AG Erfurt verurteilt HUK-Coburg zur Zahlung restlichen Sachverständigenhonorars (2 C 2108/08 vom 20.02.2009)

Das Amtsgericht Erfurt verkündete am 20.02.2009 unter dem AZ: 2 C 2108/08 gegen die HUK-Coburg Allgemeine Versicherungs-AG das nachfolgende Urteil zum Thema Sachverständigenhonorar aus abgetretenem Recht:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 180,24 EUR nebst Zinsen zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, außergerichtliche Kosten in Höhe von 54,00 EUR an die Klägerin zu zahlen.

3. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Berufung wird zugelassen.

Entscheidungsgründe:

(ohne Tatbestand gemäß § 313 a ZPO)

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin ist berechtigt, von der Beklagten aus abgetretenem Recht der Geschädigten gemäß § 398 Abs. 1, 631, 632 BGB, 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 StVG in Verbindung mit 3 PflVG Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 05.04.2008 in Höhe von 180,24 EUR für die von der Beklagten noch nicht erstatteten Gutachterkosten zu verlangen.

Die Klägerin ist aktiv legitimiert.

Mit der vorgelegten Sicherungsabtretungserklärung ist die Klägerin berechtigt, die Forderung der Geschädigten aus dem Gutachtenauftrag gegenüber der Beklagten geltend zu machen.
Die Sicherungsabtretung verstößt auch nicht gegen Artikel 1 Abs. 1 Rechtsberatungsgesetz.
Nach ständiger Rechtsprechung ist die Besorgung einer fremden Rechtsangelegenheit einschließlich der Rechtsberatung unter Einziehung fremder Forderungen geschäftsmäßig nur zulässig, wenn von der zuständigen Behörde eine entsprechende Erlaubnis erteilt worden ist. Bei der Beurteilung, ob eine geschäftsmäßige Besorgung fremder Angelegenheiten vorliegt, ist nicht nur auf die äußere Gestaltung der Rechtsbeziehungen der Beteiligten, wie sie in der Abtretung Ausdruck gefunden hat, sondern auch auf die Umstände abzustellen, unter denen die Geschäftsbeziehungen begründet wurden.

Geht es dem Sachverständigen im Wesentlichen darum, die durch die Abtretung eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen, so besorgt er keine Rechtsangelegenheit des geschädigten Kunden sondern eine eigene Angelegenheit.

Der Klägerin ging es bei der Einziehung der abgetretenen Forderungen nicht um die Besorgung solcher Rechtsgeschäfte, die eigentlich dem Geschädigten obliegen, sondern darum, die ihm eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen. Rechnung zu tragen ist dabei durchaus den praktischen Bedürfnissen nach einer gewissen Mitwirkung des Sachverständigen bei der Geltendmachung des Schadenersatzanspruches der Geschädigten gegenüber der Haftpflichtversicherung des Schädigers. Die Abtretungserklärung enthält bereits ihrem Wortlaut nach eine Zweckbestimmung zur Sicherung der Zahlungsansprüche der Klägerin gegenüber der Geschädigten und einen deutlichen Hinweis darauf, dass diese den Schadensersatz selbst durchzusetzen hat. Die Abtretung ist auch nur auf den Ersatz der Gutachterkosten beschränkt.

In gewissem Umfang ist eine Mitwirkung des Sachverständigen, ähnlich wie die des Mietwagenunternehmens, an der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen des Geschädigten gegenüber dem Pflichtversicherer des Geschädigten zulässig. So ist es zur Überzeugung des erkennenden Gerichts nicht zu beanstanden, wenn ein Sachverständiger wie vorliegend mit dem Schadensgutachten die Gutachterrechnung direkt an die Haftpflichtversicherung des Schädigers weiterleitet, sofern zweifelsfrei klargestellt ist, dass der Kunde für die Verfolgung und Durchsetzung seines Schadensersatzanspruches selbst tätig werden muss. So lag der Fall hier. Die Klägerin übersandte der Beklagten lediglich eine Fotokopie der an die Geschädigte adressierten Rechnung.

Begründete Zweifel, dass die Klägerin nicht nur zur Vereinfachung der Schadensabwicklung, sondern zur umfassenden Schadensregulierung handelte, lassen sich auch nicht aus dem Inhalt und der Form des Zahlungsaufforderungsschreibens vom 04.06.2008 herleiten. Hierbei handelt es sich sehr wohl um ein ernstgemeintes Aufforderungsschreiben die Differenz zu begleichen. Soweit hierin zudem die beiden Alternativen der Zahlungsbereitschaft und der Zahlungsunwilligkeit vorformuliert sind, handelte die Klägerin vornehmlich zum Zwecke der Vereinfachung und Beschleunigung der Schadensabwicklung. An der grundsätzlichen Aussage, dass der Klägerin gegenüber der Geschädigten weiterhin ein Zahlungsanspruch zusteht, ändert das jedoch nichts.

Demgemäß kann die Klägerin von der Beklagten aus abgetretenem Recht nach § 249 BGB als Herstellungsaufwand den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag verlangen. Der Schädiger hat hierzu den Finanzierungsbedarf des Geschädigten in Form des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrages zu befriedigen und nicht etwa dem Geschädigten bezahlte Rechnungsbeträge zu erstatten.

Der tatsachliche Aufwand bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO oft einen Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Indes ist der tatsächlich aufgewendete Betrag nicht notwendig mit dem zu ersetzenden Schaden identisch. Insbesondere deshalb kann die Berechnung des Schadens grundsätzlich nicht von etwaigen rechtlichen Mängeln der zu seiner Beseitigung tatsachlich eingegangenen Verbindlichkeiten abhängig.

Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung erforderlichen sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen. Dies gilt auch für die Höhe des Sachverständigenhonorars.

Die Frage, ob nach einem Verkehrsunfall eine in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne des § 149 Abs. 2 BGB verlangt werden kann, wird vom erkennenden Gericht im Anschluss an das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 23.01.2007 (vgl. NJW 2007, 1450 ff.) bejaht. Ein Kraftfahrzeugsachverständiger überschreitet die Grenzen der rechtlich zulässigen Preisgestaltung nicht alleine dadurch, dass er eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars vornimmt.

Im vorliegenden Fall kann das Gericht auch nicht erkennen, dass die berechneten Gebühren entsprechend der vereinbarten und vorgelegten Honorartabelle den erforderlichen Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB überschreiten. Bei der Schadenshöhe von 1.463,49 EUR hat die Klägerin ein Grundhonorar von 225,00 EUR abgerechnet. Vergleicht man diese Gebühren mit denen der BVSK-Honorarbefragung 2005/2006, so liegt das Grundhonorar in Hohe von 225,00 EUR noch unter den ermittelten Werten zwischen 231,00 EUR und 257,00 EUR. Nicht anders verhält es sich mit den von der Klägerin in Ansatz gebrachten Nebenkosten.

Nach alledem hat die Beklagte die Gutachterkosten vollständig auszugleichen.

Die vorgerichtlich geltend gemachten Anwaltskosten sind als Verzugsschaden der Klägerin zu ersetzen. Soweit die Beklagtenseite einwendet, die geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten mit einer 1,8 Geschäftsgebühr seien nicht angemessen, so kann dem das Gericht nicht folgen. Aufgrund des Vortrages der Klägerseite zu der vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin durchgeführten Arbeitsaufwandes und insbesondere der umfangreichen Recherchen in der Sache, welche von Beklagtenseite im Einzelnen nicht bestritten ist, ist von einer umfangreichen und schwierigen Angelegenheit auszugehen. Unter Berücksichtigung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Klägerin ist die in Ansatz gebrachte Gebühr von 1,8 nicht zu beanstanden.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus den § § 288, 289 BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den § § 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Das Gericht hat die Berufung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzlich Bedeutung hat.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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2 Antworten zu AG Erfurt verurteilt HUK-Coburg zur Zahlung restlichen Sachverständigenhonorars (2 C 2108/08 vom 20.02.2009)

  1. Andreas sagt:

    Endlich mal ein AG, das die Berufung zulässt. Wir haben das bei uns einmal geschafft, weil wir ein paar Angelegenheiten gesammelt hatten, um einen entsprechend hohen Streitwert zu erzielen.

    Leider hat die HUK nach dem eindeutigen Hinweisbeschluss des LG dann die Berufung zurück genommen.

    Vielleicht bekommen wir jetzt mal wieder ein sauberes LG-Urteil.

    Grüße

    Andreas

  2. Werkstatt-Freund sagt:

    Hallo Andreas,
    ich fürchte, dass die besagte Versicherung es nicht auf ein Negativurteil vor der Berufungskammer des LG Erfurt ankommen lassen will. Vielmehr wird dann die Berufung zurückgenommen, wenn das Gericht zu erkennen gibt, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg bietet.
    Viel wichtiger ist der besagten Versicherung, mit der Positivliste der zu ihren Gunsten in den Jahren 2008/09 ergangenen Urteile „hausieren“ zu gehen. Ein negatives Urteil in Erfurt fällt dann dabei nicht ins Gewicht.
    Grüße Werkstatt-Freund

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