Mit Urteil vom 03.07.2009 (28 C 199/08) hat das AG Minden die HDI-Gerling Firmen und Privat Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 888,45 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an, die Fraunhofer Tabelle findet keine Berücksichtigung.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Klägerin steht aus abgetretenem Recht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 888,45 € gem. §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG, 398 BGB zu. Die geltend gemachten Mietwagenkosten sowie Mietwagennebenkosten stellen sich in diesem Umfang als objektiv erforderlicher und damit ersatzfähiger Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Absatz 2 Satz 1 BGB dar.
Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig.
Die Erforderlichkeit der Anmietdauer von 23 Tagen steht für das Gericht fest auf Grund der glaubhaften Bekundungen der Zeugin X. Diese konnte sich zwar nicht an das konkrete Datum erinnern, an dem ihre Entscheidung gefallen war, das Fahrzeug nicht zu reparieren, sondern ein Ersatzfahrzeug zu beschaffen. Gefragt nach Ihrer ungefähren zeitlichen Einschätzung gab die Zeugin aber an, dass für sie ca. 2 Wochen nach dem Unfall festgestanden habe, dass sie sich ein Ersatzfahrzeug würde besorgen müssen. Die Zeugin hat damit den klägerischen Vortrag, wonach sie erst am xx.xx.2008 Kenntnis von dem Sachverständigengutachten erlangt habe, bestätigt. Unschädlich ist dabei, dass die Zeugin keine Angaben mehr zu den genauen Daten machen konnte. Es wäre eher ungewöhnlich und kritisch zu hinterfragen, wenn die Zeugin sich Aufzeichnungen über die genauen Daten gemacht hätte.
Die von dem Sachverständigen Y in seinem Gutachten vom xx.xx.2008 angesetzte – unstreitig erforderliche – Wiederbeschaffungsdauer von 12 bis 14 Kalendertagen lief damit erst ab dem xx.xx.2008. Zurückgegeben wurde das Fahrzeug am xx.xx.2008, also 14 Tage später und damit innerhalb des vom Sachverständigen geschätzten erforderlichen Zeitraums. Die Zedentin durfte dabei zunächst auch das Ergebnis des Gutachtens abwarten. Das Gutachten wies die Reparaturkosten ohne Mehrwertsteuer mit 6.049,97 € aus und den steuerneutralen Wiederbeschaffungswert mit 7.199,46 €. Unter Berücksichtigung dieser Zahlen musste die Zedentin nicht von vornherein davon ausgehen, dass für sie nur eine Ersatzbeschaffung in Betracht kam. Auf die Frage, ob eine Reparatur des beschädigten PKW tatsächlich unmöglich war, weil Ersatzteile nicht mehr zu beschaffen waren, kommt es vor diesem Hintergrund nicht an. Selbst wenn sich die Zedentin auf Grund einer falschen Auskunft des Sachverständigen und der Klägerin dazu entschieden haben sollte, von einer Reparatur abzusehen, geht dieses Prognoserisiko zu Lasten der Beklagten. Die Beklagte haftet insoweit auch für nicht notwendige Aufwendungen, weil die Zedentin nach der ihr erteilten Auskunft allein die Ersatzbeschaffung als wirtschaftlich sinnvoll ansehen durfte (vgl. Palandt – Heinrichs, 67, Auflage 2008, § 249, Rn. 13 mit weiteren Nachweisen).
Von der Vernehmung der weiteren von Klägerseite angebotenen Zeugen hat das Gericht abgesehen, weil es den Beweis bereits auf Grund der Vernehmung der Zedentin als Zeugin für erbracht sieht.
Objektiv erforderlich sind Mietwagenkosten in Höhe von 931,66 €. Diesen Betrag schätzt das Gericht gem. § 287 ZPO auf der Grundlage des Schwacke-Automietpreisspiegels 2007.
§ 287 ZPO gibt die Schätzgrundlage nicht vor. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher und offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden und ferner dürfen wesentliche die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Acht bleiben. In geeigneten Fällen können Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden (BGH, Urteil vom 14.10.2008, Az.: VI ZR 308/07, NZV 2009, 24).
Der Schwacke-Automietpreisspiegel 2007 stellt eine geeignete Grundlage für eine Schadensschätzung im Rahmen des § 287 ZPO dar. Das Gericht schließt sich insoweit der Rechtsauffassung des Landgerichts Bielefeld (Urteil vom 19.12.2007, Az.: 21 S 219/07, NZV 2008, 352) zu der Geeignetheit des Schwacke-Automietpreisspiegel 2006 an und macht sich die Argumente des Landgerichts zu Eigen. Von der Einholung eines Sachverständigengutachten ist insoweit unter Ausübung des durch § 287 Satz 2 ZPO eingeräumten Ermessens abgesehen worden.
Dia Erhebungsmethode der von der Firma Schwacke erstellten Mietpreisliste ist von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang nicht grundsätzlich beanstandet worden (BGH, Urteil vom 25.03.2009, Az.: XII ZR 117/07, BeckRS 2009, 12132 mit weiteren Nachweisen). Etwaige erhebungstechnische Unterschiede der Ausgabe 2007 gegenüber der Ausgabe 2006 sind dem Gericht nicht bekannt und auch von den Parteien nicht vorgetragen worden.
Auch bietet der Mietpreisspiegel des Frauenhofer Instituts für das Gericht keinen Anlass, die in dem Schwacke-Automietpreisspiegel 2007 ausgewiesenen Werte in Zweifel zu ziehen und deshalb eine Schätzung auf der Grundlage des Frauenhofer Instituts vorzunehmen. Es bestehen nämlich durchgreifende Bedenken, den Mietpreisspiegel des Frauenhofer Instituts für eine Schätzung der ortsüblichen Mietwagenkosten heranzuziehen. Diese Übersicht berücksichtigt auch Angebote, die ausschließlich über das Internet buchbar sind. Ein Geschädigter muss sich jedoch nicht darauf verweisen lassen, ein Mietfahrzeug über das Internet zu buchen, weil die hierzu meistens erforderliche Angabe von Kreditkartendaten mit der konkreten Gefahr verbunden ist, dass Dritte sich diese Daten verschaffen und zu unlauteren Zwecken missbrauchen. Die Risiken, die mit einer Anmietung über das Internet verbunden sind, muss ein Geschädigter nicht eingehen (LG Karlsruhe, Urteil vom 28.01.2009, 1 S 74/08, NZV 2009, 230), Dabei ist die Mehrzahl der in dem Mietpreisspiegel des Frauenhofer Instituts zu Grunde gelegten Daten über das Internet ermittelt worden. Den über das Internet abgefragten 76.457 Preisen stehen lediglich 10.326 Preise gegenüber, die telefonisch abgefragt worden sind.
Außerdem sind die in dem Marktpreisspiegel des Frauenhofer Instituts angegeben Preise nicht als Schätzgrundlage geeignet, da insoweit lediglich nach einstelligen Postleitzahlenbereichen differenziert wird, während der Schwacke-Automietpreisspiegel 2007 nach dreistelligen Postleitzahlenbereichen unterscheidet (LG Karlsruhe, Urteil vom 28.01.2009, Az.: 1 S 74/08, NZV 2009, 230; AG Aue, Urteil vom 30.01.2009, BeckRS 2009, 06335). Der Postleitzahlenbereich 3 umfasst neben ländlichen Gebieten auch größere Städte, so dass ein einheitlicher durchschnittlicher regionaler Preis für den gesamten Bereich bei lebensnaher Betrachtung eine große Streubreite aufweisen muss. Die Differenzierung nach dreistelligen Postleitzahlenbereichen ist besser geeignet, den für den jeweiligen Ort relevanten Durchschnittspreis genauer zu beziffern.
Die von der Klägerin vorgelegten Angebote stellen Internet-Angebote dar. Bezüglich der Ungeeignetheit solcher Angebote zur Schadensschätzung wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Außerdem betreffen die 3 Internet-Angebote nicht den streitgegenständlichen Zeitraum und sind nicht repräsentativ.
Der Höhe nach setzten sich die objektiv erforderlichen Mietwagenkosten und Mietwagennebenkosten damit wie folgt zusammen:
3 Wochenpauschalen zu je 520,10 € 1.560,30 €
2 Tage anteilig (520,10 € / 7 Tage = 74,30 €) 148,60 €
Zwischensumme: 1.708,90 €
Abzgl. 10 % Eigenersparnis 170,90 €
Zwischensumme: 1.538,00 €
Vollkaskoschutz 3 Wochenpauschalen zu je 132,00 € 396,00 €
Vollkaskoschutz 2 Tage anteilig (132,00 € / 7 Tage) 37,72 €
Fahrzeugzustellung 23,80 €
Fahrzeugabholung 23,80 €
Zwischensumme 2.019,32 €
Abzüglich gezahlter 1.087,66 €
Ergebnis: 931,66 €
Unter Zugrundelegung des Schwacke-Automietpreisspiegels 2007 sind also 2.019,32 erforderlich, so dass von der Beklagten noch 931,66 € zu zahlen wären, während von der Klägerin lediglich 888,45 € geltend gemacht werden. Da sich der von der Klägerin geltend gemachte Betrag unterhalb des Normaltarifs bewegt, kommt es auf die Entscheidung der Frage, ob die Klägerin des Ersatz des Unfallersatztarifs geltend machen kann, nicht an.
Bei der Bemessung des Normaltarifs ist das Gericht dabei, weil das gewichtete Mittel („Modus“) für die Fahrzeuggruppe 5 und das Postleitzahlengebiet 324.. nicht in der Tabelle ausgewiesen ist, von dem nahen Mittel (Blatt 12 der Akte) ausgegangen. Bei der Bemessung des Vollkaskoschutzes ist hingegen der Modus (Blatt 13 der Akte) zu Grunde gelegt worden. Abzustellen war auf den Wohnort der Zedentin in 324.. Minden, weil für die Ermittlung der ortsüblichen Mietwagenpreise das Preisniveau an dem Ort maßgeblich ist, an dem das Fahrzeug angemietet wurde. Für den über die drei Wochen hinausgehenden Zeitraum hat das Gericht nicht die in der Tabelle ausgewiesenen Pauschalen für die Einzeltage in Ansatz gebracht, sondern den Tagespreis anteilig unter Zugrundelegung der Wochenpauschale ermittelt, weil die höheren Tagespauschalen ersichtlich auf den Besonderheiten und dem höheren Aufwand für den Vermieter im Rahmen von Kurzzeitmieten beruhen (BGH, Urteil vom 14.10.2008, Az,: VI ZR 308/07, NZV 2009, 24 (27).
Die mit der Fahrzeugzustellung und der Fahrzeugabholung verbundenen Nebenkosten hat das Gericht gem. § 287 ZPO geschätzt. Hierbei hat das Gericht eine Anmietung des Fahrzeugs bei einem in Minden ansässigen Vermieter unterstellt die Frage, ob die Zedentin gegen die ihr obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen hat, kann vor diesem Hintergrund offen bleiben, denn durch die Einschaltung der in Bielefeld ansässigen Klägerin sind insoweit keine höheren Kosten verursacht worden.
Die mit der Haftungsreduzierung verbundenen Kosten hat die Beklagte der Klägerin ebenfalls zu ersetzen, denn das Gericht ist nach der glaubhaften Aussage der Zedentin und nach Inaugenscheinnahme des Nachtrags der Allianz-Kraftfahrversicherung vom xx.xx.2002 davon überzeugt, dass für das verunfallte Fahrzeug ebenfalls eine Vollkaskoversicherung bestanden hat.
Da von der Klägerin lediglich der Normaltraif der Höhe nach geltend gemacht wird, kommt es auf die Frage eines etwaigen Schadensersatzanspruchs der Zedentin gegen die Klägerin gern. § 280 Abs, 1, 3, 241 Absatz 2 BGB wegen falscher Aufklärung bzgl. eines etwaigen unangemessenen Unfallersatztarifs nicht an.
Soweit das AG Minden