Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
unsere Urteilsreise durch Deutschland geht weiter. Vom Niederrhein geht es nach Sachsen zum Amtsgericht Leipzig. Nachfolgend gebe ich Euch noch ein Urteil zu fiktiven Abrechnung aus Leipzig bekannt. Die Klägerseite hatte bei der Abrechnung bereits die Stundensätze einer freien Werkstatt zugrunde gelegt. Die Allianz-Versicherungs AG wollte es aber noch billiger und hat die kalkulierten Reparaturkosten um weitere EUR 218.– gekürzt. Dem hat die zuständige Amtsrichterin der 107. Zivilabteilung des AG Leipzig widersprochen und die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung antragsgemäß verurteilt
Das Urteil wurde erstritten und der Redaktion eingesandt durch Herrn RA Uterwedde aus Leipzig. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Leipzig
Zivilabteilung I
Aktenzeichen: 107 C 8989/12
Verkündet am: 08.03.2013
IM NAMEN DES VOLKES
ENDURTEIL
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
Allianz Versicherung-Aktiengesellschaft, An den Treptowern 3,12435 Berlin vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Severin Moser
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richterin am Amtsgericht als weitere aufsichtsführende Richterin …
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 01.03.2013 am 08.03.2013
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 218,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 27.11.2012 zu bezahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf bis 300,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Von der Abfassung des Tatbestandes wird gem. § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig.
Sie hat in der Sache auch Erfolg.
Der Kläger hat gegen die Beklagte aufgrund des Verkehrsunfalles vom 15.09.2012 einen Anspruch auf Bezahlung der restlichen Reparaturkosten aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG i.V. mit § 115 VVG.
Ausweislich des vorgelegten Sachverständigengutachtens der Sachverständigen … sind Reparaturkosten ohne Mehrwertsteuer in Höhe von 1.527,58 € zu erwarten.
Da die Beklagtenseite lediglich einen Betrag in Höhe von 1.309,29 € geleistet hat, ist noch ein Betrag in Höhe von 218,29 € zur Zahlung offen.
Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht seitens des Klägers liegt nicht vor. Aus dem Gutachten des Sachverständigenbüros für das Kraftfahrzeugwesen geht hervor, dass als Reparaturfirma die Firma und deren Stundensätze herangezogen wurden. Der Gutachter hat die Kalkulation nicht auf die Preisempfehlungen einer markengebundenen Fachwerkstatt gestützt. Dies ist wohl darauf zurückzuführen, dass das Fahrzeug bereits am 10.09.1999 zugelassen und auch eine hohe Laufleistung hat, so dass die Zugrundelegung von Reparatursätzen einer markengebundenen Werkstatt ggf. nicht möglich gewesen wäre. Da die Kiägerseite jedoch bereits die Stundensätze einer freien Werkstatt zugrundegelegt hat und dem Geschädigten nicht auferlegt werden kann, unter den freien Werkstätten noch die billigste Werkstatt aufzusuchen, kann die Verteidigung der Beklagten keinen Erfolg haben.
Da sich die Beklagtenseite mit der Zahlung in Verzug befunden hat, schuldet sie Zinsen aus §§ 280, 286, 288 BGB.
Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Rechtssache gem. § 511 Abs. 4 Nr. 1 BGB keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechnung eine Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht erforderlich macht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Gibt es in Sachsen positive Rechtssprechungen zu Stellungnahmekosten des SV nach ungerechtfertigten Kürzungen ?
Hallo zusammen,
ich hatte diese Fälle bis vor ein paar Monaten überhaupt nicht. Wenn freie Werkstätten kalkuliert wurden, wurde eigentlich immer gezahlt, aber zuletzt haben sich die Fälle gehäuft. Alle bis auf die Allianz konnte ich unter Berufung auf das Urteil aus Essen überzeugen, die vom SV kalkulierten Netto-Reparaturkosten zu zahlen.
Der Halbsatz “ … so dass die Zugrundelegung von Reparatursätzen einer markengebundenen Werkstatt ggf. nicht möglich gewesen wäre.“ ist allerdings etwas verwirrend bzw. könnte von den Versicherern (absichtlich oder nicht) falsch verstanden werden. Daher nochmal klarstellend:
BGH, Urt. v. 20. Oktober 2009 – VI ZR 53/09 (VW-Urteil)
Der Geschädigte darf seiner (fiktiven) Schadensberechnung grundsätzlich die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fach-werkstatt zugrunde legen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (Bestätigung des Senats-urteils BGHZ 155, 1 ff.).
Um den Geschädigten im Sinne des 2. Leitsatzes der genannten BGH-Entscheidung auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit zu verweisen, muss die Schädigerseite einiges tun. Ein bloßes Prüfprotokoll reicht hierfür nicht aus. Dies haben bereits diverse Abteilungen des Amtsgerichtes Leipzig entschieden, z.B.:
http://www.captain-huk.de/urteile/ag-leipzig-verurteilt-zur-zahlung-restlichen-schadensersatzes-und-lehnt-verweisung-auf-preisgunstigeren-autohof-ab-mit-urteil-vom-1-3-2013-118-c-537412/
Schönen Tag noch aus Leipzig
A. Uterwedde
Sofern der Geschädigte nicht ausdrücklich ein Gutachten auf Grundlage freier Werkstätten verlangt hat, würde ich als Anwalt bei Fällen wie diesen wie folgt vorgehen:
1. Entweder das Gutachten wg. Unbrauchbarkeit zurückweisen unter Hinweis auf die eindeutige BGH-Rechtsprechung.
oder
2. Zuerst den Schaden mit der gegnerischen Versicherung auf Grundlage des falschen Gutachtens abrechnen und dann den Sachverständigen aufgrund fehlerhafter Werkleistung mit der Differenz zu den Markenlöhnen in Regress nehmen. Wenn er die Verbringungskosten und die UPE-Aufschläge „vergessen“ hat, diese noch oben drauf.
Die zweite Lösung erscheint mir dabei sympathischer, da man sich so nicht mit der Versicherung um die Markenlöhne, Gleichwertigkeit, Scheckheft usw. herumschlagen muss.
Das heißt: Je geringer der SV die Stundenverrechnungssätze dabei ansetzt, um so schneller ist der Schaden mit der Versicherung reguliert. Der Sachverständige ist dabei zwar der Dumme. Aber er hat es ja nicht besser verdient, sofern er die BGH-Rechtsprechung bei der Erstellung seiner Gutachten ignoriert.
Trotz eindeutiger BGH-Rechtsprechung setzt der Lerneffekt einiger „Experten“ offensichtlich immer erst dann ein, wenn es um die eigenen Pfründe geht.
@ Harry
Dumm nur, dass diese „Experten“ sich mit ihrer Vorgehensweise auch noch selbst um einen Honoraranteil bringen.
Denn bekanntlich wird bei Sachverständigen das Grundhonorar doch an der Schadenhöhe bemessen. Oder?!
@Harry says:
14. März 2013 at 18:18
“ Sofern der Geschädigte nicht ausdrücklich ein Gutachten auf Grundlage freier Werkstätten verlangt hat, würde ich als Anwalt bei Fällen wie diesen wie folgt vorgehen:blablabla………..
……….und dann den Sachverständigen aufgrund fehlerhafter Werkleistung mit der Differenz zu den Markenlöhnen in Regress nehmen“.
Ja,ja und ich als kein Anwalt, sondern als ein Laie würde den SV zuerst sein Nachbesserungsrecht einräumen und nicht schon vorher meinen Mandanten in einen aussichtslosen Prozess treiben. Oder hat ein SV kein Nachbesserungsrecht?
„
Bei Version 1. hat er (vielleicht) ein Nachbesserungsrecht – bei Version 2. hat er nicht (Schadensersatzpflicht).
@ Harry
Einen größeren Gefallen als mit Version 2 kann man der Versicherung doch gar nicht machen. Da ist ein Geschädigter, der zunächst selbst einen Sachverständigen beauftragt, anstatt sich unmittelbar an die Versicherung zu wenden (blöd für die Versicherung), dann schaltet dieser Geschädigte auch noch einen Anwalt ein (auch blöd für die Versicherung). Und dann hetzt der Anwalt den Geschädigten gegen den Sachverständigen auf, die Versicherung muß nur den geringeren Schaden regulieren und kann in Ruhe zusehen, wie sich die 3 Beteiligten auf Geschädigtenseite gegenseitig bekämpfen (super für die Versicherung).
Ich als Anwalt hätte den Sachverständigen erst mal angerufen und kurz über die Sache gesprochen…
Das sehe ich nicht so.
Sachverständige, die den Schadensersatzanspruch des Geschädigten nicht nach den markengebundenen Stundenverrechnungssätzen kalkulieren, machen dies meist vorsätzlich. DEKRA, SSHler, Carexperten usw.. Siehe hierzu auch das AG Essen hier im Blog.
Einige Freie halten es ebenso für vollkommen in Ordnung, wenn man mit Schritt 1 der BGH-Rechtsprechung bereits Schritt 2 und 3 vorwegnimmt. Auch hier besteht oft eine gewisse Nähe zur Versicherungswirtschaft, oder es sind die bekannten Oberschlaumeier, die die Arbeit der Juristen immer vorwegnehmen wollen.
Ich denke, es ist nicht Sache der Rechtsanwälte, Sachverständige zu unterstützen, denen das Versicherunsghemd näher ist als die Geschädigtenhose? Bei den Sachverständigen, die die eindeutige BGH-Rechtsprechung bis heute nicht verstanden haben, ist Hopfen und Malz sowieso verloren. Da hilft auch keine Schulung durch den Anwalt. Die holen auch heute noch die Restwerte zum Nachteil der Geschädigten über die Restwertbörse ein. Dies selbst bei eindeutigen Reparaturschäden.
Ich denke, auf deren Gutachten kann man ohne weiteres verzichten, bzw. einmal richtig zur Kasse gebeten, beschleunigt das Lernbewusstsein dieser „Experten“ ungemein?
Selbst bei der DEKRA habe ich Hoffnung, dass die Kalkulation auf Basis von Billigwerkstätten aufhört, wenn man den Laden konsequent zur Kasse bittet und die Vorgänge öffentlich macht. Die BMW-Leasing-Sache wird die DEKRA z.B. noch viel Geld kosten. Damit meine ich nicht den Schadensersatz.
Die Versicherer muss man als Verbund mit ihren Dienstleistern sehen. Wenn der eine nicht zahlt, zahlt eben der andere.
Für einen Anwalt sollte stets der vollständige Schadensausgleich des Geschädigten Priorität haben. Das ist doch der Auftrag? Woher das Geld für den Geschädigten kommt, ist für den Anwalt letztendlich doch völlig egal? Sachverständige, die mit Ihren Gutachten aktiv Versicherer unterstützen, sind keine „Partner“ und werden es auch nie werden.
Bei dem o.a. Fall wurde der Geschädigte um einen Teil seines Schadensersatzanspruches gebracht, sofern die Kalkulation auf Basis der freien Werkstatt nicht durch ihn veranlasst war. DA hat die Versicherung dann mal wieder richtig auf Kosten des Geschädigten gespart. Und alle haben schön dabei mitgeholfen. Darüber sollte man einmal nachdenken.
@ Harry
Wenn ein Telefonat mit dem Sachverständigen nicht weiterhilft, können Sie ihn immer noch verklagen…
@ Harry: Der WBW lag bei 1.950 EUR und der Mandant wollte das Fahrzeug billig reparieren und dann weiternutzen. Noch Fragen?
@ Harry
Genau, immer drauf auf die Sachverständigen…
Wer rät seinem Mandanten denn davon ab zu klagen, wenn gekürzt wurde und keine RSV vorhanden ist? Der SV bestimmt nicht…
@RA Uterwedde
„Noch Fragen?“
Wenn sich das so abgespielt haben sollte, dann hätte ich tatsächlich einige Fragen.
Wo steht in der BGH-Rechtsprechung, dass der Sachverständige bei der fiktiven Abrechnung andere Stundenverrechnungssätze anzusetzen hat, wenn es auf Grundlage von Markenlöhnen zu einem wirtschaftlichen Totalschaden kommen könnte? Kalkulationen dieser Art zur Vermeidung eines wirtschaftlichen Totalschadens sind nichts anderes als Kalkulationen der Versicherungsgutachter, die einen Totalschaden auf Teufel komm raus herbeirechnen. Seriöse Gutachterei ist das nicht.
Was hindert den Geschädigten nach ordnungsgemäßer Abrechnung auf Basis eines wirtschaftlichen Totalschadens, den Schaden billig reparieren zu lassen und das Fahrzeug weiter zu nutzen?
Wenn alle Stricke reißen, gibt es immer noch die 130%-Regelung.
Lediglich bei der konkreten Abrechnung kann der Sachverständige von den Markenlöhnen abweichen. Sofern der Geschädigte nicht weiß, was er will = Stundenverrechnungssätze der markengebundenen Fachwerkstatt.
Schäden je nach Fall irgendwie schön zu rechnen schadet der gesamten Zunft und ist dazu kontraproduktiv für die gesamte fiktive Abrechnung. Das obige Verfahren hätte auch ganz anders ausgehen können. Warum sollte ein Richter nicht eine noch billigere Werkstatt zulassen, wenn der Geschädigte schon sebst mit einer freien daherkommt? Das Totschlagargument der allmächtigen Markenwerkstatt wurde ja freiwillig aufgegeben. Die Gleichwertigkeit war anzunehmen. Blieb also nur noch die Zugänglichkeit.
Die Begründung des Gerichts überzeugt mitnichten:
„Da die Klägerseite jedoch bereits die Stundensätze einer freien Werkstatt zugrundegelegt hat und dem Geschädigten nicht auferlegt werden kann, unter den freien Werkstätten noch die billigste Werkstatt aufzusuchen, kann die Verteidigung der Beklagten keinen Erfolg haben.“
In den BGH-Urteilen steht zwar tatsächlich nichts davon, dass der Geschädigte die billigste Werkstatt suchen soll. Vielmehr steht aber drin, dass der Schädiger den Geschädigten auf eine günstigere Werkstatt VERWEISEN kann! Der Geschädigte braucht also gar nicht zu suchen, denn diesen Service übernimmt ja die gegnerische Versicherung. Ein Lohnlimit nach unten ist hierbei auch nicht vorgesehen. Das alles hat der Amtsrichter erfreulicherweise übersehen. Glück gehabt!
Verfahren wie diese zu führen, ist eine ganz heiße Nummer. War der Geschädigte über das erhebliche Risiko aufgeklärt?
@SV Fehl
„Wer rät seinem Mandanten denn davon ab zu klagen, wenn gekürzt wurde und keine RSV vorhanden ist? Der SV bestimmt nicht“
Stimmt, das ist aber ein grundsätzliches Problem der Rechtsanwälte und noch lange kein Grund für den Gutachter, bei seiner Kalkulation von der BGH-Rechtsprechung abzuweichen.
@ Harry:
Aufpassen! Es geht nicht (nur) um die Totalschadenabrechnung, sondern (vor allem) um den 130%-Fall! Ich werde meinem Mandanten nicht etwas einreden, was er nicht will UND DIESER MANDANT WOLLTE BILLIG REPARIEREN UND WEITERNUTZEN, und mit Markenwerkstattlöhnen wäre das so nicht möglich gewesen, denn dann hätte ein 130%-Fall vorgelegen und der Versicherer hätte auf TS-Basis abgerechnet und dann wären ein paar Hunderter weniger rausgekommen.
Eine Abrechnung auf 130%-Basis funktoniert aber nur mit sach- und fachgerechter Reparatur lt. Gutachten (was der Mandant nicht wollte), dass wissen Sie doch …
All das wusste der SV bereits und deshalb kam das Gutachten so, wie es kam. Ich denke, wir sollten das hier nicht weiter ausführen, denn sicher liest auch „der Feind“ mit.
„Schäden je nach Fall irgendwie schön zu rechnen schadet der gesamten Zunft und ist dazu kontraproduktiv für die gesamte fiktive Abrechnung.“
So ein Blödsinn! Der Geschädigte ist Herr des Restitutionsgeschehens und als solcher auch Kunde des SV. Der Kunde ist bekanntlich König und ihm ist überhaupt nicht geholfen, wenn der SV um dem Harry, dem Hunter oder sonst wem zu gefallen etwas macht, was nicht in seinem Interesse ist und ihm weniger Geld in Tasche befördert, als er dort haben könnte.
@RA Uterwedde
„dann wären ein paar Hunderter weniger rausgekommen.“
„All das wusste der SV bereits und deshalb kam das Gutachten so, wie es kam“
Gutachten auf Bestellung? Genau darum geht es doch. Für ein paar Hunderter vermeintlicher Geschädigtenvorteil wird kollektiv getrickst. Da werden irgendwelche passende Werkstätten aus dem Portfolie des Gutachters angegeben, die der Geschädigte womöglich nicht einmal kennt, damit es mit den Reparaturkosten unter Totalschaden hinhaut? BGH-Rechtsprechung hin oder her? Wenn diese Strategie bei Gericht dann mehrfach schief geht, wovon ich fest überzeugt bin, leidet die gesamte fiktive Abrechnung. Sie haben es wohl immer noch nicht verstanden? Sie hatten nur verdammtes Glück, dass der Richter die BGH-Rechtsprechung nicht richtig gelesen bzw. umgesetzt hat (siehe oben – VerweisungsRECHT des Schädigers)!
In der gegenständlichen Sache hatte der Feind die Gewinnchancen offensichtlich sehr gut eingeschätzt. Sonst hätte er den Prozess erst gar nicht geführt. Wenn der unbedarfte Feind hier fleißig mitliest, dann verlieren viele Geschädigtenanwälte künftig solche Prozesse. Dies aber zu recht, weil sie eigentlich nicht zu gewinnen sind.
Zur Sache selbst und dem super Geschäft für den Geschädigten noch ein paar Anmerkungen. Bei einem älteren Alltagsfahrzeug mit einem steuerneutralen Wiederbeschaffungswert von 1950 € und einem Schaden nach Vertragswerkstatt von über 2000 € brutto liegt der steuerneutrale Restwert örtlicher Restwertaufkäufer in der Regel bei maximal 200 – 300 €, wenn überhaupt. Der Entschädigungsbetrag bei der Totalschadenabrechnung beträgt also mindestens 1650 €. Der gedrückte Reparaturschaden lag hingegen bei 1.527,58 € netto. Wo sind hierbei eigentlich die paar Hunderter Gewinn? Ich sehe hierbei einen Verlust des Geschädigten in Höhe von 122,42 – 222,42 €. Aber selbst wenn der Restwert am örtlichen Markt bei unrealistischen 500 € liegen sollte (Exportschnäppchen), sind es immer noch 1.450 € Entschädigung bei der Totalschadenabrechnung. Für läppische 77,58 € wird also getrickst, der Geschädigte in einen gefährlichen Prozess geführt und mit einem Prozessrisiko von mindestens 80 – 90 % ein Negativurteil in Kauf genommen?
Verdient hat bei diesem Rechtsstreit sowieso keiner. Weder der Geschädigte, der für 218,29 € einen riskanten Prozess führen musste noch der Gutachter, dessen Image durch solche Aktionen nicht unbedingt gewinnt und das Honorar durch die reduzierten Reparaturkosten möglicherweise geringer ausfiel. Dass der Rechtsanwalt bei einem Streitwert unter 300 € bei so einer Sache drauflegt, bedarf wohl keiner besonderen Erwähnung?
Sie unterstellen etwas, was so (bislang) nicht vertreten wird: Wo steht denn, das der Geschädigte bei der fiktiven Abrechnung die billigste freie Werkstatt in Anspruch nehmen muss? Der BGH fordert dies bislang nicht und wird es m.E. auch in Zukunft nicht tun, denn dann könnte man von den Geschädigten bald auch verlangen, das Fahrzeug ins osteuropäische oder nordafrikanische Ausland zu verbringen.
Das Thema ist für mich durch!
Schönes Wochenende.
@RA Uterwedde
„Wo steht denn, das der Geschädigte bei der fiktiven Abrechnung die billigste freie Werkstatt in Anspruch nehmen muss?“
BGH-Urteile lesen: Verweisungsrecht des Schädigers – kein Lohnlimit nach unten !!
„denn dann könnte man von den Geschädigten bald auch verlangen, das Fahrzeug ins osteuropäische oder nordafrikanische Ausland zu verbringen.“
BGH-Urteile lesen: Mühelose Zugänglichkeit !!
@ Harry:
fahr schon mal den wagen vor
Gibt es in Sachsen wirklich keine positiven Urteile zu Stellungnahmekosten des SV nach ungerechtfertigten Kürzungen ?
VI ZR 231/09 Verkündet am:
14. Dezember 2010
Der Geschädigte kann Ersatz der angefallenen Reparaturkosten verlangen, wenn es ihm entgegen der Einschätzung des vorgerichtlichen Sachverständigen gelungen ist, eine fachgerechte und den Vorgaben des Sachverständigen entsprechende Reparatur durchzuführen, deren Kosten den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigt.
In dem Gutachten ermittelte dieser voraussichtliche Reparaturkosten in Höhe von 3.746,73 € brutto, einen Wiederbeschaffungswert in Höhe von 2.200 € und einen Restwert in Höhe von 800 €.
Die Klägerin hat das Fahrzeug den Vorgaben des Sachverständigen entsprechend – allerdings unter Verwendung von Gebrauchtteilen – gegen Zahlung von 2.139,70 € brutto reparieren lassen und bis Anfang Juni 2008 weiter genutzt.
und
Berufungskammer des LG Konstanz entscheidet zu der Reparatur im 130-Prozent-Bereich, der bereits im Gutachten mit Gebrauchtteilen berückrichtigt wurde, und zu den Sachverständigenkosten mit Urteil vom 23.3.2012 – 11 S 112/11 A – .
Dienstag, 26.02.2013 um 17:23 von Willi Wacker |