Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachfolgend geben wir Euch hier ein weiteres Urteil gegen die HUK-Coburg zu den Sachverständigenkosten bekannt. Dieses Mal musste das Amtsgericht Eisleben über die restlichen, von der HUK-Coburg gekürzten Sachverständigenkosten entscheiden. Nach wie vor behauptet die HUK-Coburg berechtigt zu sein, vermeintlich überhöhte Kosten eigenmächtig kürzen zu können. Dabei missachtet die HUK-Coburg bewusst, dass nach fast einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Literatur auch überhöhte Sachverständigenkosten zu ersetzen sind. Allerdings besteht für den Schädiger und dessen Versicherung die Möglichkeit des Vorteilsausgleichs. Sucht der Schädiger den Vorteilsausgleich, trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast sowie die Gerichtskostejnvorschusspflicht. Und genau da liegt das Problem. Die Versicherungen scheuen derartiges Vorgehen, weil sie darlegungs-, beweis- und vorschusspflichtig sind. Der von der HUK-Coburg angegebene Sachverständige in Aschersleben wäre auch nicht näher am zu begutachtenden Fahrzeug gewesen. Der Geschädigte ist aber in einem gewissen Rahmen grundsätzlich frei, einen qualifizierten Kfz-Sachverständigen seiner Wahl zu beauftragen. Auch daran muss sich die HUK-Coburg halten. Sie kann nicht bestimmen, welcher Sachverständige – eventuell billiger – das Gutachten erstellen soll. Die Dispositionsfreiheit liegt nach wie vor beim Geschädigten. Lest aber selbst das Urteil und gebt Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht
Eisleben Verkündet am: 16.08.2033
Geschäfts-Nr.: 21 C 222/13
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstrett
…
– Kläger –
gegen
die HUK Coburg Haftpfiich-Unterstützungs-Kasse Kraftfahrender Beamter Deutschlands a. G., vertreten durch ihren Vorstandsvorsitzenden Dr. Wolfgang Weiler, Schadenaußenstelle Halle, Merseburger Straße 46,06400 Halle
– Beklagte –
hat das Amtsgeiicht Eisleben auf die mündiiche Verhandlung vom 30. Juli 2013 durch die Richterin am Amtsgericht —
für R e c h t erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, 40,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. November 2012 an den Kläger zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 13 %, die Beklagte 87 %; ausgenommen hiervon sind die Kosten der Anrufung des unzuständigen Gerichts, die der Kläger allein zu tragen hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert des Streitgegenstandes beträgt 40,70 €.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und – mit Ausnahme der geltend gemachten Mahnkosten in Höhe von 6,- €, die der Kläger nicht schlüssig dargelegt hat – auch begründet.
Der Kläger begehrt vollständige Erstattung der von ihm verauslagten Sachverständigenkosten in Höhe von 806,70 €, auf die die Beklagte bisher 766,00 € gezahlt hat. Dem Grund nach besteht kein Streit darüber, dass die Beklagte dem Kläger den Schaden, der diesem aus dem Verkehrsunfall, der sich am xx. August 2012 in Welfesholz ereignet hat, in vollem Umfang zu ersetzen hat. Abzüge hat die Beklagte vorgenommen, weil sie der Ansicht ist, dass die von dem Sachverständigen in Ansatz gebrachten Nebenkosten in Höhe von 106,40 € netto überhöht und missbräuchlich seien und dass dieser Umstand auch für einen Laien erkennbar sei. Auch meint sie, der Kläger hätte einen Sachverständigen aus Aschersleben anstatt aus Bernburg auswählen können, sodass keine Fahrtkosten angefallen wären. Im Übrigen hält die Beklagte die berechneten Positionen für Photographien, EDV-Aufwand und sonstigen Nebenkosten für unangemessen, die Anzahl der gefertigten Photographien für zu hoch.
Zu den gemäß § 249 BGB zu ersetzenden Schadenspositionen gehören auch die Kosten der Schadensfeststellung durch einen Sachverständigen. Der Schädiger hat daher die Kosten eines Sachverständigengutachtens zu ersetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind (BGH, Urteil vom 23. Januar 2007, Az.: VI ZR 67/06, Rdnr. 11, zitiert nach juris, veröffentlicht auch in NJW 2007, 1450). Eine Ersatzpflicht besteht grundsätzlich selbst dann, wenn die Kosten des Gutachtens übersetzt sind (OLG Naumburg, Urteil vom 20. Januar 2006, AZ.: 4 U 49/05, Rdnr. 49, zitiert nach juris, veröffentlicht auch in NJW RR 2006, 1029), sofern dies nicht auf vorwerfbar unzutreffenden Angaben des Geschädigten beruht.
Im vorliegenden Fall war eine Begutachtung der voraussichtlichen Reparaturkosten erforderlich, um den Wiederherstellungsaufwand, der hier zwischen 5.000,- und 6.000,- € lag, zu ermitteln. Die Rechnung des Sachverständigen bewegt sich in allen Positionen im Rahmen der von ihm mit dem Kläger geschlossenen Honorarvereinbarung. Eine dem Geschädigten jedenfalls bei derart übersichtlichen Rechnungen zuzumutende Prüfung der Plausibilität und rechnerischen Richtigkeit hätte hier zu keinem Abzug geführt.
Ein Geschädigter darf – unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebotes – einen Sachverständigen seines Vertrauens beauftragen. Bei der Beauftragung eines Sachverständigen, der sein Büro in einer Entfernung von 12 km von der Begutachtungsstätte hat, hat der Kläger sein Auswahlermessen sicher noch nicht über Gebühr beansprucht. Weshalb die Beklagte meint, dass bei Beauftragung eines Sachverständigen aus Aschersleben keine Fahrtkosten entstanden wäre, ist allenfalls zu vermuten, da es sich bei Aschersleben weder um den Unfallort noch um den Wohnort des Klägers handelt. Auch für den Fall, dass sich das zu begutachtende Fahrzeug nach dem Unfall in einer Werkstatt in Aschersleben befunden hätte, wäre nicht davon auszugehen, dass keine Fahrtkosten angefallen wären. Aus der Preisliste des beauftragten Sachverständigen ergibt sich, dass er für Begutachtungen innerhalb Bernburgs pauschale Fahrtkosten in Höhe von 15,- € netto berechnet. Dafür dass es sich hierbei um einen Ausnahmefall handelt, ist nichts ersichtlich oder dargetan. Natürlich fällt beim Sachverständigen ein Fahrtkostenaufwand an, wenn er das Unfallfahrzeug nicht auf eigenem Gelände untersucht, was regelmäßig nicht der Fall sein dürfte.
Ein Geschädigter braucht bei der Auswahl des Sachverständigen auch keine Marktforschung zu betreiben, um einen besonders günstigen Sachverständigen zu beauftragen (OLG Naumburg, a.a.O., Rdnr. 50 ff). Grundsätzlich darf ein Geschädigter auch davon ausgehen, dass ein Sachverständiger sich mit seinem Honorar in einem angemessenen Rahmen hält. Ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung musste sich dem Kläger hier nicht aufdrängen. Selbst wenn der Kläger sich der Mühe unterzogen hätte, Marktforschung zu betreiben, hätten ihm bei der Honorarvereinbarung, die ihm der Sachverständige angeboten hat, keine Bedenken kommen müssen, denn mit seinem Honorar liegt der von dem Kläger gewählte Sachverständige im statistischen Mittel der BVSK – Honorarbefragung von 2011, an der immerhin 635 Sachverständige teilgenommen haben. Einzig die Position EDV-Kosten, die hier 12,50 € zuzüglich Umsatzsteuer ausmacht, ist in der BVSK – Honorarbefragung nicht aufgeführt. Dass es sich insoweit um einen nicht zusätzlich erstattungsfähigen Aufwand des Sachverständigen handelte, musste sich dem Kläger allerdings hier auch nicht aufdrängen. Auch das Verhältnis von Grundhonorar und Nebenkosten musste dem Kläger nicht als unbillig erscheinen. Zwar mag es einige Amts- und Landgerichtsentscheidungen geben, die davon ausgehen, dass ein Geschädigter Nebenkosten bis zu 100,- € grundsätzlich für erforderlich halten darf, über diesen Betrag hinausgehende Nebenkosten jedoch als willkürlich und deshalb nicht erstattungsfähig erkennen kann. Die Richtigkeit dieser Auffassung unterstellt wäre allerdings noch nicht davon auszugehen, dass sich ein solcher Grenzwert – ähnlich wie wohl die Höhe der üblichen Unkostenpauschale – im Bewusstsein der potentiellen Geschädigten bereits verankert hätte.
Die grundsätzliche Auseinandersetzung über die Angemessenheit von Honorarhöhe und Nebenkosten mag zwischen den Interessengruppen ausgetragen werden, die es letztlich wirtschaftlich angeht, weil sich die Kostendifferenzen bei ihnen summieren, nämlich zwischen den Berufsverbänden der KFZ-Sachverständigen und der Versicherungswirtschaft; es erscheint wenig zielführend, die Auseinandersetzung über die Höhe von Einzelpositionen, sofern sie nicht offensichtlich unangemessen hoch oder bereits dem Grunde nach nicht nachvollziehbar sind, in einer Vielzahl von Einzelfällen auf dem Rücken der die Problemlage typischerweise nicht überblickenden Geschädigten zu führen. Nachvollziehbaee Gründe für die Auffassung der Beklagten, dass für den Kläger im konkreten Fall offensichtlich gewesen sei, dass die Sachverständigenkosten hier unangemessen und unüblich sind, hat die Beklagte auch nicht aufgezeigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 281 Abs. 3 ZPO. Die Zuvielforderung des Klägers hat zwar keine höheren Kosten verursacht, war jedoch nicht verhältnismäßig geringfügig im Sinne des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. Die Wertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO, §§ 39, 43 Abs. 1, 48 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG.
Die Zulassung der Berufung (§ 511 Abs. 4 ZPO) ist nicht veranlasst, weil die Rechtssache in ihren tragenden Gründen weder grundsätziiche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert.
… und die HUK-Coburg kann es nicht lassen, die Kürzung der Sachverständigenkosten, obwohl der Rechtsabteilung in Coburg bekannt ist, dass selbst überteuerte Gutachten auszugleichen sind. Da kann man schon von bewußter Verdummdeuwelung der Geschädigten reden. Aber typisch HUK.
Hallo, Willi Wacker,
dieses Urteil des AG Eisleben ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert.
Gleich einleitend fokussiert die Richterin schadenersatzrechtlich das, was sie als Startpunkt für ihre Entscheidung als entscheidungsrelevant ansieht.
Sie stellt dann auf die Erforderlichkeit der Begutachtung ab und leitet über auf die geschlossene Honorarvereinbarung, welche von der HUK-Coburg regelmäßig ignoriert wird. Darauf abgestellt folgert sie realitätsbezogen:
„Eine dem Geschädigten jedenfalls bei derart übersichtlichen Rechnungen zuzumutende Prüfung der Plausibilität und rechnerischen Richtigkeit hätte hier zu keinem Abzug geführt.“
Dann setzt diese Richterin sich sehr ausführlich mit der „ex ante“ Position des Geschädigten auseinander und berücksichtigt damit die Vorgaben des BGH. Gleichzeitig rügt sie damit die Betrachtungsweise der Beklagten, die bekanntlich diese Position des Geschädigten völlig unbeachtet läßt und ihn im Gegenteil mit einer ihrer Ansicht nach bestehenden Beweisverpflichtung überziehen will, die überhaupt nicht besteht.
Auch mit dem Nebenkostenmythos macht sie kurzen Prozeß:
„Zwar mag es einige Amts- und Landgerichtsentscheidungen geben, die davon ausgehen, dass ein Geschädigter Nebenkosten bis zu 100,- € grundsätzlich für erforderlich halten darf, über diesen Betrag hinausgehende Nebenkosten jedoch als willkürlich und deshalb nicht erstattungsfähig erkennen kann. Die Richtigkeit dieser Auffassung unterstellt, wäre allerdings noch nicht davon auszugehen, dass sich ein solcher Grenzwert – ähnlich wie wohl die Höhe der üblichen Unkostenpauschale – im Bewußtsein der potentiellen Geschädigten bereits verankert hätte.“
Und zum guten Schluß bringt sie unmißverständlich ihr Unbehagen darüber zum Ausdruck, wie die Beklagte auch hier wieder einen Prozeß provoziert hat:
„Die grundsätzliche Auseinandersetzung über die Angemessenheit von Honorarhöhe und Nebenkosten mag zwischen den Interessengruppen ausgetragen werden, die es letztlich wirtschaftlich angeht, weil sich die Kostendifferenzen bei ihnen summieren, nämlich zwischen den Berufsverbänden der KFZ-Sachverständigen und der Versicherungswirtschaft; es erscheint wenig zielführend, die Auseinandersetzung über die Höhe von Einzelpositionen, sofern sie nicht offensichtlich unangemessen hoch oder bereits dem Grunde nach nicht nachvollziehbar sind, in einer Vielzahl von Einzelfällen auf dem Rücken der die Problemlage typischerweise nicht überblickenden Geschädigten zu führen. Nachvollziehbare Gründe für die Auffassung der Beklagten, dass für den Kläger im konkreten Fall offensichtlich gewesen sei, dass die Sachverständigenkosten hier unangemessen und unüblich sind, hat die Beklagte auch nicht aufgezeigt.“
Sie schließt damit an das an, was bereits das AG Essen-Steele zum Verhalten der HUK-Coburg klar und deutlich ausgeführt hat.
Dieses Urteil sollte man mehrfach lesen, denn es ist inhaltlich mit dem ersichtlichen Zirkelschluß von besonderer Qualität und verdeutlicht damit gleichzeitig, dass es in unserem Lande doch noch Richterinnen und Richter gibt, die es verstehen, sich gegen solche Attacken eines machtgeilen Versicherers zu wehren und die es auch als ihre Verpflichtung im Richteramt ansehen, im Rahmen der Gesetze schützend die Hand über die Unfallopfer zu halten, die mit solchen unsubstantiierten und schadenersatzrechtlich untragbaren Willkürlichkeiten konfrontiert werden. Dieses Urteil ist gleichzeitig auch ein konstruktiver Beitrag, die Tätigkeit und die Verfügbarkeit der versicherungsunabhängigen qualifizierten Kraftfahrzeugsachverständigen zu schützen und nicht der Beliebigkeit preiszugeben, wenn man den „Honorarkrieg“ tatsächlich als Nebenkriegsschauplatz einordnet, der als Mittel zum Zweck angesehen wird, über kurz oder lang die versicherungsunabhängigen Kfz.-Sachverständigen ins Abseits zu drängen bzw. aus dem Verkehr zu ziehen.
G.v.H.
Hi, Willi Wacker
Du hast zu diesem Urteil u.a. angemerkt:
„Sucht der Schädiger den Vorteilsausgleich, trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast sowie die Gerichtskostenvorschusspflicht. Und genau da liegt das Problem. Die Versicherungen scheuen derartiges Vorgehen, weil sie darlegungs-, beweis- und vorschusspflichtig sind.“
Bei der dreisten Vorgehensweise der Versicherungen mit noch dreisteren Behauptungen ins Blaue hinein, wie „überhöht“,“nicht ortsüblich“, „nicht üblich“, „nicht erforderlich“, sollte es doch eigentlich ein Leichtes sein, das Procedere deutlich zu verkürzen und im Prozeß den Schädiger bzw. die hinter ihm stehende Haftpflichversicherung auf diese Möglichkeit zu verweisen, denn schadenersatzrechtlich ist doch die prozessuale Auseinandersetzung eigentlich von vorn herein abwegig und werkvertraglich erledigt sich die Sache doch mit der Honorarvereinbarung oder sehe ich das nicht richtig ?
Mit freundlichen Grüßen
aus der Pfalz
HUK 123
Deine Frage läßt sich eigentlich ganz leicht beantworten. Sicherlich darf der Geschädigte nicht jeden beliebigen Betrag mit dem Sachverständigen vereinbaren. Wahrt der Geschädigte aber den Rahmen des zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes Erforderlichen, so sind die entstehenden Sachverständigenkosten erforderlicher Herstellungsaufwand (vgl. BGH NJW 2007, 1450).
Grüße in die Pfalz.
Willi Wacker
Mir jedenfalls erscheint die Interpretation der BGH-Rechtsprechung durch die 8 Richter am sächsischen Verfassungsgerichtshof richtiger zu sein,als diejenige,welche durch die HUK gebetsmühlenhaft verbreitet wird.
Es müsst mal einer Strafanzeige wegen Betruges erstatten.