Mit Entscheidung vom 01.12.2009 (6 S 126/09) wurde das Urteil des AG Sinzig vom 01.04.2009 (14 C 659/08) durch das Landgericht Koblenz in den wesentlichen Punkten bestätigt und die HDI-Gerling Industrie Vers. AG zur Erstattung weiterer Mietwagenkosten verurteilt. Das LG Koblenz lehnt die Fraunhofer-Erhebung ab und wendet die Schwacke-Liste an. Analog der AG Entscheidung spricht das Gericht einen unfallbedingten Zuschlag in Höhe von 20% zu. Auch die Kosten für die Vollkaskoversicherung und die Kosten für die Winterbereifung seien erstattungsfähig. Die Kosten für den Zusatzfahrer wurden, mangels Vortrag der Klägerin, nicht zugesprochen.
Aus den Gründen:
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Sinzig vom 01.04.2009 teilweise abgeändert und das Urteil wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin aus der Restforderung der Firma Rechnung vom 13.02.2008, Rechnungsnr. in Höhe von 811,93 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 08.07.2008 freizustellen.
2. Die Kosten der ersten und zweiten Instanz mit Ausnahme der Kosten der Streitverkündeten tragen die Klägerin zu 21% und die Beklagte zu 79%. Die Kosten der Streitverkündeten hat die Beklagte zu 79% zu tragen und die Streitverkündete zu 21%.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet und teilweise unbegründet.
Der Klägerin steht entgegen der Auffassung der Amtsrichterin kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für den Zusatzfahrer in Höhe von 220,00 € zu. Insoweit war das erstinstanzliche Urteil abzuändern, im übrigen zu bestätigen.
Grundsätzlich ist es nicht zu beanstanden, wenn der Tatrichter in Ausübung des Ermessens nach § 287 ZPO, wie vorliegend geschehen, den so genannten “Normaltarif’ auf der Grundlage des gewichteten Mittels des “Schwacke-Mietpreisspiegels” im Postleitzahlengebiet des Geschädigten ermittelt (vgl. BGH vom 14.10.2008, NJW 2009, 58 ff.).
Die Klägerin hat vorliegend korrekt den Ersatzbetrag nach der Schwacke-Liste im Postleitzahlengebiet 525, nämlich für elf Tage, in Höhe von 809,86 € berechnet (zur Berechnung nach Wochen- und Tagespauschalen siehe unten).
Die Einwände der Beklagten sind insoweit unerheblich.
Sie hat keine konkreten Tatsachen vorgetragen, die Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage aufzeigen würden, die sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (vgl. BGH vom 14.10.2008, a.a.O.; BGH, Urteil vom 24.06.2008, NJW 2008, 2910 ff.). Der Vortrag der Beklagten ist nicht geeignet, die Schätzgrundlage durch Schwackeliste zu erschüttern. Insbesondere ist nicht ersichtlich, warum die Liste des Frauenhofer Instituts, gegen die gleichfalls nachvollziehbare methodische Bedenken erhoben werden, die einzig richtige Schätzgrundlage sein soll. Auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils und die Gründe des Hinweisbeschlusses der Kammer vom 17.08.2009 wird insoweit Bezug genommen.
Die Kammer sieht in Übereinstimmung mit der Amtsrichterin einen 20%igen pauschalen Aufschlag für unfallspezifische Kostenfaktoren vorliegend als gerechtfertigt an.
Nach der Rechtsprechung des BGH kommt bei spezifischen Leistungen der Vermieter an Unfallgeschädigte ein pauschaler Aufschlag auf den “Normaltarif’ in Betracht (BGH vom 24.06.2008, a.a.O.). Um diesen etwaigen Mehrleistungen und Risiken bei der Vermietung Rechnung zu tragen, fordert der BGH jedoch einen Sachvortrag des Geschädigten zu den unfallbedingten Mehrkosten (BGH vom 11.03.2008, NJW 2008, 1519 f.).
Aus dem erstinstanzlichen klägerischen Vorbringen ergibt sich, dass die Klägerin an die Mietwagenfirma keine Vorkasse geleistet hat, noch als Sicherheit eine Kreditkarte zur Verfügung stellte.
Dies hat die Beklagte nicht bestritten. Damit trägt das Ausfallrisiko insoweit, bedingt durch den Unfall, die Mietwagenfirma, d.h. die Streitverkündete. Zumindest dafür erachtet die Kammer einen 20 %igen Aufschlag für angemessen, mithin die berechneten 161,97 €.
Hinzu kommen die Nebenkosten für die Gestellung von Winterreifen in Höhe von 165,00 € (11 Tage á 15,00 €).
Die Kosten für Winterreifen sind keine Bestandteile des “Normaltarifes”. Als Schätzungsgrundlage dient die Nebenkostentabelle der Schwackeliste. Diesen Mehraufwand hält die Kammer für gerechtfertigt, da Autos üblicherweise mit Sommerreifen ausgeliefert werden und Winterreifen, welche notwendigerweise in den Wintermonaten aufgezogen werden, entsprechende Zusatzkosten durch Kauf, Lagerung und Reifenwechsel bedingen.
Zudem sind die Kosten für die Voll- und Teilkaskoversicherung in Höhe von insgesamt 180,00 € erstattungsfähig.
Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. u.a. BGH vom 15.02.2005, NJW 2005, 1041 ff.) gilt das unabhängig davon, ob der Unfallwagen des Geschädigten zum Unfallzeitpunkt selbst vollkaskoversichert war. Es ist nicht hinnehmbar, sich einem Unfall- und Ersatzrisiko mit der Gefahr der Auseinandersetzung und entsprechenden Kostenfolge mit Dritten ohne Schutz auszusetzen. Daher sieht der BGH eine solche Versicherung in der Regel als adäquate Schadensfolge an. Dass und welcher Vorteil der Klägerin daraus erwachsen wäre, welcher im Rahmen des so genannten Vorteilsausgleichs im Einzelfall abgezogen werden müßte, hat die Beklagte nicht nachvollziehbar dargetan.
Das Gericht hat auch keine Bedenken an der Berechnung des Preises für 11 Tage nach Wochen-, Dreitages- und Eintagespauschale. Die Beklagte wendet dagegen als vorzugswürdige Berechnungsart die Umlage der Wochenpauschale auf die angefallenen Tage ein.
Die Amtsrichterin hat die klägerische Berechnung für angemessen erachtet. Das ist nicht zu beanstanden. Der BGH hat keiner der Berechnungsvarianten den Vorzug gegeben, sondern offensichtlich beide als im Rahmen des nach § 287 ZPO eingeräumten Ermessens stehend erachtet (BGH vom 14.10.2008, a.a.O.).
In Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Urteil sieht die Kammer zudem keinen Anhalt dafür, einen weiteren Abzug für ersparte Eigenaufwendungen durchzuführen. Der Unfallwagen ist zutreffend in die Gruppe 4 einzuordnen. Die Klägerin hat bereits um dem Einwand von ersparten Eigenaufwendungen zu entgehen, einen PKW der niedrigeren Klasse, nämlich der Gruppe 3, angemietet.
Entgegen des erstinstanzlichen Urteils waren jedoch die Kosten für einen Zusatzfahrer in Höhe von 220,00 € nicht erstattungsfähig.
Die Klägerin hat auf Bestreiten der Beklagten nicht die Notwendigkeit dargelegt. Ihr Vortrag beschränkt sich lediglich darauf, dass ein Zusatzfahrer in den Mietvertrag einbezogen wurde. Ob der Zusatzfahrer, der Ehemann der Klägerin, üblicherweise den Unfallwagen mitbenutzt hat, ist nicht ersichtlich. Nur in diesem Fall handelte es sich um einen notwendigen Schadensersatz.
Verzugszinsen sind ab dem 08.07.2008 gerechtfertigt.
Die Klägerin konnte aufgrund der ihr zu dieser Zeit zustehenden Einzugsermächtigung, welche üblicherweise im Rahmen der Sicherungsabtretung der Forderung gegen die Versicherung an den Metwagenuntemehmer erteilt ist, als Vorbereitungshandlung der Einziehung wirksam mahnen. Die Frist war bis zum 07.07.2008 gesetzt. Der Verzug beginnt damit am Folgetag.
Der nicht näher spezifizierte Einwand der Beklagten, dass elf Tage an Mietzeit nicht notwendig seien, ist nicht nachvollziehbar. Den einzig formulierten Einwand, dass die Mietzeit vom 29.01. bis 08.02.2008 nur zehn Tage und nicht elf Tage betrage, kann die Kammer nicht nachvollziehen.
Es sind elf Tage.
Nach alledem war wie erkannt zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713.
Der Streitwert wird festgesetzt auf 1.031,93 €.