Mit Urteil vom 28.11.2012 (716 C 241/12) hat das Amtsgericht Hamburg-Barmbek den Versicherungsnehmer der HUK-Coburg zur Zahlung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 129,22 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Ob der Beklagte eigentlich irgendetwas von dem Verfahren mitbekommt? Das Gericht zeigt in seiner Begründung deutlich den richtigen Entscheidungsweg auf! Der Hinweis, dass das Gesprächsergebnis bzw. dessen Nachfolger KEINE Bindungswirkung entfalten kann, hätte etwas deutlich ausfallen können. Die HUK-Coburg hat aber bereits deutlich gemacht, dass sie keinen Grund sieht, von ihrer Regulierungspraxis abzukehren.
Aus den Entscheidungsgründen:
I. Die Klage ist – soweit über sie nach der teilweisen Klagerücknahme mit Schriftsatz vom 30.08.2012 noch zu entscheiden war – zulässig und begründet.
Der Kläger verlangt zu Recht die Zahlung von EUR 129,22 nebst Zinsen in tenorierter Höhe sowie die Freihaltung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und Halterermittlungskosten in Höhe von insgesamt EUR 44,10.
1. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung des noch ausstehenden Sachverständigenhonorars in Höhe von EUR 129,22 gemäß § 7 StVG, § 823 BGB, § 398 BGB.
a) Dem Kläger wurde der streitgegenständliche Anspruch am 20.09.2011 von der Geschädigten X aus dem Unfall vom 17.09.2011 gemäß § 398 BGB abgetreten (Anlage K 1).
b) Dieser Anspruch stand der vorsteuerabzugsberechtigten Geschädigten in Höhe der Nettokosten in vollem Umfang gegen den Beklagten zu.
Dass der Beklagte dem Grunde nach vollumfänglich für den Schaden aus diesem Unfall haftet, ist zwischen den Parteien unstreitig. Entgegen der Auffassung des Beklagten durfte die Geschädigte auch der Höhe nach den vollständigen Ausgleich der (Netto-)Honorarforderung des Klägers fordern.
Dabei kann dahinstehen, ob die Sachverständigenkosten ortsüblich sind. Zu erstatten ist der der Geschädigten aufgrund des Unfalls entstandene Vermögensschaden, § 249 Abs. 2 BGB. Hierzu gehören insbesondere die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung und damit auch der Schaden, der der Geschädigten dadurch entstanden ist, dass sie infolge der Einholung eines Sachverständigengutachtens mit einer Honorarforderung des Sachverständigen belastet ist. Die Höhe dieser Forderung richtet sich im Streitfall nach der bei Auftragserteilung getroffenen Vergütungsvereinbarung. Nur wenn eine solche bei Vertragsschluss nicht getroffen wurde, gilt eine ortsübliche Vergütung als vereinbart, § 632 Abs. 2 BGB. Insoweit hat der Kläger zuletzt unbestritten vorgetragen, dass bei Vertragsschluss die klägerische Honorartabelle (Anlage K 6) vorgelegen und sich die Geschädigte ausdrücklich mit dieser einverstanden erklärt hat. Damit ist die Honorartabelle wirksam in den zwischen der Geschädigten und dem Kläger zustande gekommenen Werkvertrag, gerichtet auf die Erstellung eines Schadensgutachtens, einbezogen worden.
Die geltend gemachten Kosten halten sich im Rahmen des nach § 249 Abs. 2 BGB ersatzfähigen Betrages. Die Geschädigte kann vom Schädiger gemäß § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage der Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Sie ist gehalten, im Rahmen des ihr Zumutbaren den wirtschaftlichen Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern sie die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Die Geschädigte ist dabei grundsätzlich nicht zur Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Zwar verbleibt für sie das Risiko, dass sie ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist. Die Geschädigte wird aber in aller Regel von der Erforderlichkeit und Angemessenheit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen dürfen. Denn es fehlt bei der Abrechnung von Sachverständigengutachtenkosten an einer einheitlichen Abrechnungsmethode. Allgemein zugängliche Preislisten fehlen ebenso, so dass der Geschädigten ein Vergleich verschiedener Sachverständigen kosten ohne eine Markterforschung grundsätzlich nicht möglich ist. Eine solche schuldet die Geschädigte aber gerade nicht. Erst wenn für die Geschädigte auch als Laiin erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder der Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung oder Honorarberechnung vorliegen, kann vom Schädiger nicht mehr ein vollständiger Ausgleich der getätigten Aufwendungen bzw. Freistellung verlangt werden, weil derart überhöhte Kosten nicht mehr angemessen sind (vgl. AG Hamburg-St. Georg, Urt. v. 15.02.2011, 911 C 568/10). Für die Angemessenheit der Schadenshöhe ist auf die Erkenntnismöglichkeiten der Zedentin als Geschädigte abzustellen.
Die Preistabelle des Klägers weicht nicht derart erheblich von den von dem Beklagten als ortsüblich mitgeteilten Preisen ab, als dass sich bei der Geschädigten die Erkenntnis hätte aufdrängen müssen, dass sie es mit einem besonders teuren Sachverständigen zu tun hatte (vgl. AG Hamburg, Urt. v. 02.11.2010, Az. 53a C 39/10). Die tatsächlich angefallenen Gutachterkosten in Höhe von EUR 467,04 netto übersteigen die von Beklagtenseite angesetzten Kosten in Höhe von netto EUR 337,82 zwar deutlich, nämlich um 38 %, halten sich aber noch in einem vertretbaren Rahmen. Auch bei einer einzelnen Betrachtung der Nebenkosten kann nicht von einer evidenten Überhöhung ausgegangen werden, die der Geschädigten hätte auffallen müssen (vgl. auch AG Hamburg-St. Georg, Urt. v. 25.02.2011, Az. 910 C 65/11). Insbesondere vor dem Hintergrund, dass solche Nebenkosten oft im Rahmen einer Mischkalkulation des Sachverständigen in das Pauschalhonorar einfließen, kann die Geschädigte hier Missverhältnisse schwer erkennen. Der eine Sachverständige mag hinsichtlich der Fahrtkosten besonders günstig sein, dafür hohe Schreibkosten veranschlagen und ein anderer Sachverständiger fällt durch besonders günstige Fotokosten auf, berechnet aber besonders hohe Fahrtkosten (zum Ganzen ausführlich AG Hamburg-St. Georg, Urt. v. 15.02.2011, 911 C 568/10). Vorliegend sind die geltend gemachten Nebenkosten jedenfalls nicht derart hoch angesetzt worden, dass für die Geschädigte als Laiin ein auffälliges Missverhältnis zwischen Gesamtpreis und Gesamtleistung erkennbar gewesen wäre.
Maßgeblich für die Frage der Erstattungsfähigkeit ist nicht das von dem Beklagten erwähnte Gesprächsergebnis zwischen der HUK Coburg und dem BVSK. Vielmehr kommt es allein auf die oben dargestellten Grundsätze an.
c) Auf den vom Sachverständigen erstellten Rechnungsbetrag von netto EUR 467,04 hat der Haftpflichtversicherer des Beklagten bereits EUR 337,82 bezahlt, so dass ein restlicher Schadensersatzanspruch von EUR 129,22 verbleibt.
2. Die Zinsforderung ergibt sich aus § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, § 288 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Verzuges.
Verzug ist eingetreten mit dem Ablehnungsschreiben des Haftpflichtversicherers des Beklagten, der HUK Coburg Allgemeine Versicherung AG, vom 07.10.2011, gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Darin lehnt die Beklagte endgültig und ernsthaft die weitere Zahlung von Sachverständigenkosten über den erstatteten Betrag hinaus ab. Die Erfüllungsverweigerung wirkt auch zu Lasten des Beklagten als Fahrzeughalter. Insoweit tritt wegen § 10 Abs. 5 AKB – anders als nach § 425 Abs. 1, Abs. 2 BGB – Gesamtwirkung des Verzuges ein (so Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl. 2011, § 425 Rn. 3 m.w.N. für den Fall der Mahnung gegenüber dem Haftpflichtversicherer). Ein Zinsanspruch besteht damit jedenfalls ab dem geltend gemachten Zeitpunkt (21.10.2011) in gesetzlicher Höhe gemäß § 288 Abs. 1 S. 2 BGB.
3. Der Kläger hat ferner Anspruch auf Freihaltung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 39,00 als Verzugsschaden, § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, § 280 Abs. 2 BGB. Nachdem sich der Beklagte hinsichtlich des Anspruchs des Klägers auf Zahlung restlicher Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht in Verzug befunden hat (siehe oben 2.), durfte sich der Kläger zur weiteren Rechtsverfolgung anwaltlicher Hilfe bedienen. Die Einschaltung des Rechtsanwalts erfolgte nach Verzugseintritt. Der Anspruch ist in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr ge-mäß Nr. 2300 VV RVG (1,3 x EUR 25,00) nebst Auslagenpauschale nach Nr. 7002 WRVG (20 %) begründet, also in Höhe der geltend gemachten EUR 39,00 (netto). Das Gericht vermag den Einwand des Beklagten, der Kläger mache eine 1,5 Geschäftsgebühr geltend, nicht nachzuvollziehen.
4. Der Freihaltungsanspruch erstreckt sich auch auf die Kosten der Halterermittlung. Auch insoweit beruht der Ersatzanspruch auf § 286 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 3, § 280 Abs. 2 BGB. Dass tatsächlich eine Halteranfrage beim Landesbetrieb Verkehr erfolgt ist, war nach Vorlage des Gebührenbescheids, Anlage K 9, zuletzt unstreitig. Die Anfrage war auch erforderlich. Ohne weitere Angaben bzw. Nachweise musste sich der Kläger nicht auf die Auskunft der Geschädigten in der Auftragserteilung und Abtretungserklärung, Anlage K 1, verlassen.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Soweit das AG Hamburg-Barmbek.