Das Amtsgericht Mannheim hat mit Urteil vom 14.12.2009 ( 1 C 329/09 ) die HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. in Coburg verurteilt, an die Klägerin 286,91 Euro nebst Zinsen zu zahlen sowie die Klägerin von der Forderung der Rae. H. & v.S-W hinsichtlich der nicht anrechenbaren vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 39,– Euro nebst Zinsen freizustellen. Im übrigen wurde die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreites tragen die Beklagte 3/4 und die Klägerin 1/4.
Aus den Gründen:
Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht restliche Sachverständigenkosten geltend. Die Klage ist überwiegend begründet. Die Klägerin hat aufgrund ihr abgetretenen Rechts ihres Vertragspartners J.E. gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz der von ihr dem Zedenten berechneten Gutachterkosten, soweit diesem selbst ohne Abtretung ein entsprechender Anspruch zugestanden hätte. Die Klägerin hat die von ihr geltend gemachte Sicherungsabtretung durch Vorlage einer Kopie einer entsprechenden Urkunde vom 4.6.2009 belegt. Die Beklagte hat die Richtigkeit dieser Urkunde nicht bestritten. Ihr allgemein gehaltenes Vorbringen, sie bestreite weiter, dass die Klägerin Inhaberin der geltend gemachten Forderung sei, stellt kein entsprechendes Bestreiten dar und ist demzufolge unerheblich. Nachdem ebenso unbestritten geblieben ist, dass der Zedent den Rechnungsbetrag nach Fälligkeit nicht bezahlt hat, ist die Klägerin nach dem Inhalt der Abtretungsurkunde berechtigt, den Anspruch im eigenen Namen gegenüber der Beklagten geltend zu machen.
Die Haftung der Beklagten gegenüber dem Zedenten als Geschädigten auf Ersatz seines gesamten Schadens und in diesem Zusammenhang auf Erstattung der Sachverständigenkosten ist dem Grunde nach zwischen den Parteien unstreitig.
Die von der Klägerin berechneten Sachverständigenkosten überschreiten nicht den nach § 249 I BGB zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlichen und nicht den nach § 249 II BGB als Herstellungsaufwand erforderlichen Geldbetrag, worauf vorliegend abzustellen ist ( BGH Urt. vom 23.1.2007 VI ZR 67/06 = NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144 m. Anm. Wortmann ). Dass diese Kosten nicht erforderlich waren, ergibt sich weder aus dem Vorbringen der Beklagten noch im übrigen.
Der Zedent war berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen. Zwar kann er ungeachtet der Höhe des ihm berechneten Betrages nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen unter Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, wobei er grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet ist ( BGH aaO ).
Dass ihm danach nicht ein Anspruch auf Ersatz des vollen berechneten Betrages zusteht, kann weder den Ausführungen der Beklagten entnommen werden, noch ergibt es sich ansonsten. Mit dem allgemein gehaltenen Vorbringen der Beklagten, sie bestreite, dass es sich „um den ortüblichen und angemessenen Finanzierungsbedarf für eine Begutachtung handelt“ und dieser betrage 649,62 Euro kommt sie ihrer Darlegungslast nicht nach. Zwar macht sie zutreffend geltend, dass nach der von ihr zitierten Entscheidung des BGH für den Geschädigtzen “ das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist“ ( BGH aaO Rdnr. 17 ). Insoweit trifft die Beklagte jedoch die Darlegungslast dafür, dass andere Sachverständige im nahen Umfeld das konkrete Gutachten zu niedrigerem Preis gefertigt hätten und dies dem Zedenten ohne unzumutbare Anforderungen festzustellen möglich gewesen wäre, insbesondere auch im Hinblick darauf, dass ein Kostenvoranschlag eines Sachverständigen praktisch ausscheidet. Zu all dem trägt die Beklagte nichts vor. Wie sie auf den von ihr genannten Betrag kommt, zu dem ihrem Vorbringen das konkrete Gutachten hätte erstattet werden können und von wem dies geschehen wäre, lässt sie in Dunkeln.
Dass über das pauschalierte Sachverständigenhonorar hinaus Kosten für Lichtbilder, Schreibgebühr/Bürokosten sowie Porto/Telefon verlangt werden, steht der Erforderlichkeit der Kosten nicht entgegen. Es entspricht einer Übung aller Sachverständigen, deren Rechnungen dem Gericht in langjähriger Praxis bisher vorlagen. Das Gutachten ist der Beklagten bekannt, ebenso wie viele Fotos diesem beilagen und sie weiß, wie viele Fertigungen hiervon bei sachgerechter Gutachtenerstattung zu erteilen sind. Ihr Bestreiten des Anfalls und der Höhe der Kosten ist dementsprechend ebenso unsubstantiiert. Dies gilt auch für ihr Vorbringen, sie bestreite, „dass die in der Rechnung enthaltene Mehrwertsteuer tatsächlich angefallen ist“. Diese Mehrwertsteuer ist von der Klägerin selbstverständlich zu berechnen. Ob sie zu ersetzen ist, hängt davon ab, ob der Zedent vorsteuerabzugsberechtigt war oder nicht. Hierzu hat aber die Beklagte nichts vorgetragen, so dass auch ihr erwähntes Vorbringen ohne prozessuale Bedeutung ist.
Der Klägerin stand mithin aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Zahlung des berechneten Betrages von brutto 936,59 Euro zu. Nach Abzug der unstreitig vorgerichtlich bezahlten 649,62 Euro verbleibt ein Restbetrag von 286,91 Euro. Diesen hat die Klägerin selbst auf der als Anlage K 1 vorgelegten Rechnungskopie im Unterschied zu ihrem Prozessbevollmächtigten zutreffend berechnet. Hinsichtlich des geltend gemachten darüber hinaus gehenden Betrages ist die Klage unbegründet.
… Hinsichtlich der vorgerichtlichen Kosten, die mit 1,3 Geschäftsgebühr zu berechnen sind, ergibt sich ein Betrag von 39,– Euro. Insoweit ist die Klägerin von der Forderung ihrer Prozessbevollmächtigten freizustellen.
Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus den §§ 288, 291 BGB. Die Kostenentschjeidung beruht auf § 92 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708, 713 ZPO.
So das überzeugende Urteil des Amtsrichters der 1. Zivilabteilung des Amtsgerichtes Mannheim. Auch in diesem Urteil ist mit keinem Wort BVSK erwähnt. Es geht also auch ohne BVSK. Überzeugend sind auch die Ausführungen zur Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten und deren Höhe. Insgesamt ein schönes Sachverständigenkosten-Urteil aus Baden-Württemberg.
Hallo Willi Wacker,
dem Regensburger Amtsrichter sollte dieses Urteil seines Kollegen aus Baden-Württemberg einmal vorgelegt werden. Möglicherweise lässt sich der bayrische Richter aber doch noch belehren in Anbetracht der ordentlichen Arbeit seine Amtskollegen.
MfG
Jurastudentin
Hallo Willi Wacker
Das Urteil ist ein erster Ansatz,der Bemerkung des BGH zu begegnen,der Geschädigte trage das Risiko eines zu teuren Sachverständigen.
Das Unfallopfer ist nicht in der Lage,die Kosten der Schadensbegutachtung bei Beauftragung des SV zu ermessen,denn es kennt ja noch nicht die Schadenshöhe,nach der sich das Grundhonorar bemisst.
Gutachterkosten sind daher ex ante betrachtet immer eine Schadensposition in unbekannter Höhe.
Das Unfallopfer kann die Höhe der Gutachterkosten also weder kennen,noch erahnen,noch beeinflussen!
Es gleichwohl mit dem Überteuerungsrisiko zu belasten,widerspräche jeder Logik,widerspräche der auch sonst angebrachten Risikoverteilung(Werkstatt-und Prognoserisiko beim Schädiger)und würde dazu führen,dass das Unfallopfer den zu teuren Teil der Gutachterkosten selbst tragen müsste,was einer Haftung für nicht vorhandene Hellseherfähigkeiten gleichkommen würde.
Ich vermute daher in dem Satz des BGH-Urteils ein Schreibversehen dergestalt,dass das Wort „nicht“ fehlt.
In dem BGH-Urteil fehlt auch jeglicher Anhalt dazu,was denn Massstab für die Prüfung der Frage „zu teuer“ oder nicht „zu teuer“ sein soll.
Massstab kann sicher nicht das BVSK-HUK-Gesprächsergebnis sein,denn Sonderkonditionen sind kein Vergleichsmassstab BGH VI ZR 53/09.
Ausserdem verbieten sich nach den Grundsätzen des subjektiven Schadenseinschlages ex-post-Betrachtungen,wie nachträgliche Preiskontrollen.
Daneben gibt es keine allgemeingültige Honorarordnung für SV und damit fehlt bereits ein Massstab für die ex post-Beurteilung eines Gutachterhonorars als zu teuer oder nicht zu teuer.
Fazit:
Das AG Mannheim hätte die Chance gehabt den Halbsatz in dem BGH-Urteil dahingehend zu interpretieren,dass mit „zu teuer“ allenfalls Fälle des Wuchers oder Fälle von Berechnungs-,oder Rechenfehlern in der Gutachterhonorarsrechnung gemeint sein können.
Diese Chance wurde leider nicht genutzt.
Stattdessen zu argumentieren,die Beklagte habe zu kostengünstigeren Begutachtungsmöglichkeiten nichts vorgetragen,ist allenfalls eine Steilvorlage an die Versicherungsanwälte,künftig derartige Lücken in ihren Schriftsätzen zu vermeiden.
Hervorzuheben ist einzig,dass das Gericht das Unfallopfer völlig zurecht von der Pflicht enthebt,einen billigen SV zu suchen;wie sollte das auch gehen?Den Schrotthaufen zu mehreren SV abschleppen lassen und Kostenvoranschläge zur Höhe der Gutachterkosten einholen? Diesen Aufwand bezahlt bestimmt keine Versicherung!
Mfkg Lutz Imhof