Mit Urteil vom 30.06.2009 (8 C 5/09) hat das Amtsgericht Brilon die HDI-Gerling Industrie Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 100,46 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Auch nach dieser Entscheidung gilt die Schwacke-Liste als Maßstab, die Fraunhofer Tabelle und andere Berechnungsgrundlagen werden abgelehnt.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Zahlung restlicher Mietwagen kosten in Höhe von 100,46 € aus §§ 7 Abs. 1,18 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG, nicht aber auf Zahlung der geltend gemachten 154,33 €.
Die Zeugin G. hat ihre Schadensersatzansprüche aus dem Unfall vom xx.xx.2008 gegen die Beklagten, die ihr dem Grunde nach unstreitig zustehen, hinsichtlich der ihr zustehenden Mietwagenkosten mit Abtretungserklärung vom 26.05.2008 wirksam gemäß § 398 BGB an die Klägerin abgetreten.
Die Abtretungserklärung ist nicht wegen Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz unwirksam. Die der Klägerin abgetretene Forderung ist hinreichend bestimmt. Die Zeugen G. hat der Klägerin von den ihr gegen die Beklagten zustehenden Schadensersatzansprüchen lediglich ihren Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten abgetreten. Eine Bezifferung der abgetretenen Forderung war nicht erforderlich. Die Bestimmbarkeit der abgetretenen Forderung ist ausreichend.
Die Abtretungserklärung ermächtigt die Klägerin auch zur gerichtlichen Geltendmachung der Forderung. Durch die Abtretung wurde die Klägerin Inhaberin der Forderung und ist in damit berechtigt, diese nach ihrem Belieben geltend zu machen. Dies wird auch durch die Formulierung „Für die Geltendmachung meiner Schadensersatzansprüche werde ich selbst sorgen“ nicht ausgeschlossen. Diese Formulierung schließt nach seinem Zweck lediglich die Verpflichtung der Klägerin aus, die Forderung einzuklagen, nicht jedoch deren Berechtigung (vgl. LG Arnsberg, Urteil vom 02.12.2008, I-5 S 70/08).
Schließlich ist die Abtretung auch nicht wegen Umgehung des Art. 1 § 1 Abs. 1 des Rechtsberatungsgesetzes nach § 134 BGB nichtig. Die Vorschrift des Art. 1 § 1 RBerG ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Die Klägerin besorgt keine Rechtsangelegenheit derZedentin, sondern eine eigene Angelegenheit. Es geht ihr bei der Geltendmachung der Forderung im Wesentlichen um die Verwertung der durch die Abtretung eingeräumten Sicherheit (vgl. BGH, Urteil vom 04.04.2006, VI ZR 338/04, juris Rn. 7 ff.).
Die von der Klägerin geltend gemachten Mietwagenkosten sind jedoch lediglich in Höhe von 100,46 € erstattungsfähig.
Der Geschädigte kann nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Herstellungsaufwand lediglich Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf. Für die Frage der Erforderlichkeit der Mietwagenkosten ist Anknüpfungspunkt für den abzurechnenden Tarif nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich der auf dem örtlich relevanten Markt erhältliche Normaltarif, der einem selbstzahlenden Kunden in Rechnung gestellt wird (vgl. BGH, Urteil vom 11.03.2008, VI ZR 164/07, juris Rn. 7).
Den Normaltarif hat das Gericht gemäß § 287 ZPO auf der Grundlage des Schwacke Mietpreisspiegels 2007 geschätzt. Laut der genannten Schwacke-Liste 2007 ist die Anmietung eines PKW’s der Fahrzeuggruppe 3 in der Region für 3 Tage für 243,12 € brutto möglich.
Die Einwände der Beklagten, der Schwacke-Automietpreisspiegel sei zur Ermittlung des Normaltarifs nicht geeignet, greifen demgegenüber nicht durch. Es bestehen nach ständiger Rechtsprechung des BGH keine Bedenken, den Normaltarif auf der Grundlage des gewichteten Mittels des Schwacke-Mietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten zu ermitteln, solange nicht mit konkreten Tatsachen Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage aufgezeigt werden, die sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (vgl. BGH, Urteil vom 11.03.2008, VI ZR 164/07, jurisRn. 9; BGH, Urteil vom 14.10.2008, VI ZR 308/07, juris Rn. 19).
Daran fehlt es vorliegend. Zwar hat die Beklagte Vergleichsangebote vorgelegt, die den Normaltarif weit unterhalb des Schwacke-Automietspiegels 2007 ausweisen, die belegen sollen, dass allgemein geltend gemachten Fehler in der Methodik bei der Erstellung des Mietpreisspiegels sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken. Soweit sich die Beklagten auf den Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland des Fraunhofer Instituts stützen, ist zu berücksichtigen, dass auch gegen dessen Anwendbarkeit Bedenken bestehen. Dieser stützt seine Erhebung zu einem großen Anteil auf „Internetpreise“. Da diese Tarife jedoch eine Vorbuchzeit voraussetzen, sind diese mit der Situation der Anmietung nach einem Unfall nicht vergleichbar. Überdies fasst der Marktpreisspiegel die Durchschnittspreise für sehr viel weiträumigere Postleitzahlengebiete zusammen, als dies bei der Schwacke-Liste der Fall ist, die nach den ersten drei Ziffern differenziert. Soweit die Beklagten auf die Gutachten des Sachverständigen Dr. Zinn oder des Prof. Dr. Klein verweisen, ist nicht ersichtlich, inwieweit sich diese auf den konkreten Fall auswirken. Bei den von der Beklagten eingereichten Online-Angeboten ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese den Stand eines erst weit nach dem Verkehrsunfall recherchierten Angebotes wiedergeben. Es kann nicht eingeschätzt werden, ob an diesem Tag eventuell Restfahrzeuge besonders günstig angeboten werden, die am Unfalltag zu diesem Preis nicht zu erhalten gewesen wären (vgl. LG Dortmund, Urteil vom 29.05.2008, 4 S 169/07). Aus den für Februar 2009 eingereichten Angeboten kann nicht gefolgert werden, dass diese der Zedentin im Mai 2008 zur Verfügung gestanden hätten und dass die Schwacke Liste 2007 aus diesem Grund für den betreffenden Fall falsch und nicht anwendbar sei. Überdies erscheint auch die inhaltliche Gleichwertigkeit der vorgelegten Vergleichsangebote zweifelhaft erscheint.
Entgegen der Auffassung der Klägerin war auf den so ermittelten Normaltarif jedoch mit Rücksicht auf die besondere Unfallsituation kein pauschaler Aufschlag von 25% vorzunehmen. Zwar kann ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif vorgenommen werden, um etwaigen Mehrleistungen und Risiken bei der Vermietung an Unfallgeschädigte Rechnung zu tragen (vgl. BGH, Urteil vom 04.04.2006, VI ZR 338/04, juris Rn. 14). Solche unfallbedingten Mehrleistungen wurden durch die Klägerin jedoch im konkreten Fall nicht vorgetragen. Die Klägerin hat sich allein darauf berufen, dass sie aufgrund des weigerlichen Verhaltens der Beklagten gezwungen war, den Mietzins vorzufinanzieren. Hierin liegt jedoch keine spezifisch unfallbedingte Mehrleistung der Klägerin. Das Risiko der Vorfinanzierung, weil die Rechnung nicht sofort gezahlt wird, trifft sie in jedem Vermietungsfall gleichermaßen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Zedentin nicht deshalb seine Schadenminderungspflicht verletzt, weil sie sich nicht nach günstigeren Konkurrenzangeboten erkundigt hat. Die Beklagten haben nicht ausreichend dargelegt, dass der Geschädigten in dieser Situation ein ohne weiteres zugängliches, inhaltlich gleichwertiges und deutlich günstigeres Angebot zugänglich war. Die Beklagte hat lediglich pauschal behauptet, dass die Geschädigte die zu fordernde eigenübliche Sorgfalt gänzlich außer Acht gelassen habe, in dem sie sich nicht nach anderen Preisen erkundigt habe. Es fehlt jedoch an konkretem auf den Fall bezogenen Vortrag, dass der Geschädigten ein günstigerer Tarif auch ohne weiteres zugänglich war, wovon bei der ländlichen Gegend nicht automatisch ausgegangen werden kann.
Zu den mithin erstattungsfähigen Kosten in Höhe von 243,12 € sind hinzuzurechnen die Kosten für den Abschluss einer Vollkaskoversicherung in Höhe von 57,01 € für 3 Tage. Diese Kosten sind grundsätzlich erstattungsfähig, unabhängig davon, ob der Geschädigte für sein eigenes Fahrzeug eine Vollkaskoversicherung unterhält oder nicht (vgl. BGH, Urteil vom 15.02.2005, VI ZR 74/04, juris Rn. 11). Der geltend gemachte Betrag liegt unter dem arithmetischen Mittel der Schwacke-Liste 2007.
Hinzu kommen die Kosten für die Zustellung/Abholung mit 30,00 €. Auch diese Kosten durfte die Zedentin für erforderlich halten. Diese liegen unter den in der Schwacke-Liste 2007 enthaltenen Kosten. Die Zedentin musste sich nicht darauf verweisen lassen, auf anderem Wege zur Vermietungsstation zu gelangen. Konkreter Vortrag der Beklagten, wie dies hätte möglich sein sollen, fehlt zudem.
Hieraus errechnet ein Betrag in Höhe von 330,13 €. Hiervon war kein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen vorzunehmen, da die Zedentin bereits ein gruppenniedrigeres Fahrzeug angemietet hat.
Unter Berücksichtigung der vorprozessual gezahlten 229,67 € verbleibt damit der ausgeurteilte Betrag in Höhe von 100,46 €.
Aus diesem Betrag hat die Klägerin ferner einen Anspruch auf Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 26.06.2008 aus §§ 288 Abs. 1, 286 BGB.
Die Beklagten befinden sich mit dem Ausgleich der Klageforderung gemäß § 286 Abs. 1 2 Nr. 3 BGB seit dem 26.06.2008, nachdem sie durch Zahlung von lediglich 229,67 € ausdrücklich zu erkennen gegeben haben, dass sie die weitere Leistung ernsthaft und endgültig verweigern.
Schließlich steht der Klägerin gegen die Beklagten ein Anspruch auf Ersatz ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 46,41 € aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB zu.
Die Beklagten befanden sich zu dem Zeitpunkt, als die Klägerin ihre Prozessbevollmächtigten mit der Geltendmachung der Klageforderung beauftragte, im Verzug. Aus diesem Grunde sind sie verpflichtet, der Kläger die infolge ihres Verzuges entstandenen Rechtsanwaltskosten zu ersetzen. Bei der Beauftragung ihres Prozessbevollmächtigten handelte es sich um eine zweckentsprechende Maßnahme der Rechtsverfolgung für die Klägerin, zu der es bei vollständiger Zahlung nicht gekommen wäre.
Ausgehend von einem Gegenstandswert bis zu 300,00 € beläuft sich die Höhe der erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten auf 46,41 €.
Soweit das AG Brilon.