Richterin des AG Hann. Münden verurteilt DEVK Kassel zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht mit Urteil vom 13.8.2013 – 3 C 125/13 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,

zum Sonntagmorgen jetzt noch ein Urteil  aus Hannoversch Münden gegen die DEVK-Versicherung. Wieder musste ein Kfz-Sachverständiger aus abgetretenem Recht klagen, um zu seinem Recht zu gelangen. Die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung – in diesem Fall die DEVK – war wieder einmal nicht in der Lage, rechtskonform einen Unfallschaden zu regulieren. Eine rechtskonforme Schadensersatzleistung durch die Schädigerversicherungen scheint einfach nicht oder nur in seltenen Fällen möglich zu sein. Immer wieder wird versucht, den Geschädigten um berechtigte Schadensersatzleistungen zu prellen.  Insbesondere die immer wieder von den Versicherungen gebrauchte Ausrede zur Schadensregulierungsverweigerung, nämlich dass das Gutachten nicht brauchbar sei und deshalb kein Schadensersatzanspruch des Geschädigten bestünde, wurde gekonnt von der (jungen) Richterin der 3. Zivilabteilung des AG Hann. Münden  ins Reich der Fabel verbannt. Für Fehler des Sachverständigen muss grundsätzlich der Geschädigte nicht einstehen, denn der Sachverständige ist nicht dessen Erfüllungsgehilfe. Vielmehr ist der Sachverständige nach überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur Erfüllungsgehilfe des Schädigers, so wie der BGH dies bereits bei der Reparaturwerkstatt entschieden hat (vgl. BGHZ 63, 182ff.) . Ebenso gekonnt sind die Ausführungen zur Aktivlegitimation des klagenden Sachverständigen. Ein insgesamt überzeugendes Urteil. Das Urteil bietet sich daher zu einer sonntäglichen Lektüre an. Das Urteil wurde erstritten und eingereicht durch Herrn Rechtsanwalt Karaduman aus Bielefeld.

Viele Grüße und noch einen schönen Sonntag
Willi Wacker

Amtsgericht
Hann. Münden

Verkündet am 13.08.2013

3 C 125/13

Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit

des Herrn …

Kläger

gegen

DEVK Deutsche Eisenbahn Versicherung Sach- und HUK-Versicherungsverein a.G. Regionaldirektion Kassel, vertreten d. d. Vorstand, dieser vertreten durch den Vorsitzenden Friedrich W. Gieseler, Grüner Weg 2 A, 34117 Kassel

Beklagte

hat das Amtsgericht Hann. Münden auf die mündliche Verhandlung vom 23.07.2013 am 13.08.2013 durch die Richterin …

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 175,91 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.04.2013 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 175,91 € festgesetzt.

Tatbestand

Dieses Urteil bedarf gem. § 313 a ZPO keines Tatbestandes.

Entscheidunqsgründe

I.

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten aus abgetretenem Recht gemäß §§ 398, 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 VVG Schadensersatz in Höhe der restlichen Gutachterkosten von 175,91 € ersetzt verlangen.

Der Kläger ist aktivlegitimiert. Die Abtretung des Anspruchs auf Erstattung der Gutachterkosten gegen die Beklagte durch die Geschädigte ist wirksam.

Die Abtretung ist hinreichend bestimmt und verstößt nicht gegen das abtretungsrechtliche Bestimmtheitsgebot. Dies gilt zumindest für die zeitlich später vorgelegte Abtretungserklärung. Ausweislich der mit Fax-Schreiben vom 22.05.2013 übermittelten Abtretungserklärung trat die Geschädigte eine genau bestimmbare Forderung ab, weil sie laut der Abtretungsvereinbarung denjenigen Teil ihres Schadensersatzanspruchs gegen die Beklagte dem Kläger abgetreten hat, welcher auf Erstattung der Gutachterkosten gerichtet war. Weitergehende Forderungen im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall vom 28.02.2013 sollten von der Abtretung nicht erfasst werden. Die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Anforderungen betreffend die Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit (vgl. BGH, Urteil vom 07.06.2011, Az.: VI ZR 260/10) sind damit erfüllt.

Dass der Kläger die Abtretung, die lediglich die Unterschrift der Geschädigten und nicht die des Klägers enthält, zumindest konkludent angenommen hat, ergibt sich daraus, dass der Kläger sich im Anschluss an die Erstellung des Gutachtens mit der Rechnung sowie der Zahlungsaufforderung an die Beklagte gewandt hat. Insofern ist es unbeachtlich, dass der Kläger die Abtretungserklärung nicht unterschrieben hat.

Ferner wirkt sich die fehlende Angabe des Datums der Abtretung nicht auf die Wirksamkeit der Abtretung aus, da die Bestimmtheit der abgetretenen Forderung sich aus der Angabe des Datums des Schadensfalles ergibt, das auf der Abtretungserklärung angegeben ist.

Der Geschädigten stand auch gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung der Kosten des nach dem Unfallereignis vom 28.02.2013 eingeholten Sachverständigengutachtens gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 249 BGB, 115 VVG zu.

Die Haftung der Beklagten für den eingetretenen Schaden ist dem Grunde nach unstreitig.

Die Kosten für die Erstellung des Gutachtens sind in voller Höhe als erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB anzusehen.

Im Falle der Beschädigung einer Sache kann der Geschädigte gemäß dieser Rechtsnorm statt der Wiederherstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag vom Schädiger ersetzt verlangen. Hierzu gehören auch die Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Schadensumfang nach einem Verkehrsunfall (Palandt, BGB, 72. Auflage, § 249 Rn. 58). Der Schädiger hat hierbei den Finanzierungsbedarf des Geschädigten in Form des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrags zu befriedigen (BGH, Urteil vom 23.01.2007, Az.: VI ZR 67/06  = NJW 2007, 1450 ff = DS 2007, 144).  Maßgeblich ist, ob sich die Sachverständigenkosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Gesichtspunkten im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten. Dabei ist anerkannt, dass der Geschädigte nicht zu einer Marktforschung zugunsten des Schädigers oder Haftpflichtversicherers verpflichtet ist. Der Einwand der Überhöhung des Sachverständigenhonorars führt nur dann zu einer Kürzung des Anspruchs des Geschädigten, wenn für diesen als Laien erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten ein Auswahlverschulden zur Last fällt (OLG Naumburg, Urteil vom 20.01.2006, Az.: 4 U 49/05).

Nach den genannten Maßstäben sind die vom Kläger geforderten Kosten für das Sachverständigengutachten in voller Höhe erforderlich.

Eine für die Geschädigte erkennbar willkürliche Festlegung der Kostenhöhe ist nicht ersichtlich. Gleiches gilt angesichts der Art und Höhe des vom Kläger festgestellten Sachschadens am Kraftfahrzeug der Geschädigten hinsichtlich eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Preis und Leistung.

Ebenso wenig kann der Geschädigten schließlich ein Auswahlverschulden angelastet werden. Dies trägt die Beklagte nicht konkret vor. Unabhängig davon aber ist die Geschädigte nicht verpflichtet, Angebote mehrerer Sachverständiger einzuholen (OLG Naumburg, a.a.O.). Dies ergibt sich daraus, dass ein Geschädigter im Falle der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen typischerweise in einer Situation befindet, die selbst mit der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs in der Unfallsituation nicht ohne weiteres zu vergleichen ist. Denn allgemein kann eher davon ausgegangen werden, dass ein durchschnittlicher Geschädigter schon einmal mit der Anmietung eines Fahrzeuges konfrontiert war als mit der Beauftragung eines Sachverständigen. Zudem werden die Preise von Mietwagen öffentlich beworben, etwa im Internet. Bei Sachverständigen ist dies in der Regel nicht der Fall. Zudem wäre ein Preisvergleich ohne eine vorherige Begutachtung des Fahrzeugs durch den jeweiligen Sachverständigen auch nur schwer möglich (AG Bonn, Urteil vom 24.01.2012, Az.: 107 C 171/11).

Gegen die (volle) Erstattungsfähigkeit spricht ferner nicht, dass das Gutachten nach Ansicht der Beklagten für sie „unbrauchbar“ ist. Sachverständigenkosten sind nur dann nicht erstattungsfähig, wenn der Geschädigte selbst die Unbrauchbarkeit des Gutachtens schuldhaft herbeigeführt hat (OLG München, Urteil vom 27. 1. 2006, Az.: 10 U 4904/05). Der Geschädigte hat die Unbrauchbarkeit beispielsweise dann (schuldhaft) verursacht, wenn er falsche Angaben zu Vorschäden macht (OLG Köln, VersR 2012, 1008). Ein eigenes Verschulden der Geschädigten ist aber weder vorgetragen noch ersichtlich.

Überdies muss dich der Geschädigte gegenüber dem Schädiger etwaige Fehler des Sachverständigen bei der Gutachtenerstellung auch nicht gemäß §§ 254 Abs. 2 Satz 2, 278 Satz 1 BGB zurechnen lassen (OLG Hamm, DAR 1997, 275). Insoweit führt das Vorbringen der Beklagten bzgl. einer fehlerhaften Berechnung des Wiederbeschaffungswertes nicht zu einer Kürzung des Anspruchs der Geschädigten.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Und jetzt bitte Eure Kommentare.

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  1. Bernhard Brüggen sagt:

    Wahrlich ein tolles Urteil zum Sonntag.
    Man sieht, dass gerade junge Richterinnen oder Richter noch exakt das Recht anwenden und von unsinnigen Schriftsätzen von Versicherungsanwälten noch nicht verblendet sind.
    Das war es dann als Wort zum Sonntag.

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