Mit Beschluss vom 29.03.2012 (12 U 233/11) hat das OLG Koblenz im Berufungsverfahren die Entscheidung des Landgerichts (welches?) bestätigt, in welcher der Schädiger zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten auf der Basis der Schwacke-Liste verurteilt wurde. Allein die Existenz der Fraunhofer Liste führe nicht dazu, dass die Schwacke-Liste unrichtig werde. Auch der vorgenommene 20 %ige Aufschlag auf den Normaltarif wurde bestätigt.
Aus den Entscheidungsgründen:
Hinweis:
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
Das Landgericht hat der Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung in dem erkanntem Umfang stattgegeben.
Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht zur Ermittlung des hier in Frage stehenden „Normaltarifs“ den Automietpreisspiegel 2007 von Eurotax – Schwacke herangezogen hat. Grundsätzlich kann der erkennende Richter zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten im Rahmen des § 287 ZPO auf vorhandene Listen oder Tabellen zurückgreifen. Die jeweilige Eignung dieser Tabellen oder Listen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf nur dann einer Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass sich geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage auf den zu entscheidenden Fall im erheblichen Umfang auswirken (so u. a. BGH VI ZR 300/09 zitiert nach Juris).
Solche konkreten Tatsachen sind nach der Überzeugung des Senats hier von Beklagtenseite nicht dargetan worden.
Insbesondere kann, entgegen der Auffassung der Beklagten, aus der „bloßen Existenz“ des „Fraunhofer-Mietpreisspiegels“ nicht auf eine Ungeeignetheit der „Schwacke-Liste“ geschlossen werden. Vielmehr kann der erkennende Richter grundsätzlich auf beide Listen zurückgreifen (so u. a. BGH VI ZR 293/09 zitiert nach juris). Auch ist gerade in jüngerer Zeit die Verwendung des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ ausdrücklich durch den Bundesgerichtshof und andere Obergerichte gebilligt worden (so u. a. BGH in VersR 2010, 94; VersR 2008, 699; NJW 2008, 2910; NJW 2006, 630; VersR 2007, 1144; OLG Köln 13 U 6/09, Beschluss vom 20.04.2009, zitiert nach Juris; OLG Stuttgart 7 U 109/11, Urteil vom 18.08.2011, zitiert nach Juris).
Auch die von der Beklagten vorgelegten „Internetangebote“ führen zu keinem anderen Ergebnis. Hierbei war bereits zu beachten, dass die Beklagte nach ihrem eigenen Vorbringen diese „Internetangebote“ nicht vorgelegt hat, um die in den konkreten Fällen tatsächlich erreichbaren Mietwagenpreise darzustellen. Die Internetangebote sollen vielmehr lediglich belegen, dass die Werte des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ erheblich von den am Markt zugänglichen Preisen abweichen würden. Wie aber bereits oben ausgeführt, sind in Bezug auf die von dem erkennenden Richter herangezogenen Tabellen und Listen nur solche konkreten Tatsachen zu berücksichtigen, die sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang konkret auswirken.
Weiterhin ist festzustellen, dass die von der Beklagten vorgelegten Internetangebote (u. a. Avis, www.billigermietwagen.de) mit den tatsächlich hier zur Verfügung gestellten Mietwagen auch nicht vergleichbar sind. Signifikante Unterschiede bestehen hierbei u. a. wie folgt:
Zur Gewährung des günstigen Tarifs werden bei den Internetangeboten die Vorlage zumindest einer, teilweise aber auch zweier Kreditkarten verlangt. Auch gehen die Internetangebote und der „Schwacke-Mietpreisspiegel“ von unterschiedlichen Selbstbeteiligungen betreffend die Vollkaskoversicherung (Schwacke-Mietpeisspiegel höhere Selbstbeteiligung) aus. Weiterhin wird von unterschiedlichen Anmietungszeiträumen (erforderliche Vorbuchungsfrist) und unterschiedlicher Mietdauer (feste oder flexible Mietdauer) ausgegangen. Die Internetangebote weisen auch keinerlei Zusatzkosten aus, so dass davon auszugehen ist, dass es sich hierbei gerade nicht um den Endpreis handelt. Auch sind die jeweiligen Fahrzeugklassen offenbar nicht identisch. So wendet die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 1.06.2011 berechtigterweise ein, u.a. bei dem Schadensfall 3 (…[A]) hätte der Geschädigte tatsächlich ein Fahrzeug der Gruppe 7 angemietet, das Alternativangebot der Beklagten gehe allerdings von einem solchen Fahrzeug der Gruppe 4 aus.
Schließlich hatte der Senat auch zu beachten, dass die von der Beklagten vorgelegten Internetangebote zumindest teilweise auf einen Zeitraum datieren, der dem hier relevanten weit vorgelagert ist (zwei bis drei Jahre). Der Senat folgt nicht dem diesbezüglichen Einwand der Beklagten, dies sei für die Klägerin sogar günstig, da sich die Preise zwischenzeitlich sicherlich (?) erhöht hätten. Von einer solchen „automatischen“ Preissteigerung im Mietwagengewerbe konnte nämlich nicht ausgegangen werden.
In dem angegriffenen Urteil ist somit rechtsfehlerfrei zur Ermittlung des „Normaltarifs“ der „Schwacke-Mietpreisspiegel“ herangezogen worden.
Rechtsfehlerfrei ist der Klägerin in dem angegriffenen Urteil auch ein 20 %iger „Aufschlag“ zuerkannt worden. Bei einer unfallbedingten Mietwagenanmietung kommt nämlich unter Umständen auch ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif in Betracht (BGH in VersR 2010, 494). Die tatsächliche Prüfung, ob dieser pauschale Aufschlag zuzubilligen ist oder nicht, ist hierbei darauf beschränkt, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein diesen Mehrpreis rechtfertigen (so u. a. BGH in VersR 2007, 516; VersR 2006, 852; VersR 2006, 564). Diese Art der Prüfung gewährleistet es, dass die erforderlichen Mietwagenkosten nach einem Unfall anhand objektiver Kriterien ermittelt werden, ohne dass es für die Erforderlichkeit i. S. des § 249 S. 2 S. 1 BGB auf die konkrete Situation und Kalkulation des einzelnen Vermieters ankommt (BGH in VersR 2010, 494; VersR 2008, 1370; NJW 2008, 2910; OLG Köln 13 U 6/09, Beschluss vom 20.04.2009, zitiert nach Juris). Das Landgericht führt in seinem angegriffenen Urteil zutreffenderweise aus, dass die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 2.06.2009 substantiiert im Einzelnen dargelegt habe, welche besonderen unfallspezifischen Kostenfaktoren und Risiken (so u. a. Vorfinanzierung, Bonitätsrisiko, Forderungsausfallrisiko, Fahrzeugvorhaltung, erhöhter Verwaltungsaufwand) bei ihr in den hier in Frage stehenden Fällen bzw. auch generell anfallen würden bzw. angefallen sind. Die Beklagte ist der Richtigkeit dieses Vortrages in der Folgezeit nicht entgegen getreten. Somit hat die Klägerin die von der Rechtsprechung geforderten spezifischen Leistungen, die bei der Vermietung an Unfallgeschädigte generell einen Mehrpreis rechtfertigen, substantiiert und nachvollziehbar dargetan. Sie ist somit berechtigt, einen pauschalen Aufschlag in Ansatz zu bringen. Insoweit war es auch nicht relevant, dass die Mietwagenanmietungen hier teilweise erst mehrere Wochen nach den jeweiligen Unfällen erfolgt sind.
Was die Höhe des Aufschlages angeht, ist dieser in einer Vielzahl zu dieser Problematik ergangener Entscheidungen auf eine Größenordnung von 10 bis 30 % beziffert worden (so u.a OLG Köln in NZV 2007, 199; OLG Karlsruhe in VersR 2008, 92). Die Veranschlagung des erkennenden Gerichts auf 20 % ist von dem Senat nicht zu beanstanden (§ 287 ZPO).
Der Klage ist folglich in erkannter Höhe zu Recht stattgegeben worden.
Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 07.05.2012.
Soweit das OLG Koblenz.
Anmerkung:
Anschließend wurde die Berufung zurückgenommen.