AG Köln entscheidet gegen HDI im Falle der fiktiven Abrechnung und hält eine Verweisung auf eine Alternativwerkstatt für unzumutbar mit Urteil vom 24.9.2013 – 267 C 91/13 -.

Hallo sehr geehrte Captain-Huk-Leser,

hier und heute geben wir Euch ein Urteil aus Köln zur fiktiven Schadensabrechnung bekannt. Nach Angaben des Einsenders handelt es sich bei der eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherung um die HDI. Die prüfkürzende Organisation war der „SSV Schadenschutzverband GmbH in Hannover“, ein „Eigengewächs“ des HDI. Deshalb auch „Hilft Dir Immer“. Unabhängig von der Frage der Qualitat eines solchen Prüfberichtes reichen allerdings die von der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung gemachten Angaben zur Gleichwertigkeit der Reparatur in der Alternativwerkstatt nicht aus. Es ist immer wieder darauf hinzuweisen, dass die Darlegungs- und Beweislast dafür der Schädiger trägt. Die Angabe günstigerer Stundensätze alleine reicht nicht aus. Im Übrigen ist bemerkenswert, dass sich das Gericht gegen den BGH stellt, wenn es um die Frage der Disposition des Geschädigten geht. Entgegen der Ansicht des BGH hält das angerufene Gericht mit der wohl überwiegenden Rechtsansicht am Zeitpunkt der Klageerhebung fest. Danach abgegebene Erklärungen zur Verweisung und deren Voraussetzungen sind verspätet. Das Urteil wurde erstritten und eingereicht durch die Kanzlei Lothar Schriewer in 40211 Düsseldorf. Lest bitte selbst und gebt Eure Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

267 C 91/13                                                                            Verkündet am 24.09.2013

Amtsgericht Köln

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn … ,

Klägers,

Prozessbevollmächtigter:

gegen

Herrn … ,

Beklagten,

hat das Amtsgericht Köln, Abt. 267
im vereinfachten Verfahren nach § 495 a ZPO
durch die Richterin am Amtsgericht …
für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 261,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. November 2012 zu zahlen.

Desweiteren wird der Beklagte verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 38,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.Mai 2013 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreites trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Ohne Tatbestand gemäß § 313 a ZPO.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein weitergehender Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 261,52 € gemäß den §§ 7, 17 StVG, 115 VVG zu.

Unstreitig ist der Beklagte dem Kläger dem Grunde nach aus dem Verkehrsunfall vom 29. September 2012 zu 100 % einstandspflichtig. Der Kläger ist berechtigt, die Nettoreparaturkosten auf der Basis der im Gutachten L. vom 08. Oktober 2012 berechneten Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt geltend zu machen. Ihm sind nämlich mit dem Prüfbericht HDI vom 07. November 2012 die maßgeblichen Qualitätskriterien einer qualitativ gleichwertigen Reparaturmöglichkeit nicht in dem erforderlichen Umfang mitgeteilt worden.

Der Schädiger bzw. der Haftpflichtversicherer kann den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht dann auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit verweisen, wenn diese mühelos und ohne weiteres zugänglich ist und eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2010, VI ZR 259/09 ). Zu mühelosem Zugang in diesem Sinne gehört es aber, dass der Geschädigte ohne Mühe und eigene Recherche erkennen kann, dass die Reparatur in der freien Werkstatt gleichwertig ist (vgl. Landgericht Krefeld, Urteil vom 18. März 2010, 3 S 30/09).

Der Geschädigte muss daher in die Lage versetzt werden, die Gleichwertigkeit der alternativ vorgeschlagenen Instandsetzung in der nicht markengebundenen Fachwerkstatt zu überprüfen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 16. Juni 2008, 1 U 246/07).

Der Schädiger bzw. sein Haftpflichtversicherer hat dem Geschädigten demnach schon vorprozessual bzw. zu einem Zeitpunkt, zu der Geschädigte auf der Grundlage des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens seine Dispositionsentscheidung trifft, die maßgebenden Qualitätskriterien mitzuteilen, aus denen sich die Gleichwertigkeit der Reparatur in der freien Werkstatt ergibt (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.; LG Krefeld, a.a.O.; LG Köln, Urteil vom 22. Januar 2013, 11 S 182/11). Zu diesem Zeitpunkt hat der fiktiv abrechnende Geschädigte nämlich die Entscheidung zu treffen, ob er die Angaben des Schädigers zur Gleichwertigkeit und mithin dessen Abrechnung akzeptiert oder die sich aus seinem Sachverständigengutachten ergebenden Schadensbeträge einklagt. Nach diesem Zeitpunkt, insbesondere erst im Prozess nach einem eingeholten Gutachten und dadurch festgestellten Informationen zum Qualitätsstandard sind diese verspätet und für den Geschädigten und dessen Abrechnungen beachtlich (vgl. LG Krefeld a.a.O., LG Köln, a.a.O.).

Der vorprozessual dem Kläger übersandte Prüfbericht vom 07. November 2012 genügt diesen Anforderungen nicht, da er keine hinreichende Information für eine Gleichwertigkeitsüberprüfung durch den Kläger enthält. Es lässt sich nicht erkennen, ob die genannte Werkstatt die vom BGH geforderten Qualitätskriterien erfüllt. Der Prüfbericht lässt weder erkennen, dass bei einer Reparatur Originalersatzteile verwandt werden, noch dass die Werkstatt überhaupt nach Herstellervorgaben repariert. Es findet sich auch kein Hinweis, dass der Qualitätsstandard der Werkstatt regelmäßig von unabhängigen Prüfungsorganisationen kontrolliert und zertifiziert wird.

Ein Geschädigter ist nicht gehalten, die Gleichwertigkeit anhand einer Internetrecherche zu ermitteln. Zu einer derartigen Eigeninitative ist der Geschädigte nicht verpflichtet. Vielmehr ist es Sache des Schädigers, diesem unmittelbar sämtliche Informationen für eine eigene Gleichwertigkeitsüberprüfung an die Hand zu geben (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.; LG Köln a.a.O.)

Der Kläger kann mithin die von dem Sachverständigenbüro L. ermittelten Nettoreparaturkosten in Höhe von 2.131,63 € verlangen. Hierauf leistete die Beklagte einen Betrag in Höhe von 1.870,11 €, weshalb eine Restforderung in Höhe von 261,52 € verbleibt. Dieser Betrag war gemäß den §§ 286, 288 BGB antragsgemäß zu verzinsen.

An vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten schuldet der Beklagte darüber hinaus eine 1,3 Gebühr zzgl. einer Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 €, zzgl. einer Pauschale für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten in Höhe von 2,00 €,. aus einem Gegenstandswert in Höhe von 3.029,38 €. Auf die Kostenrechnung vom 07. Mai 2013 wird verwiesen.

Dies ergibt einen weitergehenden zu zahlenden Betrag in Höhe von 304,10 €. Nach Zahlung des Beklagten in Höhe von 265,70 € verbleibt eine Restforderung in Höhe von 38,40 €. Dieser Betrag war antragsgemäß ab Rechtshängigkeit gemäß den §§ 288, 291 BGB zu verzinsen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Streitwert: 261,52 €.

Urteilsliste “Fiktive Abrechnung” zum Download >>>>>

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  1. RA Rheinland sagt:

    Wieder ein Gericht, das dem BGH die Gefolgschaft verweigert.

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