Mit Urteil vom 04.12.2009 (3 S 5/09) hat das LG Freiburg die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 1.006,16 € zzgl. Zinsen verurteilt. Auch hier gilt: Der Schwacke-Automietpreisspiegel ist bei der Schätzung einschlägig, Fraunhofer dagegen nicht.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Berufung ist nur teilweise begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch auf restliche Mietwagenkosten von € 1.007,16 zu.
1. Zutreffend ist das Amtsgericht auf das Bestreiten der Beklagten nicht eingegangen, es sei kein Mietvertrag zustande gekommen. Es ist nicht erkennbar, weshalb ein gewerblicher Autovermieter der Klägerin schenkweise die Nutzung eines Mietfahrzeugs überlassen sollte. Sofern die Miethöhe nicht ausdrücklich vereinbart sein sollte, hat sich die Klägerin auf den üblichen Tarif eingelassen. Wenn der Klägerin mitgeteilt wurde, sie müsse nicht mehr zahlen, als von den Beklagten als Ersatz geleistet werden müsse, stellt dies nur eine Vereinbarung einer Obergrenze des Entgelts für den Mietwagen dar.
Dass in bestimmten Fällen manche Autohäuser während einer Reparatur einem (guten) Kunden ein eigenes Fahrzeug kostenfrei zur Verfügung stellen, ist vorliegend nicht erheblich, da im zu entscheidenden Fall ein Wagen von einem Mietwagenunternehmen genutzt wurde und nicht von einem Autohändler, der beispielsweise in Zahlung genommene PKW oder Vorführwagen zur Hand hat und die Kosten für ein kostenloses Zurverfügungstellen über die Reparaturpreise kalkuliert.
2. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl, BGHZ 160, 377, 383 f.; 163, 19, 22 f.; Urteile vom 26.10.2004 – VI ZR 300/03, VersR 2005, 214, 242 f.; vom 15.02 2005 – VI ZR 160/04, VersR 2005, 569 f. und – VI ZR 74/04, VersR 2005, 568 f.; vom 09.05.2006 – VI ZR 117/05, VersR 2006, 986 f.; vom 20.03.2007, VI ZR 254/05, NJW 2007, 2122, 2123; vom 12.06.2007 – VI ZR 161/06 -VersR 2007, 1144; vom 26.06.2007 – VI ZR 163/06, BB 2007, 1755; vom
09.10.2007 – VI ZR 27/07 und vom 14.10.2008 – VI ZR 308/07, NJW 2008, 2910) kann der Geschädigte vom Schädiger nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Er ist hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren, von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als 2ur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann. Der Geschädigte verstößt allerdings noch nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber dem „Normaltarif“ teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfaligeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u.a.) einen gegenüber dem „Normaltarif“ höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die Besonderheiten der Unfallsituation veranlasst und infolge dessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind. Dabei ist Normaltarif der Tarif, der für den Selbstzahler Anwendung findet und unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten gebildet wird (BGH Urteile vom 09.10.2007 – VI ZR 27/07 und vom 13.02.2007 – VI ZR 105/06). Auch wenn der Autovermieter nicht zwischen „Unfallersatztarif“ und „Normaltarif“ unterscheidet, sondern einen einheitlichen Tarif anbietet, der weit über dem Durchschnitt der auf dem örtlichen Markt erhältlichen „Normaltarife“ liegt, ist zu prüfen, ob unfallbedingte Mehrleistungen des Vermieters oder sonstige mit der Unfallsituation verbundene besondere Umstände diese Erhöhung rechtfertigen (vgl. BGH Urteile vom 09 05.2006 – VI ZR 117/05; vom 13.06.2006 – VI ZR 161/05, VersR 2006, 1273, 1274; vom 23.01.2007 – VI ZR 243/05, VersR 2007, 514, 515; vom 30.01.2007 – VI ZR 99/06, VersR 2007, 516, 517; BGH, Beschluss vom 05.10.2006 – XII ZR 50/04, VersR 2007, 80 f.).
Die Frage der Erforderlichkeit der geltend gemachten Kosten kann offen bleiben, wenn dem Geschädigter ein günstigerer „Normaltarif“ in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich gewesen wäre, so dass ihm eine kostengünstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihm gemäß § 254 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht hätte zugemutet werden können (vgl. BGH, Urteile vom 14.02.2006 – VI ZR 32/05, VersR 2006, 564, 565; vom 04.07.2006 – VI ZR 237/05; vom 23.01.2007 – VI ZR 18/06; vom 06.03.2007 – VI ZR 36/06, VersR 2007, 706, 707; vom 20.03.2007 – VI ZR 254/05; vom 12.06.2007 – VI ZR 161/06; vom 26.06.2007 – VI ZR 163/06 und vom 09.10.2007 – VI ZR 27/07). Dies hat nach allgemeinen Grundsätzen der Schädiger darzulegen und zu beweisen (BGH Urt. v. 24.06.2008 – VI ZR 234/07, NJW2008, 2910). Ebenso kann die Frage der Erforderlichkeit des Tarifs ungeklärt bleiben, wenn zur Überzeugung des Tatrichters fest steht, dass dem Geschädigten die Anmietung zum „Normaltarif“ nach den konkreten Umständen nicht zugänglich gewesen ist. Der Geschädigte kann nämlich in einem solchen Fall einen den „Normaltarif“ übersteigenden Betrag im Hinblick auf die subjektbezogene Schadensbetrachtung auch dann verfangen, wenn die Erhöhung nicht durch unfallspezifische Kostenfaktoren gerechtfertigt wäre (vgl. BGH Urteile vom 13.06.2006 – VI ZR 161/05, VersR 2006, 1273, 1274; vom 04.07.2006 – VI ZR 237/05; vom 20.03.2007 –VI ZR 254/05; vom 12.06.2007 – VI ZR 161/06 und vom 26.06.2007 – VI ZR 163/06). Für die Frage, ob dem Geschädigten ein wesentlich günstigerer Tarif ohne weiteres zugänglich war, ist stets auf die konkreten Umstände des Einzelfalles abzustellen. Der Geschädigte hat hierbei darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt – zumindest auf Nachfrage – kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich war (vgl. BGH Urteile vom 19.04.05 – VI ZR 37/04, VersR 2005, 850 und vorn 25.10.05 – VI ZR 9/05, VersR 2006, 133 m.w.N,). Dass ein Mietwagenunternehmen dem Geschädigten nur einen Tarif angeboten hat, reicht grundsätzlich nicht für die Annahme aus, dem Geschädigten sei kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich gewesen. Allein das allgemeine Vertrauen darauf, der ihm vom Autovermieter angebotene Tarif sei „auf seine speziellen Bedurfnisse zugeschnitten“, rechtfertigt es nicht, zu Lasten des Schädigers und seines Haftpflichtversicherers ungerechtfertigt überhöhte und nicht durch unfafibedingte Mehrleistungen des Vermieters gedeckte Unfallersatztarife zu akzeptieren (vgl. BGH Urteil vom 13.06.06 – VI ZR 161/06).
3. Die Berufungskammern des Landgerichts Freiburg halten auch nach erneuter Bewertung daran fest, dass der jeweils für den Zeitpunkt der Anmietung aktuelle Schwacke Autormietpreisspiegel (AMS) eine geeignete Schätzungsgrundlage für den sogenannten Normaltarif im Landgerichtsbezirk darstellt. Dabei bildet der dort angegebene Tarif nech der Überzeugung der Kammer auch denjenigen ab, der im Fall einer Vermietung nach einem Unfall einem Geschädigten ohne weiteres zugänglich und damit als „normal“ anzusehen ist. Ein Zuschlag von 20% ist daher im Regelfall nicht zu machen (LG Freiburg Urteil vom 13.01.2009 – 9 S 78/08; OLG Karlsruhe Urteil vom 17.03.2008 -1 U 17/08). Die Schätzung auf der Grundlage des Schwacke Automietpreisspiegels steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dieser hat durchaus in Kenntnis abweichender obergerichtlicher Rechtsprechung (OLG München NJW-Spezial 2008, 585; OLG Köln Urteil vom 10.10.2008 – 6 U 115/08; Thüringer OLG Urteil vom 27.11.2008 – 1 U 555/07) bereits ausgeführt, dass es dem Tatrichter zwar nicht verwehrt ist, sich den gegen die Verwendung des Schwacke Automietpreisspiegels vorgetragenen Bedenken anzuschließen und auf der Basis anderer Schätzungsgrundlagen abzurechnen. Dies bedeutet aber umgekehrt nicht, dass der Tatrichter sich diesen Bedenken anschließen muss, wenn er keine Zweifel an der Eignung des Schwacke Automietpreisspiegels als Schätzungsgrundlage hat (BGH Urteil vom 14.10.2008 – VI ZR 308/07; vgl. auch LG Dresden Urteil vom 17.09.2008; LG Bonn Urteil vom 17.11.2008 – 13 0 485/07; LG Deggendorf Urteil vom 7.10.2008 – 1 S 49/08). Auch im Beschluss vom 13.01.200S (VI ZR 134/08) hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich die Schätzung auf der Grundlage des Schwacke AMS 2006 gebilligt (vgl. auch OLG Köln Urteil vom 03.03.2009 – 24 U 6/08).
Für den hier relevanten Zeitraum auf dem konkreten örtlichen Markt, auf den hier abzustellen ist, ergeben sich keine erheblichen konkreten Zweifel, dass der Automietpreisspiegel Schwacke 2006 die Preise abbildet. Soweit die Beklagte auf wesentlich günstigere Preise in Zwickau abstellt, kommt es vorliegend hierauf nicht an. Die Preise von Großanbietern, die in L. eine Station unterhielten, dreieinhalb Monate nach der hier relevanten Zeit und für eine bei Anfrage vorbestimrnte Zeit erzeugen keine Zweifel an der generellen Geeignetheit des AMS als Grundlage für die vorzunehmende Schätzung. Ob die angefragten Fahrzeuge tatsächlich kurzfristig dort auch zur Verfügung standen, ist zudem bestritten. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist nicht angezeigt (§ 287 Abs. 1 S. 2 ZPO). Eine Ermittlung in die Vergangenheit würde zudem gerade zu jenen Problemen führen, die die Beklagte der Erhebung für den Schwacke Mietpreisspiegel beklagt, nämlich dass der Sachverständige erklären müsste, wozu er nicht mehr relevante frühere Preise genannt haben möchte.
Danach wird der Automietpreisspiegel Schwacke 2007 der Schätzung zu Grunde gelegt. Der sogenannte Modus entspricht dem Zweck der Schätzung. Es geht darum, wo bei – tatsächlich allerdings unterlassenen – wenigen vergleichenden Anfragen mit großer Wahrscheinlichkeit der Normaltarif ermittelt worden wäre. In der unstreitigen Fahrzeugklasse 7 für das Postleitzahlengebiet 779 ergibt sich Folgendes:
Wochentarif Modus 731,50 €: 7 x 18 Tage 1.881,00 €
abzüglich 5% Eigenersparnis – 94,05 €
Haftungsfreistellung Wochentarif Modus 156,00 : 7 x 18 401,14 €
Abholung brutto 13,07 €
zu ersetzen 2.201,16 €
abzüglich bereits vorprozessual gezahlter – 1.194,00 €
restlicher Anspruch der Klägerin 1.007,16 €
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Dass einer Schätzung nach § 287 ZPO nicht die einer Partei genehme Berechnung „zwingend“ zugrundezulegen ist, ergibt sich bereits aus dem Gesetz.
Soweit das LG Freiburg.