Mit Urteil vom 18.07.2012 (266 C 104/12) hat das Amtsgericht Köln die AXA Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 204,09 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht hat die Schwacke-Liste angewandt und der Fraunhofer Tabelle eine Abfuhr erteilt. Auch Screenshot belegen nicht, dass der Geschädigte zu günstigeren Preisen hätten anmieten können.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage hat auch in der Sache überwiegend Erfolg.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung restlicher Mietwagenkosten in Höhe von 204,94 € gemäß §§ 7 Abs. 1,17 Abs. 1 u. 2 StVG, 115 VVG.
Die alleinige Haftung der Beklagten für den Verkehrsunfall vom xx.xx.2011 dem Grunde nach sowie die Anmietung des Ersatzfahrzeugs für den fraglichen Zeitraum sind zwischen den Parteien unstreitig.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer gemäß § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig erachten darf, wobei er nach dem Grundsatz der Erorderlichkeit und Wirtschaftlichkeit gehalten ist, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen (BGH NZV 2009, 447). Den Maßstab für die wirtschaftliche Erforderlichkeit des gewählten Mietwagentarifs bildet der am Markt übliche Normaltarif. Dieser Normaltarif kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof in Ausübung des tatrichterlichen Ermessens gemäß § 287 ZPO auf der Grundlage des gewichteten Mittels (Modus) des Schwacke-Automietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet des Anmietorts geschätzt werden, solange nicht mit konkreten Tatsachen Mängel an der betreffenden Schätzgrundlage aufgezeigt werden, die sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH NJW 2006, 2106; BGH NJW 2008, 1519; BGH, Urteil v. 22.02.2011, Az: VI ZR 353/09; BGH, Urteil v. 12.04.2011, Az.: VI ZR 300/09; BGH, Urteil v. 17.05.2011, Az.: VI ZR 142/10).
Mängel in diesem Sinne hat die Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Soweit sie zunächst unter Hinweis auf die Methodik der Datenerhebung generell auf die Ungeeignetheit des Schwacke-Mietpreisspiegels als Schätzgrundlage hinweist und statt dessen die vermeintlichen Vorzüge der Studie des Fraunhofer Instituts erläutert, vermag dies an der Eignung des Schwacke-Mietpreisspiegels aus Sicht des Gerichts nichts zu ändern. Der Verweis auf alternative Schätzgrundlagen stellt gerade keine konkrete Tatsache im Sinne oben genannter Rechtsprechung dar, welche Zweifel an der Geeignetheit des Schwacke-Mietpreisspiegels begründen (BGH, Urteil v. 22.02.2011, Az: VI ZR 353/09). Lediglich ergänzend weist das Gericht deshalb darauf hin, dass den von der Beklagten angeführten Vorzügen des von dem Fraunhofer Institut ermittelten Preisspiegels, etwa der Anonymität der Befragung, im Vergleich zu dem Schwacke-Preisspiegel auch Nachteile wie das geringere Ausmaß der Datenerfassung sowie eine gewisse „Internetlastigkeit“ gegenüberstehen (vgl. LG Köln, Urteil v. 27.07.2010. Az.: 11 S 251/09).
Die Anwendung der Schwacke-Liste kann allenfalls dann zur Schätzung ungeeignet sein, wenn der Schädiger umfassenden Sachvortrag dazu hält und insoweit Beweis antritt, dass dem Geschädigten im fraglichen Zeitraum eine Anmietung mit denselben Leistungen zu wesentlich günstigeren Preisen bei konkret benannten bestimmten anderen Mietwagenunternehmen möglich gewesen wäre (BGH, Urteil v. 22.02.2011, Az.: VI ZR 353/09). Auch unter Berücksichtigung der jüngsten BGH-Rechtsprechung (BGH, Urteil v. 12.04.2011, Az.: VI ZR 300/09; BGH, Urteil v. 17.05.2011. Az.: VI ZR 142/10) fehlt es an einem solchen Vortrag hier.
Insbesondere waren die vorgelegten Internetauszüge der Firmen Europcar, Avis und Sixt insoweit nicht ausreichend. Die Angebote beziehen sich auf eine Anmietung für den Zeitraum vom 05.06.2012 bis zum 08.06.2012, so dass sie für die Schätzung des Normaltarifs zum Anmietzeitpunkt im Dezember 2012 schon zeitlich keine Relevanz haben. Entscheidend ist überdies, dass den von der Beklagten vorgelegten „Screenshots“ der jeweiligen Internetangebote nicht zu entnehmen ist, dass diese Angebote mit der hier tatsächlich erfolgten Anmietsituation vergleichbar sind. Aus den „Screenshots“ ergeben sich jeweils nur die Anmietdauer, eine bestimmte Fahrzeuggruppe und ein Preis. Letzteres gilt für das vorgelegte Angebot der Firma Avis indes bereits nur eingeschränkt, wird in diesem doch nicht einmal ein fester Preis, sondern lediglich eine Anmietmöglichkeit zu einem Betrag „ab 169,46 €“ ausgewiesen. Den Angeboten ist aber insbesondere nicht zu entnehmen, ob für sie etwa eine Vorbuchungsfrist erforderlich ist. Dieser Umstand ist aber gerichtsbekannt ganz besonders erheblich für die Preisbildung. Die Höhe etwaiger Nebenkosten erschließt sich ebenfalls nicht. Lediglich das Angebot der Firma Sixt weist die Kosten für eine Vollkaskoversicherung aus. Ferner gehen Internetangebote erfahrungsgemäß entweder von einer Online-Vorauszahlungspflicht des Mieters aus oder es erfordert jedenfalls die Vorlage einer Kreditkarte bzw. die Eingabe der Kreditkartennummer durch den Mieter spätestens bei der Online-Anmietung. Beides ist einem Geschädigten aber nicht ohne weiteres zumutbar (vgl. OLG Köln, Urteil vom 18.08.2010, Az.: 5 U 44/10).
Soweit die Beklagte behauptet, die von ihr recherchierten Preise seien auch zum hier streitgegenständlichen Zeitpunkt unter den hier gegen gegebenen Umständen zugänglich gewesen, stellt sich die insoweit beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens vor diesem Hintergrund als unzulässiger Ausforschungsbeweis dar (vgl. OLG Köln, Urteil vom 18.08.2010, Az.: 5 U 44/10). Lediglich ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens auch ungeeignet erscheint. Es schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des Landgerichts Bielefeld in dessen Entscheidung vom 19.12.2007 an: „Es ist nicht ersichtlich, dass von einem Sachverständigen anzuwendende Erhebungsmethoden denen der Fa. EurotaxSchwacke überlegen sind. Einem gerichtlich bestellten Sachverständigen stünden keine Erkenntnismöglichkeiten offen, die eine bessere und realistischere Ermittlung der Mietwagenkosten zum Unfallzeitpunkt erwarten ließen. Die Ermittlung von Mietpreisen für einen vergangenen Zeitraum könnte ebenfalls nur durch eine Markterhebung in Form einer Befragung der im einschlägigen Postleitzahlenbereich ansässigen Mietwagenunternehmer erfolgen. Damit wären jedoch dieselben Fehlerquellen und Manipulationsmöglichkeiten eröffnet, aus denen die Beklagte Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Schwacke – Mietpreisspiegels herleitet.“‚ (vgl. LG Bielefeld, BeckRS 2008, 04036.).
Auch aus der bereits zitierten jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ergibt sich nach Auffassung des Gerichts lediglich, dass eine, soeben durchgeführte, Auseinandersetzung mit den von der Beklagten vorgelegten Internetangeboten zu erfolgen hat, nicht jedoch, dass diese zwingend eine Ungeeignetheit der Schwackeliste als Schätzgrundlage nach sich ziehen.
Insgesamt verbleibt es nach Auffassung des Gerichts trotz der Vielzahl der von der Beklagten vorgebrachten Einwendungen bei der Eignung des Schwacke-Mietpreisspiegels als Schätzgrundlage. Für die implizite Behauptung der Beklagten, die Vermieter würden auf die offene Frage der Firma EurotaxSchwacke überhöhte Preise nennen, um den Normaltarif in ihrem Sinne zu beeinflussen, fehlt es bislang an einem konkreten Nachweis.
Die gemäß § 249 BGB erforderlichen Mietwagenkosten konnten somit nach dem Schwacke-Mietpreisspiegel unter Berücksichtigung der Wochen- und Dreitagespauschalen, jeweils bezogen auf das Postleitzahlengebiet des Anmietorts, geschätzt werden.
Für das sich aus dem Anmietort ergebende Postleitzahlengebiet 479 ergibt sich aus dem Schwacke-Mietpreisspiegel 2011 zunächst ein zu ersetzender Normalpreis für ein Fahrzeug der Klasse 4 und eine Mietdauer von 3 Tagen in Höhe von brutto 327,00 € (1x Modus 3-Tagespauschale). Dem Kläger wurden insoweit lediglich 303,00 € brutto in Rechnung gestellt. Dieser Betrag ist mithin allein erstattungsfähig. Der Kläger muss sich keine Abzüge für ersparte Eigenaufwendungen gefallen lassen, da er ein klassetieferes Fahrzeug anmietete.
Der Kläger kann gesonderte Kosten für die Haftungsreduzierung von der Beklagten nicht ersetzt verlangen. Denn die Grundmietwagenkosten der Schwacke-Liste 2011 beinhalten eine solche bis zu einem Selbstbehalt von 500,00 € bereits. Die Kosten für eine darüberhinausgehende Beschränkung des Selbstbehalts sind nicht zu erstatten. Dies wäre nur dann möglich, wenn der Geschädigte für sein eigenes Fahrzeug ebenfalls eine Vollkaskoversicherung mit einem geringeren Selbstbehalt als 500,00 € abgeschlossen hätte. Die hat der Kläger nicht dargetan.
Der Kläger kann Zusatzkosten für die Zustellung und Abholung des Mietfahrzeugs in Ansatz bringen. Soweit die Beklagte pauschal bestritten hat, dass es zu diesen Leistungen tatsächlich gekommen ist, erfolgte dieses Bestreiten vor dem Hintergrund des substantiierten Klägervortrags und der Tatsache, dass diese Leistungen in der Rechnung vom xx.xx.2011 ausdrücklich aufgeführt sind, ersichtlich ins Blaue hinein und war daher unbeachtlich. Die Kosten für die Zustellung und Abholung eines Mietfahrzeugs zur bzw. von der Reparaturwerkstatt sind auch erstattungsfähig. Diese Zusatzleistungen darf ein Unfallgeschädigter in Anspruch nehmen. Es ist ihm nicht zuzumuten, den Transport zum Mietwagenunternehmen selbst zu organisieren (vgl. nur LG Köln, Urteil v. 22.02.2010, Az.: 20 O 376/09). Aus der Schwacke-Liste 2011 ergeben sich insoweit erstattungsfähige Kosten von insgesamt brutto 46,00 €.
Auch die Kosten für den Zusatzfahrer und die Anhängerkupplung sind erstattungsfähig. Solche Kosten sind dann als erforderlich im Sinne von § 249 BGB anzusehen, wenn auch das verunfallte Fahrzeug von mehreren Personen genutzt wurde bzw. über eine Anhängerkupplung verfügt. Denn in diesem Fall stellt nur die Anmietung eines Fahrzeugs mit Berechtigung zur Nutzung durch mehrere Personen bzw. mit Anhängerkupplung den Zustand her, der ohne das schädigende Ereignis bestanden hätte. Das diesbezügliche Bestreiten durch die Beklagte erfolgte ersichtlich ins Blaue hinein und war daher unbeachtlich. Aus der Schwacke-Liste 2011 ergeben sich insoweit erstattungsfähige Kosten von 36,00 € (Zusatzfahrer) und 30,00 € (Anhängerkupplung).
Die Zusatzkosten für die Bereitstellung der Winterreifen in Höhe von brutto 30,00 € kann der Kläger nicht ersetzt verlangen. Winterreifen gehören bei einem im Winter gemieteten Fahrzeug zur ordnungsgemäßen, vertraglich geschuldeten (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 23.04.2007, 14 U 34/07) und vorgeschriebenen Grundausstattung eines verkehrssicheren Fahrzeugs (vgl. § 2 Abs. 3a StVO), die der Mieter ohne Weiteres erwarten darf. Sie rechtfertigen daher nach Auffassung des Gerichts keinen Aufschlag, auch wenn sie in der Schwacke-Nebenkostentabelle aufgeführt sind (so auch OLG Köln, Urteil vom 23.02.2010, Az.: 9 U 141/09).
Insgesamt ergibt sich so ein erstattungsfähiger Betrag von 415,00 € (303,00 € zzgl. 46,00 € zzgl. 36,00 € zzgl. 30,00 €). Abzüglich der außergerichtlich gezahlten 210,06 € verbleibt der tenorierte Betrag von 204,94 €.
Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286, 288 BGB.
Der Kläger hat darüber hinaus Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Dabei kam es nicht darauf an, ob der Gebührenanspruch der Prozessbevollmächtigten gegenüber dem Kläger bereits fällig ist. Denn der Schaden des Klägers liegt bereits in der Belastung mit einem entsprechenden Vergütungsanspruch aufgrund der Beauftragung der Rechtsanwälte. Ein bis zur tatsächlichen Zahlung der Gebühren durch den Kläger lediglich bestehender Freistellungsanspruch hätte sich jedenfalls durch die Ablehnung weiterer Zahlungen durch die Beklagte in einen Zahlungsanspruch umgewandelt. Die hierfür gem. § 250 BGB grundsätzlich erforderliche Fristsetzung wäre eine reine Förmelei und war aufgrund der Zahlungsablehnung entbehrlich (vgl. Palandt, § 250, Rn. 2 m.w.N.). Ausgehend von dem Gesamtgegenstandswert von 903,66 € errechnen sich Kosten von 34,63 € (1,3 Gebühr von 110,50 € zzgl. Pauschale von 20,00 € zzgl. Mwst. von 24,80 € abzüglich gezahlter 120,67 €).
Der Zinsanspruch ergibt sich auch insoweit aus §§ 286, 288 BGB.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 , 713.
Soweit das AG Köln.