Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
bevor Nachfragen zu meinem Wohlergehen aufkommen, weil ich über einen gewissen Zeitraum nichts geschrieben habe oder schreiben werde, kann ich alle Nachfragenden beruhigen, ich melde mich in die Weihnachtstage ab. Ich wünsche allen Lesern frohe Weihnachten und eine besinnliche Zeit im Kreise der Familie. Damit diese Zeit nicht zu lang wird, gebe ich Euch hier und heute noch eine „Weihnachtsgeschichte“ bekannt. Die Berufungskamnmer des LG Saarbrücken hatte über die Erstattung von Sachverständigenkosten zu entscheiden in dem Fall, dass das Sachverständigengutachten mangelbehaftet sein soll. Die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung war der Ansicht, dass in diesem Fall kein Erstattungsanspruch bestünde. Dabei vergißt die Versicherung jedoch, dass der vom Geschädigten beauftragte Sachverständige nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht dessen Erfüllungsgehilfe ist. Vielmehr ist er Erfüllungsgehilfe des Schädigers, so dass seine Fehler den Schädiger treffen und ihm zuzurechnen sind, § 278 BGB. Lest das Urteil aber selbst und gebt Eure Kommentare ab, wenn Ihr während der besinnlichen Stunden noch Zeit findet, Euch mit diesem Blog zu beschäftigen. Nachfolgend das Urteil des LG Saarbrücken zur Erstattung des Gutachtenhonorars bei fehlerhaftem Gutachten.
Viele Grüße und die besten Weihnachtswünsche
von Eurem Willi Wacker
13 S 38/12 LG Saarbrücken verkündet am 19.10.2012
27 C 1505/11 (13)
Amtsgericht Saarlouis
Landgericht Saarbrücken
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
…
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Saarlouis vom 27. Januar 2012 – 27 C 1505/11 (13) – teilweise abgeändert, und die Zweit- und Drittbeklagte werden als Gesamtschuldner verurteilt, an das Ingenieurbüro … 379,02 EUR und an den Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 25,04 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus beiden Beträgen seit dem 29. Oktober 2011, die Drittbeklagte ferner für den Zeitraum vom 26. bis zum 29. Oktober 2011, zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Ansprüche des Klägers gegen das Ingenieurbüro … auf Erstattung werkvertraglich nicht geschuldeter Zahlungen auf das Honorar für den Gutachtenauftrag vom 3. Mai 2011 – Rechnung Nr. … – und gegen Ermächtigung der Zweit- und Drittbeklagten zur Ausübung aller notwendigen Gestaltungsrechte zur Geltendmachung dieser Ansprüche.
2. Soweit das Erstgericht die Klage mit dem Antrag abgewiesen hat, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 1.121,31 EUR (Reparaturkosten und Wertminderung) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus ab Klagezustellung zu zahlen, ist der Kläger der Berufung verlustig.
3. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.
4. Die außergerichtlichen Kosten des Erstbeklagten trägt der Kläger. Die Gerichtskosten in erster Instanz tragen der Kläger zu 83 % und die Zweit- und Drittbeklagte gesamtschuldnerisch zu 17 %. Die Kosten des Rechtsstreits im Übrigen tragen der Kläger zu 75 % und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu 25 %.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
6. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger macht Schadensersatz aus einem Unfall geltend, der sich am 29. April 2011 in … ereignete. Die Haftung der Zweit- und Drittbeklagten für den Unfallschaden ist dem Grunde nach unstreitig.
Ein von dem Kläger in Auftrag gegebenes Schadensgutachten des Ingenieurbüro … bezifferte die voraussichtlichen Reparaturkosten auf netto 1.203,92 EUR und die Wertminderung auf 200,00 EUR. Für die Gutachtenerstellung berechnete das Sachverständigenbüro 379,02 EUR.
Erstinstanzlich hat der Kläger behauptet, zur Schadensbehebung müsse das beschädigte Fahrzeugteil neu lackiert werden. Die Reparaturkosten beliefen sich auf netto 1.203,92 EUR, die Wertminderung auf 200,00 EUR.
Nachdem der Kläger die Klage zurückgenommen hat, soweit sie zunächst auch gegen den Erstbeklagten gerichtet war, hat er von der Zweit- und Drittbeklagten Reparaturkosten von 1.203,92 EUR abzüglich hierauf gezahlter 282,61 EUR, eine Wertminderung von 200,00 EUR und Sachverständigenkosten in Höhe von 379,02 EUR, insgesamt 1.500,78 EUR nebst vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten und Zinsen verlangt.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Erstgericht hat die Klage abgewiesen.
Mit der hiergegen gerichteten Berufung hat der Kläger sein erstinstanzliches Klagebegehren zunächst in vollem Umfang weiterverfolgt, die Berufung zuletzt jedoch im Umfang der Reparaturkosten und der Wertminderung zurückgenommen. Vorsorglich hat er beantragt, die Beklagten zur Freistellung des Klägers von der Forderung des Sachverständigen … in Höhe von 379,02 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 29. Oktober 2011, Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Ersatzansprüche gegen den Sachverständigen zu verurteilen.
Er hält die Sachverständigenkosten für erstattungsfähig.
Die Beklagten verteidigen die angefochtene Entscheidung. Sie meinen, die Sachverständigenkosten seien nicht erstattungsfähig, da ein Bagatellschaden vorliege und das Gutachten des Sachverständigen überdies unbrauchbar gewesen sei.
II.
Soweit die Berufung – nach ihrer teilweisen Rücknahme – der Kammer noch zur Entscheidung angefallen ist, ist die form- und fristgelegt eingelegte, mithin zulässige Berufung im Hauptantrag teilweise begründet. Soweit der Kläger die Berufung zurückgenommen hat, ist er des Rechtsmittels verlustig (§ 516 Abs. 3 ZPO).
1. Der Schriftsatz vom 2. Oktober 2012 ist nach dem wirklich Gewollten dahin auszulegen, dass sich der Kläger mit seiner Berufung nur mehr gegen die erstinstanzliche Abweisung der Klage hinsichtlich der Sachverständigenkosten nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten hieraus wendet, die Berufung mithin in Höhe von 1.203,92 EUR (zunächst beanspruchte Reparaturkosten) + 200,00 EUR (zunächst beanspruchte Wertminderung) – 282,61 EUR (vorprozessuale Leistung hierauf) = 1.121,31 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten hieraus nicht mehr aufrecht erhalten wird.
2. Die Zweit- und Drittbeklagte, die dem Grunde nach unstreitig aus § 7 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 115 VVG für das Schadensereignis vom 29. April 2011 haften, sind vorliegend zum Ersatz der angefallenen Sachverständigenkosten von 379,02 EUR verpflichtet.
a) Sachverständigenkosten sind von dem Schädiger gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zu ersetzen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. BGH, Urteile vom 29. November 1988 – X ZR 112/87, NJW-RR 1989, 953, 956; vom 30. November 2004 – VI ZR 365/03, VersR 2005, 380 f., und vom 23. Januar 2007 – VI ZR 67/06, VersR 2007, 560 f.; Kammerurteile vom 29. August 2008 – 13 S 108/08; vom 30. Mai 2008 – 13 S 20/08 – und vom 22. September 2006 – 13A S 12/06, DAR 2007, 270 mwN.). Dabei ist der Geschädigte in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei (vgl. BGHZ 154, 395, 398; 155, 1, 4; 162, 161, 165 f.; Urteile vom 28. Juni 2011 – VI ZR 184/10, VersR 2011, 1072 ff.; vom 20. Juni 1989 – VI ZR 334/88, VersR 1989, 1056 f., und vom 23. Januar 2007 aaO). Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint (vgl. BGH, Urteile vom 18. Januar 2005 – VI ZR 73/04, VersR 2005, 558, 559, und vom 23. Januar 2007 aaO), so dass er im Regelfall berechtigt ist, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen (BGH, Urteil vom 23. Januar 2007 aaO mwN.).
b) In reinen Bagatellfällen ist die Beauftragung eines Sachverständigen zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen allerdings nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 1988 – X ZR 112/87, NJW-RR 1989, 953; Urteil vom 5. November 1997 – IV ZR 1/97, MDR 1998, 213 f.). Jedoch kann für die Frage, ob der Schädiger die Kosten eines Gutachtens zu ersetzen hat, nicht allein darauf abgestellt werden, ob die durch die Begutachtung ermittelte Schadenshöhe einen bestimmten Betrag überschreitet oder in einem bestimmten Verhältnis zu den Sachverständigenkosten steht. Denn zum Zeitpunkt der Auftragserteilung ist dem Geschädigten diese Höhe gerade nicht bekannt. Vielmehr kommt es auch insofern maßgeblich darauf an, ob der Geschädigte zum Zeitpunkt der Beauftragung eine sachverständige Beratung für erforderlich halten durfte (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 2004 aaO; Hinweisbeschluss der Kammer vom 19. August 2008 aaO; Geigel/Knerr, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl. Kap. 3 Rdn. 119). Nicht ersatzfähig sind die Kosten eines Sachverständigengutachtens danach, wenn durch einen augenscheinlich geringfügigen Unfall nur ein oberflächlicher Sachschaden entstanden ist (vgl. Hinweisbeschluss der Kammer vom 24. Mai 2011 – 13 S 72/11; Geigel/Knerr aaO Kap 3 Rdn. 119).
c) Nach Maßgabe dieser Grundsätze war die Einholung eines Sachverständigengutachtens hier erforderlich. Zwar ist aufgrund des nachvollziehbaren und von den Parteien nicht in Zweifel gezogenen Gutachtens des Sachverständigen … erwiesen, dass der Sachschaden hier mittels der so genannten „Drückermethode“ für netto 282,61 EUR behoben werden kann. Im Falle einer Neulackierung wären hingegen nach dem insoweit ebenfalls nicht substantiiert in Zweifel gezogenen Gutachten des Ingenieurbüros … Reparaturkosten von 1.203,92 EUR und eine Wertminderung von 200,00 EUR angefallen. Zur Beurteilung der Frage, ob der Schaden im Wege der deutlich günstigeren „Drückermethode“ behoben werden konnte, bedurfte es nach der plausiblen und insoweit unangegriffenen Bewertung des Gerichtsgutachtens jedoch einer mikroskopischen Untersuchung der Schadstelle auf eventuelle Lackbeschädigungen. Damit war für den Kläger ohne Sachverständigengutachten nicht erkennbar, ob ein Schaden im Bagatellbereich vorlag.
3. Der Kläger ist vorliegend auch nicht auf einen Freistellungsanspruch verwiesen, sondern kann Zahlung der notwendigen Sachverständigenkosten in Geld verlangen. Zwar richtet sich der Schadensersatzanspruch, wenn der Geschädigte den Sachverständigen – wie hier – noch nicht bezahlt hat, nach gefestigter Rechtsprechung zunächst nur auf Freistellung von der Honorarverbindlichkeit (vgl. OLG Rostock, OLGR 2009, 134; OLG Hamm aaO; Burmann/Heß/Janker, StVR, 22. Aufl., § 250 Rdn. 13; Ebert in: Erman, BGB, 13. Aufl., § 249 Rdn. 99; Himmelreich/Halm/Müller, Handbuch des Fachanwalts Verkehrsrecht, 4. Aufl., Kap 6 Rdn. 183, mwN.; Himmelreich/Halm/Staab/Bergmann, Handbuch der Kfz-Schadensregulierung, 2. Aufl., Kap 13 Rdn. 137 mwN.). Durch eine ernstliche und endgültige Leistungsverweigerung des Schädigers – wie sie hier in der verweigerten Schadensregulierung liegt – wandelt sich dieser Anspruch jedoch gemäß § 250 Satz 2 BGB in einen Zahlungsanspruch um (vgl. BGH, Urteile vom 17. Februar 2011 – III ZR 144/10, MDR 2011, 435, und 29. April 1992 – VIII ZR 77/91 – NJW 1992, 2221 f.; Kammerurteile vom 10. Februar 2012 – 13 S 114/10 -, 12. Februar 2010 – 13 S 146/10 – und 27. Oktober 2008 – 13 S 85/08 mwN.).
Entgegen der Auffassung der Zweit- und Drittbeklagten kann der Kläger Zahlung der von ihm eingegangenen Sachverständigenkosten auch unabhängig davon verlangen, ob sich das Privatgutachten nachträglich als falsch herausstellt und ob dem Geschädigten wegen etwaiger Mängel der Gutachtenerstellung Einwendungen gegen den Honoraranspruch im Valutaverhältnis zustehen.
a) Wandelt sich – wie hier – der Freistellungsanspruch nach § 250 Abs. 2 BGB in einen Geldzahlungsanspruch um, so bestimmt sich dessen Inhalt nach Maßgabe des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl. BGH, Beschluss vom 16. November 1953 – GSZ 5/53 – BGHZ 11, 156 ff.; Urteil vom 12. März 1993 – V ZR 69/92 – NJW 1993, 2232 ff.; Oetker in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 250 Rdn. 12 f.; Schiemann in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2005, § 250 Rdn. 3 f.; Rüßmann in: jurisPK-BGB, § 250 Rdn. 10). Wegen der Belastung mit einer Verbindlichkeit kann der Geschädigte danach im Grundsatz freilich nur Schadensersatz verlangen, soweit diese Verbindlichkeit tatsächlich valutiert (vgl. BGH, Urteile vom 29. April 1992 – VIII ZR 77/91 – NJW 1993, 2221 f.; vom 9. November 1988 – VIII ZR 310/87 – MDR 1989, 247; vom 11. Juni 1986 – VIII ZR 153/85 – WM 1986, 1115, und vom 22. September 1971 – VIII ZR 38/70, BGHZ 57, 79, 81).
b) Beansprucht der Sachverständige jedoch – wie hier – das vertragliche Honorar, so kann der Geschädigte dieses unabhängig davon ersetzt verlangen, ob der Geschädigte dem Honoraranspruch möglicherweise wegen etwaiger Mängel der Gutachtenerstellung Einwendungen entgegenhalten kann. Der Geschädigte hat einen Anspruch auf vollständigen Ersatz seines Schadens (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2009 – VI ZR 110/08 – BGHZ 181, 242-268; Urteil vom 15. Februar 2005 – VI ZR 70/04 – BGHZ 162, 161-169; Urteil vom 29. April 2003 – VI ZR 393/02 – BGHZ 154, 395). Nach diesem gesetzlichen Grundsatz des Schadensrechts braucht er nicht das Risiko tragen, über die Leistung des Schädigers hinaus von dem Sachverständigen in Anspruch genommen zu werden (vgl. Müller aaO Kap 6 Rdn. 245, mwN.). Solange dem Geschädigten der Freistellungsanspruch zusteht, wird er gegen dieses Risiko umfassend geschützt. Dieser Schutz muss dem Geschädigten jedoch auch erhalten bleiben, wenn der Freistellungsanspruch infolge der Erfüllungsverweigerung des Schädigers in einen Zahlungsanspruch übergeht. Es entspricht deshalb allgemeiner Auffassung, dass die eingegangenen Sachverständigenkosten auch dann in voller Höhe erstattungsfähig sind, wenn sich das eingeholte Privatgutachten nachträglich als falsch erweist (OLG Düsseldorf, DAR 2006, 324; OLG München, NZV 2006, 261 f.; Saarländisches Oberlandesgericht, MDR 2003, 685; KG, zfs 2003, 513 f.; OLG Hamm, VersR 2001, 249 f.; LG Berlin, Schaden-Praxis 2011, 304; Geigel/Knerr aaO Kap 3 Rdn. 122). Solche nachträglich bekannt gewordenen Umstände sind für den ex ante zu beurteilenden Umfang der erforderlichen Aufwendungen unerheblich. Etwas anderes gilt lediglich, wenn – hier nicht relevant – den Geschädigten hinsichtlich der sorgfältigen Auswahl und zutreffenden Information des Gutachters ein Verschulden trifft (vgl. die zuvor zitierten).
4. Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles kann der Kläger die Bezahlung der von ihm eingegangenen Sachverständigenkosten hier allerdings nur an das Ingenieurbüro … und nicht an sich verlangen.
a) Grundsätzlich kann der Geschädigte nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB Schadensersatzzahlung an sich verlangen. Das ist für die Zahlung aufgewendeter Sachverständigenkosten auch allgemein anerkannt (vgl. etwa OLG Düsseldorf DAR 2006, 324; OLG München NZV 2006, 261 f.; Saarländisches Oberlandesgericht, zfs 2003, 308 f.).
b) Etwas anderes gilt jedoch ausnahmsweise in dem hier zu entscheidenden Fall, dass der Geschädigte die Sachverständigenkosten noch nicht bezahlt hat und der Schädiger geltend macht, dem Geschädigten stünden wegen einer mangelhaften Gutachtenerstellung Einwendungen gegen die Honorarforderung im Valutaverhältnis zu. Könnte der Geschädigte hier Zahlung in voller Höhe an sich verlangen, bestünde nämlich die Gefahr einer ungerechtfertigten Bereicherung des Geschädigten, wenn sich nachträglich erweist, dass dem Sachverständigen aufgrund einer mangelhaften Begutachtung das beanspruchte Honorar nicht oder nur teilweise zusteht. Einer Rückforderung stünde dann die Rechtskraft des Urteils im Haftpflichtprozess entgegen. Eine solche Bereicherung wäre jedoch mit den gesetzlichen Wertungen des Schadensersatzrechts unvereinbar. Der Geschädigte soll seinen Schaden zwar vollständig ersetzt verlangen, sich aber nicht auf Kosten des Schädigers bereichern können (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2009 – VI ZR 110/08 – BGHZ 181, 242-268; Urteil vom 15. Februar 2005 – VI ZR 70/04 – BGHZ 162, 161-169; Urteil vom 29. April 2003 – VI ZR 393/02 – BGHZ 154, 395). Dieser Gesichtspunkt gebietet in einer Konstellation der hier in Frage stehenden Art eine Einschränkung des Zahlungsanspruchs auf eine Leistung an den Dritten (vgl. auch BGH, Urteil vom 12. März 1993 – V ZR 69/92 – NJW 1993, 2232, 2233). Für den Fall der Pflicht zur Leistung an den Dritten kann sich der Schädiger nämlich entsprechend § 255 BGB etwaige Erstattungsansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen abtreten lassen, mit denen er etwaige Zuvielleistungen an den Sachverständigen zurückfordern kann (vgl. OLG Düsseldorf NJW-Spezial 2008, 458; OLG Nürnberg OLGR 2002, 471; Hörl NZV 2003, 305, 310; Grunsky NZV 2000, 5; Gruber NVersR 2002, 153, 154; vgl. auch OLG Naumburg, NZV 2006, 546, 548 mwN; Kammerurteile vom 12. Februar 2010 – 13 S 146/09; vom 29. August 2008 – 13 S 108/08 – und vom 2. Oktober 2008 – 13 S 95/08; Beschluss vom 14. Dezember 2010 – 13 S 119/09; Bittner in: Staudinger, BGB, 2009, § 255 Rdn. 66). Dadurch wird er, wenn die Zahlung unmittelbar an den Sachverständigen erfolgt, gegen eine ungerechtfertigte Bereicherung geschützt. Diese Beschränkung ist dem Geschädigten auch ohne weiteres zumutbar, da bei ihm kein Schaden verbleibt.
c) Die Zahlung an das Sachverständigenbüro wird hier auch von dem Begehren des Klägers umfasst. Dabei kann dahinstehen, ob das Verlangen einer Zahlung an einen Dritten als „minus“ generell jedenfalls in dem Antrag auf Zahlung an sich selbst enthalten ist oder ob es sich hierbei um einen anderen Antrag handelt (offen gelassen von BGH, Urteil vom 12. März 1993 – V ZR 69/92 – MDR 1993, 976 f.). Jedenfalls ist ein solches Begehren vom Antrag des Klägers umfasst, wenn dieser – wie hier – die von ihm noch nicht gezahlten Sachverständigenkosten erklärtermaßen nur geltend macht, um sie anschließend an den Sachverständigen auszukehren, sich seine Prozessführung der Sache nach mithin in dem Ziel einer vollständigen Befriedigung des Dritten erschöpft.
5. Der Kläger kann aus der berechtigten Hauptforderung auch vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten gemäß §§ 2, 13 RVG, Nrn. 2300, 7002, 7008 VVRVG in Höhe von 1,3 x 45,00 EUR + 11,70 EUR (Pauschale) + 13,34 EUR (MwSt.) = 83,54 EUR abzüglich hierauf gezahlter 58,50 EUR, entsprechend insgesamt 25,04 EUR sowie gemäß §§ 288 Abs. 1, 290 BGB Prozesszinsen aus der berechtigten Hauptforderung und den vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten geltend machen.
6. Der Kläger kann seine Ansprüche jedoch nur Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Erstattungsansprüche wegen werkvertraglich nicht geschuldeter Honorarzahlungen sowie gegen Ermächtigung zur Ausübung aller notwendigen Gestaltungsrechte zur Geltendmachung dieser Ansprüche verlangen.
a) Darauf, ob solche Ansprüche tatsächlich bestehen, kommt es hier nicht an. Voraussetzung des § 255 BGB ist nämlich nur, dass der abzutretende Anspruch als möglich erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1990 – IX ZR 65/89, NJW-RR 1990, 407-408; Urteil vom 30. April 1952 – II ZR 143/51, BGHZ 6, 55-62; Kammerurteil vom 20. April 2012 – 13 S 148/11). Das ist hier der Fall.
b) Der Anspruch der Zweit- und Drittbeklagten erstreckt sich hier auch auf die – stillschweigend ebenfalls mitbeanspruchten – Gestaltungsrechte, derer es zur Geltendmachung der Erstattungsansprüche bedarf. Denn die einschlägigen Ansprüche erfordern zunächst noch die Ausübung eines Gestaltungsrechts (vgl. § 638 Abs. 1 BGB), zu deren Ausübung der Geschädigte den Schädiger wirksam ermächtigen kann (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1997 – XII ZR 119/96, NJW 1998, 896 ff.), ohne damit in unzumutbarer Weise auf eigene rechtlich geschützte Belange verzichten zu müssen.
7. Über den Hilfsantrag war vorliegend nicht mehr zu entscheiden. Nach dem wirklich Gewollten muss die von dem Kläger vorgenommene innerprozessuale Bedingung dahin verstanden werden, dass für den Fall einer Verurteilung zur Zahlung in voller Höhe auch unter den tenorierten Einschränkungen über den Freistellungsanspruch nicht mehr zu entscheiden ist. Denn soweit der Hauptantrag nur eingeschränkt Erfolg hat, könnte mit dem Hilfsantrag kein weitergehender Klageerfolg erzielt werden.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 4, 296, 516 Abs. 3 ZPO. Dabei bleibt die Einschränkung der Verurteilung hinsichtlich der Abtretung Zug um Zug kostenmäßig außer Betracht (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 3 Rdn. 16). Nach dem Interesse des Klägers an dem Klageantrag rechtfertigt auch die Einschränkung der Verurteilung hinsichtlich des Zahlungsadressaten keine teilweise Kostenbelastung des Klägers.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache erlangt keine grundsätzliche über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert nicht die Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).