AG Bad Neuenahr-Ahrweiler verurteilt mit Urteil vom 16.7.2012 -31 C 69/12- den VN der HUK-Coburg zur Zahlung der vorher von der HUK gekürzten Sachverständigenkosten. vom 16.07.2012

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

nachfolgend stelle ich Euch ein Sachverständigenkostenurteil  aus Bad Neuenahr-Ahrweiler vor.  Wie so oft musste das Unfallopfer den bei der HUK-Coburg versicherten Unfallverursacher persönlich gerichtlich in Anspruch nehmen, weil seine Kfz-Haftpflichtversicherung meinte, den Unfallschaden nicht vollständig ausgleichen zu müssen. So wurden die Sachverständigenkosten um den Klagebetrag von 116,20 € schlichtweg gekürzt. Mit dem Urteil hat der VN der HUK-Coburg jetzt allerdings erfahren, dass die Kürzung seiner Kfz-Haftpflichtversicherung rechtswidrig war. Er ist nämlich verurteilt worden, das zu bezahlen nebst Zinsen und Kosten, was seine Haftpflichtversicherung rechtswidrig  gekürzt hatte.  Völlig zutreffend hat der Amtsrichter der 31. Zivilabteilung des AG Bad Neuenahr-Ahrweiler entschieden, dass die Sachverständigenkosten erforderlicher Wiederherstellungsaufwand des Geschädigten sind, die grundsätzlich vom Schädiger zu ersetzen sind.  Das Urteil wurde erstritten und dem Autor zugesandt durch Herrn Rechtsanwalt Lutz Imhof aus Aschaffenburg. Lest selbst und gebt Eure Kommentare ab.  

Viele Grüße
Euer Willi Wacker

Aktenzeichen:
31 C 69/12

Verkündet am 16.07.2012

Amtsgericht
Bad Neuenahr-Ahrweiler

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

J.D. aus W.

– Kläger –

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D. I. & P. aus  A.

gegen

R.A.. G. aus B.

– Beklagte –

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. S. aus K.

hat das Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler
durch den Richter am Amtsgericht …
im schriftlichen Verfahren
nach Schriftsatznachlaß bis zum 20.6.2012
für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 116,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.9.2011 sowie weitere vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 51,65 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.9.2011 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

(Der Abfassung eines Tatbestandes bedarf es gem. § 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO nicht, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist.)

Die Klage ist begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls am 23.8.2011 in Bad Neuenahr-Ahrweiler, für dessen Folgen die Beklagte unstreitig in voller Höhe haftet, gemäß den §§ 7, 17 StVG, 249 BGB, noch ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 116,20 Euro zu. Bei diesem Betrag handelt es sich um den Differenzbetrag zwischen der Rechnung des Sachverständigen … vom 1.9.2011 in Höhe von 602,20 Euro, den der Kläger zur Ermittlung seines Kfz-Schadens beauftragt hat, und dem Betrag in Höhe von 486,00 Euro, den die hinter der Beklagten stehende Haftpflichtversicherung auf die Rechnung des Sachverständigen gezahlt hat.

Die grundsätzliche Verpflichtung der Beklagten auch zum Ausgleich der Kosten für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens ist zwischen den Parteien nicht streitig und im übrigen auch von der Rechtsprechung anerkannt (vgl. BGH NJW 2007, 1450). Die vorprozessuale Zahlung eines Betrages in Höhe von 486,00 Euro hat nicht zum Erlöschen dieses Schadensersatzanspruches des Klägers geführt. Das erkennende Gericht folgt in vollem Umfang der Rechtsprechung des Landgerichts Koblenz (vgl. LG Koblenz, Urteil vom 9.5.2012, Az. 12 S 267/11). Nach dieser Rechtsprechung hat der Schädiger gemäß § 249 Abs. 1 S. 1 BGB den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Maßgeblich ist daher, ob sich die an den Sachverständigen gezahlten Kosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten (BGH NJW 2007, 1450).

Der Geschädigte kann vom Schädiger gemäß § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann (BGH a.a.O.).

Der Kläger war berechtigt, einen Sachverständigen seiner Wahl mit der Erstellung des Gutachtens zu beauftragen. Ohne daß ihm ein Auswahlverschulden vorgeworfen werden könnte, hat er einen ortsnahen, qualifizierten Sachverständigen beauftragt.

Dieser durfte auch seine Vergütung unter Zugrundelegung der Schadenshöhe abrechnen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann nach einem Verkehrsunfall grundsätzlich ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB erstattet verlangt werden (BGH NJW 2007, 1450; BGH NJW 2006, 2472). Allein dadurch, daß der Sachverständige eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung seines Honorars vornimmt, überschreitet er nicht die Grenzen der rechtlich zulässigen Preisgestaltung (BGH NJW 2007, 1450).

Der Kläger war nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich auch nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (BGH a.a.O.; BeckOK/Schubert, BGB, § 249 Rdnr. 82).

Ein Preisvergleich dürfte zudem ohne vorherige Begutachtung des unfallbeschädigten Fahrzeugs durch mehrere Sachverständige nur schwer möglich sein (OLG Naumburg, NJW-RR 2006, 1029). Der Streit über die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten kann daher nicht auf dem Rücken des Geschädigten ausgetragen werden (OLG Naumburg a.a.O.).

Der Ausgleich des Sachverständigenhonorars in Höhe von lediglich 486,— Euro durch die hinter der Beklagten stehende Haftpflichtversicherung ist nicht gerechtfertigt. Solange für den Geschädigten als Laien nicht erkennbar ist, daß der Sachverständige sein Honorar willkürlich festsetzt sowie Preis und Leistung in einem auffälligen Mißverhältnis zueinander stehen, kann der Geschädigte vom Schädiger den Ausgleich des gezahlten Sachverständigenhonorars verlangen. Im vorliegenden Fall hat der Sachverständige Kaspar seiner Rechnungsforderung die Tabelle der VKS Honorarumfrage 2011 zugrundegelegt. Ausgehend, von einer Reparaturkostenhöhe incl. Mehrwertsteuer über 3.212,39 Euro weist diese Tabelle für einen Schaden bis 3.500,- Euro einen „Grundhonorar-Korridor ohne Mehrwertsteuer“ von 350,- bis 468,- Euro aus. Da der Sachverständige Kaspar mit einem Bearbeitungshonorar in Höhe von 405,- Euro einen Mittelwert ausgewählt hat, kann weder eine willkürliche Festsetzung des Honorars noch ein auffälligen Mißverhältnis zwischen Schadenshöhe und Honorar festgestellt werden.

Gegen die Berücksichtigung von Nebenkosten in der Sachverständigenrechnung wendet sich die Beklagte ebenfalls ohne Erfolg. Aus welchem rechtlichen Grund dem Sachverständigen verwehrt sein soll, neben einem pauschalen Grundhonorar Nebenkosten zu berechnen, hat die Beklagte nicht dargetan. Da eine Übertragung der Grundsätze des JVEG für die Vergütung gerichtlicher Sachverständiger auf Privatgutachter nicht angebracht ist (vgl. LG Koblenz a.a.O. m.w.Nachw.), ist ein solcher Rechtsgrund auch nicht ersichtlich. Unter Zugrundelegung der Nebenkostentabelle in der „VKS-Honorarumfrage 2011“ sind die Nebenkosten als angemessen zu werten. Die Rechnungspositionen Schreibauslagen, Fotos sowie Porto/Telefon/EDV-Großrechner bewegen sich ausnahmslos innerhalb der Spannweite der vorbezeichneten Nebenkostentabelle.

Aus dem Gesichtspunkt des Verzuges schuldet die Beklagte weiterhin die Zahlung restlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 51,65 Euro. Die Erhöhung der 1,3-fachen Regelgebühr auf eine 1,5-fache Gebühr ist einer gerichtlichen Überprüfung entzogen. Für Rahmengebühren wie im vorliegenden Fall entspricht es allgemeiner Meinung, daß dem Rechtsanwalt bei der Festlegung der konkreten Gebühr ein Spielraum von 20 % (sogenannte Toleranzgrenze) zusteht. Hält sich der Anwalt innerhalb dieser Grenze, ist die von ihm festgelegte Gebühr jedenfalls nicht im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 4 RVG unbillig und daher von dem ersatzpflichtigen Dritten hinzunehmen (vgl. LG Koblenz a.a.O. und BGH NJW 2011, 301). Ausgehend von einem Streitwert bis 3.500,-Euro beläuft sich eine 1,5 Gebühr auf 325,50 Euro. Zuzüglich 20,- Euro Auslagenpauschale und 19 % Mehrwertsteuer ergibt sich ein Betrag in Höhe von 411,15 Euro. Da die hinter der Beklagten stehende Haftpflichtversicherung hierauf lediglich 359,50 Euro gezahlt hat, verbleibt ein Differenzbetrag in Höhe von 51,65 Euro.

Die Zinsforderungen sind gemäß § 288 BGB gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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