Urteil des VI. Zivilsenats vom 17.10.2006 – VI ZR 249/05 Leitsatz:
BGB § 249 GaDer durch einen Verkehrsunfall Geschädigte, der seinen Fahrzeugschaden mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers zunächst auf der Grundlage des vom Sachverständigen ermittelten Wiederbeschaffungsaufwands abrechnet, ist an diese Art der Abrechnung nicht ohne weiteres gebunden. Er kann – im Rahmen der rechtlichen Voraussetzungen für eine solche Schadensabrechnung und der Verjährung – die höheren Kosten einer nunmehr tatsächlich durchgeführten Reparatur des beschädigten Fahrzeugs verlangen, sofern sich nicht aufgrund der konkreten Umstände des Regulierungsgeschehens etwas Abweichendes ergibt.
BGH, Urteil vom 17. Oktober 2006 – VI ZR 249/05 – LG Braunschweig
Hier einige Auszüge aus der Urteilsbegründung:
…..2. Die Ansicht, nach Regulierung des Wiederbeschaffungsaufwandes könnten nunmehr tatsächlich aufgewendete höhere Reparaturkosten nicht mehr geltend gemacht werden, ist in der vom Berufungsgericht angenommenen Allgemeinheit unrichtig. Eine Bindung lässt sich für den hier gegebenen Fall, dass nach der fiktiven Abrechnung auf Wiederbeschaffungsbasis das Fahrzeug alsdann doch repariert wird und nun die konkreten (höheren) Reparaturkosten geltend gemacht werden, weder aus dem Gesetz noch aus der Rechtsprechung des erkennenden Senats herleiten, auch nicht aus dem Urteil vom 23. März 1976 (BGHZ 66, 239, 246), in dem diese Frage offen gelassen wurde.
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Denn auch wenn er vollen Ersatz verlangen kann, soll der Geschädigte an dem Schadensfall nicht „verdienen“. Durch das Wirtschaftlichkeitsgebot und das Bereicherungsverbot darf allerdings sein Integritätsinteresse, das aufgrund der gesetzlich gebotenen Naturalrestitution Vorrang genießt, nicht verkürzt werden. Deshalb hat der Senat entschieden, dass der Geschädigte zum Ausgleich des durch einen Unfall verursachten Fahrzeugschadens sowohl die tatsächlich aufgewendeten als auch die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts ohne Abzug des Restwerts verlangen kann, wenn er das Fahrzeug tatsächlich reparieren lässt und weiter benutzt (Senatsurteile BGHZ 115, 364, 371 ff.; 154, 395, 400). Gleiches gilt, wenn das Fahrzeug zwar nicht repariert, wohl aber mindestens 6 Monate in noch verkehrstauglichem Zustand weiter genutzt wird (Senatsurteil vom 23. Mai 2006 – VI ZR 192/05 – VersR 2006, 989 f. = NZV 2006, 459 f. m. Anm. Heß).
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Auch in diesem Fall stehen dem Geschädigten, der sich zu einer Reparatur entschließt und diese auch nachweislich durchführt, die konkret abgerechneten Kosten der Instandsetzung ohne Berücksichtigung des Restwerts zu. Ersatzfähig sind auch Reparaturkosten, die den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs in Grenzen (bis 30%) übersteigen, wenn sie konkret angefallen sind oder wenn der Geschädigte nachweisbar wertmäßig in einem Umfang repariert hat, der den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigt, sofern die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat; andernfalls ist die Höhe des Ersatzanspruchs auf den Wiederbeschaffungsaufwand beschränkt (vgl. Senatsurteile BGHZ 115, 364, 371 f.; 162, 161, 163 ff.; 162, 170, 173 f.).
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Urteilsliste „130%-Regelung u. fiktive Abrechnung“ zum Download >>>>>
Im Namen des Volkes wegen Schadenersatz aus Verkehrsunfall:
Ein Haftpflichtschaden am Freitagabend im Januar 2006 ist passiert. Der Geschädigte teilt es seinem Allianz Agenten mit. Dieser verspricht ihm sofort alles für ihn zu erledigen. Aber es passiert am Samstag, Sonntag, Montag nichts. Am Dienstag entschließt sich der Geschädigte nach langem hin und her Gerede zu einem Gutachtenauftrag bei uns. Vorsteuerabzugsberechtigt alles Netto
Wiederbeschaffungswert 8000 €
Reparaturkosten 6700 €
Restwert 4200 €
Der Geschädigte ruft wieder seinen Allianz Agenten an und sagt er habe jetzt das Gutachten in Händen. Der Agent, ja das hole ich ab und bringe es zur Volkswohl.
Der Geschädigte entschließt sich zur Abrechnung nach Gutachten und setzt das Auto wie im Gutachten beschrieben selbst instand.
Nach 2 Monaten schickt die Volkswohl eine Abrechnung 8000 minus 4200 = 3800. Nutzungsausfall gibt es nicht weil das ein Firmenfahrzeug ist so die Volkswohl. Daraufhin ruft er seinen Allianz Agenten an und teilt ihm das mit.
Dieser Agent berichtet ihm; ja das ist jetzt so wenn Du auf Gutachten abrechnest, dann gibt es nur noch Wiederbeschaffungswert minus Restwert und keinen Nutzungsausfall.
Inzwischen hat der Geschädigte sein Auto fertig und schickt die Reparaturbestätigung mit einem Anspruchschreiben, indem er Reparturkosten und NUTZUNGSAUSFALL als Einmannbetrieb mit einem Auto FORDERT an die Volkswohl.
Dann ein Volkswohl-Schreiben: Nach erneuter Prüfung kommen wir bedauerlich zu keiner anderen Entscheidung.
Dann hat sich der Geschädigte von uns überzeugen lassen das ohne Klageeinreichung die Volkswohl nicht umdenken wird.
Unfall im Januar 2006 Urteil im November 2006 Alles, Reparaturkosten und Nutzungsausfallgeld erhalten im Januar 2007.
Die Moral aus der Geschichte, wieder einen Geschädigten glücklich gemacht und bereits 2 Empfehlungen von diesem erhalten.
Und wo Volkswohl draufsteht ist Unwohl drin.