Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
unsere Sachverständigenkostenurteilsreise führt uns dieses Mal ins Ruhrgebiet. Nachstehend gebe ich Euch ein Urteil des Amtsgerichts Herne-Wanne vom 17.9.2012 – 13 C 159/11 – bekannt. Das Unfallopfer hatte einen qualkifizierten Kfz-Sachverständigen seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens beauftragt. Die regulierungspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung, die Beklagte zu 2. , die HUK-Coburg in Dortmund, regulierte die erforderlichen Sachverständigenkosten nur zum Teil. Ein Betrag von 286,42 € wurde nicht erstattet. Das Unfallopfer gab sich mit der Kürzung durch die HUK-Coburg nicht zufrieden und klagte den Betrag als restlichen Schadensersatz bei dem örtlich zuständigen Amtsgericht Herne-Wanne ein. Die zuständige Amtsrichterin gab der Klage nach Einholung eines gerichtlich angeordneten Sachverständigengutachtens statt. Bedenklich ist allerdings, dass das Gericht ein Sachverständigen-Gutachten zur Angemessenheit des Honorars des vorgerichtlichen Gutachters eingeholt hat. Eine Ex post- Betrachtung des Gerichts zur Angemessenheit des SV-Honorars verbietet sich eigentlich. Insoweit stimmt das Ergebnis, aber der Weg ist bedenklich. Lest selbst und gebt Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
13 C 159/11
Amtsgericht Herne-Wanne
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn …
Klägers,
gegen
1. Herrn …
2. die HUK Coburg Allgemeine Versicherungs-AG, vertr. d. d. Vorstand, Saarlandstr. 25, 44139 Dortmund,
Beklagten,
hat das Amtsgericht Herne-Wanne
im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 17.09.2012
durch die Richterin am Amtsgericht …
für Recht erkannt:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger gegenüber dem Ingenieur- und Sachverständigenbüro … von der offenen Restforderung in Höhe von 286,42 EUR laut Liquidation des Sachverständigen vom 23.09.2009, Rechnungsnummer … freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten auferlegt.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
Die Klage ist hinsichtlich der Hauptforderung begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagten Anspruch auf weiteren Schadensersatz in Höhe von 286,42 EUR aus dem Verkehrsunfall vom 17.09.2009 aufgrund der Rechnung des Sachverständigen R vorn 23.09.2009. Da der Kläger die Rechnung offenbar noch nicht ausgeglichen hat, kann er Freistellung von der Forderung des Sachverständigen gegen ihn verlangen.
Der Schadenshergang und die Einstandspflicht der Beklagten sind zwischen den Parteien unstreitig.
Die von der Beklagtenseite vorgenommene Kürzung hinsichtlich der vorgerichtlichen Sachverständigenkosten ist nicht gerechtfertigt.
Zwar kann der Geschädigte vom Schädiger nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Beauftragt er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen, der sich später im Prozess als zu teuer erweist, verbleibt ihm das Risiko, nicht sämtliche Kosten ersetzt zu erhalten, vgl. BGH VI ZR 67/06, Urteil vom 23.01.2007.
Allerdings hat die Beweisaufnahme im vorliegenden Fall ergeben, dass der Sachverständige lediglich Kosten in Rechnung gestellt hat, die noch im Rahmen des zu Erwartenden liegen. Der Sachverständige H. hat im Rahmen seines schriftlichen Gutachtens vom 25.05.2012 umfassend ausgeführt, dass das Grundhonorar des Sachverständigen R. im mittleren Erwartungsbereich liege, während sich die berechneten Nebenkosten im oberen Bereich der Vergleichswerte bewegten.
Das Gericht folgt hier den Feststellungen des Sachverständigen H., die detailliert und nachvollziehbar sind. Gründe, die auf eine Befangenheit des Sachverständigen schließen ließen, hat das Gericht nicht gesehen. Allein der Umstand, dass der Sachverständige sein Büro im selben Gebäude unterhält wie ein anderer Sachverständiger, der seinerseits Mitglied im VKS-Verband ist, und in dessen Auftrag einzelne -selbständige- Tätigkeiten ausgeführt rechtfertigt nicht die Annahme, der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Kfz-Sachverständigenhonorare sei zu einer unparteiischen Gutachtenerstellung nicht fähig.
Da eine Taxe oder ein ortsübliches Honorar für Kfz-Sachverständige nicht existiert und sich die Rechnung des Sachverständigen R. innerhalb der zu erwartenden Bandbreite hält, kann dem Kläger hier aus der Beauftragung des Sachverständigen kein Nachteil entstehen. Der Geschädigte ist nämlich nicht verpflichtet, im Interesse des Schädigers eine Markterforschung mit dem Ziel zu betreiben, den preiswertesten Sachverständigen zu ermitteln und zu beauftragen.
Ein Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten an den Rechtsschutzversicherer des Klägers kann demgegenüber nicht erfolgreich geltend gemacht werden, da der Kläger seine Aktivlegitimation insoweit nicht substantiiert dargelegt hat. Nach eigenem Vortrag hat der Versicherer die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ausgeglichen. Damit ist ein etwaiger Erstattungsanspruch auf den Versicherer übergegangen. Aufgrund welcher Umstände der Kläger gleichwohl zur gerichtlichen Geltendmachung legitimiert ist, ist nicht dargelegt worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Die Berufung wird zugelassen.
Hi W.W.,
eine Ex post- Betrachtung des Gerichts zur Angemessenheit des SV-Honorars verbietet sich eigentlich. Insoweit stimmt das Ergebnis, aber der Weg ist bedenklich. Genau so ist es. Man sollte überlegen, ob man solche Urteile, die nur im Ergebnis richtig sind, hier veröffentlicht. So mancher nicht hinterfragende Kollege richtet sich dann nach diesen Urteilen. Das kann manchmal dann auch ein Schuss in die falsche Richtung sein. Insoweit war es schon gut, dass ein entsprechender warnender Vorspann dem Urteil vorausgestellt wurde.
Andererseits verstehe ich, dass auch dieses für die HUK-Coburg negative Urteil hier veröffentlicht wird. Immerhin vergrößert es die Zahl der gelisteten Negativurteile gegen HUK-Coburg-Group. Wenn schon Listung, dann aber bitte immer mit Warnvermerk versehen. Die Gefahr des Nachmachens ist nämlich groß. Und mancher schaut auch nur aufs Ergebnis und meint, jedes der hier gelisteten Urteile sei spitze.
Aus Nordhessen schöne Wochenendgrüße
G.Gladenbach