Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
heute geben wir Euch noch ein Sachverständigenkostenurteil aus München gegen die Zurich Insurance plc. bekannt. Zutreffend hat die Amtsrichterin des AG München auch auf das Urteil des AG Bochum verwiesen, wonach die Auseinandersetzung um die Höhe der Sachverständigenkosten nicht auf dem Rücken der Geschädigten ausgetragen werden darf. Denn der Sachverständige ist nicht der Erfüllungsgehilfe des Geschädigten. Leider prüft dann das Gericht doch die Kosten des Sachverständigen an der BVSK-Tabelle, gemeint ist wohl die Honorarbefragung. Trotz des „BVSK Checks“ eigentlich ein korrektes Urteil, meinen wir. Das Urteil wurde erstritten und der Redaktion eingereicht durch die Kanzlei Kaiser & Kollegen aus Mannheim. Lest bitte selbst und gebt Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende.
Willi Wacker
Amtsgericht München
Az.: 334 C 15817/13
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
Zurich Insurance Plc NfD, vertreten d.d. Hauptbevollmächtigten Ralph Brand, Solmsstr. 27-37, 60486 Frankfurt/Main
– Beklagte –
wegen Forderung
erlässt das Amtsgericht München durch die Richterin am Amtsgericht … am 17.10.2013 auf Grund des Sachstands vom 17.10.2013 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 302,72 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.03.2013 zu bezahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Die Klage ist vollumfänglich begründet.
Die Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens sind grundsätzlich gemäß § 249 I BGB ersatzfähig. Dabei ist gemäß § 249 BGB entscheidend, welche Aufwendungen „ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und geboten halten darf“ (BGHZ 115, 364/369).
Dabei ist der Sachverständige nicht Erfüllungsgehilfe des Unfallgeschädigten. Die Sachverständigenkosten sind daher in der Regel voll erstattungsfähig, es sei denn die Rechnung wäre in einer Weise überhöht, dass selbst ein Laie die Überhöhung erkennen hätte müssen und als wirtschaftlich denkender Mensch die Sachverständigenrechnung nicht bezahlt hätte. Solange der Geschädigte also den Rahmen des zur Wiederherstellung erforderlichen wahrt, sind weder der Schädiger noch das Gericht berechtigt, eine Preiskontrolle durchzuführen. Dies gilt auch für die Höhe des Sachverständigenhonorars (vgl. LG München I, 17 S 24136/10 vom 13.1.2012 m. w. N.)
Es ist nicht die Aufgabe des Geschädigten, Preisvergleiche anzustellen oder etwa den billigsten Sachverständigen auszuwählen (so auch BGH NJW 2007, 1450; so auch Landgericht München I, Urteil vom 01.09.2011, 19 S 7874/11). Selbst wenn die Rechnung insgesamt oder einzelne Positionen tatsächlich überteuert sein sollten, trägt das Risiko hierfür grundsätzlich nicht der Geschädigte. Auf eine Auseinandersetzung mit dem Gutachter muss er sich insoweit nicht einlassen (vgl. z.B. AG Bochum, Urteil vom 6.12.1995, 70 C 514/95). Es ist also nicht die Aufgabe des Geschädigten, einzelne Positionen der Rechnung nach Überhöhung/Plausibilität zu durchforsten.
Gegen ein ihrer Ansicht nach überhöhtes Honorar kann sich die Beklagte in einem Schadensersatzprozess gegen den Sachverständigen wehren, entweder aus dem Gutachtensvertrag (Werkvertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter) oder durch Abtretung der Ansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen.“
Das Gericht orientiert sich bezüglich der Frage der Angemessenheit der Sachverständigenkosten an der BVSK-Honorarbefragung für die Jahre 2010/2011.
Das Grundhonorar liegt bei einem Reparaturschaden von 5.897,84 € netto mit 615 € noch im Bereich des HB V Korridors der BVSK Tabelle, in welchem 50%-60% der Mitglieder ihr Honorar berechnen.
Eine an der Schadenshöhe orientierte Abrechnung ist nicht zu beanstanden. Niemand kann vom Sachverständigen verlangen, nach Zeit abzurechnen. Der Geschädigte muss auch nicht einen Sachverständigen suchen, der dies tut, zumal die Mehrheit der Sachverständigen nach Schadenshöhe abrechnet.
Auch sind die Nebenkosten in sich bei Heranziehung der BVSK Honorarbefragung 2011 nicht überhöht, auch wenn sie sich jeweils am oberen Rand des nach der BVSK Befragung zulässigen bewegen.
Dabei ist es auch zulässig, ein Grundhonorar und zusätzlich Nebenkosten abzurechnen. Dies wird von der Mehrheit der Sachverständigen so gehandhabt, so dass dem Geschädigten als Laien im Hinblick auf die Abrechnung von Sachverständigenkosten aus der Bezahlung einer derartig zusammengesetzten Rechnung kein Vorwurf gemacht werden kann.
Die Gesamtgebühren von 1.109,54 € netto erscheinen im Hinblick auf die vom Sachverständigen ermittelten Reparaturkosten in Höhe von brutto 7.018,43 € und den hier zusätzlich noch zu treffenden Feststellungen zum Wiederbeschaffungswert nicht als so unangemessen hoch, dass der Kläger als Laie bei der Bezahlung gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht des § 254 BGB verstoßen hätte.
Lediglich Personen, die sich ständig mit der Angemessenheit von Sachverständigenkosten beschäftigen, fällt auf, dass der Sachverständige im konkreten Fall im Vergleich zu anderen Sachverständigen vor allem hinischtlich der Nebenkosten teuer ist. Dem Kläger als Laien in dieser Hinsicht, welcher zudem nicht verpflichtet ist, Preisvergleiche anzustellen, um einen möglichst günstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (BGH NJW 2007, 1450), musste dies nicht auffallen.
Es liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, dass sich dem Kläger eine Überhöhung der Gebühren des Sachverständigen hätte aufdrängen müssen mit der Folge, dass er dessen Rechnung hätte zurückweisen müssen.
Der Kläger kann daher die Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten verlangen. Die Klage ist begründet.
Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO liegen nicht vor. Weder ist die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung, noch erfordern die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Vielmehr liegen hinsichtlich der behandelten Rechtsfrage bereits höchstrichterliche Entscheidungen vor.
So das AG München. Und jetzt bitte Eure Kommentare.
Leider spricht die Richterin in ihrem Urteil wieder von „Gesamtgebühren“, nachdem sie vorher korekt von „Sachverständigenkosten“ sprach. Auch die Gerichte sollten sich der richtigen Worte bedienen. Es gibt keine „Sachverständigengebühren“.
Dieser Begriff wurde von den Versicherungen, und allen voran von der HUK-Coburg benutzt, um den Eindruck zu erwecken, es gäbe einheitliche „Sachverständigenkosten“ wie es bei einheitlichen Gebühren der Fall ist. Das ist bewußte Irreführung. Das hat auch nichts mit Gewohnheitsrecht zu tun, wie die HUK-Coburg weiß machen will.
Also lasst uns den Bergriff „Sachverständigengebühren“ ausmerzen. Das fängt damit an, dass in der vorgerichtlichen Korrespondenz der Begriff schon beanstandet wird. Dann in den Schriftsätzen der Versicherungsanwälte den Begriff beanstanden, damit auch das Gericht von „Sachverständigenkosten“ spricht. Dann wäre schon viel gewonnen.
@ Werner Hülsken
„Also lasst uns den Bergriff “Sachverständigengebühren” ausmerzen. Das fängt damit an, dass in der vorgerichtlichen Korrespondenz der Begriff schon beanstandet wird. Dann in den Schriftsätzen der Versicherungsanwälte den Begriff beanstanden, damit auch das Gericht von “Sachverständigenkosten” spricht. Dann wäre schon viel gewonnen.“
Da muss ich Dir widersprechen,
es fängt damit an dass bereits viele SV in ihren Rechnungen die Honorare als Gebühren bezeichnen.
Wahrscheinlich gewohnheitsmäßig, weil sie die als Gebühren bezeichneten Festpauschalen des BVSK/ HUK völlig abhängig übernehmen. Leider sind sie selbst nicht in der Lage eine betriebliche Kalkulation durchzuführen. Die gibt es nämlich noch nicht im Audatex-Programm.
Diese SV zählen zu denen, die alles tun, was man von ihnen verlangt, Gutachteninhalte u. Preise schlank halten, einfach willig u. billig agieren.
Und vor lauter Not u. wenig Brot gibt man die zusätzlich gekürzten „Gebühren“ zu Inkasso-Firmen, deren Flopanwälte noch jeden Honorar Prozess versieben.
Ja, Gier u. Not, ist des Hirns schnellster Tod.
Viele Grüße zu den Willigen nach Berlin