In einer bereits üblichen gerichtlichen Honoraruseinandersetzung zwischen einem Sachverständigen und der HUK-Coburg, wurde (ebenso üblich) die HUK-Coburg-Versicherung vom Amtsgericht Regensburg zur vollständigen Zahlung des Sachverständigenhonorars einschließlich Mehrwertsteuer, aufgrund einer rechtsgültigen „Abtretung an Erfüllungs statt“, verurteilt! Nachfolgend die Abschrift des Urteils:
AZ: 9 C 3104/06, AG Regensburg:
Im Namen des Volkes!
Urteil in dem Rechtsstreit, Kfz-Sachverständiger W. Z… (Kläger) gegen HUK-Coburg Allgem. Vers. AG (Beklagte)
wegen Schadenersatz erlässt das Amtsgericht Regensburg durch den Richter Gaßmann aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 05.03.2007 folgendes Endurteil:
I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 414,82 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2006 zu bezahlen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Von der Abfassung des Tatbestandes wurde gemäß §313a I ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat vollumfänglich erfolg.
I.) Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das angegangene Gericht sachlich und örtlich zuständig gemäß §§20 StVG, 23 Nr.1 GVG.
II.) Die Klage ist auch begründet.
1.) Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung von 414,82 Euro aus abgetretenem Recht gemäß §§ 7, 18 StVG, 823, 249 ff BGB, 3 Nr. 1 PflVG.
a.) Zunächst ist der Kläger aktivlegitimiert. Dem Kläger wurde mittels Abtretungserklärung vom 09.08.2006 der aus dem Verkehrsunfall vom 01.08.2006 resultierende Schadenersatzanspruch der geschädigten Firma W… gegen die Beklagte in Höhe der Klageforderung an Erfüllungs statt abgetreten. Das Bestehen eines solchen Schadensersatzanspruchs (vor der Abtretung zwischen Geschädigtem und der Beklagten) in der angegebenen Höhe ist zwischen den Parteien unstreitig geblieben.
Ein Verstoß gegen §1 des Rechtsberatungsgesetzes ist in der erfolgten Abtretung nicht zu erkennen. Durch die Abtretung an Erfüllungs statt ist der Anspruch des Klägers auf Erstattung der Kosten für das Gutachten gegenüber der geschädigten Firma W… gemäß §364 I BGB erloschen. Somit besorgt der Kläger vorliegend gerade keine fremde Rechtsangelegenheit, sondern betreibt die Geltendmachung der Forderung ausschließlich in eigenem Interesse. Auch wurde dem Kläger der Anspruch nicht lediglich zu einziehungszwecken oder dazu abgetreten, dem Geschädigten die Verfolgung und Durchsetzung von dessen Ansprüchen abzunehmen. Denn der Geschädigte hat aufgrund der gegenüber dem Kläger eingetretenen Erfüllungswirkung keinerlei Eigeninteresse mehr daran, ob die betreffende Forderung eingezogen wird oder nicht.
b.) Der in der Gutachtenrechung angeführte Betrag stellt eine übliche Vergütung gemäß §632 II BGB und ist daher als im Sinne des §249 BGB „erforderlicher“ Bestandteil des Schadenersatzes von der Beklagten zu ersetzen. So hat der Sachverständige Dipl.-Ing. R… klargestellt, dass es für die Honorarvereinbarungen zwischen freien Sachverständigen und Unfallgeschädigten keinerlei verbindliche Gebührentabellen oder -taxen gebe. Maßgeblich sind demzufolge grundsätzlich diejenigen Beträge, die in dem entsprechenden geografischen Bereich üblicherweise von Sachverständigen in Rechnung gestellt werden. Der Sachverständige hat nachvollziehbar und eindeutig dargelegt, dass sämtliche in der Rechnung aufgeführten Positionen sich im Rahmen des üblicherweise Verlangten bewegen. Insbesondere seien die in der Rechnung gestellten Nebenkosten in keiner Weise zu beanstanden oder als überhöht anzusehen. Der von Beklagtenseite vorgebrachte Einwand, ein freier Sachverständiger dürfe wohl nicht mehr für Nebenkosten ansetzen als einem gerichtlich bestellten Sachverständigen nach dem JVEG zuerkannt werde, geht schon deshalb fehl, weil eine Berechnung in dieser Höhe eben gerade nicht „üblich“ ist. Auch steht einer Übertragung auf Privatgutachter der Umstand entgegen, dass Privatgutachter im Unterschied zu gerichtlichen Sachverständigen, die zu den Parteien nicht in einem Vertragsverhältnis stehen, dem Auftraggeber nach algemeinen Regeln sowohl vertragsrechtlich als auch deliktsrechtlich haften, während die Haftung gerichtlicher Sachverständiger der Sonderregelung des § 839a BGB unterliegt, die die Haftung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz beschränkt hat, damit der Sachverständige, der nach den Verfahrensordnungen (§407 ZPO, § 75 StPO) regelmäßig zur Übernahme der Begutachtung verpflichtet ist. Seine Tätigkeit ohne den Druck eines möglichen Rückgriffs der Parteien ausüben kann (vgl. Urteil des BGH vom 23.001.2007, AZ: VI ZR 67/06). Auch halten sich die einzelnen Positionen innerhalb des jeweiligen „Honorarkorridors“ der von Klägerseite vorgelegten BVSK-Honorarbefragung, auf welche sich auch die Beklagte bezieht. Die gewählte Abrechnungsmodalität (Grundhonorar angelehnt an die Schadenshöhe) ist nach den Angaben des Sachverständigen Dipl.-Ing. R… ebenfalls allgemein üblich und wurde im Übrigen von der Beklagtenseite auch nicht beanstandet.
c.) Die Berechtigung der geschädigten Firma W… zum Vorsteuerabzug steht einer Geltendmachung der Brutto-Gutachterkosten durch den Kläger nicht im Wege. Eine Schlechterstellung der Beklagten nach dem Rechtsgedanken der §§ 404, 407 BGB ist nicht eigetreten. Ausweislich der Abtretungserklärung hat die Geschädigte dem Kläger von ihrem (Gesamt-)Schadensersatzanspruchs einen Betrag „in Höhe der (…) Sachverständigenkosten und der daraus entstehenden Umsatzsteuer“ abgetreten. Zwar hätte die Geschädigte von der Beklagten nur Ersatz der Nettokosten verlangen können, den darüber hinaus gehenden Umsatzsteuerbetrag konnte sie jedoch ohne weiteres von ihrem „restlichen“ Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte an den Kläger abtreten. Somit ist die Beklagte durch die Abtretung also nicht dazu verpflichtet worden, den Steuerbetrag zusätzlich zu entrichten, sondern kann diesen Betrag vielmehr von dem Erstattungsanspruch der Geschädigten in Abzug bringen. Dass die Beklagte den gesamten „restlichen“ Schadenseratzbetrag in Unkenntnis der erfolgten Abtretung bereits an die Geschädigte geleistet habe, wurde von ihr in keiner Weise behauptet. Die Beklagte ist daher nicht gemäß § 407 I GBG gegenüber dem Kläger in Höhe des Steuerbetrages von der Leistungspflicht befreit worden.
2.) Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.
3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO.
4.) Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Gaßmann (Richter)
– Urteilsabschrift eingestellt von SV Scherz am 27.04.2007 –
Sauber, kurz und verständlich begründet, mit anderen Worten,
„Recht“ gesprochen und so einfach kann es sein.
Respekt, Herr Richter Gaßmann
Hierzu passt auch: Gutachten der RAK München vom 16.02.2007 zur Angemessenheit einer Geschäftsgebühr von 1,8 In ihrem umfangreichen Gutachten vom 16.02.2007 kommt die RAK München zu dem Ergebnis, dass eine Geschäftsgebühr von 1,8 dann angemessen ist, wenn der Rechtsanwalt eine umfangreiche oder schwierige Tätigkeit ausgeübt hat. Die RAK bejaht das Vorliegen einer umfangreichen Tätigkeit, da die Drittbeklagte (hier: die HUK-Coburg) die Schadensregulierung erschwert und behindert hat, so dass sich der Umfang der Tätigkeit des Rechtsanwaltes auf 4,45 Stunden belaufen hat. Aufgrund der schwierigen Unfallsituation (Rückwärtsfahrt aus Grundstück) kommt die RAK zudem zu dem Ergebnis, dass die ausgeübte anwaltliche Tätigkeit schwierig war. Zum Gutachten: http://verkehrsanwaelte.de/news/news04_2007_punkt3.pdf
hallo leser
vielen dank für den hinweis auf dieses schöne kammergutachten.
heinzelmännchen sollte es unter der überschrift „rechtsanwaltsgebühren“ hier im volltext veröffentlichen.
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Jawoll!
Hallo Herr Buschhorn,
Das BVerwG hat vor einiger Zeit klargestellt, dass der Erlaubnisvorbehalt des RBerG nicht für die Abtretung an Erfüllungs statt gilt, vgl. NJW 2003, 2767. Den Volltext des Urteiles habe ich leider nicht. In bisher allen von uns geführten Honorarprozessen wurde die Abtretung an Erfüllungs statt anstandslos akzeptiert.
wie wärs mit unsrem Urteil: 4 U 49/05 Oberlandesgericht Naumburg (zu finden unter Urteile)
Am 12.10.2004 beauftragte Herr S. – wie in der Berufungsinstanz unstreitig geworden ist – den Kläger mit der Erstellung eines Unfallschadensgutachtens. Er unterzeichnete ein mit „Sicherungsabtretung“ benanntes Formular, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird auf (Bö. 1/16). Wegen der dort genannten „umseitig abgedruckten Honorartabelle“ wird auf Bö. I/28 sowie Bö. II/30 d. A. Bezug genommen.
Weiter heißt es:
aa) Der Kläger ist aktiv legitimiert, da die Sicherungsabtretung vom 12.10.2004 wirksam ist.
Insbesondere liegt kein Verstoß gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG i. V. m. § 134 BGB vor.
Hier war unser Kunde auch bereit, die Aussage der SB der Versicherung:
– Wenn er mal früher angerufen hätte, hätte man ihn zur DEKRA geschickt – zu bezeugen.
Mit freundlichen Grüßen
Chr. Zimper
Hallo Herr D.Buschhorn
Melden Sie sich doch im Captain-HUK Forumin der Kategorie registriertes Fachpublikum an.
Dort gibt es ein eigenes internes Forum SV-Honorare.
Grüße
Heinzelmännchen
Hallo SV-Kollegen,
wer kann mit weiteren Urteilen-Hinweisen bezüglich SV-Gebühren und HUK dienen?
Unser Anwalt meint eine Sicherung/Abtretung der Gebührenforderung würde bei anstehender Klage gegen die HUK als Verstoss gegen das Rechtsberatungsgesetz bewertet.
Offensichtlich nach neuem Urteil nicht der Fall.
Zusätzliche Hinweise-Urteile wären aber hilfreich.
D.Buschhorn
Volltext des Urteil BVerwG, NJW 2003, 2767 = BVerwG 6 C 27.02 vom 16.3.2007
Gerade ist mir das obige Urteil noch mal untergekommen. Nachdem wie hier schon 2006 zur Abtretung an Erfüllungs statt geurteilt wurde, stellt sich jedem normal denkenden Menschen einmal mehr die Frage, was sich der VI. Senat mit VI ZR 357/13 erlaubt bzw. dabei gedacht hat?
Insoweit zudem einige AG-Richter, wie z. B. am AG München, mittels unzulässiger Überprüfung von Einzelpositionen der SV-Honorarrechnung einen Bezug zum JVEG herzustellen versuchen, lohnt sich ebenfalls ein intensiver Blick in die Urteilsbegründung des AG Regensburg wegen des zutreffenden Verweises auf BGH VI ZR 67/06, Rand-Nr. 21.
Der von Beklagtenseite vorgebrachte Einwand, ein freier Sachverständiger dürfe wohl nicht mehr für Nebenkosten ansetzen als einem gerichtlich bestellten Sachverständigen nach dem JVEG zuerkannt werde, geht schon deshalb fehl, weil eine Berechnung in dieser Höhe eben gerade nicht “üblich” ist. Auch steht einer Übertragung auf Privatgutachter der Umstand entgegen, dass Privatgutachter im Unterschied zu gerichtlichen Sachverständigen, die zu den Parteien nicht in einem Vertragsverhältnis stehen, dem Auftraggeber nach algemeinen Regeln sowohl vertragsrechtlich als auch deliktsrechtlich haften, während die Haftung gerichtlicher Sachverständiger der Sonderregelung des § 839a BGB unterliegt, die die Haftung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz beschränkt hat, damit der Sachverständige, der nach den Verfahrensordnungen (§407 ZPO, § 75 StPO) regelmäßig zur Übernahme der Begutachtung verpflichtet ist. Seine Tätigkeit ohne den Druck eines möglichen Rückgriffs der Parteien ausüben kann (vgl. Urteil des BGH vom 23.01.2007, AZ: VI ZR 67/06).
Lässt also, wo auch immer, ein Richter erkennen, dass nach JVEG auch nur ansatzweise geschielt wird, dann ist zwingend die Berufung im Sinne einer einheitlichen Rechtsprechung zu beantragen.
BGH VI ZR 67/06
21 b) Nach dem genannten Urteil ist auch die vom Berufungsgericht vorgenommene Übertragung der Grundsätze des JVEG für die Vergütung gerichtlicher Sachverständiger auf Privatgutachter nicht angebracht. Der Anwendungsbereich des JVEG ist auf die in § 1 JVEG genannten Verfahren beschränkt. Einer Übertragung auf Privatgutachter steht schon der Umstand entgegen, dass Privatgutachter im Unterschied zu gerichtlichen Sachverständigen, die zu den Parteien nicht in einem Vertragsverhältnis stehen, dem Auftraggeber nach allgemeinen Regeln sowohl vertragsrechtlich als auch deliktsrechtlich haften, während die Haftung gerichtlicher Sachverständiger der Sonderregelung des § 839a BGB unterliegt, die die Haftung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz
beschränkt hat, damit der Sachverständige, der nach den Verfahrensordnungen (§ 407 ZPO, § 75 StPO) regelmäßig zur Übernahme der Begutachtung verpflichtet ist, seine Tätigkeit ohne den Druck eines möglichen Rückgriffs der Parteien ausüben kann (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2006 – X ZR 122/05 – aaO Rn. 19).
Wer dennoch bereits nach JVEG „ab gefrühstückt“ wurde, bitte schnellstmöglich diese Urteile an CH senden, damit hier entsprechende Hinweise zu dieses Gerichtsständen gegeben werden können.
Hallo Frau Zimper,
schonmal vielen Dank für die „Neu“-Kommentierung dieses Urteils. In letzter Zeit hatten wir allerdings keine Klagewerwiderungen, in denen auf das JVEG bezug genommen wurde.
Vielmehr scheint zumindest bei uns der Trend dahin zugehen, dass auf „Referenzpreise“ von Discountern bei der Entwicklung von Lichtbildern abgestellt wird…….Naja, inhaltlich brauch man zu einem solchen Vortrag eigentlich keine ernsthafte Stellung beziehen……, also Entwicklung der Lichtbilder bei Discountern, aber man muss es ja trotzdem….
Hier allerdings eine andere Frage:
Inwieweit waren bereits Hinweise an die Gerichtsstände erfolgsversprechend, wenn mal wieder ein Fehlurteil gefällt wurde. Hat sich nach einem solchen Hinweis schonmal etwas Grundsätzliches an einem Gerichtsstand geändert?
An solche „allgemeinen Hinweise“ habe ich z.B. noch nie gedacht, denn als RA reicht man Klage ein und danach verbieten sich „allgemeine Hinweise“, die sich nicht auf den Prozess als solchen beziehen.