AG Bochum verurteilt HUK-Coburg Dortmund aus abgetretenem Recht zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten mit Urteil vom 18.4.2013 – 47 C 527/12 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

von Sachsen-Anhalt geht es zurück nach Nordrhein-Westfalen. Nachstehend gebe ich Euch  noch ein  Urteil aus Bochum zum gesammelten Sachverständigenhonorar bekannt. Wie so oft musste der Sachverständige aus abgetretenem Recht gegen die  HUK-Coburg gerichtlich vorgehen, weil die Coburger Versicherung nicht in der Lage oder nicht gewillt war, Schadensersatz nach Recht und Gesetz zu leisten. Die von der HUK-Coburg vorgenommenen Kürzungen der Sachverständigenkosten waren, wie das Urteil zeigt, rechtswidrig  Der zuständige Amtsrichter in Bochum hat – zu Recht – das von dem Anwalt der HUK-Coburg vorgetragene Gesprächsergebnis als nicht maßgeblichen Bemessungsrahmen verworfen. Warum die HUK-Coburg immer wieder dieses unmaßgebliche Pamphlet vorlegt, bleibt ihr Geheimnis. Relevant ist es nicht! So hat der zuständige Amtsrichter in Bochum alles richtig gemacht im Sinne des Schadensersatzrechts ohne Angemessenheitsprüfung  gemäß Honorarliste. Es entsteht der Eindruck, dass das Niveau der Urteile steigt, wenn sie berufungsfähig sind. Oder tritt zwischenzeitlich ein Umdenken in die richtige Richtung ein? Das Urteil wurde erstritten durch RA Lutz Imhof aus Aschaffenburg. Lest bitte selbst das Urteil und gebt Eure Kommentare bekannt.

Viele Grüße und eine schöne Woche
Willi Wacker

47 C 527/12                                                                           Verkündet am 18.04.2013

Amtsgericht Bochum

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn Dipl. Ing. H. R. aus B.,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D. I. und P. aus  A.,

Klägers,

gegen

die HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG, vertr. d. d. Vorstand, Saarlandstr. 25, 44139 Dortmund,

Beklagte,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte V. G.  & C. aus  E.,

hat das Amtsgericht Bochum auf die mündliche Verhandlung vom 18.04.2013 durch den Richter am Amtsgericht …  für Recht erkannt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.439,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit dem 17.12.2013 zu zahlen.

Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 14 % und die Beklagte zu 86 %.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger betreibt ein Ingenieur- und Sachverständigenbüro für Fahrzeugschäden. Die Beklagte ist eine Haftpflichtversicherin.

Der Kläger hat für die in der Klageschrift näher bezeichneten 21 durch einen Kfz-Unfall Geschädigten, welchen die Beklagte dem Grunde nach haftet, Schadensgutachten erstellt. Zur Sicherung seiner Ansprüche gegen die Geschädigten aufgrund der in Auftrag gegebenen Gutachten ließ sich der Kläger die Ansprüche der Geschädigten gegen die Unfallbeteiligten, deren Haftpflichtversicherin die Beklagte ist, abtreten.

Der Kläger berechnete sein Honorar jeweils ausgehend von der Schadenshöhe nach der VKS (Verband der unabhängigen Kraftfahrzeug-Sachverständigen) – Honorarumfrage 2009, die der Kläger den Geschädigten bei Auftragsvergabe zur Kenntnis brachte.

Die Beklagte regulierte als Haftpflichtversicherin der Geschädigten die ihr in Rechnung gestellten Gutachterkosten bis auf die hier eingeklagten Restbeträge.

Nach teilweiser Klagerücknahme hinsichtlich der Geschädigten K. , G. und M. und Verweisung an die Gerichte des Unfallortes in den Schadensangelegenheiten A. und R. .

beantragt der Kläger nunmehr,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.439,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz aus 220,19 € seit dem 24.08.2010, 119,28 € seit dem 18.02.2012, 433,50 € seit dem 03.08.2010, 177,63 € seit dem 19.10.2011, 108,87 € seit dem 17.11.2011, 101,93 € seit dem 09.03.2011, 403,87 € seit dem 28.07.2010, 49,96 € seit dem 17.02.2011, 140,83 € seit dem 20.05.2011, 453,57 € seit dem 27.08.2010, 216,89 € seit dem 13.10.2009, 176,82 € seit dem 04.02.2011, 249,53 € seit dem 26.08.2010, 348,47 € seit dem 07.10.2010, 122,36 € seit dem 13.01.2012 und 117,00 € seit dem 31.03.2011 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint, die Abtretungsvereinbarungen seien mangels Bestimmtheit und wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz unwirksam; darüber hinaus seien die abgerechneten Honorare übersetzt und deshalb nicht erforderlich im Sinne des § 249 BGB.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Einzelheiten der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Entgegen der Auffassung der Beklagten steht dem Kläger gegen sie aus §§ 7 StVG, 115 VVG in Verbindung mit § 398 BGB der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Kosten der von ihm ersteilten Sachverständigengutachten in ausgeurteilter Höhe zu.

Der Kläger ist aktivlegitimiert.

Die seitens der Beklagten erhobenen Bedenken teilt das Gericht nicht. Die streitgegenständlichen Abtretungserklärungen sind nicht wegen Verstoßes gegen §§ 1, 2, 3 und 5 RDG unwirksam gem. § 134 BGB. Die Abtretung ist ebenso wie bei Mietwagenunternehmen auch bei Kfz-Sachverständigen branchenüblich geworden. Es wird von beiden Berufsgruppen sogar erwartet, dass sie unmittelbar mit der Haftpflichtversicherung des Schädigers abrechnen. Eine unzulässige Rechtsdienstleistung liegt nicht vor (vgl. FD-StrVR 2012, 338534 unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 11.09.2012, AZ: VI ZR 238/11).

Ebenso wenig ist aus dem Abschnitt der jeweiligen Abtretungserklärung: „ Mir/Uns ist bewusst, dass die Schadensersatzforderung auch dann in voller Höhe des Honorars übergeht, wenn die Gegenseite nur teilweise reguliert.“ eine fehlende Bestimmtheit herzuleiten. Nach dem eindeutigen Wortlaut erfasst die Abtretung lediglich „die Forderung auf Ersatz dieser Sachverständigenkosten“.

Die Beklagte kann auch nicht die Eigentümer- bzw. Rechtsinhaberstellung der abtretenden Geschädigten mit Nichtwissen bestreiten. Ein derartiges Bestreiten – ersichtlich aus prozesstaktischen Gründen – ist angesichts des vorprozessualen Verhaltens der Beklagten (Teilregulierung in allen hier streitgegenständlichen 21 Fällen aufgrund der vorgelegten Abtretungserklärungen) unbeachtlich (vgl. Baumbach/Hartmann Einleitung III. Randnote 61).

Den Geschädigten (Zedenten) stand gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung der Kosten des nach dem Verkehrsunfällen zur Feststellung des Schadensumfangs an ihren Fahrzeugen eingeholten Sachverständigengutachten des Klägers zu.

Die Kosten für die Einholung von Sachverständigengutachten zum Schadensumfang nach einem Verkehrsunfall sind als Kosten der Schadensfeststelfung Teil des zu ersetzenden Schadens des Geschädigten im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB und damit dem Grunde nach erstattungsfähig. Der Höhe nach ist der Ersatzanspruch auf den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache des Zedenten erforderlichen Geldbetrag beschränkt. Maßgebend ist, ob sich die Sachverständigenkosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten (BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144). Dabei ist anerkannt, dass der Geschädigte nicht zu einer Marktforschung zu Gunsten des Schädigers und des Haftpflichtversicherers verpflichtet ist (vgl. OLG Düsseldorf NJW 2008, 3366). Der Einwand der Überhöhung des Sachverständigenhonorars führt nur dann zu einer Kürzung des Anspruchs des Geschädigten, wenn für diesen als Laien erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem unauffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten ein Auswahlverschulden zur Last fällt (OLG Naumburg NJW-RR 2006, 1029, OLG Düsseldorf a. a. O.; LG Saarbrücken Beck RS 2011, 12808; LG Bonn NJW-RR 2012, 319). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Geschädigte ist grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Zwar verbleibt ihm das Risiko, dass er nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. BGH a. a. O.). Weil es jedoch im Gegensatz etwa zu dem Bereich des Mietwagengeschäfts bei Sachverständigengutachten an einheitlichen Abrechnungsmodalitäten, geschweige denn an allgemein zugänglichen Preislisten, die einen Vergleich der anfallenden Kosten ermöglichen würden, mithin an verbindlichen Richtgrößen für die Honrorarbemessung fehlt, wird der Geschädigte in aller Regel von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen dürfen. Erst wenn für ihn als Laie erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligem Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder er offensichtliche Unrichtigkeiten bei der Begutachtung oder Honorarberechnung missachtet, kann er vom Schädiger nicht mehr vollständigen Ausgleich gezahlter Aufwendungen bzw. Freistellung verlangen (LG Saarbrücken Beck RS 2011, 12808; OLG Düsseldorf NJW Spezial 2008, 487; Geigel, Der Haftpflichtprozess, 25. Auflage, 3. Kapitel, Randnote 128). Demgegenüber ist der Ersatzpflichtige nicht rechtlos gestellt. Hält er die Vergütung für überhöht, kann er vom Geschädigten in entsprechender Anwendung des § 255 BGB die Abtretung seiner Rückforderungsansprüche gegen den Sachverständigen verlangen und sich mit diesem wegen dessen Rechnungsforderung auseinandersetzen (vgl. OLG Düsseldorf und OLG Naumburg a. a. O.).

Ausgehend von obigen Grundsätzen steht dem Kläger ein Anspruch auf Ersatz der restlichen streitgegenständlichen Sachverständigengebühren zu. Das an ihn gezahlte Honorar hält sich im Rahmen des zur Wiederherstellung (hier zur Begutachtung der Fahrzeuge) Erforderlichen, es ist insbesondere nicht erkennbar, willkürlich festgesetzt oder überhöht. Vielmehr stellt die VSK-Honorarumfrage, die das Honorar an der Schadenserhöhe bemisst, eine geeignete Abrechnungsgrundlage dar (vgl. LG Koblenz, Urteil vom 09.05.2012 – 12 S 215/11, Beck RS 2012, 12798). Unwidersprochen ergeben sich auf der Grundlage der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009, die ebenso eine zur Schätzung anerkannt geeignete Grundlage ist, keine abweichenden Werte.

Die zusätzlich abgerechneten Nebenkosten des Klägers hat die Beklagte nicht konkret abgegriffen. Im übrigen sind auch diese nicht für die Geschädigten erkennbar überhöht.

Hingegen stellen die seitens der Beklagten favorisierten Gesprächsergebnisse BVSK/HUK/DEVK, auf deren Grundlage sie die ausgewiesenen Unterschiedsbeträge errechnet, keine geeignete Grundlage dar. Es handelt sich vielmehr um eine Sondervereinbarung der Versicherungen, die sich lediglich auf eine Abrechnungspraxis der Sachverständigen ausschließlich gegenüber der Beklagten bzw. DEVK und Bruderhilfe bezieht (vgl. LG Regensburg Urteil vom 09.11.2010 – 2 S 134/10). Der Geschädigte muss sich aber nicht auf die vom Sachverständigen mit der Versicherungswirtschaft abgeschlossenen Vereinbarungen verweisen lassen (vgl. BGH NJW 2010, 606).

Entgegen dem Vorbringen der Beklagten halten sich auch die Grundhonorarbeträge in den Schadensfällen K.  W. und L. im Rahmen der Grundhonorarbeträge der VSK-Honorarumfrage, nämlich beim Geschädigten „K.“ beim Schadensbetrag von 1.704,48 € mit 282,80 € innerhalb der Grundhonorarspanne von 185,00 € bis 325,00 €, bei „W.“ bei einem Wiederbeschaffungswert von 950,00 € mit 205,70 € innerhalb der Spanne von 138,06 € bis 248,00 € und „L.“ bei Reparaturkosten von 3.077,64 € mit 362,56 € innerhalb der Spanne von 279,00 € bis 425,00 €.

Die Erforderlichkeit der hier festgestellten Sachverständigenkosten scheitert im übrigen auch nicht schon daran, dass die Geschädigten in den der Beklagten genannten Schadensangelegenheiten A. , B. und G. auf die Einholung eines Kostenvoranschlags beschränkt waren. Selbst bei dem hier niedrigsten Schadensbetrag in der Angelegenheit G. in Höhe von 849,45 € durfte die Geschädigte die Einschaltung eines Sachverständigen für noch geboten halten, da ein Geschädigter auch bei relativ geringen Unfallschäden in der Regel nicht in der Lage ist, deren Auswirkungen zu beurteilen.

Das Verfahren AG Bochum G./HUK (70 C 478/11) berührt den Anspruch des Klägers gegen die Beklagte nicht. Die Abtretung an den Kläger ist bereits am 13.07.2011 erfolgt. Der Geschädigte G. war daher nicht mehr Inhaber seiner Ersatzforderung.

Zinsen auf die zuzusprechenden Resthonorare schuldet die Beklagte lediglich ab Rechtshängigkeit. Ein früherer Verzugseintritt zu den angegebenen Daten kann mangels Darlegung nicht festgestellt werden. Etwaige Mahnungen trägt der Kläger nicht vor. Verzug durch unvollständige/begrenzte Regulierung kann nicht angenommen werden, da die Klägerin deren Zeitpunkte nicht vorträgt.

Der Feststellungsantrag ist begründet.

Die Beklagte schuldet die begehrte Verzinsung aus Verzug. Die Beklagte hat die Gutachterkosten nur teilweise reguliert bzw. bzgl. des Resthonorars die Erstattung ernsthaft verweigert. Daher ist Verzug eingetreten. Dass sich der Schaden auch auf zu verzinsende, verauslagte Gerichtskosten bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrags erstreckt, ist in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. OLG Frankfurt Urteil vom 01.03.2012 – 26 U 11/11).

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 I, 269, 708 Ziffer 11, 709, 711 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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