Das aktive Schadenmanagement am Beispiel des Allianz-Fair-Play Konzepts, beleuchtet durch Rechtsanwalt Werner Dory, Christophstr. 1, 73033 Göppingen. In der Zeitschrift “Der Verkehrsanwalt”, Ausgabe 3/2009, S. 92 ff. gibt es einen bemerkenswerten Aufsatz mit dem Titel
Unter falscher Flagge
den wir, mit freundlicher Genehmigung durch Herrn RA Dory, den Lesern von Captain-HUK hiermit zur Verfügung stellen.
Unter falscher Flagge
Das Allianz Fairplay-Konzept und andere Schadenmanagementsysteme der Versicherungswirtschaft in Theorie und Praxis.
Mit großen Worten und erheblichem Werbeaufwand versucht sich die Allianz mit ihrem Allianz Fairplay-System als Interessenvertreter der Versichertengemeinschaft, der Verbraucher und ihrer Rechte darzustellen. Bei näherer Analyse stellt dieses Fairplay-Konzept nichts anderes als eine fortgeschrittene Variante der hinlänglich bekannten Schadensmanagementsysteme der Versicherungswirtschaft dar. Im Endeffekt wird versucht, über diese Schadenmanagementsysteme, das deutsche Schadensrecht auszuhöhlen und im Regulierungsbereich französische Verhältnisse zu schaffen. Zur Erreichung dieses Zieles ist es erforderlich, Störfaktoren, wie unabhängige Sachverständige und freie Rechtsanwälte, im Schadensregulierungsbereich auszuschalten und zwar ausschließlich mit dem Ziel der Gewinnmaximierung zu Gunsten der Versicherungswirtschaft. Somit stellt das Allianz Fairplay-Konzept – ebenso wie die anderen Schadensmanagementsysteme der Versicherungswirtschaft – nichts anderes als einen Großangriff der Versicherungswirtschaft auf das deutsche Schadensrecht und die Verbraucherrechte dar.
Zur Begründung dieser Thesen erlaubt sich der Verfasser des Artikels zunächst einen Blick in die Vergangenheit zu werfen.
In der Zeit vor Änderung des Kraftfahrtversicherungsrechtes durch Umsetzung der einschlägigen EU-Regelungen und seinen daraus resultierenden Wettbewerbsverzerrungen und Preiskämpfen zeichnete sich die deutsche Versicherungswirtschaft – im Gegensatz zu den Versicherungsgesellschaften in anderen Ländern, wie z.B. in Italien oder Frankreich – dadurch aus, dass sie versuchte, kooperativ mit Rechtsanwälten und freien Sachverständigen für eine ordnungsgemäße und sachgerechte, sowie zügige Schadensregulierung Sorge zu tragen. Streitigkeiten wegen Bagatellbeträgen waren im Grunde die Ausnahme. Hauptstreitpunkt waren seinerzeit allenfalls Haftungsquoten. Selbst im Mietwagenbereich gab es eine sehr großzügige HUK-Mietpreisempfehlung, welche über Jahrzehnte hinweg sauber funktionierte. Erste dunkle Wolken zogen auf, als das, zwischenzeitlich in die Insolvenz gegangene, Mietwagenunternehmen Kussberger eine Genehmigung nach dem Kreditwesengesetz erhielt, mit dieser Genehmigung versuchte, überhöhte Mietpreise durchzusetzen und – mit diesen überhöhten Mietpreisen über Provisionszahlungen und ähnliches – ihre Marktstellung massiv auszubauen. Dies führte zu einer ersten Serie von weit über 100.000 Rechtsstreiten zum Thema „angemessener Mietpreis“.
In der Folge gab es zwar keine HUK-Mietpreisempfehlung mehr, allerdings beruhigte sich die Szene wieder bis zur Öffnung des EU-Binnenmarktes im Bereich des Versicherungsrechtes.
Dies führte nunmehr zu Preiskämpfen und damit einhergehend zu einem massiven Kostendruck, welcher die Versicherungswirtschaft zur Durchführung von Sparmaßnahmen im Schadensbereich zwang und so unmittelbar auf das Regulierungsverhalten durchschlug.
Seit Mitte der 90ziger Jahre musste festgestellt werden, dass sich die Bearbeitungszeiten bei der Versicherungswirtschaft verlängerten und das Regulierungsverhalten massiv „kleinlicher“ wurde.
In dieser Phase wurde erkennbar, dass die Versicherungswirtschaft Sparprogramme und Schadenssteuerungssysteme entwickelte und testete. Eine der ersten Aktivitäten dieser Art war eine von über 60 Versicherungsgesellschaften gegründete Mietwagenvermittlungsgesellschaft, welche die Aufgabe hatte, mit mehr oder weniger illegitimen Mitteln die Mietwagenpreise nach unten zu entwickeln. Dies scheiterte indes am Einschreiten des Bundeskartellamtes, weshalb die Versicherungswirtschaft nunmehr versuchte, neue Wege zu gehen.
Dieser Einstieg erfolgte 2-stufig über folgende Schienen:
Zunächst ist es dem HUK-Verband gelungen, die vom ADAC betriebenen Notrufsäulen zu übernehmen. Mit der Übernahme dieser Notrufsäulen hatte der HUK-Verband die Kontrolle über den wesentlichen Teil des Unfallabschleppmarktes erhalten. Damit wurde der HUK-Verband in die Lage versetzt, unterschwellig Einfluss auf das Abschleppverhalten der Abschleppunternehmer zu nehmen. Dies blieb im Übrigen nicht beschränkt auf die Abschleppvorgänge auf der Autobahn, sondern galt selbstverständlich auch in der näheren und weiteren Umgebung, da man zwischen gefälligen und weniger gefälligen Unternehmen sehr wohl zu unterscheiden vermochte.
Damit hatte die Versicherungswirtschaft ein Lenkungsinstrument in der Hand, vermittels dessen auch Einfluss auf den weiteren Geschehensablauf nach Unfallschäden genommen werden konnte. Man konnte nunmehr zwischen gefälligen und weniger gefälligen Sachverständigen, Werkstätten usw. unterscheiden, wobei man durch den Abschluss diverser Kooperationsverträge mit teilweise rechtswidrigen Inhalten Gebrauch zu machen suchte.
Der Durchbruch gelang mit dem Inkrafttreten des neuen Rechtsdienstleistungsgesetzes, da man nunmehr – von den Zwängen des Rechtsberatungsgesetzes befreit – völlig ungeniert bislang eindeutig verbotene Aktivitäten vereinbaren konnte. Begünstigt wurde diese Entwicklung auch noch durch die – von der Versicherungswirtschaft mit verursachte – Finanzkrise, welche bekanntermaßen zu massiven Umsatzeinbrüchen bei Kfz-Werkstätten und Händlern führte.
Damit sind wir in der Gegenwart angelangt.
Aktuell kann die Versicherungswirtschaft rücksichtslos Zugeständnisse von ihren Kooperationspartnern (Autohäusern, Werkstätten, Sachverständigen, Mietwagenunternehmen) verlangen und durchsetzen, von welchen die Versicherungswirtschaft vor 10 Jahren noch nicht zu träumen wagte. Insbesondere ist es der Versicherungswirtschaft binnen kürzester Zeit gelungen, die Anwaltschaft nahezu aus dem Regulierungsmarkt herauszudrängen.
Während zu früheren Zeiten die Schadensregulierung schwerpunktmäßig unter anwaltlicher Betreuung erfolgte, findet heute die Regulierung in ca. 80% aller Fälle ohne rechtsanwaltlichen Beistand statt, was im Ergebnis mit eindeutigen wirtschaftlichen Nachteilen für sämtliche Beteiligte (unter Einschluss der Versicherungswirtschaft) verbunden ist.
Gerade in Fällen, in welchen eine rechtsanwaltliche Betreuung nicht erfolgt, wird häufig die einschlägige Gesetzes- und Rechtssprechungslage zu Lasten des Geschädigten missachtet.
Dies wird im Folgenden näher durchleuchtet:
Das Allianz Fairplay-Konzept:
Die Allianz bewirbt ihr neues Konzept damit, dass Ziel dieses Konzeptes sei, die Kosten einer Schadenabwicklung über einheitliche Prozesse zu senken und die Abwicklung zu beschleunigen. Mit einem am 18.7.2008 im „Autohaus Online“ veröffentlichten Artikel erlaubt sich der zuständige Allianz Schadensvorstand Michael Wagner auch noch Folgendes zu erklären:
„Fairplay ist das diametrale Gegenteil von Schadenssteuerung.“
Dieser Werbeaussage muss ebenso entgegengetreten werden, wie den weiteren vorbenannten Erklärungen. Fairplay ist nicht das diametrale Gegenteil von Schadenssteuerung, sondern vielmehr die nächste gezündete Stufe in Sachen Schadenssteuerung. Der Allianz Vorstand hat nämlich schlicht die Information unterdrückt, dass auch die Allianz Versicherungs AG Schadenssteuerungsverträge geschlossen hatte, welche nunmehr durch das vorliegende Konzept ersetzt werden.
Es stellt sich zunächst die Frage, warum wurde dieses System durch ein anderes ersetzt?
Die Antwort lässt sich einfach geben. Wenn ein Unternehmen wie die Allianz mit einer Vielzahl von Werkstattsteuerungsverträgen operiert, führt dies zu interessanten Kalamitäten.
Beispielhaft sei die Situation in Stuttgart beschrieben:
Von jedem namhaften Hersteller befindet sich zumindest ein großer Vertragshändler vor Ort, teilweise sind sogar Werksniederlassungen ansässig.
Unterstellt, dass diese Unternehmen über einen Schadenssteuerungsvertrag mit der Allianz verbunden gewesen sein sollten, so hätte doch jedes dieser Unternehmen Anspruch darauf gehabt, dass ihm Fahrzeuge, insbesondere auch Fremdfahrzeuge eingesteuert werden.
Die Frage ist nur welche, etwa
Opel zu Ford, Ford zu BMW, BMW zu Mercedes, Mercedes zu Porsche und Porsche zu Fiat und Fiat wiederum VW?
Folgt daraus nicht zugleich, dass die Zusteuerung zum Vertragspartner „A“ gleichzeitig die Wegsteuerung vom Vertragspartner „B“ oder „C“ bedeutet?
Dass derartige Werkstattsteuerungsverträge gelegentlich zu Missvergnügen auf der Vertragsgegenseite führen, bedarf keiner weiteren Erörterungen.
Diesem Umstand wurde seitens der Allianz Rechnung getragen, allerdings nur mit der latenten Drohung „wer nicht spurt, wird möglicherweise nicht bedacht“.
Soweit die Allianz behauptet, dass es ihr lediglich um Beschleunigung der Schadenabwicklung gehe, so stellt sich die Frage, weshalb es Voraussetzung für eine Zahlung innerhalb von 8 Arbeitstagen ab Rechnungsstellung ist, dass weder ein Rechtsanwalt, noch ein unabhängiger Sachverständiger eingeschaltet wurde. Weder der Rechtsanwalt, noch der unabhängige Sachverständige stehen einer schnellen Regulierung im Wege, sondern dienen vielmehr sogar einer beschleunigten Abwicklung und Aufklärung eines Schadensfalles. Dies müsste sogar den Verantwortlichen der Allianz Versicherung AG bekannt sein. Die gewählte Formulierung in der veröffentlichten Version des Fairplay-Konzeptes bringt dies sogar mit folgenden Worten versteckt zum Ausdruck:
„Entscheidet sich der Geschädigte für die Einschaltung eines Anwaltes oder eines unabhängigen Sachverständigen, erfolgt die Abwicklung wie bisher.“
In dem im „Kfz.-Betrieb“ Heft Nr. 12, 19.3.09, auf Seite 39 veröffentlichten Artikel wird dies von Herrn Wenz wörtlich etwas deutlicher formuliert und zwar wie folgt:
„Allerdings kommen diese schnellen Vergütungszeiten nur zum Tragen, wenn es sich um einen so genannten Fairplay-Fall handelt, bei dem weder ein unabhängiger Sachverständiger noch ein Rechtsanwalt eingeschaltet werden dürfen.“
Damit wird klar, dass vermittels dieses Systems sowohl Rechtsanwälte als auch unabhängige Sachverständige ausgeschaltet werden sollen. Augenscheinlich hat die Allianz vor unabhängigen Sachverständigen und Rechtsanwälten Angst. Dass dies nicht an den direkten Kosten für Rechtsanwälte und unabhängige Sachverständige liegt, wurde im Übrigen schon einmal im Jahre 2001 in den „Verkehrsrechtlichen Mitteilungen“ bekannt gemacht. Seinerzeit wurde eine Graphik mit dem so genannten Schadenskuchen veröffentlicht.
Ausweislich dieser Graphik setzte sich seinerzeit der Schadenaufwand wie folgt zusammen:
Rechtsanwälte 2,2%, Sachverständige 4,0%, Personenschäden, Mietwägen, sonstige Nebenkosten 35,8%, Reparaturkostenaufwand 58%.
Somit stellt sich die ernsthafte Frage, warum sollen unabhängige Sachverständige und Rechtsanwälte ausgeschaltet werden?
Die Antwort liegt auf der Hand.
Es liegt nicht an den direkten Kosten, sprich Gebühren, sondern an denjenigen Schadenspositionen, die den Großteil des Schadenskuchens ausmachen; d.h. es wird schlicht erwartet, dass bei Einschaltung eines unabhängigen Sachverständigen und eines Rechtsanwaltes der Gesamtschadensaufwand höher wird.
Denn vermittels rechtsanwaltlicher Hilfe wird in der Regel ein besseres Regulierungsergebnis für den Geschädigten realisiert, sei es betreffend Haftungsquote, Nutzungsausfall, Wertminderung, Restwert, usw..
Zur Vermeidung dieser Kosten nimmt die Allianz ggf. eine Eigenschädigung in Kauf.
Worin besteht diese Eigenschädigung?
Ganz einfach.
Im Interesse einer schnellen Schadensregulierung unter Ausschluss von unabhängigen Sachverständigen und Rechtsanwälten wird schnell ohne eine Plausibilitätsprüfung auf bloßen Zuruf hin – so sich der Versicherungsnehmer nicht massiv wehrt – ein scheinbar klarer Sachverhalt reguliert und damit Tür und Tor für Betrugsmanöver zum Nachteil der Versicherungswirtschaft eröffnet. In einer vom GDV für das Jahr 2002 veröffentlichten Statistik gab der GDV bekannt, dass 8% aller K-Schäden, 7% aller Vollkaskoschäden und 10% aller Teilkaskoschäden unter die Rubrik Versicherungsbetrug zu buchen sind, dies mit einem Gesamtschadensvolumen von ca. 1,6 Milliarden €.
Durch die mit dem vorliegenden Fairplay-Konzept einhergehende Ausdünnung der Kontrolle dürfte zumindest der Personenkreis der Versicherungsbetrüger das vorliegende Konzept wohlwollend zur Kenntnis genommen haben.
Schließlich führen sowohl das Allianz Fairplay-Konzept als auch die anderen Schadensmanagementsysteme zu erheblichen Nachteilen für die weiteren Beteiligten.
Dies wird anhand nachfolgender Beispiele offenbar:
1. Position des Verbrauchers:
Die Position des Verbrauchers wird nachhaltig geschwächt. Wie allgemein bekannt ist, deckt sich die Haftungsvorstellung der Unfallbeteiligten nicht immer mit der Realität, weshalb durch den Wegfall einer anwaltlichen Beratung die Disposition über die Art und Weise der Schadensbeseitigung durch den Geschädigten auf einer ungesicherten Basis stattfindet und oftmals für diesen zu kostenträchtigen Fehlentscheidungen führt. Auch fehlt es an einer objektiven und neutralen Beratung bezüglich der Abwicklungsalternativen, soweit es um die Themen fiktive Schadenabrechnung, Abgrenzung zwischen Abrechnung auf fiktiver Totalschadenbasis, Leasing- und Finanzierungsproblematik oder Reparaturkostenabrechnung und ähnlichem geht.
Ferner unterbleibt eine sachgerechte Beratung zum Thema Schadensfolgekosten, wie Auslagen, Nutzungsausfall, Wertminderung, Mietwagenkosten sowie der gesamte Personenschadenbereich.
2. Reparaturwerkstatt/Autohandelshaus:
Durch die Übernahme der Schadenabwicklung droht diesem Unternehmen eine Haftung aus einer möglichen Falschberatung im Zusammenhang mit der Schadenabwicklung. Ferner kommt auch eine Haftung durch die von Versicherungsseite vorgeschlagene Art und Weise der Reparaturdurchführung in Betracht.
Ebenso drohen Forderungsausfälle durch eine fehlerhafte Beurteilung der Haftungsquote und daraus resultierend nicht nur die vorerwähnten Schadenersatzansprüche, sondern auch noch der Verlust des Vertrauens des Kunden oder gar des Kunden selbst.
3. Eigentümer/Bank/Leasinggesellschaft:
Im Zuge dieser schlanken Schadensabwicklung bleibt oftmals der tatsächliche Eigentümer des Fahrzeuges auf der Strecke, da ihm unter Umständen weder vom Fahrzeugnutzer noch vom Versicherer oder der Werkstatt vom eingetretenen Schadensereignis Mitteilung gemacht wird.
Im Falle einer später erfolgenden Veräußerung des Fahrzeuges drohen dem Eigentümer möglicherweise Schadenersatzansprüche wegen unterlassener Aufklärung betreffend Unfallvorschäden.
4. Gebrauchtwagenkäufer:
Auch dessen Position wird gefährdet oder beeinträchtigt, soweit dieser – infolge eines nicht vom Voreigentümer gemeldeten Unfallschadens – diesen vom Vorbesitzer als unfallfrei erwirbt.
5. Ein weiteres gravierendes Problem für sämtliche vorbenannten Parteien ist das Problem der mangelhaften Reparaturqualität durch Wahl eines fehlerhaften Reparaturweges oder durch schlichten Pfusch. So wird schon übersehen, dass die Schadenskalkulation auf der Basis von per Internet übermittelten Schadenslichtbildern durchaus problematisch ist und zu erheblichen Kalkulationsirrtümern und Fehldispositionen führen kann. Sodann entspricht bedauerlicherweise nicht jede „selbsternannte“ Fachwerkstatt den heutigen Qualitätsanforderungen in punkto Verwendung von Ersatzteilen, Arbeitsleistung und Abrechnung. Dieses Problem lässt sich lediglich durch eine sachgerechte Schadenskalkulation und Nachbesichtigung durch einen unabhängigen Sachverständigen eingrenzen. Nicht unbedeutend ist auch die Gefahr des Verlustes von Gewährleistungs- und/oder Garantieansprüchen gegenüber dem Fahrzeughersteller durch Durchführung von Reparaturmaßnahmen bei nicht autorisierten Fachwerkstätten oder durch Wahl des falschen Reparaturweges.
Soweit hier beispielsweise die WGV wie folgt wirbt:
„Sie erhalten von der Fachwerkstatt eine erweiterte Garantie auf 6 Jahre auf alle ausgeführten Arbeiten und erforderlichenfalls Eintritt in die Herstellergarantie,“
suggeriert die WGV dem Geschädigten das Vorliegen einer angemessenen Garantie. Dabei wird schlicht ignoriert, dass die Garantie nur soviel Wert sein kann, wie der Garantiegeber, der hinter dieser Erklärung steht. Dies ist regelmäßig die mehr oder weniger qualifizierte und solvente (?) Fachwerkstatt. Ferner vergisst die WGV zu erwähnen, dass die Werksgarantien teilweise 12 oder gar 30 Jahre Laufzeit haben, sofern sich der Autobesitzer an die einschlägigen Bedingungen des Herstellers hält.
Zu diesem Thema äußert sich die Allianz in ihrem Fairplay-Konzept indes nicht.
Soweit in dem Leitfaden zum Fairplay-Konzept der Eindruck erweckt wird, dass eine sachverständige Überprüfung der gewählten Reparaturwege über die Fa. Control Expert erfolgen würde, wird in diesem Zusammenhang unterdrückt, dass diese Gesellschaft lediglich auf elektronischem Wege die Schlüssigkeit und Plausibilität eines Kostenvoranschlages und einer Rechnung überprüft, nicht jedoch die Reparaturqualität an sich.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass dieses Unternehmen, jedenfalls bei Schadensfällen, die nicht nach dem Fairplay-Konzept bearbeitet werden, im Zuge der Rechnungsprüfung häufig die zum Ansatz gebrachen Lohnstundenverrechnungssätze und Ersatzteilaufschläge oder ähnliches auf der Basis irgendwelcher, angeblich ortsüblicher Lohnstundenverrechnungssätze, teilweise auch entgegen der Rechtssprechung, kürzt.
Auch vermag die Allianz keine plausible Erklärung dafür abzugeben, weshalb lediglich in so genannten „Fairplay“ Fällen der kurze Zahlungslauf möglich sein soll. Dieses Verhalten erweckt den Eindruck, dass Werkstätten für ihr Wohlverhalten prämiert und für ihre Verweigerungshaltung in entsprechender Weise abgestraft werden sollen. Dieser Verdacht wird dadurch genährt, dass auch andere Versicherer in ihren Schadensmanagement- oder Steuerungssystemen ähnliche Regelungen haben.
Schon die Namenswahl „Fairplay-Konzept“ stellt ein „Segeln unter falscher Flagge“ dar, da mit der Namenswahl der Eindruck erweckt werden soll, dass eine interessen- und sachgerechte Regelung im Sinne aller, an einem Schadensfall beteiligten Personen gewährleistet werden soll. Allerdings wird hierbei übersehen, dass es sich bei dem Fairplay-Konzept um die zweite Stufe des Schadensmanagementsystems der Allianz Versicherungs AG handelt. Da – wie oben bereits ausgeführt – die Zusteuerung zu bestimmten Werkstätten angesichts der Vielzahl der geschlossenen Verträge nicht mehr machbar war, sah man sich augenscheinlich veranlasst, das vorliegende Bonus-/Malussystem in Sachen Zahlungstechnik und Zahlungsablauf zu installieren.
Soweit die Allianz behauptet, dass das Fairplay-Konzept die Margen der Werkstätten nicht angreifen, die Qualität der Reparatur nicht mindern und es auch nicht gezielt die Einschaltung von Rechtsanwälten und Sachverständigen ausschließen würde, zeigt sich in der Realität ein anderes Bild. Dass die gewählten Formulierungen im Fairplay-Konzept mit gerichtlichen Mitteln nicht angreifbar sind, versteht sich von selbst. Allerdings musste der Verfasser in der letzten Zeit diverse Beratungsgespräche im Umgang mit rechtsschutzversicherten Mandanten führen, welche kurz gefasst folgenden Inhalt hatten:
Der Mandant erklärte,
dass er rechtsschutzversichert ist,
dass er einen Verkehrsunfall erlitten
und sich in eine Werkstatt begeben habe, die am Allianz Fairplay-Konzept teilnehme.
Da er sich über die Haftungslage nicht völlig im klaren war, bat er jeweils um einen Rechtsrat. Die Übertragung des Schadensregulierungsmandates wurde indes abgelehnt mit der Erklärung, dass ihm seitens der Werkstatt gesagt worden sei, wenn er einen Rechtsanwalt oder einen freien Sachverständigen einschalte, komme das Fairplay-Konzept nicht zur Anwendung, er habe dieserhalben mit erheblichen Nachteilen zu rechnen, da sich die Zahlungen verzögern würden.
Der Verfasser dieses Artikels geht davon aus, dass es vielen Kollegen wohl schon ähnlich ergangen sein dürfte.
Er schlägt dieserhalben vor, dass die betroffenen Kollegen eine entsprechende Mitteilung an den Vorstand der ARGE machen, damit eine repräsentative Statistik erstellt werden kann.
Soweit die Margen der Werkstätten nicht angegriffen werden sollen, vermag der Verfasser des Artikels allerdings nicht zu verstehen, weshalb zum Beispiel zum
„Thema Regeln für Scheibenreparatur und – austausch“ folgendes angegeben ist:
UPE Aufschläge individuell,
Glasreparatur erster Steinschlag max. € 75,–, 2. Steinschlag max. € 52,–, 3. Steinschlag wird nicht berechnet,
kein Scheibenabkleben, keine Entsorgungskosten, keine Containergebühren,
keine glasfremden Positionen, wie z.B. Vignette, Regensensor u.a.m..
Wie die Kalkulationen der Fa. Control Expert aussehen, dürfte in den Kreisen der Mitglieder der ARGE ohnehin bekannt sein.
Dass andere Versicherer in diesem Zusammenhang noch weiter gehen, soll in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben. Dass zumindest ein gewisses Unwohlsein auch auf Seiten der Versicherungswirtschaft in diesem Zusammenhang gegeben ist, wird dadurch ruchbar, dass in so manchem Schadensmanagementvertrag eine Verschwiegenheitsverpflichtung mit aufgenommen ist.
Schlussendlich stellt sich die Frage, wie auf die vorliegenden „Konzepte“ reagiert werden sollte:
1. Notwendig ist eine über die ARGE veranlasste, umfassende Verbraucher-/Unternehmeraufklärung, ggf. durch Regionalveranstaltungen in Abstimmung mit den Kfz-Innungen und Verbraucherverbänden.
2. Die konsequente und zügige Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen im Klagewege auch bei Vorliegen von Bagatellabzügen unter Einbeziehung von Verzinsungsansprüchen.
3. Eine intensivere Kooperation zwischen Rechtsanwälten, versicherungsunabhängigen Sachverständigen und Werkstätten.
4. In Prozessverfahren sollten zudem die Gerichte in den Schriftsätzen generell auf die unterschiedlichen Bearbeitungsgeschwindigkeiten zur Begründung der Verzinsungsansprüche hingewiesen werden, da es für diese unterschiedlichen Bearbeitungszeiten noch weniger sachlich gerechtfertigte Gründe gibt, als für die von der Versicherungswirtschaft angekreideten Mietpreisunterschiede zwischen Normal- und Unfallersatztarif.
Göppingen, den …………………….
Allergrößten Respekt an den Verfasser des Berichtes.
Treffender kann man die Situation nicht durchleuchten und darstellen.
Nicht anders düfte es wohl auch dem MBVD gemäß Beitrag vom Mittwoch, 04.11.2009 um 17:42 „HDI-Gerling und MBVD forcieren gemeinsames Schadenmanagement“ ergehen.
Grüße aus dem Wilden Süden
Gottlob Häberle
Wie nannte man eigentlich das Seefahrervölkchen das früher unter falscher Flagge unterwegs war? Waren das nicht Piraten, Gesetzlose oder so?
Und ist der Name „FairPlay“ nicht durch Rechte der Fa. Apple geschützt?
http://de.wikipedia.org/wiki/FairPlay
Der Artikel beschreibt sehr schön, dass es keine Win-Win-Situation zwischen Werkstatt (bzw. dem Geschädigtem) und der Versicherung geben kann.
Denn die Ziele des Versicherers sind nicht mit den Erwartungen der Werkstatt (bzw. des Geschädigten) deckungsgleich.
Grüße
Andreas
Hallo Andreas, hallo Gottlob Häberle,
Gewinner bei derartigen „Fairplay“-Geschichten ist anders als das Wort „fairplay“ suggeriert, nur der eine Partner, nämlich die Versicherung. Diese hat kein Interesse an ihren eigenen Händler-Werkstätten, wenn diese nicht nach ihrem Konzept arbeiten. Die Versicherungen haben kein Interesse am Geschädigten. Im Gegenteil bei dem kann gespart werden. Der neuerliche Angriff gegen Anwälte und freie Sachverständige ist auch klar: Diejenigen, die das teilweise illegale Regulierungsgeschehen durchschauen, müssen unter allen Umständen ausgeschaltet werden. Am besten schickt der den Unfall aufnehmende Polizist den Geschädigten gleich zur eintrittspflichtigen Versicherung. Diese bearbeitet ihn dann schon kräftig, so dass Aufklärung des Geschädigten über ihm zustehende Rechte unterbleibt. So möchte das die Versicherungswirtschaft. Dagegen Aufklärung zu betreiben ist Aufgabe dieses Blogs. Packen wir es an. Anfänge sind gemacht. Obiger Bericht zeigt aber, dass noch vieles zu tun ist.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
Fair Play braucht keinen Vertrag, sondern wird gemessen an der Ehrlichkeit und an einer soliden Beziehung unter Beachtung des Schadenersatzrechts. Wenn allerdings das Procedere ohne die Unfallopfer selbst ausgekungelt wird, hinterläßt das zu Recht ein schales Gefühl vor der Frage, was denn tatsächlich im Interesse der Unfallopfer optimiert werden könnte. Nichts! Es geht vielmehr um Gewinnmaximierung zum Nachteil der Betroffenen. Wer ermittelt den Minderwert ? Die Werkstatt, die Versicherung des Unfallverursachers ? Wer fertigt eine für die möglicherweise erforderliche Unfallrekonstruktion auswertbare Fotodokumnentation ? Ich wagte zu bezweifeln, dass ein Serviceberater weiß, um was es dabei geht. Diese Kumpanei wird letztlich dazu führen, dass noch mehr Kunden als bisher zukünftig ihre bisherige Vertrauenswerkstatt meiden werden, denn wer sich mit dem Unfallgegner verbündet, kann nicht gleichzeitig ein glaubwürdiger Partner seiner Kunden sein; es sei denn, er erzählt diesen ein Märchen, in dem der böse Wolf nicht vorkommt. Ich stelle mir immer vor, wenn der Fuballverein von Bayern München demnächst mit einem eigenen Schiedsrichter ins Stadion einläuft, der auch von diesem Fußballverein profitiert. Fazit: Solche Vertragsabschlüsse gehören auf den Müll, denn für die Unfallopfer selbst haben sie keinerlei Wert. Die Werkstätten indes erhoffen sich jedoch dadurch zukünftig eine höhere Auslastung in ihrem Unfallreparaturgeschäft. Der Glaube versetzt Berge und die Hoffnung stirbt zuletzt. Ein Blick über den Gartenzaun würde förderlich neue Sichtweiten eröffnen und mit einem Quentchen Logik würde die Augenwischerei schnell entlarvt. Aber dazu hat man ja in der Regel keine Zeit. Fragt sich nur, warum gerade in kleineren Werkstätten das Unfallreparaturgeschäft zunehmend aufblüht ? Ganz einfache Antwort: Hier bleibt der Kunde auch als Unfallopfer nach wie vor König, hier findet er einen versierten Ansprechpartner, der ihm nicht ein X für ein U vormachen will und wo die Interessen des Werkstattkunden immer im Vordergrund stehen und dazu gehören nun einmal auch das Beweissicherungs-Gutachten eines qualifizierten und versicherungsunabhängigen Kfz.-Sachverständigen und die anwaltliche Beratung.
Ist das so schwer zu begreifen und wird das auch im Fair play Konzept der Allianz-Vers. berücksichtigt ?
„Was möchtest Du gerne wählen, die ewige Gückseligkeit oder ein Käsebrötchen ?“ sprach Gott Vater zu einem seiner Geschöpfe. Nach kurzer Überlegung entschied sich der Befragte für das Käsebrötchen und erklärte:
„Nichts ist besser als die ewige Glückseligkeit und ein Käsebrötchen ist besser als Nichts“. Noch Fragen ?
Denn mal einen schönen Wochenanfang
Euer
O t t o
Hallo, Otto,
engagiert und witzig. Gerade Humor ist oft der beste Ratgeber, wenn man ihn richtig interpretiert. Da fällt mit noch die Verteilung von 2 Eigenschaften durch den Herrgott auf. Er offerierte zuerst „im Stehen pinkeln zu können.“ Adam drängte sich vor, um diese Eigenschaft zu- gedacht zu bekommen. Sie war also dann vergeben.
Neugierig erkundigte sich Eva nach der noch zu vergebenden Eigenschaft und der Hergott verkündete:
„Multiple Orgasmen.“
Erkenntnis: „Adam war ein Idiot ! “
(Frei nach v. Hirschhausen)