Mit Urteil vom 22.12.2009 (7 S 142/09) hat das LG Aachen auf die Berufung der HDI-Gerling Firmen und Privat Versicherung AG das erstinstanzliche Urteil des AG Eschweiler (24 C 214/09) bestätigt, als dass das AG zur Schätzung der Höhe der Mietwagenkosten auf die Schwacke-Liste zurück gegriffen hat. Differenzierter ist die Sichtweise des LG Aachen zu den Nebenkosten bzw. Aufschlägen.
Aus den Entscheidungsgründen:
I.
Wegen des Tatbestands wird gem. § 540 ZPO auf die insoweit aus zweitinstanzlicher Sicht nicht ergänzungsbedürftigen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils vom 20. August 2009 – 24 C 214/09 Amtsgericht Eschweiler – Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form-und fristgerecht eingegangen. Sie hat auch in der Sache teilweise Erfolg. Zu Recht wendet sich die Berufung gegen die Höhe des der Klägerin zugesprochenen Anspruchs auf Schadensersatz.
1.
Unstreitig ist zwischen beiden Parteien, dass die Beklagte vollumfänglich für die Kosten, die der Klägerin aus dem Unfall vom 14. März 2008 entstanden sind, einstandspflichtig ist. Gemäß § 249 Abs. 1 BGB ist derjenige, der zum Schadensersatz verpflichtet ist, dazu verpflichtet, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB kann der Geschädigte statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen.
2.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGH, Urteil v. 24.06.2008 –VI ZR 234/07). Der Geschädigte ist nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Fahrzeuges grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann.
Anhand dieser Maßgaben sind die einzelnen von der Klägerin geltend gemachten Schadenspositionen zu überprüfen. Zu prüfen ist zunächst, welcher Normaltarif bei der Berechnung der Mietwagenkosten zugrunde zu legen ist (a), danach ist die Frage zu klären, ob ein unfallbedingter Aufschlag auf diesen Normaltarif gerechtfertigt ist (b) und schließlich muss der Frage nachgegangen werden, ob und in welchem Umfang Nebenkosten gerechtfertigt sind (c).
(a)
Soweit die Klägerin als Anknüpfungspunkt für die Ermittlung des den Geschädigten zustehenden Ersatzanspruches von dem Schwacke-Mietpreisspiegel 2008 ausgeht, so begegnet dies im vorliegenden Fall keinen durchgreifenden Bedenken. Ist zwischen den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung, § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Dabei ist anerkannt, dass der Tatrichter in Ausübung des Ermessens nach § 287 ZPO den zugrunde zu legenden Normaltarif auf der Grundlage des gewichteten Mittels des Schwacke-Mietpreisspiegels für das Postleitzahlengebiet, in dem die Anmietung erfolgte, ermitteln kann (BGH, Urteil v. 11.03.2008 – VI ZR 164/07). Dies gilt gegebenenfalls dann nicht, wenn erhebliche Einwendungen gegen die Grundlagen der Schadensbemessung vorgetragen werden, die sich auf den konkreten Fall auswirken. Derartige, auf konkrete Tatsachen gestützte erhebliche Einwendungen gegen die Schätzgrundlage hat die Beklagte jedoch im vorliegenden Fall nicht vorgetragen. Rein abstrakte Ausführungen zu den Vorzügen und Nachteilen der einzelnen Schätzgrundlagen unterschiedlicher Institute sind nicht geeignet, die von der Klägerin zugrunde gelegte Schätzgrundlage zu erschüttern. Deswegen ist im vorliegenden Fall die Berechnung anhand des von der Klägerin zugrunde gelegten Normaltarifs der Schwacke-Liste 2008 vorzunehmen.
(b)
Die von der Klägerin beanspruchten Erhöhungen für einen Unfallersatztarif stehen ihr jedoch nicht zu. Vor diesem Hintergrund lässt sich die Klägerin nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und der Instanzgerichte rechtsirrig von der Vorstellung leiten, dass nunmehr infolge eines jeden Unfalls der Geschädigte berechtigt sei, ohne nähere Darlegung zu den Umständen des Einzelfalles und damit zu der „Erforderlichkeit“ der anfallenden Kosten einen Unfallersatztarif in Anspruch zu nehmen und diesen von seinem Schädiger ersetzt zu verlangen.
Es ist zwar richtig, dass nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung der Geschädigte nicht allein dadurch gegen seine Pflicht zur Schadensminderung verstößt, dass er ein Fahrzeug zu einem im Vergleich zum „Normaltarif“ erhöhten „Unfallersatztarif“ anmietet. Die Rechtsprechung billigt die Inanspruchnahme von Fahrzeugen zu erhöhten Unfallersatztarifen dann, wenn dies durch die besondere Unfallsituation veranlasst ist. Sie begründet dies im Wesentlichen damit, dass der Vermieter aufgrund der besonderen Unfallsituation auch besondere Leistungen erbringt, die sich vom Normalfall etwa durch erhöhte Vorhaltekosten und dergleichen unterscheiden. Richtig ist auch, dass der für einen Unfallersatztarif zu berechnende Aufschlag wiederum im Wege der Schätzung nach § 287 ZPO durch den Tatrichter ermittelt werden kann und dass das OLG Köln diesbezüglich einen pauschalen Aufschlag von 20 Prozent gebilligt hat (OLG Köln, NZV 2007, S. 199 ff.).
Die anspruchsbegründenden Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines Unfallersatztarifes hat die Klägerin jedoch nicht vorgetragen, obwohl die Erforderlichkeit für die Inanspruchnahme des Unfallersatztarifes von der Beklagten bestritten wurde. Die Klägerin hat nämlich nichts dazu vorgetragen, woraus sich im konkreten Schadensfall die besonderen Umstände ergeben, welche die Inanspruchnahme eines erhöhten Unfallersatztarifes rechtfertigen. Da es sich insoweit im eine Voraussetzung des § 249 Abs. 2 BGB handelt obliegt die Darlegung jedoch dem Geschädigten (BGH, Urt. v. 11.03.2008 – VI ZR 164/07). Er muss erforderlichenfalls darlegen, was er zur Schadensminderung unternommen hat. Geht man mit dem BGH davon aus, dass im Rahmen der Schadensminderungspflicht konkrete Möglichkeiten zur Umgehung des Unfallersatztarifes jedenfalls dann bestehen, wenn etwa bei Anmietung einen Tag nach dem Unfallereignis keine Eilsituation gegeben ist, so ist nach dem Sach- und Streitstand davon auszugehen, dass die Geschädigten und damit die Klägerin hier eine entsprechende Mitwirkungspflicht trifft, da das Mietfahrzeug erst drei Tage nach dem Eintritt des schädigenden Ereignisses angemietet wurde. Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin keinen Anspruch auf unfallbedingte Mehrleistungen im Vergleich zu dem gewichteten Mittel der Schwacke-Liste.
(c)
Auch die von der Klägerin beanspruchten Nebenkosten können dieser nicht in vollem Umfang zugesprochen werden. In prozessual zulässiger Weise hat die Beklagte bestritten, dass Winterräder für das von der Klägerin angemietete Fahrzeug erforderlich waren und dass dieses Fahrzeug zugestellt und abgeholt wurde (Bl. 27 der Akte). Beweis hierzu hat die Klägerin nicht angetreten, so dass sie hierzu beweisfällig geblieben ist.
Auf die Erstattung der für die Inanspruchnahme einer Vollkaskoversicherung entstandenen Kosten hat die Klägerin wiederum einen Anspruch. Denn diese Position wurde von der Beklagten nicht in prozessual erheblicher Weise angegriffen. Insoweit hat sie lediglich in ihrem Schriftsatz vom 10. Juni 2009 ihren Unmut über die nach ihrer Ansicht ersichtliche Selbstbedienungsmentalität der Klägerin bekundet.
(d)
Zusammenfassend kann die Klägerin daher folgende Positionen von der Beklagten erstattet verlangen:
1. Mietwagenkosten (Grundtarif): 2.328,00 €
2. Nebenkosten (Kaskoversicherung): 390,00 €
Summe: 2.718,00 €
Abzüglich Zahlung: 1.234,03 €
Restforderung: 1.483,97 €
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92 Abs. 1 und 708 Nr. 10, 713 ZPO.
IV.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
V.
Streitwert: 2.254,57
Soweit das LG Aachen.