Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
zum verlängerten Wochenende (bei denen, die den Brückentag vor dem Tag der Arbeit nutzen) hier noch ein Urteil des Amtsrichters des AG Darmstadt. Der zuständige Amtsrichter der 310. Zivilabteilung des AG Darmstadt prüft die Angemessenheit gemäß der Rechtsprechung des LG Darmstadt nach dem Kostenverhältnis von Schadenssumme zu Sachverständigenkosten. Bis 25 % der Schadenssumme als Sachverständigenkosten erscheint als angemessen. Ich halte eine derartige Verhältnisregelung für fragwürdig. Was meint ihr? Gebt bitte Eure Kommentare ab.
Mit freundlichen Grüßen und noch ein schönes Wochenende
Euer Willi Wacker
Amtsgericht Darmstadt
Geschäfts-Nr.: 310 C 120/10
U r t e i l
I m N a m e n d e s V o l k e s
In dem Rechtsstreit
Kfz-Sachverständiger
Kläger
gegen
Direct Line Versicherung AG vertr. d.d. Vorst. Uwe Schumacher, Rheinstr. 7 a, 14513 Teltow
Beklagte
hat das Amtsgericht Darmstadt durch den Richter am Amtsgericht … im schriftlichen Verfahren gem. § 495 a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 09.03.2012 für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 203,50 € nebst Zinsen i. H. v. 5 %-Punkten über Basiszinssatz hieraus seit 31.12.2009 sowie weitere 39,- € zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Berufung gegen das Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 313 a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch in geltend gemachter Höhe aus §§7, 18, 17 StVG, 115 VVG, 398 BGB.
Die Beklagte ist insbesondere auch passiv legitimiert. Der Sicherungsabtretungsvertrag zwischen dem Kläger und dem Geschädigten vom 09.12.2009 (Bl. 21 d.A.) ist wirksam. Insbesondere ist die Sicherungsabtretung nicht zu unbestimmt im Sinne des Urteils des BGH vom 07.06.2011 (VI ZR 260/10). Der Geschädigte hat hier nicht generell alle Schadensersatzansprüche an den Kläger abgetreten, sondern diese lediglich in Höhe der Gutachterkosten einschließlich Mehrwertsteuer. Damit ist der Umfang der Abtretung ausreichend bestimmbar.
Auch ist der Sicherungsfall eingetreten. Aus dem Schreiben des Rechtsanwalts … vom 26.12.2009 (Bl. 24 d.A.) ergibt sich eindeutig, dass der Kläger sich mit einem Zahlungsverlangen auch an den Geschädigten gewendet hat, dieser allerdings Zahlung verweigert hat.
Auch der Höhe nach ist die Forderung in voller Höhe gerechtfertigt.
Gem. § 249 Abs. 2 BGB kann der Geschädigte von dem Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkte eines Verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens als zweckmäßig und angemessen erscheinen. Hierzu gehören anerkanntermaßen auch Gutachterkosten.
Im Rahmen dessen, was hier als erforderliche Kosten verlangt werden kann und wofür insofern aufgrund der Abtretung die Beklagte einzustehen hat, hält sich auch die Honorarforderung des Klägers.
Das Amtsgericht folgt hier der insoweit einzig maßgeblichen Rechtssprechung des Landgerichts Darmstadt (vergl. Urteil vom 23.09.2011, 6 S 101/11). Hiernach ist ein Honorar, das bei Reparaturbeträgen bis 3.000,– € netto 25 % dieses Betrages nicht übersteigt im Rahmen dessen, was für die Berechnung von Sachverständigenhonoraren angemessen ist.
Unstreitig macht hier die Klägerin bei einem Nettoreparaturschaden von 2.134,33 € und bei Nettosachverständigenkosten ohne Nebenkosten i. H. v. 99,– € einen Prozentsatz von 23,38 % geltend. Mithin ist die Honorarforderung der Höhe nach gerechtfertigt.
Der Anspruch auf die Zinsen sowie die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 280, 186, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Berufung war mangels vorliegender Voraussetzung des § 511 Abs. 4 ZPO nicht zuzulassen. Durch Klärung der streitgegenständlichen Rechtsfrage in dem Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 23.09.2011 ist eine einheitliche Rechtssprechung zumindest für den Amtsgerichtsbezirk Darmstadt gesichert.
Der Streitwert wird auf 203,50 € festgesetzt.
Was würde der Richter denn dazu sagen, wenn ich 25% bei einem 10.000,- Euro Schaden verrechnen würde? Das wäre klasse, denn dann würde ich über alle Schäden gerechnet mehr verdienen…
Aber die Mischkalkulation führt dazu, dass prozentual bei kleineren Schadenhöhen mehr verrechnet wird als bei größeren Schadenhöhen. Und das, obwohl bei kleineren Schäden noch kein Gewinn vorliegt und bei größeren Schadensummen der Gewinn erwirtschaftet wird…
Aber dazu müsste man Prozente und Absolutwerte voneinander trennen können…
Viele Grüße
Andreas
Hallo Herr Dipl-Ing. Andreas Hoppe,
genau so ist es. Das AG und das LG Darmstadt vergessen offenbar, dass die Sachverständigenkosten, gemessen an der Schadenshöhe in einer abgeflachten Parabelkurve ansteigen, nicht linear. Aber deshalb hatte ich im Vorspann bereits aus diese Fragwürdigkeit hingewiesen.
Man sieht sich in Leipzig
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
Ja Willi, in knapp zwei Wochen bin ich dabei. 🙂
LG Darmstadt folgt LG Frankfurt.
Bitte beachten,dass Nettobeträge verglichen werden und dass damit das HUK-Tableau und auch der BVSK-zu Recht-abgelehnt werden.
Fakt ist:
1.Der Vergleich von Netto-Schaden und Netto-Grundhonorar geschieht nur im Wege einer Hilfserwägung:bei einem Schaden von netto 3000,-€ ist ein GRUNDHONORAR NETTO von bis zu 25% noch nicht erkennbar überhöht.
2.Hinzu kommen die Nebenkosten und die Fremdkosten der Gutachtenserstellung und natürlich auch die Ust.
Klare Absage also an HUK und BVSK,die aus einem Nettoschaden einen allinclusive“-Schnäppchenpreis ableiten möchten.
Auch wenn ich eine abweichende Begründung für dogmatisch richtig halte,ist es doch so,dass die beiden Berufungskammerurteile aus Hessen zu einer hervorragenden Rechtssicherheit in ihrem Einzugsbereich führen.
Bei bestehender Rechtssicherheit muss sich auch ein Meister des Textbausteins etwas Neues einfallen lassen und das führt nicht selten in die Blamage.
Wenn die HUK hier munter weiterkürzt,wird bald selbst die BAFIN darin nichtmehr nur unbeachtliche Einzelfälle,sondern systematisches vorstandsangewiesenes Verhalten zulasten der Unfallopfer erkennen und einschreiten müssen.