Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
zum Sonntagmorgen noch ein Urteil des AG Aschaffenburg zu den Mietwagenkosten, zu den Sachverständigenkosten und zur Verzinsung der Gerichtskosten. Zutreffend hat das erkennende Gericht im konkreten Fall die Schwacke-Liste mit den dreiziffrigen Postleitzahlregionen zugrunde gelegt und nicht die grobmaschigere zweistellige Postleitzahl der Fraunhofer-Erhebung. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Haftpflichtversicherer, wie hier die HUK-Coburg, im Nachhinein ein günstigeres Mietwagenangebot abgibt. Zutreffend hat das erkennende Gericht auch zu den Sachverständigenkosten als erforderlichen Herstellungsaufwand nach einem Verkehrsunfall entschieden. Meines Erachtens unzutreffend ist die Begründung zu den versagten Gerichtskostenzinsen. Ein Feststellungsanspruch besteht m.E., weil der § 104 ZPO nur den Zeitraum ab Eingang des Kostenfestsetzungsgesuches regelt. Die oft lange Zeit ab Eingang des Gerichtskostenbetrages bei der Gerichtszahlstelle bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsgesuches ist damit nicht umfasst, so dass damit das Feststellungsinteresse bejaht werden müsste. Das Urteil wurde erstritten und dem Autor zugesandt durch Herrn Rechtsanwalt Lutz Imhof, Aschaffenburg. Lest selbst und gebt – auch am Sonntag – bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und einen schöner Sonntag.
Willi Wacker
Amtsgericht Aschaffenburg
Az.: 116 C 573/13
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
der Herrn O. P. aus S.
– Kläger –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte D. I. & P. aus A.
gegen
Frau F. K. aus W.
– Beklagte –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte W. u. P. aus F.
wegen Forderung
erlässt das Amtsgericht Aschaffenburg durch die Richterin am Amtsgericht … am 10.07.2013 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird dazu verurteilt, an den Kläger 169,58 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 09.11.2012 zu bezahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 169,58 € festgesetzt.
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Lediglich insoweit der Kläger die Feststellung der Verzinsungspflicht betreffend die verauslagten Gerichtskosten begehrt, war die Klage abzuweisen.
I.
1.
Anspruchsgrundlage für die geforderte Erstattung von restlichen Mietwagen- und Sachverständigenkosten sind §§ 7 StVG.
Mietwagenkosten:
Die streitgegenständlchen Mietwagenkosten sind erforderliche Wiederherstellungskosten. Die Anmietung war aus Sicht des Kläger erforderlich. Er hat hierzu hinreichend schlüssig dargetan, dass die ständige Nutzerin des unfallgeschädigten Fahrzeugs für die Dauer der Reparatur auf ein Ersatzfahrzeug angewiesen war.
Bei der Bemessung der streitigen Höhe der Mietwagenkosten legt das Gericht als Schätzgrundlage – der ständigen Rechtsprechung des Landgerichts Aschaffenburg folgend – den unfallnächsten Schwacke-Automietpreisspiegel für das relevante Postleitzahlengebiet des Geschädigten/Schadensortes zugrunde, wobei das arithmetische Mittel heranzuziehen ist (unter anderem Landgericht Aschaffenburg, Urteil vom 29.10.2009, AZ: 2 S 53/09; Urteil vom 02.02.2012, AZ: 23 S 147/11; Hinweisbeschluss vom 13.11.2012, 23 S 131/12 und vom 22.01.2013, 22 S 186/12). Die Eignung des Schwacke-Mietpreisspiegels als Schätzgrundlage für den gegebenen Fall greift die Beklagte nicht konkret an.
Ausgehend von obigen Grundsätzen errechnen sich für ein Fahrzeug der Mietwagenklasse 5 im PLZ-Gebiet des Wohnortes des Kläger 638 für 3 Tage im Jahr 2012 ohne Zusatzleistungen erstattungsfähige Mietwagenkosten in Höhe von 295,36 €. Nach Abzug der geleisteten Zahlung in Höhe von 149,94 € verbleibt ein die eingeklagte Erstattungsforderung von 117,81 € (Mietwagenkostenanteil) übersteigender Betrag. Die geforderte Summe ist deshalb nach obigen Grundsätzen erstattungsfähig.
Die Tatsache, dass die Haftpflichtversicherung der Beklagten den Kläger noch vor Anmietung eines Ersatzfahrzeugs mit Schreiben vom 26.09.2012 (Bl. 29 d. A.) auf kostengünstigere Altemativanmietmöglichkeiten hingewiesen hat, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Indem der Kläger den Hinweisen im Schreiben vom 26.09.2012 nicht Folge geleistet hat, hat er zumindest im gegebenen Fall nicht gegen seien Schadensminderungspfiicht verstoßen. Nach der unstreitig gebliebenen Behauptung des Klägers handelt es sich bei den im Schreiben der Haftpflichtversicherung des Beklagten dargestellten kostengünstigeren Mietwagentarifen um Sonderkonditionen, die zwischen letzterer und Mietwagenfirmen ausgehandelt worden sind. Auf solche Sonderkonditionen muss sich der Geschädigte indes nicht verweisen lassen. Denn andernfalls würde die ihm nach § 249 II 1 BGB zustehende Ersetzungsbefugnis unterlaufen, die ihm die Möglichkeit des Schadensbehebung in eigener Regie eröffnet. Dies entspricht dem gesetzlichen Bild des Schadensersatzes, nach dem der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehens ist und grundsätzlich selbst bestimmen darf, wie er mit der beschädigten Sache verfährt. (BGH NJW 2010, 606 m.w.N.)
Dass der Kläger vor der Anmietung keine Preiserkundigungen angestellt hat, ist ebenfalls unbeachtlich; denn der Geschädigte ist zu einer Marktforschung zugunsten des Schädigers nicht verpflichtet (BGH NJW 2007, 1450), was auch die Beklagte nicht übersieht. Soweit die Beklagte anführt, der BGH habe entschieden, der Geschädigte sei verpflichtet, Preisvergleiche anzustellen, so betrifft dies lediglich die Fälle, in denen der Geschädigte Wiederherstellungskosten fordert, die über das sich aus dem Gebot der Wirtschaftlichkeit ergebenden erforderliche Maß hinausgehen. Darum geht es aber vorliegend nicht, wie die Erforderlichkeit, wie dargelegt, gegeben ist.
Schließlich ist auch unerheblich, ob ein Mietvertrag zustandegekommen ist, was beklagtenseits bezweifelt wird, und ob der Kläger den Mietpreis (bereits) bezahlt hat. Dies ist unter schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten gleichgültig. Denn Anknüpfungspunkt ist nicht eine Schuldbelastung oder die tatsächliche Abführung eines Geldbetrags, sondern der durch die Beschädigung des Unfallfahrzeugs entstandene Schaden, den auf Kosten der Beklagten der Kläger nach § 249 Satz 2 BGB berechtigt ist. Indem die Beklagte für die Beurteilung des Schadens maßgebend auf die Rechtsbeziehung des Klägers zu dem Vermieter abhebt, verfehlt sie den richtigen Ansatz für den geltend gemachten Ersatzanspruch. Dieser richtet sich nach dem Ausmaß der Beschädigung des Unfallfahrzeugs und dem zu seiner Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag. Der Beklagte hat dem Kläger die Mittel für diejenigen Maßnahmen zur Schadensbeseitigung zur Verfügung zu stellen, die ein verständiger Fahrzeugeigentümer in der besonderen Lage des Klägers machen würde (BGH NJW 1970, 1454 m.w. Nachw.; NJW 1972, 1800 m.w. Nachw.). Den so nach dem erforderlichen Aufwand objektiv bemessenen Betrag schuldet der ersatzpflichtige Schädiger, und zwar ohne Rücksicht darauf, wie der Geschädigte ihn verwendet und ob er im konkreten Fall für die Schadensbeseitigung tatsächlich mehr oder weniger aufwendet (BGH NJW 1974, 34).
Sachverständigenkosten
Die unstreitig dem Grunde nach erstattungsfähigen Sachverständigenkosten sind auch der geforderten Höhe nach von der Beklagten zu ersetzen.
Der Höhe nach ist der Ersatzanspruch auf den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag beschränkt, § 249 II 1 BGB. Maßgeblich ist hierbei, ob sich die Kosten nach den anzuwendenden schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung erforderlichen halten. Dabei ist anerkannt, dass der Geschädigte nicht zu einer Marktforschung zugunsten des Schädigers und des Haftpflichtversicherers verpflichtet ist (BGH NJW 2007, 1450). Der Einwand der Überhöhung der Kosten führt nur dann zu einem Kürzungsanspruch des Geschädigten, wenn für diesen als Laien erkennbar ist, dass die geforderten Sachverständigenkosten geradezu willkürlich festgesetzt sind, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten eine Auswahlverschulden zur Last fällt. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Die Tatsache, dass die Haftpflichtversicherung der Beklagten dem Kläger mit Schreiben vom 26.09.2012 (Bl. 29 d. A.) mitgeteilt hat, welcher Maßstab ihrer Meinung nach bei Sachverständigenhonorarbemessung gilt, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Indem der Kläger in Kenntnis des Schreibens vom 26.09.2012 einen Sachverständigen beauftragt hat, der seiner Vergütungsforderung sodann möglicherweise eine andere Preisgestaltung zugrundelegte, als von der Haftpflichtversicherung der Beklagten als richtig angesehen, hat er noch nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen.
Zwar muss sich der Geschädigte, der mühelos eine ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Möglichkeit der Wiederherstellung hat, auf diese verweisen lassen. Doch hat die Beklagte die tatsächlichen Voraussetzungen hierfür nicht dargetan. Das Schreiben der Haftpflichtversicherung der Beklagten vom 26.09.2012 beschränkt sich vielmehr darauf, in allgemeiner Form das Honorartableau 2012 der HUK-Coburg darzustellen, ohne dass mitgeteilt wird, bei welchem Sachverständigen konkret eine Begutachtung zu diesen Konditionen zu erreichen ist. Auf die abstrakte Möglichkeit, ein Sachverständigengutachten zu den eventuell günstigeren Preisen des dargestellten Honorartableaus erlangen zu können, muss sich der Kläger indes unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nicht verweisen lassen. Denn die Realisierung einer Begutachtung zu den von der Haftpflichtversicherung der Beklagten vorgetragenen Bedingungen würde eine erhebliche eigene initiative durch den Geschädigten erfordern, wozu dieser nicht verpflichtet ist (zu Reparaturkosten BGH NJW 2003, 2086 m.w.N.).
Ob der Kläger Zahlungen an den Sachverständigen geleistet hat, ist unmaßgeblich. Zur näheren Begründung wird auf die obigen Ausführungen im Zusammenhang mit den Mietwagenkosen Bezug genommen.
2.
Der Feststellungsantrag
Der Kläger hat nicht schlüssig dargetan, dass ihm insoweit ein Anspruch zusteht. Das Gericht folgt der Auffassung des OLG Karlsruhe im Urteil vom 10.07.2012, 8 U 66/11, auf das zur näheren Begründung Bezug genommen wird.
3.
Der Zinsausspruch hat seine Grundlage In §§ 286, 288 BGB.
II.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 II Ziff. 2, 708 Ziff. 11, 711, 713 ZPO.
Urteilsliste “Mietwagenkosten u. SV-Honorar” zum Download >>>>>
Hi Willi,
ich bin bei dir. Leider ist auch das AG Aschaffenburg ein solches Gericht, das den Feststellungsanspruch auf Verzinsung der Gerichtskosten für die Zeit vom Eingang bei Gericht bis zum Eigang des KfB bei Gericht ablehnt. Diese Frage sollte nunmehr mal bis zum BGH getrieben werden. Wie wäre es, sehr geehrter GDV, wenn diese Thematik vom BGH entschieden wird? Die dortige Clearingstelle wird doch geeignete Rechtsstreite finden, um diese bis oben zu pushen. Bis kurz vor der Entscheidung war das doch auch bei den UPE-Zuschlägen und den Verbringungskosten gegangen, nur dann wurde vor einem Urteil gekniffen.
Ich will der Einladung zum sonntäglichen Kommentar gerne folgen und gebe meine Meinung zu dem Urteil des AG Aschaffenburg kund:
Zunächst ist festzuhalten, dass die Gerichte im LG-Bezirk Aschaffenburg wohl fest in Schwacke-Hand sind. Gut so. Der wohl richtigen Rechtsprechung pro Schwacke schließt sich auch die Richterin der 116. Zivilprozessabteilung des AG Aschaffenburg an. Das PLZ-Gebiet mit drei Stellen ist einfach genauer als das weiträumige mit nur zwei Ziffern. Die Begründung zu den restlichen Mietwagenkosten überzeugt.
Ebenso überzeugt die Begründung zu den restlichen Sachverständigenkosten. Das Honorartableau der HUK-Coburg ist und kann kein Massstab für die Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten sein. Es ist ein Unding, dass der Schädiger bzw. sein Versicherer bestimmt, wie hoch die Sachverständigenkosten sein sollen, um erforderlich zu sein. Herr Heitmann läßt seine Steuererklärung ja auch nicht vom Finanzamt erstellen.
Unverständlich ist die Abweisung des Feststellungsantrages. Die vom Gericht gebrachte Begründung überzeugt nicht. § 104 ZPO umfasst einen anderen Zeitraum als mit dem Feststellungsantrag begehrt wird. Der Bereich vom Eingang bei der Gerichtskasse bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsgesuchs bei Gericht ist im § 104 nicht geregelt. Mithin besteht ein Feststellungsinteresse.
Bis auf die Bergründung zum Feststellungsantrag ein schönes Urteil aus Unterfranken.
@ Rudolf Kirchrode
“ Es ist ein Unding, dass der Schädiger bzw. sein Versicherer bestimmt, wie hoch die Sachverständigenkosten sein sollen, um erforderlich zu sein. Herr Heitmann läßt seine Steuererklärung ja auch nicht vom Finanzamt erstellen. “
Ja das verstößt eindeutig gegen alle Rechte, vom Wettbewerbsrecht über das Schadenersatzrecht § 249 ff und selbstverständlich ist das auch diametral zum Grundgesetz. Nun wen stört das schon!
Aber ich würde meine Steuererklärung schon eher einem Finanzbeamten überlassen, weil diese Leute sich an die Gesetze halten, bevor ich eine Versicherung bei der HUK-Coburg abschließe.
Die „gierigen Gauner“ u. rechtswidrig handelnden Elemente findet man dagegen massenhaft bei der Huk-
Coburg.
Da wird sich die VN der HUK-Coburg aber gefreut haben, dass ihre HUK-Coburg sie in einen Prozess hineingetrieben hat, den sie dann auch noch verloren hat. Da würde ich doch mal bei meinem örtlichen Geschärftsstellenleiter so richtig Dampf ablassen auf diese Versicherung, die zwar billig ist, dafür aber auch so mangelhaft reguliert, dass letzten Endes der VN die Zeche zahlen muss. Eine solche Versicherung braucht das Land nicht.
Ein Revisionsverfahren gegen einen abgewiesenen Feststellungsantrag ist bereits beim BGH anhängig.
Ich werde berichten.
Hallo Herr RA. Imhof,
welche Seite hat Revision eingelegt? Ich frage deshalb, weil zu befürchten steht, dass kurz vor dem Urteil entweder der Anspruch anerkannt oder die Revision zurückgenommen wird. Das kennen wir doch alles von der HUK-Coburg. Unliebsame Urteile vor dem BGH werden so vermieden.