Mittlerweile sind allen Lesern dieses Blogs wohl die „Prüfberichte“, die die regulierungspflichtige Haftpflichtversicherung in Auftrag gibt, um den Schadenersatz bei fiktiver Abrechnung „zu prüfen“, hinlänglich bekannt. Nach dem BGH-Urteil, das besagt, dass Sonderkonditionen nicht zu berücksichtigen sind, sind sehr schnell in allen Prüfberichten die Textbausteine aufgetaucht, dass es sich bei den angegebenen Verrechnungssätzen um die Endverbraucherpreise handeln solle.
Ich habe vor einigen Wochen ein Haftpflichtschadengutachten einer großen Überwachungsorganisation im Rahmen einer Begutachtung eines Kundenfahrzeugs zur Hand bekommen, das beim Vorbesitzer verunfallt war.
Das Fahrzeug wurde seinerzeit durch den Sachverständigen bei einem Betrieb besichtigt, der regelmäßig in den Prüfberichten, die übrigens auch von der genannten Überwachungsorganisation erstellt werden, mit einem deutlich niedrigeren Stundensatz benannt wird. Zudem wird für diesen Betrieb in dem Gutachten angegeben, dass er Verbringungskosten berechnen würde. Ich gehe mal davon aus, dass das so auch stimmt, sonst wäre ja das Haftpflichtschadengutachten falsch gewesen…
Nun erhalte ich in einer ganz anderen Sache einen Prüfbericht dieser ÜO, in dem (nur) dieser Betrieb genannt ist und in dem wieder nur die niedrigen Verrechnungssätze als Endverbraucherpreise angegeben sind. Da stellt sich mir automatisch die Frage,
- ob dieser Betrieb in den letzten Monaten seine Verrechnungssätze zweimal (einmal nach oben und einmal nach unten) geändert hat, oder
- ob der Verrechnungssatz abhängig von der Versicherung ist, die „bezahlen darf“, oder
- ob die Überwachungsorganisation bewusst falsche Verrechnungssätze bei der Erstellung der Prüfberichte verwandt hat.
Interessanterweise ist mit den Verrechnungssätzen nach Gutachten der von mir jetzt kalkulierte Schaden höher, weil ich geringfügig niedrigere Verrechnungssätze verwandt hatte.
Die Partnerbetriebe der Versicherer scheinen im Übrigen darauf geimpft worden zu sein, bei mündlich Nachfrage nur die geringeren Verrechnungssätze anzugeben. Bei meiner telefonischen Nachfrage wurde mir nämlich zuerst nur dieser Satz genannt. Als ich auf die höheren Sätze hinwies, wurde das Gespräch schnell beendet.
Ein Schelm wer Böses bei einem solchen Vorgang denkt.
Bedenklich stimmt mich hierbei, dass die hier beteiligte Überwachungsorganisation dieses Spiel völlig gedankenlos (oder gerade nicht gedankenlos…) mitmacht. Eine ÜO, deren Sachverständige auch im Auftrag von Gerichten Gutachten über solche Fragen erstatten sollen. Ob da noch eine ansatzweise objektive Begutachtung gewährleistet ist, ist fraglich.
Ähnliches habe ich letzte Woche auch erlebt. Ich wurde von einer Kundin zu einer Vertragswerkstatt gerufen, in welcher ihr beschädigter Touran stand (Haftpflichtschaden).
Im Eingangsbereich stand eine riesige Tafel mit den unterschiedlichsten Logos der Versicherungsgesellschaften. Nach der Besichtigung bin ich zu dem Servicemeister gegangen, um mich nach den aktuellen Stundenverrechnungssätzen zu erkundigen, da das Fahrzeug auch in dieser Werkstatt instandgesetzt werden sollte.
Seine Antwort war eine Gegenfrage: Welche Versicherung?
Erst nach langem hin und her nannte er mir die Verrechnungssätze, welche „Normalbürger“ zahlen müssten, die einen Auftrag erteilen. Allerdings, so wurde mir auch mitgeteilt, würde der Rechnungsbetrag auf die Rahmenvereinbarung mit der jeweiligen Versicherung reduziert.
Ich habe meiner Kundin davon erzählt und war echt positiv überrascht, dass Sie ihr Fahrzeug von einer anderen Vertragswerkstatt hat abholen lassen, um es dort instandsetzten zu lassen.
Ganz offensichtlich sind diese Referenzwerkstätten bei den Versicherungen / Prüforganisationen in einer Datenbank hinterlegt mit den günstigen Stundensätzen.
Vielleicht ist es ja möglich, über Captain-Huk eine „Gegen-Datenbank“ zu installieren, in denen (belegbar bzw. beweisbar) die Stundensätze dieser Referenzwerkstätten aufgelistet werden, die verlangt werden, wenn keine Versicherung eingeschaltet ist.
Hallo Herr Hoppe,
erstmal vielen Dank für diesen Beitrag.
Am wirkungsvollsten ist es, wenn man in den Reparaturbetrieb fährt und den offiziellen Preisaushang (Preisauszeichnungspflicht) fotografiert.
Ist kein Preisaushang vorhanden sollte grußlos ein Hinweis an die Wettbewerbszentrale bzw. an geeignete Verbraucherschutzverbände erfolgen.
Eine Abmahnwelle wird – auch im Interesse der Markenwerkstätten – nicht lange auf sich warten lassen.
So wird meines Erachtens dem Treiben der versicherungsnahen Werkstätten und den von Ihnen ausgeführten Prüforganisationen in geeigneter Weise Einhalt geboten.
Grüße aus dem Wilden Süden
Gottlob Häberle
Hallo Andreas,
Danke für den prima Bericht. zeigt er doch, mit welchen unlauteren Mitteln die Versicherungswirtschaft arbeitet, um an dem Schaden der Unfallopfer auch noch zu gewinnen. Aber auch dieser Bericht zeigt eindeutig, dass der eintrittspflichtige Versicherer nicht der „Unfallpartner“ des Unfallopfers ist, sondern dessen Gegner. Partnerschaftliche Verhältnisse gibt es im Kampf um die Schadenminimierung nicht. Der Versicherer will so wenig wie nur irgend möglich, am besten gar nichts, zahlen, während das Opfer nur seinen Schaden nach Recht und Gesetz reguliert erhalten möchte.
Mit freundlichen Grüßen
Dein Willi
Hallo Gottlob Häberle,
prima Idee mit dem Fotografieren der Preisliste. Hoffentlich folgen viele diesem gut gemeinten Ratschlag!
Mit freundlichen Grüßen in den Wilden Süden
Willi Wacker
@ Gottlob Häberle
„So wird meines Erachtens dem Treiben der versicherungsnahen Werkstätten und den von Ihnen ausgeführten Prüforganisationen in geeigneter Weise Einhalt geboten.“
Mit Besorgnis beobachte ich die Entwicklung des Schadenmanagement der Versicherer und die sich vermehrenden Probleme der kleinen Werkstätten u. Karosseriebauer.
Die Versicherer ziehen die Umsatzschwachen Kleinbetriebe reihenweise in ihr Boot u. versprechen mehr Auftragsvollumen bei niedriegeren Werkstattpreisen,kostenlosen Dienstleistungen, Leihwagen usw.. An diesen m. E. groß angelegten Schwindel glauben nun naive Werkstattinhaber.
Ein BGH-Urteil bringt diese Kleinbetriebe noch mehr in Bedrängnis, weil die sich vor dem Karren der Versicherer spannen lassen und öffentlich mit Niedrigststundensätzen propagieren, welche den Fiktivabrechnern vorgehalten werden.
Es ist jetzt im Focus der Rechtsanwälte die direkte Vergleichbarkeit der Reparaturmöglichkeiten mit denen der markengebundenen Fachwerkstätten, wo die kleinen Handwerksbetriebe nun Arbeit u. Ansehen verlieren nur weil sich zahlreiche „Unbelehrbare“ auf die haltlosen und verlustreichen Versprechungen der Versicherungswirtschaft klammern.
Leute, das ist der falsche Weg, wir SV und die RA müssen den sauber arbeitenden Kfz.-Handwerksbetrieben , welche noch kundenorientiert arbeiten den Rücken mit Informationen u. Aufklärungsarbeit stärken, damit sie ihre Kunden behalten und wir SV auch unsere Arbeit.
Man stelle sich mal vor dass ca 60.000 KFZ.-Werkstätten keine SV mehr benötigen weil Versicherer spezielle Konzepte wie Partnerwerkstätten,fair Play usw.installiert haben nur weil wir die SV u. RA nicht aufklärend tätig sind.
Nach dem Motto Partnerbetrieb „pro Kunde“ sollte eine Kampagne gestartet werden wo wir alle, Handwerksbetriebe, RA, und SV den Verbraucherschutz noch aufrecht erhalten.
Denkt darüber mal nach, nicht abmahnen sondern aufklären u. unterstützen bevor die Versicherungen alle KFZ.-Handwerksbetriebe mit falschen Versprechungen Niedrigstpreise entlocken, bzw. sie indirekt dazu nötigen.
Das sollte m. M. unsere derzeit wichtigste Aufgabe sein, wenn es auch Arbeit u. Mühe macht.
@ SV-F. Hiltscher
„…nicht abmahnen sondern aufklären u. unterstützen bevor die Versicherungen alle KFZ.-Handwerksbetriebe mit falschen Versprechungen Niedrigstpreise entlocken, bzw. sie indirekt dazu nötigen.
Das sollte m. M. unsere derzeit wichtigste Aufgabe sein, wenn es auch Arbeit u. Mühe macht“.
Sehr geehrter Herr Hiltscher,
grundsätzlich stimme ich Ihnen zu.
Jedoch kann ich Ihnen berichten, dass diese „mühevolle Arbeit“ seit Jahren – zumindest sind das meine Erfahrungen – überwiegend vergebens war.
Kern meiner Erkenntnis aus diesem vergebenen Unterfangen ist, dass die „meisten“ kleinen Handwerksbetriebe – insbesondere deren Inhaber – an Beratungsresistenz kaum zu überbieten sind.
Worin m. E. auch der Schlüssel zum Erfolg für die Versicherungswirtschaft liegt. Vielleicht habe ich mich aber auch nur zu blöd angestellt.
Solange bei den Handwerksbetrieben das Motto „lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach“ gilt und diese Kooperationsvereinbarungen unterzeichnen die für Zahlung innerhalb 7 Tage 4-5% Preisnachlass abverlangen – dies natürlich bei ohnehin schon vereinbarten Leistungsumfängen wie kostenlosen Hol-/Bringservice, kostenlose Fahrzeugreinigung, ohne Verbringungskosten, ohne UPE-Aufschläge und obendrein zu erheblich reduzierten Stundenverrechnungssätzen – , so frage ich mich, wo die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse der Firmeninhaber geblieben sind?
Wen wollen Sie als SV hier noch wohingehend beraten?
Grüße aus dem Wilden Süden
Gottlob Häberle
Hallo, ich hatte auch schon eine Datenbank angeregt, die lokal werkstätten aufzählt. Deren verrechnungssätze, oder besonderheiten, ob sie alle arbeiten ausführen können, ob über sie gutachten existieren, all dies könnte dort gesammelt werden. Auch die unabhängigkeit wäre dort zu erkennen.
Mfg
Bjh
Mir ist ein Fall, der vor dem LG-Köln verhandelt wurde, zugetragen worden, wo ein ÖBV-Sachverständiger, der für diesen Rechtstreit für Klarheit sorgen sollte, auf Fragen des Gerichts folgendes zu Protokoll gab:
>… Nach dem DEKRA Gutachten (Kürzungsprotokoll*) werden zum Zeitpunkt 2009 folgende Kosten netto pro Stunde angegeben. Mechanik 88,00 Euro, Karosserie 88,00 Euro, Lackierung 133,00 Euro, wobei hier das Lackmaterial inklusive ist. Es handelt sich um Nettopreise. Die im Zeitpunkt 2010 ausgehangenen Kosten belaufen sich in Nettobeträgen bzgl. der Karosserie auf 90,00 Euro, bzgl. der Lackierung auf 95,00 Euro, wobei hier noch 40% für das Lackmaterial aufzuschlagen sind und Mechanik 66,20 Euro. … Herr B….. … hat mir auch noch erklärt, dass wenn er für die HUK arbeite, er für das Geld nicht arbeiten kann. Mir gegenüber hat Herr B….. auch noch erklärt, dass die HUK für die Arbeitsstunde nicht die eben genannten 88,00 Euro zahlt, sondern lediglich 61,00 Euro. Das bedeutet eine Differenz pro Stunde von 27,00 Euro. Bei Lackierungsarbeiten beträgt die Differenz sogar 53,00 Euro, weil hierfür nur 80,00 Euro inklusive Lackierungsmaterial von der HUK gezahlt werden. Darüber hinaus würden 5% von der HUK für Ersatzteile abgezogen…<
* Anmerkung von mir
Hierbei ging es um eine Verhandlung in einem Haftpflichtfall bezüglich einer angeblich gleichwertigen Reparatur in einer von der HUK bzw. DEKRA vorgegebenen Partnerwerkstatt.
Folgendes fällt mir hierzu auf:
1. Wenn die HUK vertraglich die sog. Partnerwerkstätten auf derart niedrige Stundenlöhne knebelt, wird diese Partnerwerkstatt keinesfalls so wie eine markengebundene Werkstatt ohne Preisbindung arbeiten können.
Mir persönlich ist ein Fall bekannt, wo eine Tür eines Fahrschulwagens nicht fachgerecht instand gesetzt wurde, sodass auf Grund des übermäßigen Schwemmmaterialauftrages die Magnetfolie der Werbung später abgefallen ist.
Folge: Nacharbeit an der Tür, weiterer Ausfall des Fahrschulfahrzeuges, zeitliche bzw. finanzielle Einbußen durch Telefonate, Fahrzeugverbringung etc. und die Notwendigkeit einer neuen magnetischen Werbefolie, weil diese von nachkommenden Fahrzeugen überrollt und dadurch beschädigt wurde. Auch hierzu wurde ein unnötiger Zeitaufwand erforderlich.
2. Nun macht sicherlich nicht nur aus meiner Sicht der nachdrückliche Verweis auf sog. Partnerwerkstätten noch mehr Sinn, da die HUK intern mit diesen Werkstätten nach noch günstigeren Stundenlöhnen abrechnet. Da mit der HUK Knebelverträge geschlossen wurden, kürzt die HUK die von diesen Werkstätten eingereichten Rechnungen, auf das Vertragsniveau herunter. Zu Vergleichen mit den BVSK-Honorargesprächen bei Kfz-Sachverständigen. Die HUK spart somit nicht nur den geldwerten Vorteil zwischen Kosten der markengebundenen Vertragswerkstatt, sondern darüber hinaus bis zu deren vereinbarten Stundenlöhnen, sodass, legt man das Kölner Verfahren und die dort aufgezeigten HUK-Preise zugrunde, der Unterschied Karosseriestunde HUK mit 61,00 Euro zum z.B. Karosserielohn BMW 152,04 Euro (Niederlassung Düsseldorf im Jahre 2011) exakt 91,04 Euro und somit gerade einmal ca. 40% vom Lohn einer Markenwerkstatt ist. Dies ist ca. 1,5x soviel, wie eine Partnerwerkstatt pro Stunde von der HUK zugestanden bekommt! Noch anders sieht es bei den Lackierungskosten aus. Hier HUK mit 80,00 Euro incl. Lackmaterial, bei der BMW-Niederlassung in Düsseldorf 168,12 Euro zzgl. 40% Lackmaterial, entspricht 235,36 Euro. Hier liegt die Ersparnis bei 155,36 Euro pro Stunde. Das sind ca. 34% vom Markenwerkstattlohn. Und die Einsparung ist hier sogar ca. 2x soviel, wie die HUK ihren Partnern begleicht. Da mag man sich sicherlich fragen, wie eine Partnerwerkstatt dies bewerkstelligen kann. Kosten dahingehend kann man nur sparen, wenn man bei diesen Aufträgen beim Material z.B. minderwertigen Lack von markenfreien Anbietern und ggf. sogar aus dem Ausland verwendet und dieser (entgegen der Emissionsvorschriften) sogar noch zwischenzeitlich verbotener Acryllack ist, der wesentlich schneller trocknet, um so obendrein noch einen arbeitszeitlichen Vorteil zu den vom Hersteller vorgegebenen Arbeitszeiten zu erwirtschaften.
5% Ersatzteilabzug und noch obendrein Beschaffungsaufwand für die Ersatzteilbesorgung, da bei den freien Werkstätten die Ersatzteile vom Hersteller nicht automatisch angeliefert werden sondern diese dort selbst abgeholt werden müssen. Obendrein noch eine geringe Leistungshonorierung der Arbeiten für bis zu einem Drittel zur Markenwerkstatt und bei voller Gleichwertigkeit einer Reparatur?!
Und da das Ganze noch nicht reicht, gibt es ein Hol- und Bringservice, eine komplette Fahrzeugaufbereitung und sogar noch ein kostenloses Ersatzfahrzeug obendrein.
Liebe Firmeninhaber, und ihr meint, damit Gewinn zu erwirtschaften?
Wahrscheinlich möchte man in den sog. Partnerwerkstätten partou nicht erkennen, dass gar keine Werkstattausweitung durch angeblich mehr Aufträge erfolgen kann.
Die Anzahl der zu reparierenden Schäden liegt in etwa fest und kann von keinem Versicherer "gesteuert" werden.
Wenn die eine Werkstatt durch eine Versicherung gesteuert mehr erhält, fällt bei einer anderen dieser Auftrag weg.
“Was dem einen das Brot, ist dem anderen der Tot.“
Hallo Mister L
das ist doch ein Fall für die Rechtsanwaltskammer für das Verfahren gegen die Allianz!!
Herrn Elsner geben!