Den „Strategen“ bei der HUK Coburg Versicherung fällt offensichtlich immer etwas neues ein, um „Stimmung“ am Markt zu machen, damit potentielle Kunden erst gar nicht auf die Idee kommen könnten, bei der HUK eine Versicherung abzuschließen? Folgender Vorgang wurde uns durch einen Sachverständigen zur Verfügung gestellt.
Mit Schreiben vom 09.02.2012 teilt die HUK Coburg Allgemeine Versicherung AG (im Auftrag und in Vertretung der HUK 24 AG) einer Geschädigten mit, dass sie keinen Gutachten hätte in Auftrag geben dürfen, da ein Kostenvoranschlag ausreichend sei. Seitens der Geschädigten läge ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB) vor. Dies ist wohl ein klarer Fall von (vorsätzlich? falscher) Rechtsberatung im konkreten Fall und demzufolge ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) ?
Vorgeschichte:
Zu einem Unfallschaden vom 07.11.2011 wurde ein Kostenvoranschlag durch die Reparaturwerkstatt erstellt (Nettoschadensbetrag 1.713,91) und an die HUK übermittelt. Diesen Kostenvoranschlag gab die HUK dann an die DEKRA weiter, wo dann, wie üblich, „im Auftrag und nach den Vorgaben der HUK Coburg Allgemeine Versicherung AG“ gekürzt wurde. Der Nettoschadensbetrag lt. Kürzungsprotokoll vom 28.11.2011 belief sich auf EUR 1.343,38, der dann von der HUK mit Schreiben vom 14.12.2011 abgerechnet wurde. Aufgrund der Kürzungen suchte die Geschädigte anwaltschaftlichen Rat. Der Anwalt der Geschädigten hielt bei dieser Sachlage ein eigenes Gutachten für erforderlich, das dann von der Geschädigten in Auftrag gegeben wurde. Der Nettoschadensbetrag lt. Gutachten belief sich auf EUR 1.652,26. Der HUK laufen nun offensichtlich die Kosten davon, weshalb die Geschädigte am 09.02.2012 folgendes Schreiben von der HUK erhielt:
Sehr geehrte Frau … ,
wir haben das Gutachten erhalten.
vorsorglich weisen wir auf die dem Geschädigten obliegende Schadenminderungspflicht gemäß § 254 BGB hin. Danach hat er im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlichsten Weg der Schadensbehebung zu wählen.
Gegen diese wurde mit der Beauftragung eines Gutachters verstoßen.
Der Reparaturumfang wurde vollumfänglich im Kostenvoranschlag berücksichtigt und kalkuliert.
Wir sind gern bereit unsere Abrechnung zu prüfen. Weisen Sie bitte durch Vorlage geeigneter Unterlagen (z. B. Scheckheft, Reparaturrechnungen) nach, dass das beschädigte Fahrzeug stets in einer Fachwerkstatt dieser Marke regelmäßig gewartet bzw. repariert wurde.
Mit freundlichen Grüßen
HUK-COBURG-Allgemeine Versicherung AG
Ihr Schaden-Team
Wohlgemerkt; die Geschädigte ist anwaltlich vertreten!
Über die „Dummdreistigkeit“ mit der Gutachtenbeauftragung hinaus verlangt die HUK von der Geschädigten nun auch noch die Vorlage des Scheckhefts sowie Reparaturrechungen? Fragt sich nur, aufgrund welcher Rechtsgrundlage?
Gemäß BGH-Rechtsprechung hat die Versicherung, sofern sie auf günstigere Reparaturwerkstätten verweisen will, zuerst eine Darlegungs- und Beweispflicht, dass es sich bei den sogenannten „Referenzwerkstätten“ um eine gleichwertige und ohne Mühe zugängliche Reparaturmöglichkeit zu der genannten Markenwerkstatt handelt. Daran fehlt es hier schon. Der „Prüfbericht“ der DEKRA beschränkt sich lediglich auf Kürzung des Kostenvoranschlages auf die Lohnkosten einer „billigeren“ Werkstatt. Gekürzt wurden die üblichen Positionen wie Stundenverrechnungssätze, UPE-Aufschläge und die Verbringungskosten. Es fehlt sowohl ein verbindlicher Kostenvoranschlag der entsprechenden Vergleichswerkstatt über die effektiven Gesamtkosten der Reparatur sowie der Beweis, dass diese Werkstatt die Gleichwertigkeitskriterien an eine Markenwerkstatt erfüllt.
Erst wenn der Schädiger den Beweis der Gleichwertigkeit und der mühelosen Zugänglichkeit der genannten Vergleichswerkstatt erbracht hat, ist der Geschädigte in der sekundären Beweispflicht, was den Nachweis der Markenwerkstattpflege betrifft. Diese Erfordernis besteht aber auch nur bei Fahrzeugen mit einem Alter von mehr als 3 Jahren (was beim gegenständlichen Fahrzeug zutreffend wäre).
Bleibt nur noch zu erwähnen, dass das Fahrzeug repariert wird (konkrete Abrechnung).
Die HUK versucht auch bei diesem Schadensfall – wieder einmal – das Recht komplett auf den Kopf zu stellen. Notfalls auch mit einem möglichen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) und natürlich am beauftragten Rechtsanwalt vorbei.
Was lernen wir aus diesem Vorfall?
Künftig sollte man bei allen Schadensfällen, also auch dort, wo das Fahrzeug gemäß Gutachten repariert wird (konkrete Abrechnung), erst einmal fiktiv abrechnen und vor dem Nachweis der Gleichwertigkeit durch die Versicherung entsprechender konkreter Werkstattangebote, keine Informationen zur bisherigen Werkstattpflege des Fahrzeuges herausgeben. Für ein korrekt regulierendes Versicherungsunternehmen ist dies völlig kostenneutral. Zahlungsanweisung netto gemäß Gutachten => fertig. Vorteil für den Geschädigten => kurzfristiger Vorschuß für die durchzuführende Reparatur. Bei den Versicherern, die nicht korrekt regulieren (wollen), sondern beim Stichwort „fiktive Abrechnung“ zuerst die komplette Kürzungsmaschinerie einschl. Restwertbörsen anwerfen, entstehen dadurch zusätzliche Kosten. Kosten sind leider das einzige Argument, das Versicherer verstehen bzw. was Konzerne irgendwann zum Einlenken bringt (zwingt). Deshalb kann man bekannt zahlungsunwillige Versicherer mit den eigenen Waffen schlagen, indem man jede Menge Kosten (durch deren eigenes Schadensmanagement) produziert, bis irgendwann der Groschen (beim Controlling) fällt.
Nach dem „Vorschuß“ durch die fiktive Abrechnung kann man dann – wie hier – immer noch die Reparaturrechnung einreichen und den Rest einfordern.
Warum die HUK bei dem o.a. Schreiben einen (sinnlosen) Angriff bzgl. der Einholung eines Geschädigtengutachtens fährt, ist hingegen völlig unverständlich. Hat doch gerade die HUK ein solches Gutachten erforderlich gemacht, indem sie den eingereichten Kostenvoranschlag (durch Kürzung) nicht anerkannt hatte. Der Sachverständige hat übrigens auch eine Abschrift des Schreibens von der HUK erhalten. Sollte ihn wohl erschrecken – Huki Buh ?
Das Gutachten ist erstellt, die Geschädigte ist bereits beim Anwalt und über die tatsächliche Rechtslage bestens informiert. Der Anwalt lacht (zusammen mit dem Gutachter) kurz ab, die Geschädigte wird nach den HUK-Erlebnissen künftig wohl nie mehr einen Schaden ohne Anwalt abwickeln, geschweige denn HUK-Kunde werden? Freunde und Verwandte wohl genausowenig? Der Angriff auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist misslungen, die Kosten für die Versichertengemeinschaft durch das Schadensmanagement der HUK hingegen deutlich gestiegen – und werden noch deutlich steigen, wenn die HUK so weiter macht.
Weitere Konsequenzen nicht ausgeschlossen (RDG).
Kopfschüttel !
Hallo Hans Dampf,
die HUK-Coburg verkennt ganz die Rechtslage. Zunächst ist festzuhalten, dass der Geschädigte berechtigt ist, seinen Unfallschaden durch einen Gutachter seiner Wahl feststellen zu lassen. Denn für Art und Umfang seines Fahrzeugschadens trägt der Geschädigte die Beweislast. Um dieser Beweislast nachzukommen, sollte immer bei Schäden oberhalb der sog. Bagatellschadensgrenze, also über voraussichtliche 715,– € ein Gutachten eingeholt werden, damit auch die Beweise gesichert werden. Diese Beweissicherung erfolgt durch einen nichtssagenden Kostenvoranschlag nicht. AG Berlin-Mitte ( in SP 2008, 156) hat entschieden, dass der Geschädigte, auch wenn evtl. ein KV ausreichen würde, ein Gutachten einholen darf. Denn der gegnerischen Versicherung ist entgegen zuhalten, dass meist kein Fall des Bagatellschadens vorliegt, wie auch hier im obigen Fall mit Rep-Kosten in Höhe von ca. 1.650,– €, und daher schon bei Überschreitung der Wertgrenzen die Einholung eines Gutachtens erforderlich ist.
Die Begutachtung durch einen Sachverständigen eigener Wahl war auch erforderlich, weil unterschiedliche Schadensbetragshöhen bestehen. Der Prüfbericht der DEKRA wich erheblich von dem KV ab. Zwar wurde wie üblich der Prüfbericht der DEKRA im Auftrag und nach Massgabe der Vorgaben der HUK-Coburg erstellt, deshalb ist er aber nicht unbedingt richtiger als der KV. Es zeigte sich, dass der DEKRA-Prüfbericht entgegen der Rechtsprechung einfach verschiedene Positionen reduzierte oder gänzlich strich. Die DEKRA hat bis heute noch nicht gelernt, dass auch bei fiktiver Schadensabrechnung Verbringungskosten und Ersatzteilzuschläge zu erstatten sind.
Auch wenn die eintrittspflichtige Haftpflichtversicherung bereits ein Gutachten in Auftrag gegeben hatte, hat nach allg. herrsch. Rspr. mit Hinweis auf LG Kleve der Geschädigte Anspruch darauf, dass er durch einen Gutachter seiner Wahl ein Schadensgutachten erstellen läßt.
Wenn der Geschädigte ein ihm zustehendes Recht ausübt, kann darin nie die Verletzung der Schadensminderungspflicht liegen. Die HUK-Coburg meint wohl die Pflicht zur Minderung der Kosten. Eine Verletzung der Kostenminderungspflicht kennt allerdings das BGB nicht.
Die Argumentation der HUK-Coburg ist daher auf ganzer Linie falsch und irreführend.
…und wieder soll das Rechtsdienstleistunsgesetz als Allzweckabwehrwaffe für und gegen alles herhalten. Nachdenken wurde dabei – wie fast immer, wenn diese Keule geschwungen wird – vergessen.
Wenn ein Pflichtversicherer, gegen den Durchgriffshaftung besteht, zur Forderungsabwehr Rechtsargumente bemüht, seien es richtige oder wie hier falsche, ist das schon per Definition keine Rechtsdienstleistung. Denn die setzt eine f r e m d e Rechtsangelegenheit voraus. Die Abwehr der an den Versicherer gerichteten Ansprüche (und auch deren Erfüllung) sind aber eine e i g e n e Rechtsangelegenheit.
Hallo Herr Otting,
wer hat denn das Rechtsdienstleistungsgesetz immer wieder als Allzweckwaffe eingesetzt? Da waren doch die Versicherer, die bis zu den BGH-urteilen, versucht hatten, die Mietwagenunternehmer und die Sachverständigen aus der Schadensregulierung der restlichen Mietwagen- und Sachverständigenkosten herauszuhalten.
Im obigen Fall haben Sie zwar recht, weil das Gutachten an den Versicherer gesandt wurde. Wurde aber der Schädiger selbst (ohne Haftpflichtversicherer, was ja zulässig ist!) in Anspruch genommen, wäre ihre Argumentation hinfällig, denn der Versicherer ist nicht der Vertreter des Schädigers, sondern nur sein Versicherer. Sie können zwar beide als Gesamtschuldner haften, allerdings kann sich der Geschädigte ( = Gläubiger ) einen der Schuldner heraussuchen. Und da bietet sich doch an, den „schwächeren“ Gegenüber in Anspruch zu nehmen, genau nach der Maxime der Versicherer. Nur dann, wenn die Ansprüche an den Versicherer direkt gestellt wurden, ist es eine eigene Angelegenheit. Dass der Versicherer den VN von seiner Schadensersatzverpflichtung freistellt, ist nachrangig. In erster Linie erfüllt der Schädiger seine Schadensersatzverpflichtung, nicht die der Versicherung. Das gesetzliche Schuldverhältnis besteht nur zwischen Schädiger und Geschädigtem.
Im Verkehrsunfallschadenbereich besteht nicht unbedingt eine Durchgriffshaftung. Da wird mit dem Totschlagargument Durchgriffshaftung argumentiert, obwohl die gar nicht unbedingt besteht. Der Unfallverursacher haftet nach §§ 823 I, II BGB. Und im BGB steht nichts von Durchgriffshaftung und Versicherung.
Grüß Gott Herr Otting,
es freut mich, dass Sie einräumen, dass die Versicherung falsche Rechtsargumente angeführt hat. Also ist es mit der Rechtsauffassung gerade dieser Coburger Firma nicht weit her. Wenn eine große Firma, nach eigenen Worten der größte Kfz-Versicherer, schon die falsche Rechtsargumentation führt, auweia!! Und das aus Bayern. Aber die Coburger sind ja nicht unbedingt Bajuwaren.
Servus
Alois
Die (dürfen demnach) lügen wie gedruckt, also hier immer
drucken wie die lügen.
@ Willi Wacker
„Und im BGB steht nichts von Durchgriffshaftung und Versicherung.“
Stimmt. Aber es reicht, dass sich das aus dem Pflichtversicherungsgesetz ergibt. Und weil die Pflichtversicherung beim Kraftschaden jedenfalls im Hintergrund immer mit im Boot sind, ist deren Rechtsargumentation auch nie ein Verstoß gegen das RDG. Auch dann nicht, wenn nur der Fahrer oder der Halter in Anspruch genommen werden.
Das alles heißt nicht, dass die Argumentation der Versicherung richtig ist. Die mag gegen dieses und jenes verstoßen, aber sicher nicht gegen das RDG.
Dass die Nummer mit den Abtretungen und dem RDG Bullshit war, da stimme ich Ihnen zu. Das habe ich in der Rechtsliteratur (insbesondere SVR 1/2011) intensiv herausgearbeitet. Und der eine oder andere, auf den es ankommt, hat es auch gelesen – und verstanden.
Nur die Keulenschwinger haben so ihre Probleme, siehe BGH I ZR 54/10. Da haben die angreifenden Anwälte wieder mal eine Position des „Konkurrenten“ verfestigt. Die Entscheidung ist übrigens klar auf die Situation rund um den Kraftschaden übertragbar: Wo es klare Rechtsprechung gibt, verstößt der „Nebenleistungs-Rechtsdienstleister“ nicht gegen das RDG.
@ Otting
Sie referieren eine BGH-Meinung,soweit sogut.
Viele halten die aber für falsch,weil hier der Schuldner den Gläubiger zugunsten des eigenen Geldbeutels zielgerichtet falsch berät und weil die fremde Rechtssache nicht dadurch zur Eigenen werden kann,nur weil es ein direkter Schuldner ist,der über sie berät.
Dem Kfz-Haftpflichtversicherer kann nicht mehr erlaubt sein,als dem Privathaftpflichtversicherer oder dem Rechtsschutzversicherer,nur weil es einen direkten Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegen ihn gibt.
Hier bestimmt der evidente Interessenkonflikt die Fremdheit der Rechtssache für den Kfz-Haftpflichtversicherer.
Sätze wie:“Wir raten ihnen,die Mietwagenkosten nicht zu bezahlen“,oder“Sie sollten auf die SV-Kosten nicht mehr als….-€ bezahlen“,andernfalls läge ein Verstoss gegen die Schadensminderungspflicht vor,überschreiten die Grenze zur unerlaubten Rechtsberatung,denn hier wird in eine Fremde Rechtsangelegenheit,in das Mietverhältnis bzw.das Werkvertragsverhältnis hineinberaten,und das geht den Versicherer rein garnichts an!
Es hat allenfalls mittelbar mit der Abwehr des gegen den Versicherer gerichteten Schadensersatzanspruches zu tun,wenn dieser dem Geschädigten ungefragt falsche Rechtsauskünfte zu dessen Vertragsverhältnissen erteilt,die erlaubtermassen gem.§249 II,1 BGB eingegangen wurden.
Es muss sich aber um eine unmittelbar eigene Rechtsangelegenheit handeln,damit eine Beratung erlaubt sein kann.
Natürlich kann der Versicherer dem Geschädigten sagen,dass und warum er den Schaden nur in Höhe von „X“, anstatt von „Y“ übernimmt.
Zur Höhe des Mietzinses für die Anmietung des Ersatzwagens oder zur Höhe des Werklohnes für ein Schadensgutachten aber zu beraten,ist eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheit.
@ Versicherungsanwalt
Ich referiere nicht nur eine BGH – Meinung, die BGH – Meinung ist meine Meinung.
Die von Ihnen beschriebenen Vorgänge passieren jeden Tag. Sie als Anwalt sind betroffener Wettbewerber. Mahnen Sie ab, beantragen Sie die einstweilige Verfügung, gehen Sie ins Hauptsacheverfahren. Sie sind sich ja sehr sicher, dann ist das auch kein Risiko. Und Sie verdienen noch ’ne Menge Geld dabei.
Oder es geht in die Hose. Wir werden sehen.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Was Sie beschreiben, findet auch meine Kritik. Nur ist der Hebel „RDG“ dort der falsche. Aber ich lasse mich auch gerne durch den von Ihnen bald gewonnenen Prozess vom Gegenteil überzeugen.
@joachim otting
Das einzige „Totschlagargument“ ist, dass es sich bei dem gleichen Schadensfall auch um EINE Rechtsangelegenheit handelt bei der man deshalb alles behaupten könne.
Das ähnelt den Versicherungsargumenten zu den Unterlassungsprozessen aufgrund geschäftsschädigender Äußerungen von Versicherern zu Lasten des Sachverständigen. Auch dort war man der Meinung, alles sei ein „Eierkuchen“ und man könne – auch außerhalb eines Schadensersatzprozesses – alles behaupten, was man will und hat sich auf das laufende Verfahren bezogen. Fehlanzeige!
Die Sache mit der Rechtsdienstleistung muss man schon etwas differenzierter betrachten.
Dies ergibt sich schon aus den völlig unterschiedlichen Rechtspositionen der beteiligten Parteien.
– Die Rechtsangelegenheit des Geschädigten ist die vollständige Durchsetzung des Schadensersatzes.
– Die Rechtsangelegenheit des Schädigers ist die bestmögliche Schadensabwehr.
Gleicher Schaden Ja, gleiche Rechtsangelegenheit Nein!
Im Rahmen dieser „Schadensabwehr“ kann der Versicherer vielleicht behaupten
Wenn man dem Geschädigten aber schreibt
ist das eine unwahre Darstellung der Rechtslage sowie eine unerlaubte und auch vorsätzlich falsche Rechtsberatung gegenüber dem Geschädigten. Insbesondere wenn man den Geschädigten gezielt anschreibt, obwohl er anwaltlich vertreten ist. Denn der unbedarfte Geschädigte geht zunächst einmal davon aus, dass eine Versicherung die Rechtslage kennt und er auf entsprechende Äußerungen vertrauen kann. Zum Einen ist also zu unterscheiden WER was wann sagt. Von Bedeutung ist hierbei die Formulierung der Äußerung und wie weit der Eingriff in die Rechte des Geschädigten erfolgt. Dies macht hier den wesentlichen Unterschied zu dem sonstigen Larifari bei der Schadensabwicklung. Als Beleg zum Vorsatzgedanken kommt noch hinzu, dass diese „Beratung“ gezielt am Rechtsanwalt des Geschädigten vorbei durchgeführt wurde.
Zugegebenermaßen handelt es sich nicht um einen „Selbstläufer“. Es wird natürlich nicht leicht sein, ein Gericht von dieser Position zu überzeugen. Ein erschwerter Prozess mit Risiken ändert jedoch nichts daran, dass sich der Versicherer – auch und insbesondere im Rahmen des RDG – hier deutlich zu weit aus dem Fenster gelehnt hat.
@ Hunter
nöööö, „fremd oder eigen“ ist nicht das einzige „Totschlag-„Argument. Das ist nur der Einstieg in die Prüfung. Danach geht es weiter:
Mag es auch eine fremde Rechtsangelegenheit sein, greift § 5 Abs. 1 RDG, siehe BGH VI ZR 143/11 und BGH I ZR 54/10.
Wir werden dann ja sehen, wenn der Prozess vorbei ist.
In den Verfahren I ZR 54/10 und I ZR 58/10 sowie I ZR 118/09 ist es den Angreifern jedoch nur gelungen, die Rechtsposition der Angegriffen zu verfestigen. Aber das hatten wir ja alles schon mal, als die Schlacht um das RBerG tobte. Mit jedem Vesuch, den Schutzzaun um das Artenschutzreservat zu retten, haben die Angreifer ihn ein Stück tiefer in den Boden getrampelt. Geschichte wiederholt sich, siehe die beiden Urteile vom Ersten Senat. Es sind noch ein paar in der Pipeline.
@joachim otting
Sämtliche BGH-Urteile, die Sie zitieren, sind nicht einmal ansatzweise mit dem hier vorliegenden Fall vergleichbar.
VI ZR 143/11 (Einzug von eigenen Forderungen einer Mietwagenfirma durch Abtretung der Forderung des KUNDEN) als Vergleichsmaßstab ist z.B. völlig daneben.
Bei den beiden anderen BGH-Fällen (I ZR 54/10 und I ZR 58/10) ging es um „Rechtsrat“ der jeweiligen VERTRAGSPARTNER in Zusammenhang mit deren Geschäftstätigkeit. Das ist vielleicht mit einer Situation vergleichbar, wenn der Sachverständige seinem KUNDEN Rechtsrat erteilt. Bei der BGH-Entscheidung (I ZR 118/09) handelte es sich auch um „Rechtsberatung“ durch einen GESCHÄFTSPARTNER. Rechtsrat an „VERTRAGSPARTNER“ dürfte demnach wohl kein Problem sein.
Ein Angriff der Anwälte in diesen Fällen war/ist völlig unverständlich und kontraproduktiv. Das Ergebnis wohl vorhersehbar. Ebenso wie der Angriff der Versicherer auf die Forderungsabtretung als ein Verstoß gegen das RDG. Entsprechende Meinungen kann man hier jede Menge nachlesen. Wohlgemerkt, bereits vor dem BGH-Urteil VI ZR 143/11!
Vorsätzlich falscher Rechtsrat eines VERTRAGSGEGNERS gehört wohl nicht in diese Schublade? Schon aus dem Grunde heraus, dass es sich um eine fremde Rechtsangelegenheit handelt!
Man kann sich zwar immer etwas vermeintlich passendes aus einer Vielzahl von Urteilen zusammen zimmern, damit es irgendwie in den Kram passt. Richtiger wird die Argumentation dadurch jedoch nicht.
Richtig jedoch ist, dass bei der Verfolgung zu angeblichen Verstößen gegen das RDG schon einige (zu viele) „Böcke“ durch die Anwaltschaft geschossen wurden. Das schließt aber die Verfolgung echter Verstöße gegen das RDG – wie hier vorliegend – nicht aus. Der Erfolg ist in der Regel (immer) eine Frage der Strategie und der Qualität des Vortrages.
Nööö, Herr Otting,
da wird von Ihnen bewußt oder unbewußt falsch argumentiert. Der BGH hat in VI ZR 143/11 offen gelassen, ob die Klägerin in einer fremden Angelegenheit im Sinne des § 2 I RDG tätig geworden ist. Die Einziehung der an die Klägerin erfüllungshalber abgetretenen Schadensersatzforderung der Geschädigten sei auch dann, wenn man vom vorliegen einer Rechtsdienstleistung ausgehe, jedenfalls nach § 5 I 1 RDG erlaubt. Danach sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Handelnden gehören. Ob eine Nebentätigkeit vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichem Zusammenhang mit der haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit nach § 5 I 2 RDG erforderlich sind. Der BGH hat dies nach § 5 I RDG ausdrücklich als gegeben angesehen, wenn nur über die Höhe, nicht noch zusätzlich über die Haftung oder dem Grunde der Haftung Streit besteht.
Der Versicherer hat in seiner Hauptaufgabe den Schaden zu ersetzen, den sein Versicherter schuldhaft verursacht hat. Gegfls. haftet der Versicherte auch ohne Verschulden, aus Gefährdungshaftung. Auf jeden Fall hat der Geschädigte aufgrund eines Verkehrsunfalles bei Verschulden des Verursachers einen deliktischen Schadensersatzanspruch nur aus §§ 823 I, II BGB. Pflichtversicherungsgesetz interesssiert hier zunächst nicht. Denn der Schädiger hat gem. § 249 BGB dem Geschädigten den vor der unerlaubten Handlung bestehenden Zustand wiederherzustellen und den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag zur Verfügung zu stellen. Auch bei diesem Anspruch hat der Versicherer noch nichts zu tun. Er ist noch nicht einmal Ansprechpartner des Geschädigten. Dieser wendet sich einzig und allein an seinen Schädiger. Das gesetzliche Schuldverhältnis der unerlaubten Handlung betrifft nur Geschädigten und Schädiger. Keinen anderen.
Also hat der Versicherer, wenn der Geschädigte persönlich zum Schadensersatz verurteilt wird, den Schaden seines Versicherten aufgrund des zwischen Versichertem und Versicherer abgeschlossenen Versicherungsvertrag zu erfüllen. Der Versicherungsvertrag gilt nur in diesem Verhältnis. Also hat der Versicherer nur Nebenpflichten in diesem Vertragsverhältnis.
Gegenüber dem Geschädigten hat er nach BGB keine Pflichten. Mit der Schadensersatzleistung, die er gegenüber dem Geschädigten erbringt, erfüllt er nur seine Freistellungsverpflichtung aus dem mit dem Schädiger geschlossenen Vertrag.
Inn diesem Verhältnis kann der Versicherer seine Rechtsdienstleistungen erbringen. Nicht jedoch gegenüber dem Geschädigten.
Die weiteren von Ihnen gebrachten Argumente überzeugen nicht, den der Versicherer ist nicht Erfüllungsgehilfe. Der Mietwagenunternehmer oder der Sachverständige sind aber Erfüllungsgehilfen des Schädigers. Insoweit liegt keine Vergleichbarkeit der Rechtsdienstleistung des Mietwagenunternehmers nach BGH VI ZR 143/11 mit dem Versicherer des Schädigers vor.
Die Nichtvergleichbarkeit liegt auch deshalb nicht vor, weil der Mietwagenunternehmer aus abgetretenem Recht des Geschädigten die Rechtsdienstleistung vornimmt. Aus welchem abgetretenem Recht will der Versicherer die RDLeistung vornehmen. Aus eigenem Recht aufgrund des Versicherungsvertrages, dann aber nur gegenüber seinem Versicherten.
Mit keinem rechtlichen Grund hat der Versicherer, wenn nur sein Kunde in Anspruch genommen wird, ein Recht der Rechtsdienstleistung gegenüber dem Geschädigten.
Mit dem VI ZR 143/11 ist es den Mietwagenunternehmern und ähnlich dazu den Sachverständigen gelungen, die Rechte des Geschädigten durch erfahrenere Personen als den „dummen“ und unerfahrenen Geschädigten durchsetzen zu können. Das war schon eine Schlappe für die Versicherer, ebenso wie das Urheberrechtsurteil.
Abschließend will ich noch darauf hinweisen, dass die Schlacht um das RBerG nicht mit dem RDG verglichen werden kann. Denn Rechtsberatung ist etwas anderes als Rechtsdienstleistung.
@Otting
ja, so isses leider.
Bankkunden werden beschissen und um ihr Erspartes gebracht;
Geschädigte eines Verkehrsunfalles werden beschissen und um ihre Ansprüche gebracht;
Das Versicherungsgeschäft ist profitabel wie nie zuvor!
Kennen Sie noch jemanden,der von seiner Berufsunfähigkeitsversicherung die versprochene Leistung freiwillig bekommen hat?;ich nicht!
Beim BGH sollen aktuell über 280!! Verfahren anhängig sein,in denen Versicherungsnehmer bzw.Geschädigte um ihre Ansprüche kämpfen müssen.
Da ist es doch verständlich,dass nach Lösungen gesucht und nach dem Recht gerufen wird.
Herr Kollege,Sie haben sich intensiv mit dem RDG befasst.
Sehen Sie denn keine Möglichkeit,dem Versicherer das Hineinberaten in die Werk-und Mietverträge zu verbieten?
Sie wissen selbst,dass es Abrechnungsschreiben von Versicherern gibt,an denen rechtlich rein garnichts mehr richtig ist.
Wenn dann aber zusätzlich eine Diskreditierung der Dienstleister des Geschädigten erfolgt um von dem eigenen rechtswidrigen Verhalten abzulenken,ist das dann Ihrer Meinung nach hinzunehmen,oder gibt es doch eine rechtliche Handhabe dagegen vorzugehen?
Der SV und der Vermieter können sich wehren gem § 824 BGB, Eingriff in den Gewerbebetrieb,etc.
Der Geschädigte kann sich gegen aufgedrängten falschen Rechtsrat überhauptnicht wehren und ist ihm daher schutzlos ausgeliefert?
Es stellt eine Form des umgekehrten Versicherungsbetruges dar,was wir hier tagtäglich erleben.
Hi Versicherungsanwalt,
obwohl ich das von dir nicht erwartetet hätte, muss ich dir aber zustimmen. Nichts aber auch gar nichts, was die Versicherungen schreiben, entspricht der Gesetzes- oder Rechtslage. Der Geschädigte wird bewußt (!), also vorsätzlich, in die Irre geführt. Und das soll nicht strafbar sein?
Es müssten vielmehr Strafanzeigen gegen die Versicherungen erfolgen. Leider werden die SB nicht mehr namentlich angegeben. Da aber die Schreiben auf Grund der Anweisungen von oben erfolgen, sind die Anzeigen gegen die Herren Vorstände zu stellen. Da müssen jeden Tag so viele Anzeigen eingehen, dass die Herren gar keine Zeit mehr haben, irreführende und falsche Schreiben zu veranlassen. Sicherlich ist das Betrug, was da gemacht wird. Das gesamte Schadensmanagement beruht auf dem Prinzip, den Geschädigten nach dem eingetretenen Schaden noch einmal so richtig über den Tisch zu ziehen.
Deine Frage nach einem, der sofort die Berufsunfähigkeitsrente bekommen hat, kann ich beantworten. Ich kenne jemanden, der hat die sofort bekommen. Schon bei der Untersuchung beim ärztlichen Gutachter, einem Prof. an der Uniklinik, hat dieser dem Erkrankten erklärt, dass die BU-Rente durch ist. Etwa 14 Tage nach der Begutachtung lag der BU-Rentenbescheid vor. Allerdings ist der Versicherte auch mehr als krank. Das ist aber, wie ich zugestehen will, der Einzelfall. Insoweit gebe ich dir recht. So ohne weiteres wird heute von Versicherungen keine Leistung mehr freiwillig, nur noch unter Druck der Gerichte, erbracht.
Umso erfreulicher ist, dass sich das Unfallopfer der Dienste der Mietwagenunternehmer, der Werkstätten, der Abschlepper und der Kfz-Sachverständigen und der Anwälte bedienen kann. Diese erfahrerenen Personen können nunmehr nach BGH VI ZR 143/11 nach Abtretung der restlichen Schadensersatzansprüche für das Unfallopfer diese Rechte geltend machen. Gott sei Dank. Ansonsten ist den verlogenen Versicherern ja nicht beizukommen. Die oben zitierte Aussage des Schaden-Teams der HUK-Coburg „Gegen diese (Schadensminderungspflicht) wurde mit der Beauftragung eines Gutachters verstoßen.“ ist schlichtweg falsch und irreführend. Das Unfallopfer soll verunsichert werden.
Dieser Blog muss noch mehr Aufklärung der Unfallopfer betreiben. Dieser Blog muss noch mehr Machenschaften der Versicherungen anprangern. Dieser Blog muss noch mehr Irrtums erregende Vorgehensweisen der Versicherer hier darstellen. Die Versicherungen müssen, auch namentlich genannt hier und bei der Staatsanwaltschaft an den Pranger gestellt werden. Diese Machenschaften müssen auch in Funk und Fernsehen dargestellt werden. Die letzten Ausstrahlungen waren schon der richtige Weg. Wir haben so viele verschiedene Sendeanstalten, da müßte doch Überall Raum zu informativen Sendungen über das rechtswidrige Vorgehen der Versicherungen sein. Ich habe von den Machenschaften der Versicherungen die Nase so voll. Das Fass läuft über.
@ Willi Wacker und Hunter
Dann probieren Sie es doch einfach aus, Fälle gibt es genug. In der Privathaftpflichtversicherung, in der Betriebshaftpflichtversicherung und in anderen Sparten ohne Durchgriffshaftung schreiben die Versicherer jeden Tag tausendfach für die Versicherungsnehmer, obwohl keine Haftungseinheit besteht.
Versuch macht klug,
aber (so meine Prognose) auch arm…
Aber irgendein „Man müsste mal“ mit dem unbedingten Willen zur Verarmung wird sich wohl finden lassen.
@ joachim otting
Genau das ist es, was die Versicherungen so schrecklich macht. Das Recht wird einfach ignoriert. Das arrogante Verhalten der Versicherer kotzt mich einfach an.
Lieber Herr Otting,
Ihr Kommentar vom 19.2.2012 ist aber keine sachliche Antwort auf die Kommentare von Hunter und mir. Das muss nun auch einmal festgehalten werden.