Mit Datum vom 20.03.2012 (268 C 210/11) hat das Amtsgericht Köln die Württembergische Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 250,98 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Schwacke gilt, Fraunhofer nicht.
Aus den Entscheidungsgründen:
Dem Geschädigten stand ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 249 BGB zu, die infolge Abtretung auf die Klägerin übergegangen ist. Der Geschädigte kann von der Beklagten wegen Beschädigung einer Sache den nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB für die Herstellung erforderlichen Geldbetrag ersetzt verlangen. Dazu zählen auch die Mietwagenkosten, die entstanden sind durch Anmietung eines Ersatzfahrzeugs während der Reparaturdauer. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflicht-versicherer gemäß § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig erachten darf, wobei er nach dem Grundsatz der Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit gehalten ist, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen.
Den Maßstab für die wirtschaftliche Erforderlichkeit des gewählten Mietwagentarifs bildet dabei der am Markt übliche Normaltarif. Dieser Normaltarif kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sowie des hiesigen OLG-Bezirks einschließlich der zuständigen Berufungskammer in Ausübung des tatrichterlichen Ermessens gemäß § 287 ZPO auf der Grundlage des gewichteten Mittels (Modus) bzw. des arithmetischen Mittels des Schwacke-Automietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten geschätzt werden (vgl. BGH, NJW 2006, 2106; BGH, NJW 2008, 1519; BGH Urteil vom 22.02.2011, VI ZR 353/09; OLG Köln, Urteil vom 18.03.2011, 19 U 145/10; LG Köln, Urteil vom 28.04.2009, 11 S 116/08).
Dem folgt das Gericht. Denn bei der Bildung der gewichteten Mittelwerte bzw. Moduswerte orientiert sich der Schwacke-Automietpreisspiegel an den tatsächlichen Marktverhältnissen, wobei die Schwacke-Organisation als neutrale Sachverständigenorganisation auftritt. Es werden sowohl als Moduswert die häufigsten Nennungen herangezogen als auch in Gestalt des arithmetischen Mittels ein Mittelwert aus allen Nennungen gebildet. Ferner werden auch der minimale und maximale Preis genannt. Weiter werden bei der Datensammlung bewusst auf unzuverlässige und nicht reproduzierbare telefonische Erhebungen und auch auf Internetrecherche verzichtet, vielmehr nur schriftliche Preislisten ausgewertet, die für jeden frei zugänglich sind. Der Schwacke-Automietpreis-spiegel wird regelmäßig den neuesten Entwicklungen angepasst, wobei nicht nur die aktuellen Preislisten ausgewertet, sondern auch neuere Marktentwicklungen berücksichtigt werden.
Eine Schätzung auf der Grundlage des Schwacke-Automietpreisspiegels ist zulässig, solange nicht mit konkreten Tatsachen Mängel an der betreffenden Schätzgrundlage aufgezeigt werden, die sich in erheblichem Umfang auf den zu entscheidenden Fall auswirken (vgl. BGH, NJW 2006, 2106; BGH, NJW 2008, 1519; BGH, Urteil vom 22.02.2011, VI ZR 353/09; LG Köln, Urteil vom 28.04.2009, 11 S 116/08). Mängel in diesem Sinne hat die Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Sie verweist zunächst nur generell auf die Ungeeignetheit des Schwacke-Mietpreisspiegels. Soweit die Beklagte die Vorzüge der Studie des Fraunhofer Instituts hervorhebt, vermag dies an der Eignung des Schwacke-Mietpreisspiegels aus Sicht des Gerichts nichts zu ändern. Insbesondere stellt allein der Verweis auf alternative Schätzgrundlagen gerade keine konkrete Tatsache dar, welche geeignet sind, Mängel an der von dem Gericht herangezogenen Schätzgrundlage zu begründen, die sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken. Dies hat der BGH jüngst erneut bestätigt (BGH, Urteil vom 22.02.2011, VI ZR 353/09). Auch die zuständige Berufungskammer sieht solche Mängel nicht schon darin, dass etwa der Fraunhofer Mietpreisspiegel geringere Preise ausweist (vgl. LG Köln, Urteil vom 10.11.2009, 11 S 400/09 und Urteil vom 15.12.2009, 11 S 394/08; vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 18.08.2010, 5 U 44/10). Die Anwendung der Schwacke Liste kann allenfalls dann zur Schätzung ungeeignet sein, wenn der Schädiger umfassenden Sachvortrag dazu hält und insoweit Beweis antritt, dass dem Geschädigten im fraglichen Zeitraum eine Anmietung mit denselben Leistungen zu wesentlich günstigeren Preisen bei konkret benannten bestimmten anderen Mietwagenunternehmen möglich gewesen wäre (BGH, Urteil vom 22.02.2011, Az.: VI ZR 353/09). An einem solchen Vortrag fehlt es hier. Insbesondere war hierfür die Vorlage der Internet-Screen-Shots der Firma Avis allein nicht ausreichend. Das aufgeführte günstigere Angebot betrifft schon nicht den hier in Frage stehenden Zeitraum. Dass dem Geschädigten annahmefähige Angebote zu diesen Tarifen zum Anmietzeitpunkt konkret und ohne Weiteres zugänglich waren, hat die Beklagte nur pauschal behauptet. Es ist bereits nicht erkennbar, ob es sich bei den angegebenen Preisen in den Screenshots um verbindliche Endpreise handelt oder vielmehr um Lockangebote, die nur an bestimmten, nicht ausgelasteten Tagen bestehen. Die Beklagte hat dies nur pauschal behauptet. Es ist jedoch gerichtsbekannt, dass die Preise im Internet je nach Nachfrage stark variieren. Es ist dem Angebot nicht zu entnehmen, ob es mit den hier tatsächlich erfolgten Anmietsituationen vergleichbar ist. Es erfordern zudem die Vorlage einer Kreditkarte. Dies ist einem Geschädigten aber nicht ohne weiteres zumutbar (vgl. OLG Köln, Urteil vom 18.08.2010, 5U 44/10; OLG Köln, Urteil vom 14.06.2011, 15 U 9/11). Lediglich der Umstand, dass der Mietpreis der vorgelegten Angebote eher den Erhebungen des Fraunhofer Instituts entspricht als denen der Schwacke-Liste, veranlasste das Gericht nicht zu einerweiteren Sachaufklärung. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens wäre unter diesen Umständen eine unzulässige Ausforschung.
Lediglich ergänzend weist das Gericht daher darauf hin, dass den von der Beklagten angeführten Vorzügen des von dem Fraunhofer Institut ermittelten Preisspiegels, etwa der Anonymität der Befragung, im Vergleich zu dem Schwacke-Preisspiegel auch Nachteile wie das geringere Ausmaß der Datenerfassung, die geringere örtliche Genauigkeit sowie eine gewisse „Internetlastigkeit“ gegenüberstehen (vgl. LG Köln, Urteil vom 27.07.2010, 11 S 251/09). Auch wurden bei den Erhebungen des Fraunhofer Mietpreisspiegels hinsichtlich des Anmietzeitpunkts weder individuelle Ferieneinflüsse noch Sondertarife oder ähnliches berücksichtigt und flössen auch nicht in die Durchschnittspreise ein. Außerdem wurde jeweils ein etwa eine Woche in der Zukunft liegender Anmietzeitpunkt ausgewählt. Es lässt sich somit keine derartige überlegene Methodik der Fraunhofer Erhebung feststellen, die für sich genommen die Annahme einer mangelhaften Erhebung für den Schwacke-Mietpreisspiegel rechtfertigen könnten. Für die Behauptung der Beklagten, die Vermieter würden auf die offene Frage der Firma EurotaxSchwacke überhöhte Preise nennen, um den Normaltarif in ihrem Sinne zu beeinflussen, fehlt es an einem konkreten Nachweis.
Insgesamt verbleibt es nach Auffassung des Gerichts trotz der Vielzahl der von der Beklagten vorgebrachten Einwendungen bei der Eignung des Schwacke-Mietpreisspiegels als Schätzgrundlage, welche durch den Bundesgerichtshof jüngst wieder bestätigt wurde (BGH, Urteil vom 19.01.2010, VI ZR 112/09; BGH, Urteil vom 22.02.2011, VI ZR 353/09). Die gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Mietwagenkosten konnten somit nach dem Schwacke-Mietpreisspiegel unter Berücksichtigung der Wochen- und Dreitagespauschalen, jeweils bezogen auf das Postleitzahlengebiet des Geschädigten, geschätzt werden.
Bei der Anwendung der Schwacke-Liste für die Schätzung nach § 287 ZPO ist abzustellen auf die am Anmietort (PLZ-Gebiet 470…) für den Zeitraum der Anmietung günstigste Tarif-Kombination unter Berücksichtigung des sogenannten Modus-Wertes (früher: gewichtetes Mittel), d.h. den Wert, der im maßgeblichen Bereich am häufigsten genannt wurde (vgl. auch BGH, VersR 2010, 1053), hilfsweise das arithmetische Mittel. Bei der Schätzung sind die sich bei mehrtägiger Vermietung ergebenden Reduzierungen nach Wochen-, Dreitages- und Tagespauschalen zu berücksichtigen. Es ist dabei der Automietpreisspiegel heranzuziehen, der zum Zeitpunkt des jeweiligen Verkehrsunfalls als jeweils aktuellster veröffentlicht war. Dies ist im konkreten Schadensfall der Automietpreisspiegel 2010.
Die abgerechneten Mietkosten in Höhe von 622,67 € brutto liegen über den insoweit einschlägigen Angaben in diesem Automietpreisspiegel (1 x Tagestarif á 146,69 € und 1 x Dreitagestarif á 401,30= 547,99 €) und sind daher grundsätzlich nur in dieser Höhe erforderlich und erstattungsfähig.
Die Kosten für die abgeschlossene Vollkaskoversicherung sind in Höhe von 104 € erstattungsfähig. Unabhängig davon, ob das bei dem Verkehrsunfall beschädigte Fahrzeug ebenfalls voll- oder teilkaskoversichert war, besteht jedenfalls grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse der Kunden, für die Kosten einer eventuellen Beschädigung des Mietfahrzeugs nicht selbst aufkommen zu müssen, zumal Mietwagen in der Regel neuer und damit höherwertiger sind als die beschädigten Fahrzeuge (OLG Köln, NZV 2007, 199). Aus der Schwacke-Liste 2010 ergibt sich insoweit ein Betrag von 104 € (1 x Tagestarif á 26 € und 1 x Dreitagestarif á 78 €). Der abgerechnete Betrag liegt darüber und ist daher nur in dieser Höhe erstattungsfähig. Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die Kosten für die Vollkaskoversicherung nicht in den Mietpreisen bereits enthalten. Denn die für den maßgeblichen Zeitraum gültige Schwackeliste 2010 weist die Kosten für die Vollkaskoversicherung noch gesondert aus, während erst ab dem Jahr 2011 die Kosten eingepreist wurden.
Die Klägerin kann hingegen nicht Kosten für die Zustellung und Abholung in Höhe von zusammen 21 € verlangen. Bei der Zustellung und Abholung des Mietfahrzeuges handelt es sich zwar um dem Grunde nach erstattungsfähige Zusatzleistungen, die – soweit sie erbracht worden sind – zu erstatten sind, da ein Unfallbeteiligter grundsätzlich diesen besonderen Service in Anspruch nehmen darf (vgl. OLG Köln, NZV 2007, 199). Dass die Kosten angefallen sind, hat die Klägerin aber nicht behauptet. Aus der Rechnung ergibt sich zudem, dass der Geschädigte das Mietfahrzeug an der Station in Duisburg Mitte, also bei der Klägerin erhalten hat und dorthin wieder zurückgegeben hat.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Erstattung eines 25%igen Aufschlages auf ihren Normaltarif für unfallbedingten Mehraufwand. Zwar können Besonderheiten mit Rücksicht auf die Unfallsituation grundsätzlich einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolge dessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind (vgl. dazu BGH, VersR 2010, 1053; BGH, VersR 2008, 1370; BGH NJW 2006, 1726 m.w.N.). Die Anmietung muss aber in einer durch die Besonderheiten der Unfallsituation geprägten Eilbedürftigkeit und Notlage erfolgen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 14.06.2011, 15 U 9/11). Es genügt nicht einmal, dass die Anmietung am Unfalltag selbst erfolgte. Dass der Geschädigte sich in einer Notlage befand, ist nicht dargetan. Insofern kann hier von einer unfallbedingten Sondersituation nicht ausgegangen werden.
Danach ergeben sich erstattungsfähige
Mietwagenkosten in Höhe von 547,99 €
zuzüglich Kosten für Vollkaskoversicherung 104,00 €
abzgl. geleisteter Zahlung von -401,01 €
ergibt 250,98 €
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 280, 286, 288 BGB. Die Klägerin kann Zinsen erst mit Ablauf der in der mail vom 28.07.2011 gesetzten Frist verlangen. Ein früherer Verzugsbeginn ist nicht dargelegt.
Der Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren folgt aus § 249 BGB.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Soweit das AG Köln.