Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
vor einigen Tagen hatten wir Euch ein „Angemessenheitsurteil“ der Amtsrichterin aus Hannover bekannt gegeben. Obwohl der BGH sich dafür entschieden hatte, dass es weder dem Schädiger noch dem Gericht gestattet ist, im Schadensersatzrecht eine Preiskontrolle des werkvertraglichen Honorars des Sachverständigen durchzuführen ( BGH Urt. v. 23.1.2007 – VI ZR 67/06 – = BGH DS 2007, 144 m. Anm. Wortmann) , wird diese Kontrolle von der erkennenden Richterin immer wieder durchgeführt. Nachfolgend gebe ich das nächste Urteil aus Hannover mit dieser falschen Angemessenheitsprüfung bekannt. Bekanntlich ist die Angemessenheit ein Tatbestandsmerkmal des werkvertraglichen Honoraranspruchs, nicht jedoch ein Merkmal des Schadensersatzanspruchs aus § 249 BGB. Man könnte vermuten, dass die Richterin noch nicht einmal ins Gesetz geschaut hat, als sie diesen und den vorgehenden sowie noch weitere Fälle entschieden hat. Der Vorwurf der Unkenntnis wiegt schwer, in diesem Fall ist er aber wohl gerechtfertigt? Oder was meint Ihr? Das Urteil wurde erstritten und übermittelt durch Herrn Rechtsanwalt Taube von der Kanzlei Lehmann und Partner aus Burgwedel
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Erlassen am: 18.11.2011
Hannover
Geschäfts-Nr.:
462 C 9493/11
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
Klägerin
gegen
HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG, vertr. d. d. Vorst. Dr. Wolfgang Weiler, Flaßhoff, Gronbach, Heitmann, Dr. Henay, Sandig, Lange Laube 20, 30159 Hannover
Beklagte
wegen Schadensersatz für Sachverständigenkosten
hat das Amtsgericht Hannover – Abt. 462 –
im Verfahren nach § 495 a ZPO
durch die Richterin am Amtsgericht …
für Recht erkannt:
1.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 105,29 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den jeweils gültigen Basiszinssatz seit 05.08.2011 zuzahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2.) Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 28%, die Beklagte trägt 72%.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Gegenstandswert des Rechtsstreits wird auf 172,00 Euro bis zum 04.10.2011 sowie auf 147,00 Euro ab 04.10.2011 festgesetzt.
Entscheidungsgründe:
(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a Abs. 1 ZPO
abgesehen).
Die zulässige Klage ist in Höhe von 105,29 Euro begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.
Unstreitig hat der Geschadigte Herr … gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Ersatz des ihm aus dem Verkehrsunfallgeschehen vom 30.06.2011 entstandenen Schadens. Zum Schaden gehören auch die entstandenen Sachverständigengebühren.
Der Kläger hat die Schadensersatzansprüche, soweit sie auf Erstattung der Kosten des Sachverständigengutachtens in Höhe von 581,83 Euro gerichtet sind, auch wirksam an den Kläger abgetreten.
In der Sicherungsabtretungserklärung vom 14.09.2011 (Kopie Blatt 61 der Gerichtsakte) ist ausgeführt, dass der Schadensersatzspruch, soweit er auf Erstattung der Gutachterkosten gerichtet ist, in Höhe eines Bruttorechnungsbetrages von 581,83 Euro an den Kläger abgetreten wird.
Hier liegt kein dem zitierten BGH-Urteil vom 07. Juni 2011 (Kopie Blatt 71 ff. der Gerichtsakte) vergleichbarer Fall zugrunde. Der Geschädigte hat nicht nur einen summenmäßig bestimmten Teil seines Schadensersatzanspruches abgetreten, sondern die Abtretung auf die Forderung der Gutachterkosten konkretisiert.
Die Abtretung wäre aber nur dann unbestimmt und unwirksam, wenn sie lediglich eine Beschränkung hinsichtlich des Umfanges der Abtretung enthielte, und nicht auf einen bestimmten Teil der Forderung bezogen wäre.
Der Kläger ist Anspruchsinhaber geworden.
Allerdings kann der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall nur die erforderlichen Sachverständigenkosten von dem Schädiger ersetzt verlangen.
Der Kläger hat durch Rechnung vom 01.07.2011 ein Grundhonorar in Höhe von 321,00 Euro abgerechnet.
Nach der BVSK-Honorarbefragung 2011 beläuft sich der Honorarkorridor, indem zwischen 50 und 60% der BVSK-Mitglieder ihr Honorar berechnen, auf 273 bis 304,00 Euro bei einer Schadenshöhe in Höhe von 1.725,00 Euro.
Der Wiederbeschaffungswert beträgt 1.725,00 Euro, genau dieser Wert ist deshalb als Nettoschaden bei der Bemessung des Grundhonorars zugrunde zu legen.
Die in Ansatz gebrachte Grundgebühr ist damit überhöht. Als Höchstbetrag ist ein Wert in Höhe von 304,00 Euro netto noch angemessen und ausreichend und war somit der Abrechnung zugrunde zu legen.
Bezüglich der 58 km Fahrtkosten waren nach der BVSK-Honorarbefragung maximal 1,08 Euro pro gefahrenen Kilometer zu vergüten, das entspricht insgesamt 62,64 Euro, die der Entscheidung zugrunde zu legen waren.
Die Fotokosten für ein Original in Höhe von insgesamt 19,68 Euro sind auch nach der BVSK-Auswertung nicht zu beanstanden. Die Fotokosten für Kopien waren dagegen in entsprechender Anwendung der BVSK-Honorarbefragung 2011 auf 1,80 Euro je Kopie, mithin insgesamt auf 14,40 Euro für 8 Kopien zu reduzieren.
Die Pauschale für Porto, Telefon und Schreibgebühren beläuft sich nach der BVSK-Honorarbefragung 2011 auf den Korridor von 23,57 bis 32,15 Euro. Dem Kläger war mithin ein Maximalbetrag in Höhe von 32,15 Euro zuzusprechen insoweit.
Die Kosten für die Restwertermittlung in Höhe von 25,00 Euro hat der Kläger zurückgenommen.
Die Nettokosten des Gutachtens belaufen sich mithin auf 432,87 Euro (Grundhonorar 304,00 Euro, Fahrtkosten 62,64 Euro, Fotokosten-Original 19,68 Euro, Fotokosten-Kopie 14,40 Euro, Porto/Telefon/Schreibgebühr 32,15 Euro).
Der Bruttorechnungsbetrag der erforderlichen Sachverständigenkosten beläuft sich „damit auf 515,12 Euro. Da die Beklagte vorgerichtlich unstreitig 409,83 Euro gezahlt hat, stand dem Kläger noch ein Zahlungsanspruch aus abgetretenem Recht in Höhe von 105,29 Euro zu.
Soweit der Kläger darüber hinaus Ansprüche geltend macht, unterlag die Klage der Abweisung.
Zinsen schuldet die Beklagte aus Verzug nach §§ 286, 288 BGB. Zumindest ab Mahnung vom 21.07.2011 befand sich die Beklagte in Verzug, so dass die Zinsen, wie beantragt, jedenfalls zuzusprechen waren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre gesetzliche Grundlage in §713 ZPO.
Richter werden in diesem Land berufen. Es braucht nicht den Nachweis besonderer Leistungen wie etwa „Summakum laude“. Es reicht das richtige Parteibuch und die richtigen Leute zu kennen. Wahrlich ein Geburtsfehler dieses Landes dass Politiker bestimmen wer Richter wird.
Und wenn erst einmal Versicherer bestimmen dann sieht es so aus.
Berufen von Politikern, von uns gewählt auf Grundlage ungültiger Wahlgesetze. Da bleibt die Frage nach der Bestandskraft aller Urteile, aber auch aller Gesetze und Verordnungen bzw. aller von Politikern unterschriebener Verträge.
Was mich in diesem Zusammenhang interessieren würde. Wer kann ein Urteil vorweisen, welches eigenhändig vom Richter/in unterschrieben wurde?
@ HD-30
Wer hat Ihnen denn den Unsinn erzählt? Und was zum Teufel ist „Summakum laude“???
„AG Hannover prüft erneut mit bedenklichem Urteil die Angemessenheit im Rahmen der Anspruchsvoraussetzungen des Schadensersatzes (Urteil vom 18.11.2011 -462 C 9493/11-).
Donnerstag, 09.08.2012 um 11:31 von Willi Wacker“
Hallo, Willi Wacker,
wenn eine Richterin bei einem so einfachen Sachverhalt bezüglich des Schadenersatzes zu einer solchen Fehleinschätzung kommt und überdies noch von „Gebühren“ spricht, zeigt dies mehr als deutlich,dass ihr die Materie fremd ist, obwohl sie sich gleichwohl bequem und umfassend hätte sachkundig machen können.
Sie hat schlichtweg die 3 schadenersatzrechtlich tragenden Säulen ignoriert.
1) Liegt ein Auswahlverschulden mit der Beauftragung des Sachverständigen X vor ?
2) Ist seitens des Unfallopfers von einem Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht auszugehen ?
3) Ist mit der Entscheidung dem § 249 BGB, S.1, Rechnung getragen worden ?
Zu 3) sind die Entscheidungsgründe völlig unverständlich, denn hierbei geht es um die Wiederherstellung eines ganz bestimmten Zustandes,während mit der rechtswidrig vorgenommenen Kürzung einem anderen Zustand das Wort geredet wird. Davon steht im Gesetz überhaupt nichts.
Die Überschreitung der Obergrenze einer Honorarerhebung um weniger als 5,6% als „Überhöhung“ zu klassifizieren, zeugt von eklatanten Verständnisschwierigkeiten in der Sache und das auch noch zu Lasten des Unfallopfers, dem damit unterstellt wird, eben nicht der Kategorie der vernünftigen und wirtschaftlich denkenden Menschen anzugehören.
Eine per Urteil „im Namen des Volkes“ leichtfertig erfolgte Diskriminierung par excellence, das Unfallopfer betreffend, aber auch des von diesem beauftragten Sachverständigen, der nach Meinung der Richterin „überhöht“ abgerechnet hat.
Das hier klar ersichtlich und in jedweder Weise unkritisch eine BVSK-Honorarbefragung als „Gebührenordnung“ herhalten musste, ist nicht nachvollziehbar und man muss deshalb an dieser Stelle einmal kritisch die Frage stellen:
„Wieviel mangelnden Sachverstand, Bequemlichkeit und Willkür zu Lasten von Unfallopfern kann oder will sich ein Rechtsstaat, wie der der BRD, noch leisten ?“
Allerdings steht auch die Frage zur Beantwortung an, ob und inwieweit der Kläger in diesem Verfahren juristische Kompetenz präsentiert hat ? Ich habe da so meine Zweifel, ob auf der Klägerseite kompetent vorgetragen wurde. Energischer Einspruch wäre schon bei der Verwendung des Begriffes „Gebühr“ sicher veranlaßt gewesen. Was aber ist, wenn der Kläger selbst von „Schreibgebühren“ gesprochen haben sollte ? Ich empfehle, alle Kommentare zu diesem Urteil dem Direktor oder der Direktorin des AG Hannover unkommentiert zur Kenntnis zu bringen, wie auch der noch amtierenden Bundesjustizministerin.
Mit freundlichen Grüßen
Eure Petzmaus
Was meine Empfehlung angeht, muss ich mich jetzt leider korrigieren. Bitte doch nicht alle Kommentare weiterleiten.
Noch einen schönen Abend
Eure Petzmaus
Hallo Herr Otting,
summa cum laude, mit höchstem Lob, mit Auszeichnung, ausgezeichnet (eine hervorragende Leistung),;
Frank
Donnerstag, 09.08.2012 um 19:24
Hi, Frank,
für diese Aufklärung wird Herr Otting sicher dankbar sein.
Ich habe in eine ganz andere Richtung gezielt. Wie man sich irren kann.
Gruß
Petzmaus
@ Frank
„summa cum laude“ kenne ich.
hi Petzmaus,
welche denn?
Formal erfolgt die Richterernennung durch den Justizminister. Vorab erfolgt dort eine Bewerbung. Erst wenn diese positiv beschieden wird, wird ggf. vom Richterwahlausschuss geprüft. Hier sind Vertreter der Richterschaft, der Anwaltschaft sowie Landtagsabgeordnete vertreten. Diese sprechen dann eine Empfehlung aus. Ist auch diese positiv, wird die Ernennung in aller Regel vorgenommen.
@HD-30
Wir reden hier doch über Amtsrichter, oder?
Das wesentliche Kriterium bei deren Bewerbung ist die Examensnote. Ohne Prädikatsexamen geht da gar nichts.
„Summa cum laude“ ist eine bei Promotionen verwendete Note und hat mit dem zweiten juristischen Staatsexamen nichts zu tun.
Dass das mit „die richtigen Leute kennen“ und „Parteibuch“ zu tun haben soll, ist billigste Polemik.