Mit Urteil vom 12. Oktober 2012 hat das Amtsgericht Rockenhausen Az. 4 C 508/12 dem klagenden Sachverständigen weitere 184,98 € nebst Zinsen zugesprochen.
Aus den Gründen:
… Die Sachverständigenkosten sind i.H.v. 595,89 € zu ersetzen, so dass dem Kläger nach dem hierauf bereits 410,91 € gezahlt wurden, weitere 184,98 € zustehen.
Die Kosten eines Sachverständigengutachtens gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteil, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches erforderlich und zweckmäßig ist (BGH, Urteil vom 30. November 2004, VI ZR 365/03). Für die Frage der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit einer solchen Begutachtung ist auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen. Demnach kommt es darauf an, ob ein verständiger und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte (BGH, a.a.O.). Dass die Einschaltung eines Sachverständigen geboten war, wird nicht bestritten.
Auch die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, da sie noch dem unterfallen, was ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Der Geschädigte ist regelmäßig nicht verpflichtet, sich nach dem günstigsten Sachverständigen zu erkundigen. Im Rahmen seiner Schadenminderungspflicht ist der Geschädigte vielmehr gehalten, sich zügig um die Schadensermittlung und -behebung zu kümmern, um Kosten für Nutzungsausfallentschädigung bzw. Mietwagen gering zu halten. Eine umfassende Erkundungspflicht würde dem zuwider laufen. Zudem ist ein vorab durchgeführter Preisvergleich häufig wenig hilfreich, da sich das Preisgeflecht der Sachverständigenhonorierung nicht ohne weiteres vergleichen lässt, da nicht nur Unterschiede im Grundhonorar bestehen, sondern auch in den Nebenkosten.
Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte kann der Geschädigte also grundsätzlich davon ausgehen, dass sich der Sachverständige im Rahmen des ihm eingeräumten billigen Ermessens bei der Bemessung seiner Sachverständigenvergütung hält. Es ist dem Geschädigten auch nicht zuzumuten, ohne konkreten Anlass eine genaue Aufschlüsselung der vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Kosten zu verlangen, oder es gar auf einen Rechtsstreit mit dem Sachverständigen hinsichtlich der Angemessenheit dieser Kosten ankommen zu lassen. Hat demgemäß der Geschädigte keinen Hinweis darauf, dass die für das Gutachten in Rechnung gestellten Gebühren völlig aus dem üblichen Rahmen fallen bzw. in keinerlei vernünftigen Verhältnis zu erbrachten Leistung stehen, so kann er diese Kosten vom Schädiger ersetzt verlangen (OLG Nürnberg, VRS 103 Seite 321 ff.). Demzufolge wären auch Kosten zu erstatten, die am oberen Rand der am örtlichen Markt üblichen Vergütung liegen. Unter Beachtung dieser Grundsätze steht dem Kläger ein Anspruch auf Ersatz der restlichen Sachverständigengebühren zu.
Darüber hinaus kann die Vergütung schon nicht als unangemessen hoch eingestuft werden. Schon der Umstand, dass sich die im Streit stehende Sachverständigenhonorierung innerhalb des Preiskorridors der Honorarbefragung des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e. V.für die Jahre 2010/2011 bewegt, spricht gegen deren Unangemessenheit (Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 10. Februar 2011, 13 S 109/10; Urteil vom 30. Mai 2008, 13 S 20/08). Hierbei wird klargestellt, dass die Befragung der BVSK–Mitglieder nicht als starrer Maßstab verstanden wird, sondern lediglich als Orientierungshilfe, um die Fälle einzugrenzen, die jedenfalls nicht völlig aus dem Rahmen fallen. Insofern kann die seitens der Beklagten behauptete Angreifbarkeit der Honorarbefragung dahinstehen.
Sowohl das von dem Sachverständigen berechnete Grundhonorar als auch der überwiegende Teil der in Rechnung gestellten Nebenkosten liegen innerhalb des so genannten Honorarbereichs V der BVSK – Honorarbefragung, in dem 50-60 % der befragten Sachverständigen abrechnen.
Ebensowenig bestehen Bedenken gegen eine Abrechnung der Nebenkosten neben der Pauschalierung des Grundhonorars. Es ist nicht ersichtlich, warum die Arbeitsleistung nicht pauschal abgerechnet werden soll und daneben noch die tatsächlich angefallenen Auslagen. Dieser Abrechnungsart ist nicht zu beanstanden, zumal sie auch von Gebührenordnungen wie z.B. dem RVG gewählt wird.
Die Höhe der Fahrtkosten ist nicht zu beanstanden; gleiches gilt für die Entfernung von 18 km. Insofern liegen die berechneten Fahrtkosten sogar noch unterhalb des Honorarkorridors V für Fahrtpauschalen. Die tatsächliche Entstehung von Fahrtkosten folgt im vorliegenden Fall daraus, dass die Besichtigung nicht in der Niederlassung des Sachverständigen, sondern in der Werkstatt stattgefunden hat. ……
Sehr geehrter Herr Kollege Reckels,
damit stellt sich das AG Rockenhausen (Rheinland-Pfalz) eindeutig – und bewußt – gegen das LG Saarbrücken (Urt. v. 22.6.2012 – 13 S 37/12 -), mit dem die Versicherungen nunmehr hausieren gehen. Bekanntlich hatte die Berufungskammer des LG Saarbrücken im Berufungsverfahren die Nebenkosten der SV-Kostenrechnung auf 100 € begrenzt. Die Nachbargerichte von Saarbrücken, seien es Landgerichte, wie Zweibrücken oder Trier, seien es Amtsgerichte, wie Saarlouis oder Rockenhausen, halten die Saarbrücker Rechtsprechung schlichtweg für falsch. Das Urteil des LG Saarbrücken ermangelt auch an erheblichen Fehlern. Zum einen sind die Nebenkosten keineswegs im Rahmen der Erforderlichkeit zu prüfen, allenfalls im Rahmen des Mitverschuldens, wenn die berechneten Nebenkosten mit der Wirklichkeit nicht mehr übereinstimmen – und dies für den Geschädigten sofort ins Auge springt, z.B. war die Fahrstrecke zum Geschädigten ca. 10 km, der SV rechnet aber Hin- und Rückfahrt 50 km. Im Gutachten sind 10 Lichtbilder, der SV rechnet aber insgesamt 50 Lichtbilder ab, usw. Hier muss der Geschädigte als Kunde des SV sofort eingreifen und die Bezahlung (teilweise) verweigern. Aber auch die Annahme des Gerichts, die Nebenkosten pauschal mit einem Betrag zu bemessen, geht fehl. Nebenkosten sind Kostenpositionen, die konkret anfallen und dementsprechend abgerechnet werden. Durchlaufende Fremdkosten sind keine Nebenkosten, sondern als Fremdkosten extra auszuweisen. Diese können ebenfalls nicht pauschaliert angegeben werden.
Es ist daher schön, dass sich die umliegenden Gerichte nicht durch das kritisch zu betrachtende Urteil des LG Saarbrücken beeindrucken lassen.
Mit freundlichen koll. Grüßen
Friedrich-Wilhelm Wortmann
F-W Wortmann
Donnerstag, 25.10.2012 um 10:37
Sehr geehrter Herr Kollege Reckels,…
„Aber auch die Annahme des Gerichts, die Nebenkosten pauschal mit einem Betrag zu bemessen, geht fehl.“
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Sehr geehrter Herr Wortmann,
es kann nicht oft genug wiederholt werden, dass Nebenkosten von der Schadenhöhe unabhängig sind, wie es sich auch aus allen unabhängigen Honorarerhebungen klar und unmissverständlich ergibt. Eine Grenzziehung der Höhe nach als „Vorgabe“ ist als eklatanter Angriff auf das Grundgesetz zu werten, der die Berufsfreiheit einschränkt und die unabhängige Erstattung verkehrsfähiger Beweissicherungs-Gutachten vorsätzlich behindert und somit auch eine Behinderung des Wettbewerbs beinhaltet.
Gruß
LUMIX