Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
hier eine interessante Berufungsentscheidung des Langericht Halle zu den Sachverständigenkosten bzw. zur Geltendmachung in zwei selbstständigen Prozessen. Das zugehörige angefochtene AG-Urteil ist unten angefügt. Die Berufungskammer des LG Halle hat das amtsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage aus abgetretenem Recht für zulässig und begründet erachtet. Damit war dann das angefochtene Urteil abzuändern und die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung HUK-Coburg Allg. Vers AG zur Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten zu verurteilen. Lest selbst und gebt Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Euer Willi Wacker
Landgericht Halle Verkündet am: 13.04.2012
Geschäfts-Nr.:
2 S 15/12
91 C 645/11
Amtsgericht Halle (Saale)
Im Namen des Volkes!
Urteil
In dem Rechtsstreit
Kfz-Sachverständiger
– Klägerin und Berufungsklägerin –
gegen
HUK Coburg Allgemeine Versicherungs AG, vertr. d. d. Vorstand, d. vertr. d. d. Sprecher, Willi-Hussong-Straße 02, 96450 Coburg
– Beklagte und Berufungsbeklagte –
hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Halle auf die mündliche Verhandlung vom 28.03.2012 durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht …,
die Richterin … und
die Richterin am Landgericht …
für R e c h t erkannt:
I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Halle (Saale) vom 16.12.2011 – Az. 91 C 645/11 – wie folgt abgeändert:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 444,44 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. Juli 2010 auf 432,44 Euro sowie Zinsen auf 12,00 Euro in Höhe von 5 % Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit 29.05.2011 zuzahlen.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 35,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 29.05.2011 zu zahlen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
und beschlossen :
Der Gebührenstreitwert für die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens wird auf die Stufe bis 600,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
A.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
B.
Die zulässige Berufung ist auch begründet.
I.
Die Berufung ist zulässig.
Sie ist gem. § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO statthaft sowie gem. den §§ 517, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt als auch begründet worden.
II.
Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
Dem Kläger steht der aus abgetretenem Recht geltend gemachte Schadensersatzanspruch zu.
1.
Zunächst ist die Klage zulässig.
Insbesondere ist nicht von einer doppelten Rechtshängigkeit im Sinne von § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO auszugehen.
Zwar ist unstreitig, dass das vorliegend in Rede stehende Sachverständigenhonorar als Folge des sich am 02.06.2010 ereigneten Verkehrsunfalls auch in dem vor dem Amtsgericht Halle (Saale) unter dem Az. 99 C 4006/10 geführten Rechtsstreit streitgegenständlich sind. Allerdings richtet sich die in dem vorgenannten Verfahren von der Geschädigten gegen die Haftpflichtversicherung des Schädigers erhobene Klage aus eigenem Recht auf Freistellung bzgl. der Sachverständigenkosten, wohingegen vorliegend der Kläger aus abgetretenem Recht auf Zahlung klagt.
Insoweit ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht von demselben Streitgegenstand gem. § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO auszugehen. Danach handelt es sich bei der Frage, ob die Klage auf eigene oder abgetretene Ansprüche gestützt wird, nicht um verschiedene rechtliche Begründungen desselben prozessualen Anspruches, sondern um verschiedene Streitgegenstände (BGH Urt. v. 23.07.2008, Az. XII ZR 158/06). Von daher wird mit der Entscheidung über – wie im vorliegenden Fall – über Ansprüche aus abgetretenem Recht nicht zugleich – wie im Verfahren 99 C 4006/10 – über solche aus eigenem Recht entschieden.
Ferner entspricht das Verhältnis einer Klage auf Befreiung von einer Verbindlichkeit – wie im Verfahren 99 C 4006/10 – zu einer Klage auf Zahlung – wie im vorliegenden Fall – nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung demjenigen zwischen einer Zahlungsklage und einer negativen Feststellungsklage, mit welcher das Nichtbestehen eines Zahlungsanspruches geltend gemacht wird; die Rechtshängigkeit einer solchen negativen Feststellungsklage steht aber der Zahlungsklage nicht gem. § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO entgegen (BGH Urt. v. 28.11.2001, Az. VIII ZR 75/00). Im Hinblick darauf ist also in den hier in Rede stehenden Verfahren keine anderweitige Rechtshängigkeit gem. § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO zu erblicken.
Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen besteht im vorliegenden Fall auch deshalb keine Gefahr sich widersprechender materiell-rechtlicher Entscheidungen bzw. der doppelten Inanspruchnahme der Beklagten, weil aufgrund der Abtretungsvereinbarung vom 22/28.09.2011 zwischen dem hiesigen Kläger und der Geschädigten deren Prozessführungsbefugnis in dem Verfahren 99 C 4006/10 nunmehr entfallen und ihre Klage hinsichtlich des Freistellungsantrages unzulässig geworden sein dürfte. Bei dem nunmehrigen Abtretungsvertrag vom 22/28.09.2011 handelt es sich seinem Wortlaut nach nicht mehr um eine Sicherungsabtretung, sondern um einen uneingeschränkten Forderungsübergang. Zwar wird in dem zweiten Vertrag Bezug auf die ursprüngliche Sicherungsübereignung vom 09.06.2010 genommen. Indes ist ausdrücklich geregelt, dass die Forderung auf den Kläger übergeht und es finden sich keine Einschränkungen dahingehend, dass die Geschädigte weiterhin zur Beitreibung der Forderung verpflichtet sei.
2.
Die Klage ist auch begründet.
a)
Insbesondere ist der Kläger aktivlegitimiert.
Gem. § 398 Satz 2 BGB wird der Zessionar Forderungsinhaber, was im Außenverhältnis uneingeschränkt auch für Sicherungsabtretungen gilt (Palandt-Grüneberg, 70. Aufl., § 398 BGB, Rdnr. 24). Unstreitig vereinbarte der Kläger bereits unter dem 09.06.2010 mit der Geschädigten eine seine Forderungsinhaberschaft begründende Sicherungsabtretung.
Darüber hinaus hat der Kläger nunmehr unter dem 22/28.09.2011 mit der Geschädigten einen weiteren Abtretungsvertrag geschlossen, was nicht lediglich sicherungshalber erfolgt ist. Wie bereits ausgeführt, wird darin zwar Bezug auf den früher geschlossenen Sicherungsabtretungsvertrag genommen. Indes lässt sich seinem Wortlaut auch bezüglich des Innenverhältnisses keinerlei Einschränkung entnehmen.
Damit kann der Kläger im vorliegenden Verfahren aus abgetretenem Recht uneingeschränkt gegen die Beklagte vorgehen und sie könnte gegebenenfalls in dem Verfahren 99 C 4006/10 prozessuale oder aber gem. den §§ 404 ff. BGB materiell-rechtliche Einwendungen gegen die dortige Klägerin erheben.
b)
Die Zahlungsklage ist auch im übrigen begründet.
aa)
Soweit die Beklagte einwendet, dass die Einziehung der Forderung für die Erstattung des Gutachtens eine Tätigkeit darstellt, die unter das Rechtsdienstleistungsgesetz fällt, ist dies im Ergebnis, insbesondere unter Berücksichtigung der jüngst vom Bundesgerichtshof getroffenen Entscheidung zur Abtretung von Mietwagenkosten für ein Ersatzfahrzeug im Falle eines Verkehrsunfalls (Urteil vom 31.01.2012 – Az. VI ZR 143/11 – juris), nicht zu bejahen.
Der Bundesgerichtshof hat dahinstehen lassen, ob im Falle derartiger Forderungseinziehungen eine eigene Angelegenheit des Mietwagenunternehmens oder eine Rechtsdienstleistung vorliege, weil selbst im letztgenannten Fall die Rechtsdienstleistung als Nebenleistung zum Berufs- bzw. Tätigkeitsbild des Handelnden gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG erlaubt sei, sofern allein die Höhe der Kosten in Streit stehe, die Haftung dem Grunde nach bzw. die Haftungsquote indessen unstreitig sei (BGH a.a.O. Rn. 7 ff. mit ausführlicher Darstellung des Streitstandes in Rn. 8 und der Gesetzesbegründung in Rn. 9 ff.).
Diese Rechtsprechung kann wegen der vergleichbaren Interessenlage der Beteiligten auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen werden. Weil auch im vorliegenden Fall die Haftung dem Grunde nach unstreitig ist und nur die Höhe der Forderung seitens der Beklagten angegriffen wurde, liegt eine Fallgestaltung vor, in der die Einziehung der Forderung als Nebenleistung zum Berufs- und Tätigkeitsbild eines KFZ-Sachverständigen gehört (vgl. BGH a.a.O., Rn. 15) und nicht gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstößt.
bb)
Zur Frage der Angemessenheit der Höhe der Gutachtenkosten hat das OLG Naumburg in einer vergleichbaren Konstellation bereits im Jahr 2006 entschieden, dass auch der KFZ-Sachverständige, wenn er aus abgetretenem Recht vorgeht, im Ergebnis einen beliebigen, lediglich nicht offensichtlich überhöhten Preis fordern kann, weil er ebenso wenig wie der geschädigte Zedent zur Ermittlung eines angemessenen und ortsüblichen Entgelts „Marktforschung betreiben“ müsse (OLG Naumburg, NJW-RR 2006, 1029, 1030 f.). Dies gilt in der Regel unabhängig davon, ob ein anhand einer Honorartabelle vertraglich festgelegter Fixpreis vereinbart wurde, oder ob es sich um eine Bestimmung des Sachverständigen nach billigem Ermessen im Rahmen des § 315 Abs. 1 BGB handelt. Soweit keine Anhaltspunkte für ein Auswahlverschulden des Geschädigten bei der Beauftragung des Sachverständigen vorliegen und die Höhe des geltend gemachten Honorars nicht derart in einem Missverhältnis zur Schadenshöhe oder zur Höhe der späteren Reparaturkosten steht, dass dies dem Geschädigten als offenkundiges Missverhältnis hätte auffallen müssen, kann sich der gegenüber dem Geschädigten – und damit auch gegenüber demjenigen Geschädigte seinen Anspruch abgetreten hat – auf eine Überhöhung der Sachverständigenkosten regelmäßig nicht berufen (OLG Naumburg, a.a.O., S. 1031).
Dafür, dass die Geschädigte bei der Beauftragung des Klägers ein Auswahlverschulden traf oder ihr die vom Beklagten bestrittene Angemessenheit der Kosten für die Begutachtung hätte auffallen müssen, wurde seitens der Beklagten nichts vorgetragen.
cc)
Die Höhe des zugesprochenen Anspruches ergibt sich aus der vom Kläger in Höhe von 722,44 Euro, auf die die Beklagte unstreitig bereits 290,00 Euro gezahlt hat.
Von daher ist insoweit noch ein Betrag in Höhe von 432,44 Euro offen.
3.
Die zugesprochenen Nebenforderungen bezüglich Mahnkosten in Höhe von 12,00 Euro sowie Verzugszinsen haben ihre rechtliche Grundlage in den §§ 286, 288, 291 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
IV.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 3 ZPO, 47, 63 Abs. 2 GKG.
V.
Die Revision ist gemäß § 543 ZPO nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern.
—————————–
Amtsgericht Halle (Saale) Verkündet am: 16.12.2011
Geschäfts-Nr.:
91 C 645/11
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
Kfz-Sachverständiger
Klägerin
gegen
Firma HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschland a. G., vertr. d.d.Vorstand, d.vertr.d.d. Sprecher Dr. W. Weiler, Willi-Husung-Str. 2, 96442 Coburg
Beklagte
hat das Amtsgericht Halle (Saale) auf die mündliche Verhandlung vom 29.11.2011 durch den Richter am Amtsgericht …
für Recht erkannt:
1.) Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
2.) Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet
Die Berufung wird zugelassen.
I.
Der Kläger ist beruflich als selbständiger Kfe.-Sachverständiger tätig, die Beklagte ist eine Versicherungsgesellschaft, bei der ein Kraftfahrzeug haftpflichtversichert war, mit dem am 02.06.2010 ein Verkehrsunfall im Gerichtsbezirk Halle verursacht wurde. Unstreitig ist die Beklagte gegenüber der Geschädigten dieses Verkehrsunfalls, einer Frau … , verpflichtet, die Unfallschäden zu 100% auszugleichen. Die geschädigte Frau … erteilte dem Kläger am 29.06.2010 den im Rechtsstreit als Anlage K1 vorgelegten Auftrag zur Gutachtenerstellung und trat gleichzeitig ihre Schadensersatzansprüche gegen den Unfallverursacher und dessen Haftpflichtversicherung – die Beklagte – zur Sicherheit an den Kläger ab. Wegen des Wortlauts und der weiteren Einzelheiten der Vereinbarungen zur Zahlungsweise und zur Sicherungsabtretung wird auf die Anlage K1 Bezug genommen.
Mit Rechnung vom 09.06.2010 – somit bereits vor der schriftlichen Auftragserteilung – stellte der Kläger das Entgelt für die Erstellung des Gutachtens mit insgesamt 722,44 € der Geschädigten in Rechnung. Davon hat die Beklagte einen Betrag von 290,00 € ausgeglichen. Der Differenzbetrag von 432,44 € entspricht annähernd der Hauptforderung des Klägers im Rechtsstreit. Die Geschädigte ihrerseits nimmt in einem weiteren, vor dem Amtsgericht Halle unter dem Geschäftszeichen 99 C 4006/10 geführten Gerichtsverfahren die Beklagte auf Freistellung von Werklohnansprüchen des Klägers aus dem als Anlage K1 vorgelegten Auftrag in Anspruch.
Der Kläger ist der Ansicht, der im Parallelprozesses erhobene Freistellungsanspruch der Geschädigten und der von ihm im vorliegenden Rechtsstreit erhobene Zahlungsanspruch aus abgetretenem Recht könnten nebeneinander in verschiedenen Prozessen gerichtlich geltend gemacht werden. Die Berechtigung des Klägers zur klageweisen Durchsetzung seines Zahlungsanspruches ergebe sich nicht nur aus der als Anlage K1 vorgelegten Abtretungserklärung der Geschädigten, sondern darüber hinaus aus einem weiteren, in der mündlichen Verhandlung vom 29.11.2011 vorgelegten schriftlichen Abtretungsvertrag vom 22.09.2011/28-09.2011. Das berechnete Sachverständigenhonorar sei ortsüblich und angemessen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1.) an den Kläger 444,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5%punkten über dem Basjszinssatz seit dem 31. Juli 2010 auf 432,44 € sowie Zinsen auf 12,00 € in Höhe von 5%punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2.) an den Kläger 35,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5%punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, der Zulässigkeit der Klage stehe die Rechtshängigkeit des Freistellungsanspruches zwischen der Geschädigten und der Beklagten entgegen. Die als Anlage K1 vorgelegte Abtretung verstoße darüber hinaus gegen das Rechtsberatungsgesetz und sei daher unwirksam. Das ortsübliche Honorar für Gutachten der in Rede stehenden Art sei mit 290,00 €, also in Höhe des von der Beklagten vorgerichtlich bereits gezahlten Betrages, anzunehmen.
Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien wird auf die vorbereitenden Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.11.2011 Bezug genommen.
II.
Die Klage ist unzulässig, weil die Prozessführungsbefugnis des Klägers nicht ausreichend ist. Nach eigenem Sachvortrag des Klägers sind ihm Schadensersatzansprüche der Geschädigten aus dem Verkehrsunfall vom 02.06.2010 lediglich sicherungshalber abgetreten worden. Dieser Sachvortrag entspricht auch dem Inhalt der als Anlage K1 vorgelegten Abtretungserklärung, denn dort heißt es „meine persönliche Haftung für die Gutachtenkosten bleibt trotz dieser Abtretung bestehen, so dass ich selbst für die Geltend machung meiner Schadensersatzansprüche sorge“. Dass die weitere, in der mündlichen Verhandlung vom 29.11.2011 als Anlage K11 vorgelegte Abtretungserklärung die vorausgegangene Abtretungserklärung dergestalt abändern sollte, dass die Sicherungsabtretung zur Vollabtretung erstarkt, ist weder dargelegt noch nahe liegend. Denn der Abtretungsvertrag vom 22.09.2011/28.09.2011 nimmt auf die vorausgegangene Abtretung Bezug, ohne das die Vereinbarung in irgendeiner Art und Weise einen Abänderungswillen der vertragsschließenden Parteien erkennen lässt.
Der Sicherungscharakter der Abtretung K1 bzw. K11 würde auch nach Auffassung des Gerichts der Prozessführungsbefugnis des Klägers nicht entgegenstehen, wenn der Sicherungsfall eingetreten wäre und der Kläger daher unter Berücksichtigung des Inhalts seiner vertraglichen Vereinbarungen mit der Geschädigten berechtigt wäre, aus der Sicherungsabtretung klageweise vonzugehen. Gerade dies ist aber nach dem auszulegenden Inhalt der Vereinbarungen gemäß Anlage K1 und K11 zu verneinen. Denn in der Anlage K1 ist vereinbart, dass die Geschädigte selbst für die Geltendmachung ihrer Schadensersatzansprüche sorgt. Dies kann nur so verstanden werden, dass der Geschädigten im Innenverhältnis zum Kläger trotz der Sicherungsabtretung auch die gerichtliche Geltendmachung der abgetretenen Schadensersatzansprüche obliegt. Offenbar haben der Kläger und die Geschädigte dies auch so verstanden, denn die Geschädigte hat den abgetretenen Schadenseratzanspruch – als Freistellungsanspruch – ebenfalls rechtshängig gemacht, ohne das der Kläger ihr deshalb eine Verletzung der Vereinbarungen aus der Auftragserteilung gemäß Anlage K1 vorwirft. Genauso offenbar – und im Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 18.08.2011 (Bl. 121) ausdrücklich erklärt – ist allerdings, dass der Kläger sich auf Grund der Abtretungsvereinbarung für berechtigt hält, den abgetretenen Schadensersatzanspruch ebenfalls gerichtlich geltend zu machen, obwohl er Kenntnis von der bereits erhobenen Freistellungsklage der Geschädigten hat. Motiviert ist dies offenkundig dadurch, dass der Kläger den von der Geschädigten erhobenen Freistellungsanspruch für einen Anspruch eigener Art hält, der unproblematisch neben dem Zahlungsanspruch in verschiedenen Prozesses rechtshängig gemacht und beschieden werden kann. Dies hält das Gericht jedoch für unzutreffend, weil die Gefahr sich widersprechender gerichtlicher Entscheidungen über denselben Anspruch besteht. Denn im Falle einer Sachentscheidung sowohl im Verfahren 99 C 4006/10 des Amtsgericht Halle als auch im vorliegenden Rechtsstreit ist in beiden Verfahren darüber zu entscheiden, ob der Geschädigten ein Schadensersatzanspruch in Höhe der beanspruchten Sachverständigenkosten aus dem Unfall vom 02.06.2010 zusteht. Darüber hinaus ist die Prozessführungsbefugnis das „prozessuale Seitenstück zur materiell rechtlichen Verfügungsbefugnis“ (vgl. Zöller-Vollkommer, 27. Aufl. vor § 50 RdNr. 18). Sie muss deshalb zwar nicht immer dem materiellrechtlich Verfügungsbefugten zustehen, ist aber unteilbar, dass heißt sie kann bezogen auf denselben materiell rechtlichen Anspruch jeweils nur einer Person zustehen. Da nach dem Sachvortrag des Klägers, wie oben ausgeführt, davon auszugehen ist, dass die Prozessführungsbefugnis hinsichtlich des streitgegenständlichen Schadensersatzanspruches bei der Geschädigten verblieben ist, war die Klage als unzulässig abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbar aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung war zuzulassen, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert (§ 511 ZPO). Die rechtzeitige gerichtliche Geltendmachung von Freistellungsanspruch und Zahlungsanspruch ist nach dem Sachvortrag der Parteien kein Einzelfall und es besteht daher ein Bedürfnis für eine einheitliche Beurteilung der Zulässig einer Zahlungsklage in vergleichbaren Fällen.
Streitwert: 444,44 €