ….. und ….. tätig. Die Sachverständigen …..und ….. rechnen nach eigenem Wissen des Gerichts nach der BVSK-Liste ab, der Sachverständige …. rechnet entsprechend der VKS-Liste ab. Die VKS-Liste hat bei einer Bruttoschadenshöhe bis 17.500,00 EUR Honorare zwischen 735,50 EUR und, 1.131,00 EUR. Damit bewegt sich der Sachverständige auch innerhalb der Liste der VKS-Befragung. Insofern ist die Vergütung auch als ortsüblich anzusehen.
Da die Rechnung des Sachverständigen bereits fällig ist (Bl. 7 d.A. – zahlbar bis 29.11.2007), kann sich die Beklagtenseite nicht darauf berufen, dass nicht bezahlt worden sei. Der Kläger kann volle Bezahlung verlangen und ist nicht nur auf einen Freistellungsanspruch angewiesen. Es kommt damit nicht darauf an, ob der, Kläger die Rechnung des Sachverständigen schon bezahlt hat.
Die Entscheidung über die Zinsen folgt aus Verzug.
Die Beklagten waren auch zur Bezahlung der außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren zu verurteilen. Die Beklagten waren nach dem Schreiben vom 29.11.2007 nochmals mit anwaltschaftlichem Schreiben vom 15.01.2008 zur Zahlung aufgefordert worden. Zu diesem Zeitpunkt haben sie sich in Verzug befunden, so dass die außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren, berechnet aus einem Streitwert von 6.04,54 EUR mit einer Geschäftsgebühr von 1,3 zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer zu erstatten sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ VOS Nr. 11, 711 ZPO.
So das Amtsgericht Neumarkt in der Oberpfalz.