Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachfolgend gebe ich Euch ein Urteil zum Thema Gleichwertigkeit aus Hamburg bekannt. Die Begründung der Amtsrichterin der 918. Zivilabteilung des AG Hamburg- St.-Georg ist interessant und überzeugend. In der Begründung ein wichtiges Urteil, mit dem man die Gleichwertigkeit der Partnerwerkstätten der Versicherer in das Reich der Fabel verweisen kann. Wichtig ist also immer, dass die von den Versicherern behaupteten Gleichwertigkeiten, technischer oder qualitätsmäßiger Art, immer bestritten werden, denn der Schädiger ist für die Behauptung der Gleichwertigkeit der von ihm benannten Werkstätten darlegungs- und beweispflichtig. Da helfen im Falle des Bestreitens auch Eurogarant-Zertifikate nicht. Insoweit muss das Gericht Beweis erheben, wie im vorliegenden Fall. Im Rahmen der Beweisführung ist auch darzulegen, dass keine Sonderkonditionen vorliegen. Zutreffend hat daher das Gericht die Gleichwertigkeit verneint. Lest aber selbst und gebt Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Hamburg-St. Georg
Az.: 918 C 108/12
Verkündet am 13.12.2012
Urteil
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
Kläger
gegen
…
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
erkennt das Amtsgericht Hamburg-St. Georg – Abteilung 918 – durch die Richterin am Amtsgericht … am 13.12.2012 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15.11.2012 für Recht:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 420,98 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.02.2012 sowie weitere 265,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seitdem 21.04.2012 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 85 % und die Beklagte 15 % zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
Der Kläger verlangt restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall.
Der Kläger, selbständiger Taxi-Unternehmer (vorsteuerabzugsberechtigt) ist Eigentümer des Taxis Mercedes E 200 CDI mit dem amtlichen Kennzeichen. Die Beklagte war die Fahrerin und Halterin des PKW Smart fortwo Cabrio mit dem amtlichen Kennzeichen ….
Am xx.02.2012 gegen 10:45 Uhr befuhr der Kläger mit seinem Taxi in Hamburg die Kennedybrücke in Richtung Ferdinandstor / An der Alster. Die Beklagte fuhr in gleicher Richtung zunächst auf der äußerst linken von – an der Stelle – drei Geradeausspuren. Sie wechselte auf die mittlere Geradeausspur, wo es zum Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge kam; die Einzelheiten des Hergangs sind streitig. Für die Unfallörtlichkeit wird Bezug genommen auf die Luftbildaufnahmen (Anlagen 1 und 2 zum Sitzungsprotokoll vom 21.06.2012) und die Verkehrsunfallskizze in der beigezogenen amtlichen Ordnungswidrigkeitenakte (dort Bl. 6). Für die Unfallendstellung der beteiligten Fahrzeuge wird auf die von dem Kläger vor Ort angefertigen Fotos (Anlagen K 1a-d, s. auch Farbausdrucke: Anlagen zum Sitzungsprotokoll vom 21.06.2012) Bezug genommen.
Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 10.02.2012 (Anlage K 4) forderte der Kläger die Haftpflichtversicherung der Beklagten (HDI Direkt Versicherung AG) unter Fristsetzung zum 17.02.2012 auf, die Haftung dem Grunde nach anzuerkennen. Mit Schreiben vom 15.02.2012 übersandte der Kläger das Gutachten des Sachverständigen vom 14.02.2012 (Anlage K 2) und verlangte die Übernahme der darin ausgewiesenen Netto-Reparaturkosten von 4.294,02 € zzgl. der Sachverständigenkosten in Höhe von 585,40 €. Aufgrund der am 16.02.2012 erfolgten Nachbesichtigung bestätigte der Sachverständige am 17.02.2012 die Durchführung der Reparatur und hielt dafür 3 Arbeitstage für angemessen (Anlage K 6). Mit Schreiben vom 21.02.2012 machte der Kläger bei der Haftpflichtversicherung der Beklagten die für die Reparaturbestätigung angefallenen Kosten von 46,22 € (Rechnung vom 17.02.2012, Anlage K 8) geltend und verlangte 240,- € Verdienstausfall (3 x 80,- €).
Die Haftpflichtversicherung der Beklagten rechnete den Schaden mit Schreiben vom 23.02.2012 (Anlage K 9) ab und zahlte unter Zugrundelegung einer Haftungsquote von 50 % 585,40 € an den Sachverständigen … und weitere 1.541,44 € an den Kläger aus, insgesamt also 2.126,84 €.
Mit der Klage verfolgt der Kläger seine o.g. Ansprüche (zzgl. Kostenpauschale: 25,- €) unter Anrechnung der Teilzahlung von 2.126,84 €, also insgesamt restliche 3.063,80 € weiter.
Der Kläger behauptet, er habe die mittlere Spur befahren, als die Beklagte, deren Fahrzeug er gerade passiert hatte, von der linken auf die mittlere Fahrspur gewechselt habe und innerhalb der mittleren Fahrspur gegen sein Taxi (hinten links) gestoßen sei. Er bestreitet eine Vorbeschädigung seines Fahrzeugs an der linken Seite oder dass er das vor Ort der Beklagten mitgeteilt habe. Er meint, die Verweisung auf eine nicht-markengebundene Fachwerkstatt zu günstigeren Stundenverrechnungssätzen sei nach erfolgter Reparatur nicht mehr möglich und im übrigen hier auch unzumutbar, weil die in dem Abrechnungsschreiben / Prüfbericht der Beklagten (Anlage B 1) angegebene Werkstatt nicht gleichwertig sei, jedenfalls Sonderkonditionen eigens für Versicherer bereithalte. Er behauptet zu seinem Verdienstausfall, die Reparatur sei durchgeführt worden, habe 3 Tage gedauert und er betreibe das streitgegenständliche Taxi im Zweischichtbetrieb.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte wird verurteilt, 3.063,80 € zzgl. 5 %-Punkte über dem Basiszinssatz Zinsen ab dem 18.02.2012 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 302,10 € zzgl. 5 %-Punkte über dem Basiszinssatz Zinsen ab Klagzustellung an den Kläger zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, der Kläger sei von der äußerst rechten auf die mittlere Fahrspur gewechselt, als sie ihren Fahrspurwechsel von der linken auf die mittlere Spur soeben durchgeführt / abgeschlossen hatte. Unter Zugrundelegung der Unaufklärbarkeit des Unfallhergangs geht sie von einer hälftigen Haftungsquote aus. Sie bestreitet die Kausalität und die Erforderlichkeit der angesetzten Netto-Reparaturkosten und verweist den Kläger auf eine kostengünstigere Reparaturmöglichkeit in einer nicht-markengebundenen Fachwerkstatt (s. Prüfbericht, Anlage B 1) und hält diese Verweisung auch nach erfolgter Reparatur noch für möglich. Sie behauptet, die angegebene Alternativwerkstatt sei gleichwertig und die Haftpflichtversicherung der Beklagten unterhalte keine vertraglichen Beziehungen zu dieser. Sie bestreitet die Reparatur des Fahrzeugs, die Reparaturdauer und die Höhe des geltend gemachten Verdienstausfalls sowie der Kostenpauschale.
Das Gericht hat den Kläger und die Beklagte persönlich angehört. Für das Ergebnis der Parteianhörungen wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 21.06.2012. Das Gericht hat darüber hinaus Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen M. . Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 15.11.2012.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, jedoch nur zum kleinen Teil begründet.
Der Kläger hat dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte als Fahrzeughalterin und -fahrerin wegen des Verkehrsunfalls vom 09.02.2012 gem. §§ 823, 249 BGB, §§7, 17 StVG, weil bei dem Betrieb ihres Fahrzeugs sein Taxi beschädigt worden ist. Allerdings haftet aus demselben Grunde grundsätzlich auch der Kläger selbst als unfallbeteiligter Fahrer und Halter gem. §§7, 17 StVG, so dass die Ersatzpflicht davon abhängt, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist, § 17 Abs. 1 StVG.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stellt sich der Unfaühergang für das Gericht jedoch als unaufklärbar dar, so dass die Beklagte wegen der mitwirkenden Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs hälftig für die Unfallschäden des Klägers haften muss. Das ergibt sich aus Folgendem:
Beide Parteien schildern den Unfallhergang widersprüchlich: Während der Kläger – alleine – einen unsorgfältigen Fahrstreifenwechsel der Beklagten von der linken auf die mittlere Fahrspur schildert (Verstoß gegen § 7 Abs. 5 StVO), gibt die Beklagte an, dieser Wechsel sei bereits abgeschlossen gewesen, als der Kläger seinerseits einen unsorgfältigen Fahrstreifenwechsel von der rechten auf die mittlere Fahrspur vorgenommen habe. Anhaltspunkte dafür, der einen Seite mehr Glauben zu schenken, als der anderen, haben sich für das Gericht nach Anhörung der Parteien und nach dem persönlichen Eindruck nicht ergeben, insbesondere erscheinen beide Unfallschilderungen gleichermaßen möglich und plausibel. Angesichts des unstreitig hohen Verkehrsaufkommens vor Ort erscheint ein Fahrspurwechsel von einer Geradeausspur auf eine andere jederzeit nachvollziehbar (unabhängig vom eigentlichen Fahrziel), um ggf. schneller voran zu kommen. Die Grundsätze des Anscheinsbeweises helfen hier nicht weiter, weil keine Umstände feststehen, aus denen sich ergäbe, wer von beiden hier einen unfallursächlichen Fahrstreifenwechsel vorgenommen hätte. Zeugen oder sonst objektive Beweismittel stehen nicht zur Verfügung. Auch die Fotos der Unfallendstellung (Anlage K 1a bis d) erlauben – entgegen der Auffassung des Klägers – keinen sicheren Rückschluss auf den Hergang des Unfalls, denn sie zeigen zwar das Klägerfahrzeug vollständig und das Beklagtenfahrzeug nur zum Teil auf der mittleren Fahrspur, jedoch letzteres eher in Schrägstellung hin zur äußerst linken Fahrspur ausgerichtet. Das mag auf ein Zurücklenken der Beklagten nach dem Zusammenstoß mit dem Kläger zurückzuführen sein (wie der Kläger meint), kann jedoch auch darauf beruhen, dass die bereits vollständig in der mittleren Fahrspur eingeordnete Beklagte versuchte, dem von rechts einwechselnden Klägerfahrzeug nach links auszuweichen bzw. ihr Fahrzeug (ein Smart) von dem des Klägers (ein Mercedes E 200) anstoßbedingt nach links „geschoben“ / abgedrängt wurde (wie die Beklagte angibt). Die Einholung eines Sachverständigengutachtens war hier nicht geboten, weil nicht konkret dargelegt worden ist, aufgrund welcher Anknüpfungstatsachen der Sachverständige den Ablauf der Ereignisse vor Ort hier anhand des Schadensbildes rekonstruieren können sollte. Zwar mag ein Sachverständiger grundsätzlich in Fällen zügig durchgeführter Fahrstreifenwechsel insbesondere anhand des Höhenversatzes der kompatiblen Streifspuren Rückschlüsse daraufziehen können, welches Fahrzeug sich in (zügiger) „Bogenfahrt“ und welches sich in Geradeausfahrt befand, aber vorliegend ereignete sich die Kollision unstreitig um 10:45 h auf der Kennedybrücke, also im dichten Stadtverkehr (Der Kläger selbst schilderte, dass viel Verkehr herrschte und ihm deshalb ein Ausweichen nach rechts unmöglich war, was auch durch seien Lichtbilder von der Unfallendstellung – Anlage K 1a bis d – belegt wird.), so dass keine „zügige Bogenfahrt“ einer Seite anzunehmen ist. Mangels Tauglichkeit war das angebotene Unfallrekonstruktionsgutachten daher hier nicht einzuholen.
Der Höhe nach bestehen Ansprüche des Klägers – nur – in dem folgenden Umfang:
Netto-Reparaturkosten: 4.292.02 € (1/2 = 2.147.01 €)
Das Bestreiten der Beklagten zur Unfallursächlichkeit wegen angeblicher Vorschäden im Anstoßbereich erwies sich nach dem Ergebnis der Parteianhörungen schon als nicht hinreichend substantiiert. Dass der Kläger der Beklagten vor Ort mitgeteilt hätte, sein Wagen sei im linken Bereich „vorgeschädigt“, hat sich nicht bestätigt. Das Fehlen der Zierleiste am Unfalltag erklärte der Kläger nachvollziehbar mit einer kleineren Ausbesserungsarbeit (Kratzer im Bereich der Zierleiste), die keine Zweifel an der Kausalität des Unfalls für die gutachterlich festgestellten Schäden begründet. Konkrete Anhaltspunkte für Vorschäden im Anstoßbereich, die die Unfallursächlichkeit in Frage steilen könnten, hat die Beklagte daneben nicht dargetan.
Die Verweisung des Klägers auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer nicht-markengebundenen Fachwerkstatt dürfte zwar grundsätzlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung noch möglich sein, war dem Kläger hier jedoch nicht zumutbar. Zwar hat der Zeuge M. bestätigt, dass es sich bei den in dem Prüfbericht des Haftpflichtversicherers der Beklagten angegebenen (günstigeren) Stundenverrechnungssätzen um die damals für jedermann zugänglichen Haustarife seiner Werkstatt und nicht um Sondertarife für Versicherer handelt (Karosserie: 96,50 €/h, Lackierung: 96,50 €/h); zugleich räumte er jedoch ein, mit dem Kfz-Haftpflichtversicherer der Beklagten (HDI-Konzern) eine Kooperationsvereinbarung des Inhalts geschlossen zu haben, dass er die von diesem Versicherer vermittelten Unfallschäden für diesen deutlich günstiger abrechnet (ca. 80,- €/h für Lackarbeiten und ca. 70,- €/h für Blecharbeiten), wobei der durch den HDI-Konzern generierte Jahresumsatz sich auf rund 150.000,- € beläuft, was im Unfallschäden-Geschäft der M. & M. GmbH ein durchschnittlicher Umsatzeinbringer sei. Bei dieser Sachlage ist es dem Geschädigten aber unzumutbar, sein Fahrzeug ausgerechnet bei der M. & M. GmbH reparieren zu lassen, denn diese Werkstatt steht aus Sicht des Geschädigten eindeutig im Lager des Schädigers bzw. des Versicherers. Wollte man den Geschädigten im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB anhalten, gerade bei einer Werkstatt „des Schädigers“ reparieren zu lassen, würde seine Ersetzungsbefugnis aus § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, die ihm gerade die Reparatur in Eigenregie ermöglichen soll, auf diesem Wege praktisch ausgehöhlt. Im übrigen ist das Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht davon überzeugt, dass die Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer Mercedes-Fachwerkstatt entspricht. Die Beklagte konnte den ihr insoweit obliegenden Nachweis mit dem Zeugen M. nicht führen. Dieser hat zwar angegeben, in seiner Werkstatt würde stets nach den jeweiligen Herstellerrichtlinien gearbeitet und es würden nur Original-Ersatzteile verwendet, aber er konnte das Gericht nicht davon überzeugen, dass seine Mitarbeiter gerade auch für den hier in Rede stehenden Hersteller Mercedes über das markengebundene Fachwissen verfügen und für diese Marke auf dem aktuellen Stand der Technik sind. Wenn etwa im Jahr 2012 von den 40 Mitarbeitern der Werkstatt nur 3 zu Hersteller-Schulungen (und zwar nur bei BMW bzgl. Karosserie und bei VW bzgl. Lack) waren, erschließt sich dem Gericht nicht, wie das markengebundene Fachwissen für Mercedes im Hause M. & M. GmbH vorliegen soll. Das hat der Zeuge M. dem Gericht nicht nachvollziehbar erklären können. Dieser Umstand geht im Ergebnis zu Lasten der insoweit beweispflichtigen Beklagten.
Sachverständigenkosten: 585.40 € netto (1/2 = 292.70 €)
Diese Kostenposition ist dem Grunde und der Höhe nach unstreitig.
Kostenpauschale: 20.- € (1/2 = 10.- €)
Mit der ständigen Hamburger Rechtssprechung erkennt das Gericht im Rahmen der Schadensschätzung gem. § 287 ZPO ohne konkreten Nachweis nur einen Pauschalbetrag von 20,- € an.
Verdienstausfall: 150.-€ (1/2 = 75.-€)
Der Kläger kann grundsätzlich Ersatz seines Verdienstausfallschadens gem. §§ 249, 252 BGB für die notwendige Dauer der Reparatur, hier in Höhe von 150,- € (3 x 50,- €) verlangen. Für Verdienstausfallschäden von Taxen werden mit der ständigen Hamburger Rechtsprechung Darlegungserleichterungen dergestalt gewährt, dass im Zweischichtbetrieb ohne nähere Darlegungen von einem Verdienstausfall in Höhe von 80,- € / T. (im Einschichtbetrieb: 50,- € / T.) ausgegangen werden kann. Allerdings hat der Kläger selbst angegeben, er habe für sein Taxi nur einen Aushilfsfahrer auf 400,- € – Basis angestellt, so dass hier vom Einschichtbetrieb ausgegangen werden muss. Das Bestreiten der Beklagten zur Durchführung der Reparatur ebenso, wie zur 3-tägigen Reparaturdauer erfolgt angesichts des Gutachtens vom 14.02.12 (Anlage K 2), das diese Dauer ausweist und des mit der Reparaturbestätigung vom 17.02.2012 (Anlage K6) erbrachten Nachweises der durchgeführten Reparatur nebst erneuter Bestätigung einer 3-tägigen Reparaturdauer nicht hinreichend substantiiert und ist daher unbeachtüch.
Kosten der Reparaturbestätigung: 46,22 € netto (1/2 = 23.11 €)
Diese Kosten sind als erforderlichen Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung ein ersatzfähiger Schaden gem. § 249 BGB, nachdem die Beklagte gerade die Durchführung der Reparatur ebenso, wie die Reparaturdauer bestritten hatte.
Nachdem die Haftpflichtversicherung der Beklagten auf den danach bestehenden Schadensersatzanspruch des Klägers in Höhe von insgesamt 2.547,82 € bisher nur 2.126,84 € ausgezahlt hat, verbleibt ein restlicher Zahlungsanspruch in Höhe von 420,98 €. Wegen der weitergehenden Forderung war die Klage abzuweisen.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 823 ff., 286, 288 Abs. 1 BGB.
Daneben schuldet die Beklagte dem Kläger die Erstattung der zur Rechtsverfolgung erforderlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 265,70 € netto (1,3 Geschäftsgebühr auf einen Geschäftswert von 2.547,82 € zzgl. Auslagenpauschale), §§ 249 ff. BGB, §§ 1 ff. RVG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Urteilsliste “Fiktive Abrechnung + Reparaturbestätigung” zum Download >>>>>
Die Verweisung auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt war u.a. (abgesehen von der fehlenden Gleichwertig- keit) nicht zumutbar, weil die angegebene Reparaturwerkstatt eine Kooperationsvereinbarung mit dem Versicherer (Partnerwerkstatt) geschlossen hatte.
Bei dieser Sachlage ist es dem Geschädigten aber unzumutbar, sein Fahrzeug ausgerechnet dort reparieren zu lassen, denn diese Werkstatt steht aus Sicht des Geschädigten eindeutig im Lager des Schädigers bzw. des Versicherers. Wollte man den Geschädigten im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB anhalten, gerade bei einer Werkstatt “des Schädigers” reparieren zu lassen, würde seine Ersetzungsbe-fugnis aus § 249 Abs.2 Satz 1 BGB, die ihm gerade die Reparatur in Eigenregie ermöglichen soll, auf diesem Wege praktisch ausgehöhlt.
So ähnlich bereits
LG Bonn, Urteil vom 02.10.2008, 8 S 95/08
Der Verweis des Geschädigten auf eine wirtschaftlich mit der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung verbundene Fachwerkstatt entwertet das Recht des Geschädigten, die Reparatur zu üblichen Konditionen in Eigenregie vornehmen zu können.
Zudem muss er aufgrund der wirtschaftlichen Verbundenheit der Werkstatt mit dem beklagten Versicherer befürchten – mag sich die Befürchtung in concreto auch nicht realisieren -, dass dieser bei der Reparatur auch (nachvollziehbar) Interessen des Schädigers wahrnimmt, den Schaden möglichst gering zu halten (i.E. ebenso: AG Nürtingen. NJW 2007,1143t.; LG Bochum, Urteil vom 19.10.2007, 5 S 168/07; LG Bonn, Urteil vom 20.08.2008, 5 S 96/08). Im übrigen kann der objektiv erforderliche Restitutionsbedarf schwerlich von der Verhandlungsmacht der regulierenden Versicherung gegenüber einzelnen Vertragswerkstätten abhängen.
MfG.
K.H.W.
@ K.H.W.
Donnerstag, 20.12.2012 um 19:57
„Die Verweisung auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt war u.a. (abgesehen von der fehlenden Gleichwertigkeit) nicht zumutbar, weil die angegebene Reparaturwerkstatt eine Kooperationsvereinbarung mit dem Versicherer (Partnerwerkstatt) geschlossen hatte….
Im übrigen kann der objektiv erforderliche Restitutionsbedarf schwerlich von der Verhandlungsmacht der regulierenden Versicherung gegenüber einzelnen Vertragswerkstätten abhängen….
Guten Morgen, K.H.W.,
diese Punkte sind es wert, schadenersatzrechtlich zur Überlegung in den Vordergrund gestellt zu werden.
Das Argument, dass auch jeder andere Kunde das Gleiche bezahlen würde, wie der Kooperationspartner Versicherung, stimmt oft nur bedingt und ist aus verständlichen Gründen auch nicht immer zu durchleuchten, denn da wird im Interesse der Kooperation einfach dicht gehalten und aus geschäftlichen Interessen die „Schweigepflicht“ respektiert.
Aber was hat es denn ansonsten mit der Kooperationsvereinbarung auf sich ?
Vereinbart wurde doch offensichtlich auch, dass dem zum „Kunden“ umfunktionierten Unfallgegner (im Haftpflichtschadensfall) die Einschaltung eines versicherungsunabhängigen Sachverständigen mit gemeinsamen Anstrengungen ebenso vorenthalten wird, wie die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts zur Wahrung und Absicherung der Interessenlage des „Kunden“. Beide Kooperationspartner sorgen also gemeinsam dafür, dass diesem berechtigte Schadenersatzansprüche vorenthalten werden,so da sind: Unabhängiges Sachverständigen-Gutachten, spezifizierte Schadenbezifferung durch einen Rechtsanwalt,Ausfallkosten, allgemeine Unkostenpauschale, Minderwert usw. Damit steht der Kooperationspartner „Vertrauenswerkstatt“ im Lager der gegnerischen Versicherung und das soll schadenersatzrechtlich ein Unfallopfer bei fiktiver Abrechnung akzeptieren müssen ?
Fazit: Bei allen gesteuerten Schäden und beim Schadenmanagement werden berechtigte Schadenersatzansprüche kooperativ zielgerichtet ausgeblendet. Das gilt m.W. auch für das FairPlay-Konzept der Allianzversicherung. Was soll daran dem Kunden/Unfallopfer gegenüber fair sein ? Da werden Selbstverständlichkeiten als angeblich herauszustellende Vorteile verkauft und es sind nicht gerade wenige, die darauf auch noch reinfallen, weil es doch so gut für die Werkstatt läuft. Da predigt diese quasi sogar von der Kanzel, wie nützlich und vor allen Dingen bequem das auch für den Kunden ist. Er bekommt sein Fahrzeug sogar gereinigt wieder und einen Hol-und Bringdienst gibt es auch. Bei soviel Fürsorge und Anteilnahme muss man ja weich werden, wie zur Weihnachtszeit bei manchen Hilfsorganisationen. Wer als Kunde/Unfallopfer ein solches Serviceangebot wahrgenommen hat, dem ist aus verständlichen Gründen zu empfehlen, unter Vorlage der Reparaturkostenrechnung einmal prüfen zu lassen, ob es mit der Qualität der so erfogten Unfallreparatur auch seine Richtigkeit hat und wie im Haftpflichtschadensfall die Minderwertfrage abgehandelt wurde. Hat aber der Fahrzeughalter überhaupt keine Rechnung erhalten und weiß damit noch nicht einmal was und wie repariert wurde -auch das soll es ja z.B. bei der HUK-Coburg geben- dann sollten die Zeichens des Mißtrauens auf Sturm stehen, weil gerade dann eine Prüfung veranlaßt erscheint.
Weil sich die Frage der Technischen Gleichwertigkeit (oder ist vielleicht die Vergleichbarkeit gemeint ?) nicht vereinfacht an Hand der bisher beleuchteten Kriterien festmachen und abhandeln läßt, ist die Anwendung schadenersatzrechtlich bei fiktivem Abrechnungsbegehren m.E. nicht möglich.Hier wird in einer Vielzahl von gerichtlichen Auseinandersetzungen im wahrsten Sinne des Wortes Geld verbrannt, wasin erster Linie die Rechtsvertreter der Assekuranz bejubeln unbd deshalb das Fähnlein der doch anzustrebenden Gerechtigkeit schön hochzuhgalten verstehen.
Ich wünsche allen Lesern einen geruhsamen Freitag
vor dem Weihnachtsfest und ein glückliches neues Jahr 2013.
L.U.
Werden Referenzwerkstätten jetzt gegeneinander ausgebotet?
Ast. will lt. Kostenvoranschlag einer „Referenzwerkstatt“ A abrechnen.
Der Haftpflichtversicherer beauftragt eine der bekannten Prüforganisationen mit der Erstellung eines Prüfberichtes.
Danach ist eine deutlich weiter entfernte „Referenzwerkstatt“ B um 8,7% billiger als „Referenzwerkstatt“ A.
Nur auf dieser Basis sei eine Abrechnung möglich.
Allerdings ist in der Zusammenstellung der Vertragspartner die „Referenzwerkstatt“ A sogar 2x gelistet.
Beide „Referenzwerkstätten“ sind übrigens zertifizierte Karosseriefachbetriebe und Autolackierereien.
Hier entlarvt sich das System selbst, bei dem ein reiner Preisunterbietungswettbewerb herhalten muß für eine Gewinnmaximierung bei fiktiver Abrechnung und das bei einer Reparatursumme von deutlich unter 1000,00 EUR.
Norbert J.
Bravo! – Endlich mal wieder ein aktuelles Urteil, dass (vorwiegend) auf die Unzumutbarkeit des Verweises bei partnerschaftlichen Verbindungen zu Versicherern abstellt und nicht nur auf die Frage der Gleichwertigkeit.
Übrigens: Bei einigen Versicherern können auf deren Internetseiten die Dekra-zertifizierten Kfz-Servicepartner gesucht und gefunden werden, d.h. entlarvt.
Besinnliche Weihnachten aus Dortmund
@Norbert J.
„Gewinn“-Maximierung beim Geschädigten? Wo ist denn bitte beim fiktiven Schadensausgleich ein „GEWINN“??
Dieser Ungeist geistert auch immer wieder spürbar in den Gerichtssäälen: „Da kriegt einer Bares, da muss man doch sehen, dass er sich nicht bereichert!“
Bereichert ist der fiktiv abrechnende Geschädigte erst, wenn er über den Stundenverrechnungssätzen einer markengebundenen Fachwerkstatt abrechnet. Das habe ich bislang noch nicht erlebt.
Diese Referenzwerkstätten in Hamburg sind allesamt ehemalige Lackierereien, die mit Reparaturdiensten aufgesattelt haben. Nach Ansicht der Versicherer, deren Anwälte und – leider – auch einiger Gerichte können diese Werkstätten angeblich Schäden an allen (!) gängigen Fahrzeugmodellen reparieren. Da muss man schon mal bei der Beweisaufnahme, die natürlich auch erfolgreich erwirkt werden muss, den Geschäftsführer eines solchen Ladens mal fragen, wieviele Fahrzeuge beispielsweise des Typs „Mini“ denn in den letzten zwei, drei Jahren repariert wurden. Und wenn dann wahrheitsgemäß geantwortet wird, dass dies „bestimmt 5 Fahrzeuge“ waren, dann wird es auch einfacher nachzuweisen, dass die Gleichwertigkeit zu Marken-Reparaturbetrieben eben nicht gegeben ist. Nicht wahr, LG Hamburg??
Nein, Babelfisch, selbstverständlich keine Gewinnmaximierung beim Geschädigten, sondern beim Versicherer, der so agiert. Eingesparte Sachverständigen- und Anwaltskosten,vergessener oder deutlich reduzierter Minderwert, „schlanke“ Reparatur, unberücksichtigte Nebenkosten und im Totalschadensfall Wiederbeschaffungswert nach Liste und Restwert nach überhöhtem Angebot. Da kommen mit eingesparter Mwst schon leicht einmal 1500,00-bis 2.000,00 € zusammen. Ist das etwa keine Gewinnmaximierung ?
Norbert
@ Norbert J.
Freitag, 21.12.2012 um 12:58
Werden Referenzwerkstätten jetzt gegeneinander ausgebootet?
Hallo, Norbert,
diese Frage steelt sich eigentlich nicht mehr, denn da, wo eine sog. Referenzwerkstatt billiger ist als eine andere, wird dem Preisunterbieter nicht nur bei fiktiver Abrechnung der Vorzug gegeben.
Wenn diese Zockermentalität die Unfallopfer und die Gerichte, bis rauf zum BGH, erst einmal erkannt haben, wird es wieder eine Kehrtwende geben können. Die Assekuranz hat inzwischen selbst jeden Anschein von Seriosität leichtfertig verspielt und daran Schuld sind nicht die gestressten Mitarbeiter, sondern die Visionen in den Vorstandsetagen darüber, wie man den Geschädigten bei einer Schadenersatzforderung möglichst viel vorenthalten kann. Man lese sich doch im Falle einer Klage doch nur einmal die Schriftsätze der Versicherungsanwälte durch, dann weiß man genug.
Es fehlt der Versicherungswirtschaft eine Garde von Managern, deren Denken noch in gesunden Bahnen verläuft und bei dem Solidität Vorrang hat und die sich nicht von Anwälten aufheizen lassen, die bei ihren Motivationsbemühungen nur an den eigenen Profit denken.
Mit vorweihnachtlichen Grüßen
D.H.