Mit Entscheidung vom 02.12.2009 (3a C 476/08) wurde die Württembergische Versicherung AG durch das Amtsgericht Daun zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an und spricht einen Zuschlag für unfallbedingte Mehrleistungen in Höhe von 20% zu. Das AG Daun hat mit diesem Urteil die bisher vertretene Rechtsauffassung aufgegeben, dass das Autohaus/Mietwagenunternehmen gegen das RDG verstößt, wenn es die Forderungen in eigenem Namen geltend macht.
Aus den Gründen:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 154,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.06.2008 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin außergerichtlich entstandene, nicht anrechnungsfähige Rechtsanwaltskosten in Höhe von 42,51 € nebst Zinsen In Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06,08.2008 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 58% und die Beklagte zu 42%.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nur teilweise, und zwar hinsichtlich der Hauptforderung nur in Höhe eines Betrages von 154,69 € und hinsichtlich der Nebenforderung nur in Höhe eines Betrages von 42,51 € begründet, im Übrigen ist sie abzuweisen.
1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte als Kfz-Haftpflichtversicherer der den Verkehrsunfall vom 03.05.2008 unstreitig allein verursachenden Versicherungsnehmer Frau … aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Schadensersatz für die Inanspruchnahme eines Mietwagens aus §§ 7 Abs. 1 StVG, § 3 Nr. 1 PflVG in Höhe von 154,69 € zu.
a) Die Klägerin ist zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Mietwagenkosten aktivlegitimiert, denn der Geschädigte hat seine Ansprüche gegen die Beklagte wirksam gemäß § 398 BGB an die Klägerin abgetreten. Bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung ‚vom 11.11.2009 hat das Gericht die
Parteien darauf hingewiesen, dass es an seiner zuvor gegenteilig geäußerten Rechtsauffassung nicht mehr festhält, denn ein Verstoß gegen die §§ 2, RDG und eine hieraus resultierende Nichtigkeit nach § 134 BGB ist im vorliegenden Fall nicht anzunehmen:
§ 3 RDG bestimmt, dass die selbstädige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zuläsig ist, indem sie durch das RDG oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird. Der Begriff der „Rechtsdienstleistung“ findet in § 2 Abs. 1 RDG eine Legaldefinition. Hierunter
versteht man jede Täigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Nach Abs. 2 ist, unabhängig von den Voraussetzungen des Abs. 1, eine Rechtsdienstleistung auch die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird (Inkassodienstleistung).
Eine Einordnung der Tätigkeit in den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 RDG scheidet aus, weil die Klägerin den Forderungseinzug nicht als eigenständiges Geschäft (Inkassodienstleistung) betreibt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin als gewerbliche Autovermieterin tätig ist und
sich die Forderungseinziehung für sie daher als bloße Nebenleistung im Sinne des § 5 RDG darstellt (vgl. LG Mönchengladbach, Urteil vom 20.01.2009, 5 S 110/08 -juris.de- ).
Auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 RDG sind vorliegend nicht einschlägig, denn die Klägerin nimmt im Rahmen ihres Betätigungsfeldes bereits keine „fremde Angelegenheiten“ wahr. Die Beantwortung der Frage, ob eine fremde oder eine eigene Angelegenheit vorliegt, hat sich an den Kriterien zu orientieren, welche der BGH (vgl. NJW 2006,1726) bei der Prüfung des Art, 1 § 1 RBerG herangezogen hat (so auch LG Mönchengladbach, a. a. O.). Hiernach ist „bei der Beurteilung der Frage, ob die Abtretung den Weg einer erlaubnispflichtigen Besorgung von Rechtsangelegenheiten eöffnen sollte, nicht allein auf den Wortlaut der getroffenen Vereinbarung, sondern auf die gesamten dieser zu Grunde liegenden Umstände und ihren wirtschaftlichen Zusammenhang abzustellen. Geht es dem Mietwagenunternehmen im Wesentlichen darum, die durch die Abtretung eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen, so besorgt es keine Rechtsangelegenheit des geschädigten Kunden, sondern eine eigene Angelegenheit. Ein solcher Fall liegt nicht vor, wenn nach der Geschäftspraxis des Mietwagenunternehmen die Schadensersatzforderungen der unfallgeschädigten Kunden eingezogen werden, bevor diese selbst auf Zahlung in Anspruch genommen werden. Denn damit
werden den Geschädigten Rechtsangelegenheiten abgenommen, um die sie sich eigentlich selbst zu kümmern hätten… Allerdings ist es nach der Rechtsprechung des Senats durchaus zulässig, dem praktischen Bedürfnis nach einer gewissen Mitwirkung des Fahrzeugvermieters bei der Geltendmachung der Schadensersatzansprüche des Geschädigten gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Schädigers Rechnung zu tragen.“
Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz nicht angenommen werden. Bereits der Wortlaut der Abtretungserklärung (Bl. 8 d. A.) spricht dafür, dass die Klägerin keine fremde, sondern eine eigene Angelegenheit bei Geltendmachung des
Schadensersatzanspruchs besorgt. So lässt sich der Erklärung entnehmen, dass die Abtretung nur zur Sicherung der Zahlungsansprüche der Klägerin gegen den Geschädigten erfolgt und der Geschädigte für die Geltendmachung seines Schadens selbst Sorge trägt. Auch der Umfang der Abtretung – diese ist auf
eine Abtretung der Ersatzansprüche wegen Mietwagenkosten beschränkt – spricht, wie der BGH in der vorbenannten Entscheidung bereits dargestellt hat, gegen eine umfassende Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten. Auch die weitere Vorgehensweise der Klägerin im Nachgang der Abtretung steht der Annahme der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten entgegen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist nämlich davon auszugehen, dass die Klägerin auch den Geschädigten auf Zahlung in Anspruch genommen hat. So hat der Zeuge … im Rahmen seiner Vernehmung glaubhaft bestätigt, dass er neben der Rechnung vom 15.05.2008 auch ein Mahnschreiben der Klägerin erhalten habe. Der Umstand, dass die Klägerin von einer weiteren Geltendmachung des Anspruchs gegenüber dem Geschädigten Abstand genommen und die Forderung sodann gegen die Beklagte gerichtlich geltend gemacht hat, führt zu keiner abweichenden Würdigung, denn dies war der Klägerin – wie der BGH bereits in mehreren Entscheidungen klargestellt hat (vgl. BGH a. a.O. m. w. N.), nicht verwehrt.
b) Der Höhe nach ist der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte, die unstreitig gegenüber dem Zeugen … zu 100% eintrittspflichtig ist, gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB auf den erforderlichen Herstellungsaufwand beschränkt.
(1) Hierbei gilt es zunächst zu berücksichtigen, dass der abtretungsweise auf die Klägerin übergegangene Ersatzanspruch gegen die Beklagte (§ 398 BGB), von vornherein der Höhe nach auf den vertraglich vereinbarten Mietzins, der – wie die folgenden Ausführungen zeigen werden – von den seitens der
Klägerin in Rechnung gestellten Sätzen abweicht, beschränkt ist, denn nur in der Höhe, in der der Zeuge … der Klägerin gegenüber zur Leistung verpflichtet war, ist ihm auch ein Schaden entstanden.
Das Gericht geht im Hinblick auf die im Mietvertrag vom 05.05.2008 niedergelegte Mietzinsvereinbarung und die Bekundungen des Zeugen … davon aus, dass zwischen der Klägerin und dem Zeugen … eine Anmietung des Fahrzeugs zum Gesamtpreis von 814,53 € für acht Tage vereinbart war, denn der Auto-Mietvertrag (Bl. 7 d. A.), den die Klägerin und der Zeuge … unterzeichneten, sieht nur folgende Eintragungen vor: Mietpreis 8 Tage (573,86 €) nach Schwacke 2008 zuzüglich 20 % sowie für die Reduzierung der Selbstbeteiligung einen Betrag von 125,90 €. In den übrigen Leerfeldern, in welchen weitere Kostenansätze für Zubringen/Abholen und Mehrwertsteuer eingetragen werden können, sind keine weiteren Eintragungen vermerkt. Dass eine weitergehende Mietzinsvereinbarung nicht getroffen wurde, hat auch die Vernehmung des Geschädigten … bestätigt. Der Zeuge … hat im Rahmen seiner Vernehmung nämlich glaubhaft bekundet, dass er die im Mietvertrag niedergelegten Sätze mit der Klägerin besprochen habe und dass er sich nicht erinnern könne, dass darüber gesprochen worden sei, dass weitere Kosten für die Zustellung/ Abholung und für einen Zusatzfahrer anfallen würden. Er habe sich dementsprechend auch gewundert, dass die Rechnung viel höher ausgefallen sei.
(2) Der vertraglich zwischen dem Zeugen … und der Klägerin fest vereinbarte Mietzins in Höhe von 814,53 € erweist sich vollends als „erforderlicher Herstellungsaufwand“ i. S. d. § 249 Abs. 2 BGB.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (z. B. NJW 2006, 1506 m. w.N.) kann der Geschädigte seine Mietwagenkosten nur in dem Umfang erstattet verlangen, als ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten sie für zweckmäßig und
erforderlich halten darf. Der Geschädigte ist wie bei anderen Kosten der Wiederherstellung und wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung in die Hand nimmt, nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, Im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen, den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann. Der Mindestbetrag der zu ersetzenden Mietwagenkosten ist der Normaltarif für Selbstzahler, der unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten gebildet wird. Dieser kann anhand des so genannten gewichteten Normaltarifs nach dem Schwacke-Mietpreisspiegel für das jeweilige Postleitzahlengebiet des Geschädigten ermittelt werden (BGH, Urteil vom 12.06.2007 –VI ZR 161/06).
Der Normaltarif errechnet sich anhand des Schwacke-Automietpreisspiegel 2007 wie folgt:
Bei dem beschädigten Fahrzeug des Zeugen handelt es sich um einen VW Golf 1 Cabrio, Erstzulassung 03,07.1990, Laufleistung 245.160 km. Dieses Fahrzeug wird im Mietpreisspiegel zwar grundsätzlich der vierten Fahrzeugklasse zugeordnet, im Hinblick auf die hohe Laufleistung des Fahrzeugs erscheint dem Gericht diese Einstufung jedoch im konkreten Fall nicht sachgerecht, weshalb es das Fahrzeug eine Stufe tiefer, mithin der dritten Fahrzeugklasse zuordnet.
Nach dem Schwacke- Automietpreisspiegel beträgt der so genannte gewichtete Normaltarif (arithmetisches Mittel) inkl. Mehrwertsteuer für ein Mietfahrzeug der Klasse 3 im Postleitzahlengebiet des Geschädigten (545) für eine Woche 485,36 € und für einen Tag 83,72 €, weshalb sich für 8 Tage unter Zugrundelegung des Wochentarifs zuzüglich eines Tagestarifs insgesamt 569,08 € ergeben.
Das Gericht hält überdies einen pauschalen Aufschlag von 20% auf den Normaltarif für angemessen, um die Besonderheiten der Kosten und Risiken des Unfallersatzfahrzeuggeschäfts im Vergleich zur „normalen“ Autovermietung angemessen zu berücksichtigen.
Nach der Rechtsprechung des BGH ist auch ein über dem Normaltarif liegender so genannter Unfallersatztarif ersatzfähig, wenn die Erhöhung aufgrund der Besonderheiten der Unfall-Situation gerechtfertigt ist. In welchem Umfang die Erstattung höherer Kosten gerechtfertigt ist, ist gemäß § 287 ZPO zu schätzen. Hierzu ist nicht erforderlich, dass das Gericht die Kalkulation des konkreten Unternehmens in jedem Einzelfall nachvollzieht (BGH, Urteil vom 12.06.2007 – VI ZR 161/06 – m.w.N.), vielmehr kann sich die Prüfung darauf beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte bei Unternehmen dieser Art aus betriebswirtschaftlicher Sicht allgemein einen Aufschlag rechtfertigen, wobei u. U. auch ein pauschaler Aufschlag auf den „Normaltarif“ in Betracht kommt (BGH, a.a.O.). Die von der Rechtsprechung anerkannten Faktoren wie Vorfinanzierung des Fahrzeugs und Ausfallrisiko der Forderung lagen hier vor, weshalb es gerechtfertigt ist, für die unfallbedingten Mehrleistungen einen Aufschlag von 20 % auf die Mietwagenkosten vorzunehmen (so auch LG Trier, Urteil vom 12.02.2008 – 1 S 222/07 – ).
Von dem so errechneten Unfallersatztarif in Höhe von 682,82 € (569,08 € + 20 %) ist ein Abzug von 10 % für ersparte Eigenaufwendungen vorzunehmen (LG Trier, Urteil vom 11.08.2009, 1 S 13/09), weshalb der im vorliegenden Fall erstattungsfähige Unfallersatztarif 914,54 € ergibt.
Hinzukommen ersatzfähige Nebenkosten und zwar Im Einzelnen:
– Kosten der Zustellung/ Abholung: 42,02 €
– Kosten der Vollkaskoversicherung: 125,90 €.
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insbesondere in dem Fall, in dem sich das Ersatzfahrzeug als wesentlich höherwertiger als das beschädigte Fahrzeug erweist, die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs mit Vollkaskoschutz in der Regel eine adäquate Schadensfolge ist (BGH NJW 2005, 1041-1043; LG Trier, Urteil vom 11.08.2009, 1 S 13/09).
– Kosten für Zusatzfahrer: 120,00 €
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch ein Kostenansatz für die Einbeziehung eines Zusatzfahrers zu berücksichtigen. Der Zeuge hat in diesem Zusammenhang nachvollziehbar bekundet, dass er gegenüber der Klägerin ausdrücklich den Wunsch geäußert habe, dass das Mietfahrzeug durch seine Lebensgefährtin genutzt werden dürfe, weil diese auch sein beschädigtes Fahrzeug regelmäßig genutzt habe. Dies wird durch die Eintragungen in der Sicherungs-Abtretungserklärung (Bl. 8 d. A.) bestätigt.
Insgesamt ergibt sich ein erstattungsfähiger Unfallersatztarif in Höhe von 902,48 €, weshalb der vereinbarte Mietzins von 814,53 € als erforderlicher Herstellungsaufwand i. S. d. § 249 Abs. 2 BGB zu werten ist.
(3) Von dem vereinbarten Mietzins in Höhe von 814,53 € ist die bereits geleistete Zahlung in Höhe von 659,84 € in Abzug zu bringen, weshalb sich noch ein Restanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 154,69 € ergibt.
2. Ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von 154,69 € steht der Klägerin gegen die Beklagte aus §§ 280 Abs. 1,2, 286 BGB nach §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300, Nr. 7002, Nr. 7008 VV RVG ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 42,51 € zu. Im
Übrigen ist die mit dem Antrag zu 2) verfolgte Klage daher abzuweisen.
3. Der geltend gemachte Zinsanspruch in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ergibt sich aus Verzugsgesichtspunkten aus §§ 280 Abs. 1, 2 286,288 BGB.
4. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 11, 713 ZPO.