Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachfolgend gebe ich Euch ein Urteil aus Hamburg-Wandsbek zum Thema Sachverständigen- und Rechtsanwaltskosten gegen die HUK-Coburg bekannt. Wie so oft regulierte die HUK-Coburg nur einen Teil der Sachverständigenkosten, weil sie der – allerdings irrigen – Auffassung war, das nach dem HUK-Honorartableau bestimmte Honorar sei erforderlich. Das darüber hinausgehende sei überhöht. Die Amtsrichterin der Zivilabteilung 711a des AG Hamburg-Wandsbek hat der HUK-Coburg jedoch die dazu passenden Worte in ihr Versicherungsstammbuch geschrieben. Wenn es auf die ex-ante-Sicht ankommt, kann nicht eine ex-post anzustellende Überprüfung an Hand irgendwelcher Honorartableus die Erforderlichkeit ex-ante nachträglich entfallen lassen. Die HUK-Coburg muss endlich einmal zur Kenntnis nehmen, dass nach einem Verkehrsunfall grundsätzlich ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher Wiederherstellungsaufwand erstattet verlangt werden kann. Sollte die HUK-Coburg der gegenteiligen Ansicht sein, ist sie auf den Vorteilsausgleich verwiesen. Es ist doch merkwürdig, dass dieser auch vom BGH angegebene Weg von der HUK-Coburg nicht genutzt wird. Scheut sie das bei ihr liegende Prozessrisiko? Lest das Urteil aber selbst und gebt Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker
Amtsgericht Hamburg-Wandsbek
Az.: 711a C 41/13
Urteil
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch d. Vorstand Dr. Wolfgang Weiler, Wolfgang Flaßhoff, Stefan Gronbach, Klaus-Jürgen Heitmann, Dr. Olav Heroy, Jörn Sandig, Nagelsweg 41-45, 20097 Hamburg,
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
erkennt das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek – Abteilung 711a – durch die Richterin am Amtsgericht … am 07.05.2013 auf Grund des Sachstands vom 07.05.2013 für Recht:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 79,97 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.01.2013 sowie weitere 39,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 08.03.2013 zu bezahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 79,97 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Angemessenheit der Sachverständigenkosten bei im Übrigen unstreitiger Haftung der Beklagten aus einem Verkehrsunfall.
Am 04.01.2012 kam es zu einem Verkehrsunfall zwischen dem Auftraggeber des Klägers und einem Versicherungsnehmer, der bei der Beklagten haftpflichtversichert war. Der Geschädigte beauftragte den Kläger als Kraftfahrzeugsachverständigen mit der Begutachtung des Schadens an seinem Fahrzeug. Zugleich trat er seinen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten an den Kläger ab. In der Auftragserteilung und Abtretungserklärung vom 4.1.2012 ist vermerkt, dass die Abrechnung der Sachverständigengebühren anhand der Preisliste auf der Rückseite der Erklärung erfolgt. Auf die Abtretungserklärung sowie die gesondert vom Geschädigten unterzeichnete Preisliste (Anlage K 2) wird Bezug genommen. Die dem Geschädigten entstehenden Reparaturkosten bezifferte der Kläger auf 1.661,19 € netto bzw. 1.976,82 € brutto. Mit Rechnung vom 4.1.2013 stellte der Kläger daraufhin der Beklagten Sachverständigenkosten in Höhe von 550,80 € in Rechnung; wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die Rechnung vom 04.01.2013 (Bl. 6 d.A.) verwiesen. Die Beklagte zahlte als Haftpflichtversicherung hierauf lediglich einen Betrag von 470,83 €.
Der Kläger machte den Differenzbetrag durch Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 01.02.2013 unter Fristsetzung bis zum 12.2.2013 gegenüber der Beklagten geltend; ein Zahlungsausgleich erfolgte nicht. Ferner beansprucht der Kläger die Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Hinsichtlich der ursprünglich auf die Rechtsanwaltskosten berechneten Mehrwertsteuer hat der Kläger die Klage in Höhe eines Teilbetrages von 7,41 € zurückgenommen.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 79,97 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 19.01.2013 zu zahlen-
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 39,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die vom Kläger mit der Klage geltend gemachten Sachverständigenkosten überhöht und somit nicht ersatzfähig sind. Ersatzfähig sei lediglich der von ihr bereits entrichtete Betrag von 470,83 €, der sich anhand der Schadenshöhe aus dem sog. Honorartableau 2012 HUK-Coburg, basierend auf der BVSK-Honorarbefragung 2010/2011 in Höhe eines Honorars von 450,00 € inklusive aller Nebenkosten ermitteln lasse. Zuzüglich der Kosten für die Restwertbörse von 20,83 € ergebe sich der von der Beklagten geleistete Betrag von 470,83 €.
Entscheidungsgründe
I. Die zulässige Klage ist begründet.
1. Die Beklagte schuldet dem Kläger gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG i.V.m. § 398 BGB abzüglich des bereits gezahlten Betrages von 470,83 € weitere Sachverständigenkosten in Höhe der Klageforderung. Denn der Geschädigte kann gemäß § 249 Abs. 1 BGB die gesamten Sachverständigenkosten von der Beklagten ersetzt verlangen. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind nach dieser Vorschrift auch solche Aufwendungen ersatzfähig, die der Geschädigte zur Rechtsverfolgung für erforderlich halten durfte. Hierzu zählen unzweifelhaft auch die Kosten eines privaten Schadensgutachtens, welches zur Schadensermittlung erforderlich ist. Maßgeblich ist, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Einholung des Sachverständigengutachtens ex ante als sachdienlich ansehen durfte (vgl. BGH, Beschluss vom 20. 12. 2011 – VI ZB 17/11).
Die Honorarkosten eines Sachverständigen sind zwar nur insoweit ersatzfähig, als der Geschädigte nicht seine allgemeine Schadensminderungspflicht verletzt hat oder die Kosten im Einzelfall unverhältnismäßig hoch erscheinen. Beides ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Dem Geschädigten ist grundsätzlich nicht zuzumuten, nach einem Verkehrsunfall vor der Beauftragung eines Gutachters für die Schadensermittlung alternative Sachverständigenangebote einzuholen. Dies überspannt die Anforderungen an die allgemeine Schadensminderungspflicht des Geschädigten. Die Beauftragung des Klägers durch den Geschädigten ist hiernach nicht zu beanstanden. Der Kläger hat sein Grundhonorar nach der Schadenshöhe bestimmt und zusätzlich Nebenkosten berechnet. Eine Unverhältnismäßigkeit der geltend gemachten Sachverständigenkosten ist nach Ansicht des Gerichtes nicht gegeben. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass die Nebenkosten einen erheblichen Anteil der gesamten Sachverständigenkosten ausmachen. Hierbei wird von der Beklagten außer Acht gelassen, dass Nebenkosten anders als das Grundhonorar in der Regel unabhängig von der Schadenshöhe gleich hoch anfallen. Bei einem vergleichsweise geringen Schaden wie im vorliegenden Fall begründet daher ein vergleichsweise hoher Anteil der Nebenkosten nicht die Unverhältnismäßigkeit der Gesamtsachverständigenkosten.
2. Der Anspruch auf Verzinsung folgt aus §§ 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 BGB.
3. Der Anspruch auf Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 286, 249 Abs. 1 BGB. Angesichts des Verzuges der Beklagten seit dem 19.1.2013 mit der vollständigen Begleichung der Sachverständigenkosten und des Ablehnungsschreibens der Beklagten vom 22.1.2013 war der Kläger berechtigt, einen Rechtsanwalt mit der Geltendmachung der ihm abgetretenen Forderung zu beauftragen. Ausgehend von einer 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG von 32,50 € zuzüglich der Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 W RVG in Höhe von 6,50 € , ergibt sich ein Betrag von 39,00 €.
Der Zinsanspruch beruht auf §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
IV. Die Berufung wird nicht zugelassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert nicht die Entscheidung des Berufungsgerichtes (vgl. § 511 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
Guten Tag, W.W.
im Ergebnis ein 1x-Plus Urteil ,wenn auch die Beurteilung der Nebenkostenhöhe nicht so ganz nachvollziehbar ist. Aber man erkennt, dass sich die Richterin schon mal ein paar Gedanken mehr gemacht hat.
Erstaunlich ist immer wieder der Beurteilungsansatz der hier eintrittspflichtigen Versicherung bezüglich der Begründung, nicht korrekt regulieren zu wollen.
Ist es im altbekannten Kürzungsschreiben noch die angebliche „Nichterforderlichkeit“, so wird daraus im Schadenersatzprozeß dann plötzlich die „Überhöhung“.
Beide „Merkmale“ haben aber keineswegs die gleiche Bedeutung. Das ist den honorigen Experten bei der HUK-Coburg bisher offensichtlich entgangen oder muß das hier wirklich noch erklärt werden ? Manch mal ist das mit der Bedeutung in Deutscher Sprache wirklich nicht so einfach.
P.K.
An geltendes Recht hat sich auch die laue und dickfellige Gewissenlosigkeit zu halten.
Kein geringerer als der Prof.Dr. Hubert Markl hat es auf den Punkt gebracht:
„Wichtiger als die Erziehung zum Absolutismus des Gewissens ist die Erziehung zum Respekt vor unserer Rechtsordnung.
Helgret
Geschätztes Radaktionsteam,
ich bitte um Nachsicht, dass ich Euch zum „Reaktionsteam“ umfunktioniert habe, wenn das auch nicht ganz falsch sein dürfte, denn Reaktionen auf die eine oder andere Ungereimtheit folgen erfreulicherweise meist prompt und da seid ihr den Berufsverbänden der Kraftfahrzeugsachverständigen auf der Zielgeraden enteilt.
Meine Anerkennung in diesem dubiosen Zusammenhang einer nicht beabsichtigten Anrede.
Herzlichst
Helgret