Hallo verehrte Captain-Huk-Leser,
nachdem der Blog wieder läuft (hoffentlich?), geben wir Euch nachfolgend das Urteil des AG Brühl zu einem Schaden im 130%-Bereich nebst Sitzungsprotokoll sowie (abgebügeltem) Befangenheitsantrag gegen einen gerichtlichen Sachverständigen der SSH bekannt. Da der Schaden auf der Basis des Sachverständigengutachtens, das der Geschädigte in Auftrag gegeben hatte, bereits repariert wurde, trägt ohnehin der Schädiger das Werkstatt- und Prognoserisiko. Der Geschädigte konnte als Laie auf die Richtigkeit des Gutachtens vertrauen. Der SSHler bestätigt zuerst das Gutachten des SSH-Versicherungsgutachters, wobei die Versicherung die HDI war, und knickt dann in der öffentlichen Sitzung ein. Wie soll man eine Befangenheit erkennen, wenn nicht hier? Hier noch einige Erläuterungen des Einsenders:
Normaler Verkehrsunfall, Haftung dem Grunde nach unstreitig. Der SV T. erstellt im Auftrag des Geschädigten (Klägers) ein Gutachten, Wiederbeschaffungswert 3.000,- €, Reparaturkosten 2.779,39 € brutto. Fahrzeug wird bei der Firma Z. repariert für 3.254,15 € (dieser Betrag fehlt im Sachverhalt). Unfalltag ist der 7.6.2011. Am 7.7.2011 verlangt die HDI-Versicherung eine Nachbesichtigung, obwohl das Fahrzeug bereits repariert ist. Die Nachbesichtigung wurde verweigert (das war dann im Prozess auch kein Thema mehr). Am 28.7.2011 zahlt die Versicherung dann einen Teilbetrag. Der SV L. (SSH Düsseldorf) nimmt im Auftrag der Versicherung zum Gutachten des SV T. Stellung und kommt zu dem Ergebnis, daß der Wiederbeschaffungswert nicht 3.000,- €, sondern 1.900,- € bis 2.100,- € betrage. Dadurch wandelt sich der Reparaturschaden in einen Totalschaden jenseits der 130 % – Grenze (Der 130%-Grenz-WBW liegt bei 2.137,99 €). Klage wird am 21.7.2011 erhoben. Die eine Woche später erfolgte Zahlung der Versicherung wird als unvollständige Teilzahlung zurückgewiesen. Das Geld fordert die Versicherung nicht zurück, deshalb wird es auch nicht zurückerstattet. Das Gericht erläßt einen Beweisbeschluss zum Wiederbeschaffungswert und zum Nutzungsausfall. Es benennt SV V., der mir nicht bekannt ist. SV V. erstellt ein schriftliches Gutachten. Als das Gutachten hier eingeht, erkenne ich am Briefbogen des SV V., dass er für die SSH Köln tätig ist. SV V. (SSH Köln) bestätigt Gutachten des SV L. (SSH Düsseldorf) mit dem WBW von 2.100,- €. Ich stelle deshalb einen Befangenheitsantrag, den das AG Brühl am 15.6.12 zurückweist. Die 2-Wochen-Frist sei nicht eingehalten. Ich hätte den Befangenheitsantrag stellen müssen, als SV V. benannt wurde, nicht erst, nachdem er das Gutachten erstellte. Ich hätte sofort Erkundigungen über SV V. einholen müssen. Meiner sofortigen Beschwerde hilft das AG Brühl nicht ab (Beschluss vom 28.6.12). Das LG Köln weist die sofortige Beschwerde zurück (Beschluss vom 11.7.12). Es könne dahinstehen, ob der Befangenheitsantrag rechtzeitig gestellt sei. Die Verbindung SSH zur Versicherung reiche für eine Befangenheit nicht aus. SV T., der im Auftrag des Geschädigten das vorgerichtliche Gutachten erstellte, wird der Streit verkündet. Er tritt dem Rechtsstreit bei. Da ich noch Fragen zum Gutachten habe, erstellt SV V. dann ein Ergänzungsgutachten. Meine Fragen werden (meiner Meinung nach) nicht ausreichend beantwortet, so dass am 19.6.13 ein weiterer Termin stattfindet, indem SV V. sein Gutachten erläutern soll. Im Termin muss SV V. dann einräumen, dass er folgende wertbildenden Faktoren des Unfallfahrzeuges bei der Ermittlung des WBW nicht berücksichtigt hat:
– Vier/Fünftürer
– Seitenairbag
– Nebelscheinwerfer
– Klimaanlage (ist nach seiner Auffassung aber kein wertbildender Faktor).
Im Termin weise ich ihn darauf hin, dass der Ausgang des Verfahrens von 50,- € mehr oder weniger WBW abhängt. Schließlich knickt der SV V. ein und erklärt, dass der WBV genausogut 2.200,- € betragen könne (und damit ein Reparaturschaden zumindest im Hinblick auf die von SV T. kalkulierten Reparaturkosten vorliegt). Die Zurückweisung der Teilzahlung akzeptiert das Gericht nicht (leider, das wäre eine schöne Müglichkeit gewesen, das Verfahren für die Versicherung noch teurer und damit die Kürzungen unwirtschaftlicher zu machen). Bei der Zahl der Nutzungsausfalltage nimmt das Gericht Kürzungen vor. Dementsprechend reduziert sich auch das vorgerichtliche Anwaltshonorar. Ansonsten wird der Klage stattgegeben (Kostenpauschale 30,- €). Und noch eine Besonderheit, die ich so noch nicht erlebt habe. Auf Seite 5 des Urteils führt das Gericht aus: „Zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen schließt sich das Gericht insoweit vollinhaltlich der Beweiswürdigung des Klägers in seinem Schriftsatz vom 8.7.2013 an.“
Das Urteil wurde erstritten eund eingereicht durch die Kanzlei Schepers & Baltes aus 50259 Pulheim.
Gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende.
Willi Wacker
24 C 444/11 Verkündet am 28.08.2013
Amtsgericht Brühl
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
1. des Herrn …
Klägers,
2. des Herrn … (SV T.)
Streithelfers zu 1.,
gegen
Frau …
Beklagte,
hat das Amtsgericht Brühl
auf die mündliche Verhandlung vom 19.06.2013
durch den Richter am Amtsgericht …
f ü r R e c h t e r k a n n t :
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger (1.396,15 € + vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 129,95 € =) 1.526,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.07.2011 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 69 % dem Kläger und zu 31 % der Beklagten auferlegt.
Von den Kosten der Streithilfe haben der Streithelfer 69 % und die Beklagte 31 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Im Übrigen darf jeder Prozessbeteiligte die gegen ihn gerichtete Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der die Zwangsvollstreckung Betreibende Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
Am 07.06.2011 ereignete sich in Brühl ein Verkehrsunfall unter Beteiligung des klägerischen Pkw VW Golf mit dem amtlichen Kennzeichen … und dem Beklagten-Pkw BMW Cabrio mit dem amtlichen Kennzeichen … , die grundsätzliche Einstandspflicht der Beklagten für die Unfallfolgen ist unstreitig. Der Kläger ließ in der Folgezeit von seinem Streithelfer, einem Kfz-Sachverständigen, das unfallbedingt nicht fahrbereite Fahrzeug begutachten; der Sachverständige T. ermittelte in seinem am 14.06.2011 in Auftrag gegebenen und am 16.06.2011 fertiggestellten Gutachten (Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 11.11.2011, Bl. 104 ff. d.A.) eine voraussichtliche Reparaturdauer von 2-3 Arbeitstagen und unfallbedingte Reparaturkosten von 2.779,39 € brutto, dies bei einem Wiederbeschaffungswert von 3.000,00 € und einem Restwert von 750,00 €. Sodann ließ der Kläger das Fahrzeug reparieren, wofür er gemäß Rechnung der Firma … vom 02.07.2011 (Anlage K4 zur Klageschrift vom 21.07.2011, Bl. 22 – 24 d.A.) zu zahlen hatte. Der Kläger verlangte über seine Anwälte von der Haftpflichtversicherung der Beklagten unter anderem den Ersatz der vorgenannten Reparaturkosten sowie Nutzungsausfall für die Zeit vom 07.06. – 01.07.2011 i.H.V. (25 Tagen zu je 29,00 € =) 725,00 €, insgesamt 4.515,09 € nach Maßgabe der Übersicht auf Bl. 4 unten der Klageschrift, ferner vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren aus diesem Streitwert i.H.v. 489,45 €. Die Haftpflichtversicherung regulierte den Schaden durch Zahlung von 2.625,94 € nach Maßgabe des Abrechnungsschreibens vom 26.07.2011 (Anlage B1 zur Klageerwiderung vom 25.08.2011, Bl. 38 f. d.A.) – darin enthalten anstatt der Reparaturkosten der Ansatz eines Wiederbeschaffungswertes in Höhe von 2.100,00 € – sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren nach dem an dert Regulierungssumme. sich orientierenden Streitwert in Höhe von 316,18 €. Mit Anwaltsschreiben vom 01.08.2011 (Anlage K7 zum klägerischen Schriftsatz vom 14.09.2011, Bl. 76 d.A.) wies der Kläger die Zahlung über somit insgesamt 2.942,12 € als unvollständige Teilzahlung zurück; eine Rücküberweisung des Betrages an die Versicherung erfolgte indes nicht.
Gleichwohl macht der Kläger den Gesamtbetrag in Höhe der oben genannten 4.515,09 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren ebenfalls in der vollen Höhe von 489,45 € zum Gegenstand seiner Klage. Zu den Reparaturkosten behauptet er, dass der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs sich ausweislich des vorgerichtlichen Sachverständigengutachtens T. auf 3.000,00 € belaufen habe, weswegen er meint, dass er unter Berücksichtigung der 130 % – Grenze angesichts der von dem Sachverständigen ermittelten Reparaturkosten von 2.779,39 € brutto bereits ab einem Wiederbeschaffungswert Von 2.137,99 € seinen Reparaturauftrag hätte erteilen dürfen. Ferner meint er, dass – sollte der Sachverständige den Reparaturaufwand zu niedrig und/oder den Wiederbeschaffungswert zu hoch angesetzt haben und deshalb in der Folge die Reparatur teurer als 130 % des Wiederbeschaffungswertes geworden sein – dieses Prognoserisiko zu Lasten der Beklagten als Schädigerin gehe. Zum Nutzungsausfall behauptet er, dass er zum Unfallzeitpunkt in Urlaub gewesen sei und dieser bis zum 19.06.2011 angedauert habe. Gleichwohl habe er noch während seiner Abwesenheit die Erstellung des Sachverständigengutachtens T. veranlasst. Nachdem er aus seinem Urlaub zurückgekommen sei, habe er sich nach kurzer Überlegung für eine Reparatur des Fahrzeugs entschieden. So sei es gekommen, dass sein Pkw vom Zeitpunkt des Unfalls (07.06.2011) bis zur Fertigstellung der Reparatur (01.07.2011) nicht fahrbereit gewesen sei, sodass – seiner Ansicht nach – Nutzungsausfall für 25 Tage zu erstatten sei. Hierzu behauptet er, dass der tägliche Nutzungsausfall sich auf 29,00 € belaufe.
Der Kläger und sein nach Streitverkündung durch die Beklagte auf Seiten des Klägers beigetretener Streithelfer beantragen,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.515,09 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 489,45 € zu zahlen, beides nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.07.2011.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht geltend, dass der Kläger mit den von ihm aufgewendeten Reparaturkosten die 130 %-Grenze überschritten habe, da der Wiederbeschaffungswert angesichts des Alters und der Laufleistung des Fahrzeugs ausweislich des vorgerichtlichen Gutachtens des von der Haftpflichtversicherung der Beklagten beauftragte Sachverständigen L. vom 24.07.2011 (Anlage B2 zur Klageerwiderung, Bl. 40 ff. d.A.) allenfalls 2.100,00 € betragen habe. Bei der Nutzungsentschädigung hält die Beklagte eine solche für die von dem vom Kläger beauftragten Sachverständigen festgestellte Reparatur von 2-3 Tagen für angebracht. Auch könne nicht die volle Nutzungspauschale beansprucht werden, da diese sich an neuwertigen Fahrzeugen orientiere; es kämen allenfalls die Vorhaltekosten in Betracht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien sowie der zu den Akten gereichten Urkunden und Lichtbilder verwiesen.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß dem Beweisbeschluss vom 11.01.2012 (Bl. 124 f. d.A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Gutachten des Sachverständigen V. vom 26.03. und 16.10.2012 sowie 04.04.2013 (Bl. 135 ff., 194 ff., 247 ff. d.A.) Bezug genommen, desweiteren auf die Anhörung des Sachverständigen V. im Termin vom 19.06.2013 (Bl. 270 ff. d.A.).
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Klage ist nur teilweise begründet.
Der Kläger kann von der Beklagten gemäß den §§7, 17, 18 StVG über die bereits regulierten 2.625,94 € hinaus Schadensersatz i.H.v. weiteren 1.396,15 € verlangen.
Der Kläger hatte einen Anspruch auf vollen Ausgleich der unstreitig i.H.v. 3.254,15 € brutto angefallenen Reparaturkosten. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, welche im Hinblick auf den doch gravierenden Unterschied der kläger- und beklagtenseits jeweils angesetzten Wiederbeschaffungswerte erforderlich schien, steht nunmehr zur hinreichenden Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger auf der Grundlage des vorgerichtlichen Sachverständigengutachtens T. , welches einen Wiederbeschaffungswert von 3.000,00 € und voraussichtliche Reparaturkosten i. H. v. 2.779,39 € ermittelt hatte, Reparaturauftrag erteilen durfte. Der Kläger hätte diesen Auftrag nämlich sogar schon bei einem Wiederbeschaffungswert von 2.137,99 € erteilen dürfen, da das Prognoserisiko, dass die tatsächlichen Reparaturkosten den 130 % -Wert sodann überschreiten, bei der Beklagten als Schädigerin liegen. Unschädlich ist insofern, dass der gerichtlich bestellte Sachverständige V. den Wiederbeschaffungswert zunächst – wie zuvor schon der beklagtenseits vorgerichtlich eingeschaltete Sachverständige L. , nur auf 2.100,00 € angesetzt hatte. Denn von diesen Feststellungen ist der Sachverständige V. angesichts der bei seiner Anhörung im Termin aufgetretenen massiven Zweifel daran alsdann abgerückt und zu der auch das Gericht letztlich überzeugenden Einschätzung gelangt, dass der Wiederbeschaffungswert auch bei 2.200,00 € liegen kann, somit über den wenigstens erforderlichen oben genannten 2.137,99 € liegt. Zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen schließt sich das Gericht insoweit vollinhaltlich der Beweiswürdigung des Klägers in seinem Schriftsatz vom 08.07.2013 (Bl. 277 d.A.) an. Jedenfalls fällt der jetzt noch bestehende geringfügige Unterschied zwischen den beklagtenseits ermittelten 2.100,00 € und den jetzt bewiesenen wenigstens 2.137,99 € Wiederbeschaffungswert in das Prognoserisiko der Beklagte als Schädigerin.
Der Kläger hatte ferner einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung i.H.v. (8 Tagen zu je 29,00 € =) 232,00 €. Hierbei ist der Tagessatz von 29,00 € zum einen bewiesen durch das Sachverständigengutachten V. , auf das insoweit Bezug genommen wird, zum anderen aber auch berücksichtigt, dass die Beklagte insofern nur unqualifiziert bestreitet, als sie jeglichen Vortrag zur Höhe der von ihr allenfalls in Betracht gezogenen Vorhaltekosten vermissen lässt. Bei den anzusetzenen Tagen ist zunächst unerheblich, ob der Kläger in Urlaub war, denn jedenfalls war – unstreitig – ein Nutzungswille durch den Sohn gegeben. Wenn zudem der Kläger trotz seines angeblich bis zum 19.06.2011 andauernden Urlaubs in der Lage war, bereits am 14.06.2011 dem Sachverständigen Gutachtenauftrag zu erteilen, dann hätte er dies sicherlich auch früher tun können. Insgesamt erscheint es angemessen, folgende ab dem Tag des Verkehrsunfalls benötigten Zeiten zu berücksichtigen:
Ermittlung eines Sachverständigen: 1 Tag
Erstellung des Sachverständigengutachtens: 3 Tage
Finden einer geeigneten Werkstatt: 1 Tag
Reparaturdauer: 3 Tage
insgesamt 8 Tage
Femer hatte der Kläger einen Anspruch auf Erstattung der Sachverständigengebühren i.H.v. unstreitig 505,94 € sowie der Auslagenpauschale i.H.v. 30,00 €, welche das Gericht gem. § 287 ZPO so schätzt.
Der somit i.H.v. (3.254,15 € + 232,00 € + 505,94 € + 30,00 € =) 4.022,09 € gerechtfertigt gewesene Schadensersatzanspruch des Klägers ist i.H.v. 2.625,94 € durch Erfüllung bereits erloschen, woraus der zuerkannte Betrag von 1.396,15 € resultiert. Der Kläger kann sich insofern nicht darauf zurückziehen, dass es sich bei dem regulierten Teil um eine unvollständige Teilzahlung gehandelt habe, nachdem er gleichwohl den Betrag nicht etwa zurücküberwiesen, sondern vielmehr behalten hat. Solch widersprüchliches und zudem noch die Prozesskosten in die Höhe treibendes Verhalten braucht sich die Beklagte schon im Hinblick auf die Grundsätze von Treu und Glauben gem. § 242 BGB nicht gefallen zu lassen.
Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren kann der Kläger nach der gleichen Anspruchsgrundlage wie die Hauptforderung erstattet verlangen. Die Höhe bemisst sich nach den dem Kläger insgesamt zugestanden habenden 4.022,09 € und errechnet sich so auf 446,13 €; hiervon sind die bereits gezahlten 316,18 € abzuziehen, woraus sich der zuerkannte Restbetrag von 129,95 € ermittelt.
Zinsen aus Hauptforderung und vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren kann der Kläger nach den §§ 280, 286, 288 BGB verlangen.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 I, 101 I ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
Streitwert: 4.515,09 €; die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren bleiben unberücksichtigt (§ 4 ZPO).
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Sitzungsprotokoll
öffentliche Sitzung Brühl, 19.06.2013
des Amtsgerichts
Geschäfts-Nr.:
24 C 444/11
Gegenwärtig:
Richter am Amtsgericht …
– Ohne Protokollführer gemäß § 159 ZPO – Protokoll wurde vorläufig auf Tonträger aufgezeichnet. –
In dem Rechtsstreit
erschienen bei Aufruf
für den Kläger Rechtsanwalt …
der Streitverkündete persönlich und Rechtsanwalt…
für die Beklagte Rechtsanwältin …
ferner erschien der Sachverständige V, der ordnungsgemäß belehrt und sodann wie folgt vernommen wurde:
Zur Person:
… , Kfz-Sachverständiger, sonst verneinend.
Zur Sache:
Auf Frage des Klägervertreters zu Punkt 13 der gutachterlichen Ausführungen:
Das sogenannte Car-TV funktioniert so, dass es eine Filterfunktion hat. Diese Funktion wirkt auf das Netz, und ich kann sie durch Eingabe bestimmter Suchkriterien beeinflussen. So wird bewirkt, das z. B. statt 5000 Autos dann letztlich 30 vergleichbare Fahrzeuge herauskommen, die ich mir dann konkreter anschauen kann. Für die Suchkriterien mache ich die erforderlichen Angaben, das heißt, dass meine sachverständliche Einschätzung entscheidend für diese Kriterien ist. So entsteht ein Suchkorridor, der anwenderbezogen ist, also subjektive Elemente beinhaltet. Die Eingabe dieser Kriterien hat im vorliegenden Fall 74 Fahrzeuge ergeben, die vergleichbar waren. Dann habe ich einen Korridor gebildet unter Berücksichtigung meiner sachverständlichen Erfahrungen und mir mittels dieser Erfahrungen drei vergleichbare Fahrzeuge aus diesen 74 herausgesucht, von den eines das teuerste, das zweite das billigste ist und das dritte eine mittlere Preisstufe hat.
Auf Frage des Streitverkündetenvertreters:
Es trifft zu, dass ich die Korridore festlegen kann. Das tue ich aber nicht auftragsbezogen, denn das verstieße gegen meine Pflicht zur Neutralität. Die Festlegung des Korridors ist rein fallbezogen.
Auf Frage des Klägervertreters zu Blatt 4 der Anlage 3 des letzten Gutachtens:
Die ermittelten Durchschnittswerte sind arithmetische Mittelwerte.
Zu Blatt 3 der Anlage 3 kann ich folgendes sagen:
Es trifft zu, das ich davon ausgegangen bin, dass die drei von mir ermittelten Fahrzeuge Viertürer sind. Wenn mir der Klägervertreter hierzu aber Blatt 1 der Anlage 3 vorhält, dann muss ich einräumen, dass die Eigenschaft Vier/Fünftürer zwar in die Auftragsdaten eingegeben werden kann, nicht aber in die Suchkriterien. Von daher kann ich der Seite 3 der Anlage 3 leider doch nicht entnehmen, ob es sich bei den dortigen Fahrzeugen um Viertürer oder nur um Zweitürer handelt.
Auf Frage der Beklagtenvertreterin:
Aus dem Suchkriterium „Comfortline“ ist ein Rückschluss darauf, ob das Fahrzeug
vier oder nur zwei Türen hat, leider nicht möglich.
Auf Frage des Klägervertreters:
Es trifft zu, dass Viertürer in der Regel teurer sind als Zweitürer. Das richtet sich nach der Marktlage. Ich würde den Unterschied mit 50,00 € ansetzen. Damit meine ich natürlich nur solche Fahrzeuge, die mit dem hier zu beurteilenden vergleichbar sind. Bei neuen Fahrzeugen kann der Unterschied um die 400,00 € liegen. Bei dieser grundsätzlichen Einschätzung (die genannten 50,00 €) bleibe ich auch, wenn der Klägervertreter mir insoweit die Anlage 1 zu meinem letzten Gutachten, dort Seite 4, vorhält, wo gerade die teuersten Fahrzeuge Viertürer sind, während das bei den billigeren Fahrzeugen so nicht zu entnehmen ist.
Es trifft zu, das ich den Wiederbeschaffungswert des streitgegenständlichen Fahrzeugs anhand der Referenzfahrzeuge ermittelt habe. Weiter trifft es zu, dass ich bei den Referenzfahrzeugen die Ausstattungsmerkmale „Seitenairbag“ und „Viertürer“ nicht beachtet habe. Wohl aber habe ich unterstellt, dass diese Ausstattungsmerkmale vorhanden sein sollten, nur in den angebotenen nicht eben
ausgewiesen waren. Zum Punkt „Nebelscheinwerfer“ kann ich sagen, wenn solche bei den Referenzfahrzeugen nicht ausgewiesen waren, dann habe ich sie hier auch nicht berücksichtigt.
Wenn ich hier höre, das die 50,00 € Unterschied, über die wir hier eben diskutiert haben, für die Entscheidung dieses Falles in dem Sinne entscheidend sein sollen, das die 130 % Grenze über- oder unterschritten ist, dann muss ich dazu sagen, dass man sich sachverständigenseits nicht um 50,00 € mehr oder weniger streiten kann. Es lässt sich schlichtweg nicht feststellen, ob ein Auto 50,00 € mehr oder weniger Wert hat.
Es trifft zu, dass das erste der drei Referenzfahrzeuge keine Klimaanlage hat. Das Vorhandensein einer Klimaanlage ist aber ein wertbildender Faktor. Den Unterschied würde ich zwischen 100,00 € und 200,00 € ansetzen.
Es trifft zu, das bei dem zweiten der Referenzfahrzeuge ein kleiner, aber fachmännisch behobener Unfallschaden ausgewiesen ist. Nach meiner Einschätzung stellt das im Hinblick auf das Alter des Fahrzeugs keinen wertbildenden Faktor mehr dar. Ich muss aber einräumen, dass der Unfallschaden und seine Behebung natürlich offenbarungspflichtig sind. Ob es ein wertbildender Faktor ist, hängt natürlich auch davon ab, welcher Art der behobene Schaden war. Es kann ja sein, dass durch die Schadensbehebung sogar eine Wertsteigerung eingetreten ist, etwa dadurch, dass alte Teile durch völlig neue ersetzt worden sind.
Auf Frage der Beklagtenvertreterin:
Die beim zweiten Fahrzeug erwähnte Zusatzausstattung „Sportfahrwerk, Sportauspuffanlage“ und beim ersten Fahrzeug aufgeführte Sonderausstattung „Glasschiebedach“ sind bei der entsprechenden Käuferklientel durchaus wertbildende Faktoren. So haben insbesondere junge Leute durchaus Interesse an einem Sportfahrwerk und an einer Sportauspuffanlage.
Unter Berücksichtigung meiner vorherigen Ausführungen muss ich einräumen, dass die von mir in meinen Gutachten festgestellten 2.100,00 € als Wiederbeschaffungswert nicht mehr haltbar sind. Ich würde es für durchaus vertretbar erachten, dass es 2.200,00 € sind. Diese können genauso gut zutreffen wie die von mir zunächst festgestellten 2.100,00 €.
l.d.u.g.a.e.V.w.a.v.
Der Sachverständige wurde sodann um 11.40 Uhr entlassen.
Die Sach- und Rechtslage sowie das Beweisergebnis werden sodann eingehend erörtert.
Das Gericht rät den Parteien nunmehr dringend, die Sache doch noch vergleichsweise beizulegen.
Die Parteien wiederholen sodann die Anträge aus der Sitzung vom 14.12.2011, Blatt 121 der Akten.
Streitverkündetenvertreter schließt sich dem klägerischen Antrag an.
Die Prozessbeteiligten verhandeln zur Sache sowie zum Beweisergebnis.
– beschlossen und verkündet –
1.
Die Prozessbeteiligten mögen bis zum Mittwoch, den 10.07.2013 mitteilen, ob eine Einigung nunmehr doch noch möglich ist oder nicht.
2.
Im Falle einer Einigung wird der Vergleichsinhalt durch Beschluss gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt werden.
3.
Ansonsten wegen Urlaubs des Abteilungsrichters zum Spruch erst auf
Mittwoch, den 28.08.2013, 12.00 Uhr, Zimmer 312.
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Befangenheitsantrag
24 C 444/11 15.06.2012
Amtsgericht Brühl
Beschluss
In Sachen
…
Der Antrag des Klägers, den Sachverständigen V. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Es kann dahinstehen, ob sich aus dem Umstand, dass der Sachverständige V. für die Schadensschnellhilfe arbeitet, ein Ablehnungsgrund ergibt oder nicht. Denn jedenfalls ist dem Ablehnungsantrag schon deshalb nicht zu entsprechen, weil er gemäß § 406 Abs. 2 Satz 1 und 2 ZPO verfristet ist. Er ist nicht innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung des Beweisbeschlusses vom 11.01.2012, in welchem der Sachverständige benannt worden ist (Zustelldatum 17.01.2012, Empfangsbekenntnis Blatt 126 der Akten), gestellt worden, sondern erheblich später, nämlich mit dem am 17.04.2012 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 12.04.2012. Auch hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Denn spätestens ab Zustellung des Beweisbeschlusses hatte er ohne jegliche Probleme die Gelegenheit, Erkundungen über den Sachverständigen einzuholen und zu prüfen, ob Befangenheitsgründe vorliegen oder nicht. Dies hat er jedoch nicht getan, sondern stattdessen offensichtlich ohne jegliche Überprüfung des Sachverständigen den angeforderten Auslagenvorschuss so schnell eingezahlt, dass er bereits 3 Tage nach Zustellung des Beweisbeschlusses bei Gericht eingegangen ist. Die deshalb alsdann erfolgte Beauftragung des somit von ihm seinerzeit nicht beanstandeten Sachverständigen hat damit der Kläger letztlich selbst zu vertreten.
Brühl.den 15.06.2012
Amtsgericht, Abt. 24
…
Richter am Amtsgericht
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24 C 444/11
Amtsgericht Brühl
Beschluss
In dem Rechtsstreit
des Herrn …
Klägers,
gegen
Frau …
Beklagte,
Der sofortigen Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss vom 15.06.2012 wird nicht abgeholfen. Sie wird daher dem Landgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt.
G r ü n d e :
Auch das Beschwerdevorbringen rechtfertigt eine abweichende Entscheidung nicht. Insbesondere ist die Verbundenheit des Sachverständigen V. zur Schadensschnellhilfe nicht geeignet, den Verdacht der Befangenheit zu rechtfertigen, solange keine sonstigen Verdachtsmomente hinzukommen.
Solche sind indes auch unter Berücksichtigung des hinsichtlich der Verdächtigungen gegenüber dem Sachverständigen V. doch recht pauschal gehaltene Klägervorbringens in dem Befangenheitsantrag sowie dem Beschwerdevorbringen nicht zu bejahen.
Brühl, 28.06.2012
Amtsgericht, Abt. 24
…
Richter am Amtsgericht
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13 T 106/12
24 C 444/11
Amtsgericht Brühl
Landgericht Köln
Beschluss
In dem Beschwerdeverfahren
des Herrn …
Klägers und Beschwerdeführers,
gegen
Frau …
Beklagte und Beschwerdegegnerin,
hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts Köln
durch den Richter am Amtsgericht … als Einzelrichter
am 11.07.2012
b e s c h l o s s e n :
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Brühl (24 C 444/11) vom 15.06.2012 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe
Die gemäß §§ 406, 567 ZPO ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob das am 17.04.2012 beim Amtsgericht eingegangene Ablehnungsgesuch rechtzeitig gem. § 406 Abs. 2 ZPO gestellt, bzw. ob die verspätete Antragstellung ausreichend begründet wurde.
Das Ablehnungsgesuch ist jedenfalls unbegründet.
Der Kläger hat keine Umstände dargelegt, die eine Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen gemäß den §§ 406 Abs. 1 Satz 1, 42 Abs. 2 ZPO begründen.
Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass es nicht darauf an kommt, ob der Sachverständige tatsächlich befangen ist oder ob er sein Gutachten pflichtgemäß erstellt hat. Für die Ablehnung reicht es aus, dass bei der ablehnenden Partei der Anschein der Parteilichkeit erweckt wird. Wenn aus der Sicht einer vernünftig denkenden Partei hinreichende Gründe gegeben sind, die Zweifel an der Unparteilichkeit erregen und bei dieser das Gefühl hervorrufen könnten, die Gegenpartei verfüge über Einflussmöglichkeiten, die sie selbst nicht habe, muss vom Vorliegen eines Befangenheitsgrundes ausgegangen werden ( BGH NJW-RR 1987, 893).
Wirtschaftliche Beziehungen zwischen einer Partei und einem Sachverständigen begründen eine Besorgnis der Befangenheit nicht ohne weiteres, sondern nur dann, wenn die besonderen Umstände des Einzelfalles dies nahe legen (vgl. OLG Koblenz NJW-RR 1992, 1470; OLG München MDR 1998, 858).
Derartige Umstände liegen hier nicht vor.
Es bestehen bereits Zweifel daran, dass ausreichend konkrete wirtschaftliche Beziehungen zwischen dem Sachverständigen und der beklagten Partei bestehen, die die Besorgnis einer Einflussmöglichkeit nahelegen würden. Zum einen ist nicht ersichtlich, dass der Sachverständige konkrete Vertragsbeziehungen zu der Beklagten oder der … Versicherung hätte. Der Sachverständige ist lediglich Vertragspartner der Schadensschnellhilfe GmbH (SSH – nach deren Internetauftritt ein Zusammenschluss von 250 unabhängigen Sachverständigenbüros zur Feststellung von Kraftfahrzeugschäden), die ihrerseits wiederum nach deren Internetauftritt mit der … Versicherung als einer von 78 aufgeführten Versicherungen zusammenarbeitet. Zum anderen ist die … Versicherung nicht Partei des hiesigen Verfahrens, auch wenn sie wirtschaftlich für eine Schadensregulierung einzustehen haben mag.
Selbst bei Bejahung einer wirtschaftlichen Beziehung fehlt es aber doch an den von der Rechtsprechung verlangten besonderen Umständen des Einzelfalls.
Der von der Beschwerde insoweit angeführte Umstand, dass der Sachverständige seine Zugehörigkeit zum SSH nicht früher offenbart habe, reicht hierfür nicht aus. Anders als im von der Beschwerde zitierten Verfahren des OLG Frankfurt (8 U 229/04, zit. nach juris) liegt gerade kein Fall vor, in dem besondere einzelfallbezogene Beziehungen zwischen dem Sachverständigen und einer Partei dargelegt sind (dort führte eine Partei in der Klinik des Gutachters selber Operationen durch), und die eine Offenbarungspflicht des Sachverständigen nach sich ziehen würden. Eine allgemeine Offenbarungspflicht aller früheren oder möglichen zukünftigen Auftraggeber besteht für einen Sachverständigen nicht.
Darüberhinaus gehende besondere Umstände sind nicht ausreichend dargelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Beschwerdewert: bis zu 1.200,00 EUR (nach § 3 ZPO geschätztes Interesse des Antragstellers an der Ablehnung)
————————
Schriftsatz des Klägervertreters
24 C 444/11
Pulheim, den 08.07.2013
In Sachen
…
teilte die Beklagte mit Schriftsatz vom 1.7.13 mit, daß keine Vergleichsbereitschaft besteht.
1.
Ferner ist sie der Auffassung, daß auch bei einem Wiederbeschaffungswert von 2.200,- € die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert um mehr als 30 % übersteigen.
Dies trifft zu für die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten gemäß Rechnung der Fa. Z. (Anlage K 4).
Die prognostizierten Reparaturkosten gemäß Gutachten T. belaufen sich jedoch auf 2.779,39 € brutto (Anlage K 2). Danach liegt auch bei einem Wiederbeschaffungswert von 2.200,- € ein reparaturwürdiger Schaden im Rahmen der 130-%-Grenze vor.
Der Kläger durfte auf dieses Gutachten des SV T. vertrauen. Das Prognose- und Werkstattrisiko geht zu Lasten des Schädigers (BGH NJW 92, 302, 304).
Vorsorglich beantrage ich zum Nachweis der Tatsache, daß der Wiederbeschaffungswert – wie vom SV T. ermittelt – 3.000,- € beträgt, die Einholung eines weiteren
Beweis: Sachverständigengutachtens.
Der gerichtlich bestellte Sachverständige V. hat in der Verhandlung eingestanden, bei den von ihm herangezogenen Referenzfahrzeugen wertbildende Faktoren wie Viertürer, Seitenairbag, Nebelscheinwerfer und Klimaanlage nicht berücksichtigt zu haben, obwohl das Fahrzeug des Klägers mit diesen ausgestattet war.
Nicht nachvollziehbar ist seine Einschätzung, daß ein (gebrauchter) Viertürer nur 50,- € teurer sein soll als ein Zweitürer. Dem widerspricht insbesondere die Anlage 1 zu seinem letzten Gutachten (dort Seiten 2- 4), die 14 Fahrzeuge auflistet, von denen nur die beiden Teuersten ausgewiesene Viertürer sind.
Auch vermochte er nicht zu erklären, wieso die vom SV T. herangezogenen Referenzfahrzeuge zu einem deutlich höheren Preis angeboten wurden als die von ihm herangezogenen Fahrzeuge. Ebensowenig konnte er erklären, wieso vergleichbare Fahrzeuge auch ein Jahr nach dem Unfall noch für ca. 3.000,- € angeboten wurden (Anlagen K 12 bis K 5).
Nach Auffassung des Klägers ist hinreichend belegt, daß es sich um einen reparaturwürdigen Schaden handelt. Der Geschädigte darf sich auf die Angaben des Gutachters verlassen (OLG Frankfurt 7 U 203/98; LG Konstanz NJW 12, 2203, 2204). Nach dem vom SV T. ermittelten Wiederbeschaffungswert (3.000,- €) liegt sowohl hinsichtlich der prognostizierten als auch der später dann tatsächlich angefallenen Reparaturkosten (3.254,15 €) ein reparaturwürdiger Schaden vor.
Aber selbst wenn man auf den nun auch vom Gerichtssachverständigen V. zugestandenen Wiederbeschaffungswert von mindestens 2.200,- € abstellt, lag zumindest in Bezug auf die prognostizierten Reparaturkosten ein reparaturwürdiger Schaden vor. Daß später dann die tatsächlichen Reparaturkosten höher ausgefallen sind, fällt unter das Prognoserisiko des Schädigers.
Als der Kläger die Reparatur in Auftrag gegeben hat, durfte er davon ausgehen, daß ein reparaturwürdiger Schaden vorliegt.
2.
Hinsichtlich der Teilzahlung der Versicherung bleibt es dabei, daß diese Teilzahlung als unzulässig zurückgewiesen wurde. Auf diese Zurückweisung hat die Versicherung nicht reagiert. Für den Kläger bestand bisher keine Veranlassung, das Geld zurück zu überweisen. Die Versicherung hat das Geld bisher nicht zurückgefordert.
Teilzahlungen muß der Kläger als Gläubiger nicht akzeptieren. Die Zurückweisung verhinderte eine Teilerfüllung. Die Versicherung der Beklagten vertritt die Auffassung, der Schaden sei vollständig reguliert. Dieser Auffassung schließt sich die Beklagte offensichtlich an.
Wenn sich jetzt im Prozeß herausstellt, daß der Schaden doch nicht vollständig reguliert wurde, muß die Beklagte dies in aller Konsequenz hinnehmen, also auch mit der Konsequenz, daß eine unzulässige Teilzahlung vorlag. Damit trägt sie das volle Kostenrisiko, das aus dem Versuch ihrer Versicherung resultiert, die berechtigten Ansprüche des Klägers nur häppchenweise zu bedienen.
Zwei beglaubigte und zwei einfache Abschrift anbei.
…
(Rechtsanwalt)
Siehe auch Kommentar vom 26.10.2011
Die Vorgeschichte des Klageverfahrens hatte ich im Oktober 2011 hier schon geschildert.
Hallo, Willi Wacker,
im Internet steht zur SSH folgendes zu lesen:
„Die Organisationsgesellschaft der Schaden-Schnell-Hilfe-Stationen zur Feststellung von Kraftfahrzeugschäden mbH mit Sitz in Hamburg ist ein Zusammenschluss von derzeit rund 250 freien und unabhängigen KFZ- Sachverständigenbüros mit rund 1500 Mitarbeitern, die flächendeckend in ganz Deutschland tätig sind.
Die SSH Versicherungspartner.
Für eine schnelle Schadenabwicklung.
Der gute Draht der SSH zu Ihrem Versicherer garantiert Ihnen eine schnelle Schadenabwicklung. Weil die SSH mit den folgenden Versicherern sehr eng zusammenarbeitet:
Für weitere Informationen klicken Sie bitte auf die jeweilige Versicherung.“ Es sind 73 (!) an der Zahl und zu der hier Beklagten entnimmt man der Auflistung:
HDI und HDI-Gerling Kraftfahrzeugversicherungen »
Riethorst 2, 30659 Hannover“
Das als Informationsvorspann.-
Ein hingezirkelter Wiederbeschaffungswert lässt in Verbindung mit dem beurteilungsrelevanten Zahlenwerk für eine noch bestehende Reparaturmöglichkeit zumindest ansatzweise den Verdacht aufkommen, dass hier dem Auftraggeber des weiteren Gutachtens die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, auf Totalschadenbasis abzurechnen, obwohl das Prognoserisiko in Verbindung mit dem ersten Gutachten nicht zu Lasten des Klägers gehen kann.-
Unabhängig davon ist die Einschätzungsdifferenz zwischen 3000,00 € und 2100,00 € nicht unerheblich, denn sie ergibt sich immerhin mit 30%. Selbst wenn man eine mögliche Einschätzungsbandbreite von 15 % berücksichtigen würde, bedarf eine Differenz von 30% einer nachvollziehbaren und tragfähigen Begründung. Ob es eine solche gegeben hat, ist fraglich. Es wäre also die Frage berechtigt gewesen, wo denn zum Preis von 2100,00 € der Kläger im Rahmen eines Wiederbeschaffungszeitraums x ein vergleichbares (nicht gleichwertiges (!) Ersatzfahrzeug hätte erwerben können und ob dem Kläger diese Wiederbeschaffungsmöglichkeit zu einem früheren Zeitpunkt auch hätte bekannt sein müssen. Ich denke da an einen Vorgang, der schon Jahre zurückliegt und bei dem von einem Versicherer behauptet wurde, der im Gutachten berücksichtigte Wiederbeschaffungswert sei deutlich zu hoch gegriffen. Wir haben eine Irrtumsmöglichkeit nicht gänzlich ausgeschlossen und angeboten, angeblich verfügbare und „gleichwertige“ Fahrzeuge hinsichtlich ihrer Vergleichberkeit zu überprüfen. Diese ist dann in mehreren Fällen auch erfolgt mit dem nachprüfbaren Ergebnis, das von Vergleichbarkeit nicht annähernd die Rede sein konnte. Die dadurch entstandenen Kosten trug dann stillschweigend auch noch der zweifelnde Versicherer.
Dass 2 SSH-Sachverständige sich nicht gegenseitig den Ast absägen, auf dem sie sitzen, ist lebensnah. Allerdings ist hier dem vom Gericht beauftragten Sachverständigen der Vorwurf zu machen, dass er das Gericht nicht nach Eingang der Akte gemäß seiner Verpflichtung als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger darauf aufmerksam gemacht hat, dass mit seiner Ernennung zumindest aus 2 Gründen die Besorgnis der Befangenheit greifen könnte:
1. Er sollte über einen streitigen Wiederbeschaffungswert ein Gutachten erstellen, zu dem auch die Prognose eines benachbarten SSH-Kollegen vorliegt, den er moglicherweise sogar persönlich kennt.
2. Die beklagte Versicherung gehörte auch zum Kreis der Unionsversicherer, zu denen die SSH-Organisation sehr enge Kontakte unterhält. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei der Größe der SSH Köln die beklagte Versicherung auch zu deren potenten Auftraggebern gehört hat oder noch gehört.
Ein exakt in gleicher Höhe prognostizierter Wiederbschaffungswert könnte ein Indiz für eine entsprechende Verquickung sein, denn wer haut einen potenten Auftraggeber schon gern in die Pfanne ?
Hier hat deshalb der vom Gericht beauftragte Sachverständige eindeutig gegen die Sachverständigenordnung verstoßen und müßte bei einer Eingabe des Klägers nachhaltig von der zuständigen IHK abgemahnt werden.
Es ist sowieso ein Unding, dass in den der Versicherungswirtschaft nahestehenden SSH-Stationen tätige Sachverständige öffentlich bestellt und vereidigt sind, obwohl sie Ihre Tätigkeit nicht unabhängig und neutral ausüben können, weil sie u.a. die Regularien ihrer Auftraggeber aus dem Kreis der Union der Autoversicherer beachten müssen. Da kann von Unabhängigkeit keine Rede sein und sie unterliegen außerdem auch einem Honorardiktat und einer Reihe weiterer Verpflichtungen, die sich mit der Unabhängigkeit und der Saschverständigenordnung nicht in Übereinstimmung bringen lassen. Ein klarer Fall für die Wettbewerbszentrale und den DIHT! Auch der BVSK ist ein Sammelbecken von SSH-Partnern.
Genau so gut könnte der ADAC behaupten, er sei heute noch versicherungsunabhängig. Von daher ist es sicherlich dringend erforderlich, dass zukünftig die vom Gericht zu beauftragenden Sachverständigen ihre Unabhängigkeit in geeigneter Form darlegen sollen.
Mit freundlichen Grüßen
L.B.
S S H = Schnelle Schadenhalbe ist ja allseits bekannt. Und der Richter des AG Brühl ist mal wieder einer von der Sorte dem man einen schönen Verkehrsunfall mit ganz gehörigem Sachschaden und noch größerem Ärger durchaus gönnen würde.
@ L.B.
„……………….im Internet steht zur SSH folgendes zu lesen:“
Lieber L.B.,
nachdem wir „alten Hasen“ wissen dass die SSH für ca.68 Versicherer arbeitet,
dass die SSH nur ö.b.u.v. SV als Mitglieder aufnimmt,
dass die SSH Partner pro Auftrag eine Provision bezahlen,
dass die Provisionen anteilig an die jeweiligen Vers. Vorstände als Sitzungsgelder wieder ausgeschüttet werden,
dass alle SSH Mitglieder mehrfach gegen die SV-Ordnung verstossen,
den Kammern und dem DHIT, trotz Kenntnis der Sauereien das alles am A… vorbeigeht,
dass die Mitglieder vertraglich festgelegt, weisungsgebunden gegen über den Versicherungsvorständen sind.
Dass das Vorgenannte weder Richter noch sonstigen zuständigen Beamten bzw. Personen interessiert mussten wir streitbaren SV schon schmerzlich erfahren.
Du solltest Dich lieber fragen, warum es gesetzliche Verordnungen für unabhängige ö.b.u.v. SV gibt, welche aber von de ö.b.u.v. SV der SSH, von de ö.b.u.v. SV der Dekra, von de ö.b.u.v. SV der Versicherungswirtschaft nicht eingehalten werden müssen.
Lass Dir mal die Verträge der SSH Gesellschafter vom Registergericht kommen und die Verträge der SV Mitglieder, vielleicht gehen Dir da ein paar „Kronleuchter „auf.
Unser Staat ist hier derjenige, welcher die landesbekannten GA-Streicher und weisungsgebundenen SV auch noch öffentlich bestellt u. vereidigt. Der Saulus“ wird da zum „Paulus“ gestempelt, damit die ordentlich u. rechtskonform arbeitenden SV mit diesen Scharlatanen in einen Topf geworfen werden.
Ja man sieht da wieder deutlich den Einfluss der Versicherungen beim DIHT und beim IFS in unserer Sumpflandschaft Deutschland.
Dieser Beitrag ist ein prima Beispiel dafür, was Anwälte heutzutage alles leisten müssen um ein einigermaßen ordentliches Ergebnis im Schadensersatzprozess für den Mandaten herauszuholen.
Das mit der Zurückweisung der Teilzahlung und einklagen der gesamten Summe ohne den Betrag vorher zurückzuweisen, halte ich für falsch. Aber seis drum. Man kann nicht immer alles richtig machen.
Der gesamte Kampf einschl. Befangenheitsanträge gegen den Sachverständigen, die ja aus dem gesamten Vorgang für Insider als erwiesen gilt, kann nicht mit einer Gebühr von 1,3 abgegolten werden. Das müsste auch den Damen und Herren Richter(innen) langsam klar werden. Die Abwicklung eines Kfz-Haftpflichtschadens ist inzwischen dermaßen aufwändig, teilweise komplex und kostenintensiv, dass bei Vorgängen wie oben keine 1,5, sondern ohne weiteres eine Gebühr von mindestens 2,0 anzusetzen wäre.
Einerseits stellen die Anwälte der Versicherer einen Befangenheitsantrag, wenn ein vom Gericht beauftragter freier und unabhängiger SV auf seiner Webseite auf die berechtigten Rechtsansprüche der Geschädigten hinweist, oder im Internet irgendwo einen Kommentar hinterlässt, der möglicherweise geschädigtenfreundlich sein könnte (freie Meinungsäußerung ade?). Andererseits interessiert es aber dann keinen Richter (und auch nicht die Kammern), wenn Gerichtsgutachter nachweislich dauerhafte Geschäftsbeziehungen zur konkret beklagten Versicherung unterhalten und der gerichtlich bestellte Sachverständige mit dem außergerichtlich (gekauften) Gutachter der Versicherung im Prozess offensichtlich gemeinsame Sache macht? Da fliegt einem inzwischen doch voll das Blech weg, in welch desolaten Zustand sich unser angeblich so tolles Rechtssystem befindet.
§266 BGB hat strenge Voraussetzungen,die von der Rechtsprechung konkretisiert wurden.
Ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ist,dass der Gläubiger die Rückzahlung der Teilzahlung auch tatsächlich vornimmt.Zurückweisen bedeutet zurückzahlen!
Ich habe das am LG Aschaffenburg erfolgreich praktiziert bei einer „Vorschusszahlung“ des Versicherers i.H.v. 4000,-€ die zudem unter „Verrechnungs-und Rückforderungsvorbehalt“ gestellt worden war.
Mit einer solchen Zahlung konnte meine Mandantschaft nichts anfangen,ausser sie für den Schuldner zu verwahren.
Ich forderte daher zunächst dazu auf,die Vorbehalte unter Fristsetzung zurückzunehmen,worauf nichts geschah.
Sodann wurde der Vorschuss zurücküberwiesen „gem.§ 266 BGB“.
Das LG hat die Rechtmässigkeit dieser Massnahme im Urteil bestätigt.
Das Amtsgericht Brühl hätte gar nicht so lange herumfuchteln müssen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung trägt der Schädiger das Werkstatt- und das Prognoserisiko. Wenn der Geschädigte auf die Richtigkeit des Gutachten vertrauen konnte, konnte er die Reparatur des verunfallten Fahrzeugs in Auftrag geben. Basta. Damit war der Fall entschieden.
Bezüglich der Ablehnung des Sachverständigen hat doch der Sachverständige selbst den gröbsten Fehler begangen.
Nach Erhalt der Akte und des Auftrages zur Erstattung eines Gutachtens hätte er das Gericht zumindest darauf hinweisen müssen, dass er derselben Organisation angehört wie auch der vorgerichtlich für die Versicherung tätige SV. Dies gehört zu den Pflichten des SV.
Ich weiß nicht, ob ich dem Anwalt einen Vorwurf machen würde, der nun auch noch bei jedem SV schauen muss, ob und wie Verflechtungen mit der Versicherungswirtschaft oder einen Organisation bestehen, die die subjektive Annahme der Befangenheit einer Partei rechtfertigen würden.
Dass der Richter ein Versäumnis des Sachverständigen nun einer Partei anlastet, ist meiner Meinung nach benso unangemessen. Um die Kosten kann es nicht gehen, denn der SV hat ggf. sogar seinen Honoranspruch verloren…
Viele Grüße
Andreas
Dem Herrn Dipl.-Ing. Andreas Hoppe ist beizupflichten. Der vom Gericht bestellte Sachverständige hat seine Gutachterpflicht der Neutralität grob verletzt. Dass er auch der Organisation SSH angehört, hätte er dem Gericht, den Parteien und den Anwälten mitteilen müssen, als ihm das Gericht die Akte mit dem Beweisbeschluss übersandt hatte. Diese Pflicht hat er gröblichst verletzt, so dass zu überlegen gilt, ob ein derartiger Sachverständiger noch Mitgled dieser SSH-Organisation sein kann. Wenn er öffentlich bestellt und vereidigt ist, müsste der Vorfall der zuständigen Kammer bekannt gegeben werden. Darüber hinaus müßte das Gericht ihn von der Liste der Gerichtsgutachter streichen, denn es verbietet sich, Gutachter zu beauftragen, denen der Geruch der Befangenheit anhaftet.
SSH heißt ja nicht umsonst S chaden S chnell H albierung.
„Der vom Gericht bestellte Sachverständige hat seine Gutachterpflicht der Neutralität grob verletzt. Dass er auch der Organisation SSH angehört, hätte er dem Gericht, den Parteien und den Anwälten mitteilen müssen, als ihm das Gericht die Akte mit dem Beweisbeschluss übersandt hatte.“
Hallo, Willi Wacker,
wir haben bisher noch keinen vom Gericht beauftragten SSH-Sachverständigen erlebt, der das so sehen würde und entsprechend auch gehandelt hätte. Aber vielleicht ändert sich ja da was.- Es wäre für die Unfallopfer, wie aber auch für die Justiz wünschenswert, allerdings weniger für die Autoversicherer und ihre Lobby.
„Diese Pflicht hat er gröblichst verletzt, so dass zu überlegen gilt, ob ein derartiger Sachverständiger noch Mitglied dieser SSH-Organisation sein kann. ?
Da ist aber wohl in Deinen Überlegungen eine Verwechselung passiert. Wieso nicht mehr Mitglied der SSH-Organisation ? Der „Kollege“ hat sich doch an der Front langjährig bestens bewährt. Wieso sollte man ihn wegen einer solche „Lappalie“ plötzlich abschießen ?
Richtig ist sicher, dass er seine Verpflichtungen als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger gröblichst verletzt hat und sein Eid wohl nicht viel wert war. Das fällt aber in den Zuständigkeitsbereich der jeweiligen IHK. Allerdings weiß ich aus langjährigen Erfahrungen, dass solchen Beschwerden meist halbherzig nachgegangen wird und die Kollegen fleißig weiter basteln.
Dass die Gerichte diese Verquickungen bisher nicht unter die Lupe genommen haben, ist ein ganz anderes Thema. Es ist in der Praxis ein riesiger Sumpf zu Lasten der Unfallopfer, aber auch der Rechtsprechung. Bisher haben die IHK´s solche „Vergehen“ nicht nachhaltig geahndet. In letzter Konsequenz müßte eine Bereinigung eigentlich zu der Entscheidung zwingen: Entweder weiterhin öffentlich bestellt und vereidigt oder SSH-Partner und damit auch Partner der Autoversicherer. Beides zusammen geht nicht. Und das es bisher doch geht, zeigt die Praxis. Ein Problem, das der DIHT schnellstens lösen sollte mit einer entsprechenden Bereinigung/Ergänzung in der Sachverständigenordnung und ggf. einer Änderung in der ZPO, was die Auswahl von Sachverständigen angeht.
Ein Knackpunkt sind aber auch die seit Jahrzehnten festzustellenden Versäumnisse bei entsprechenden gerichtlichen Auseinandersetzungen. Die klagenden Parteien haben schlichtweg geschlafen, wenn vom Gericht ein Sachverständiger der entsprechenden Couleur hinzugezogen werden sollte. Seien wir hier doch einfach mal ehrlich: Welcher Klägervertreter hat sich denn schon mit der Frage beschäftigt, ob dieser vom Gericht ins Visier genommene Sachverständige auch tatsächlich als unabhängig angesehen werden kann ?
„Darüber hinaus müßte das Gericht ihn von der Liste der Gerichtsgutachter streichen, denn es verbietet sich, Gutachter zu beauftragen, denen der Geruch der Befangenheit anhaftet.“
Das wäre zweifelsohne eine zu überdenkende Maßnahme, um auf solidere Grundlagen für die Entscheidungsgründe bauen zu können und ist unseres Erachtens ganz einfach:
1. Bequeme Recherche im Internet
2. Verbindliche Erklärung des Sachverständigen bezüglich seiner Stellung zu den an einem Verfahren beteiligten Parteien und ggf. zu den dahinter stehenden Versicherern.
Der Spuk der verdeckten Unterwanderung hätte dann vielleicht ein schnelles Ende, wenn wohl auch nicht gänzlich auslöschbar, wenn man nicht der Illusion das Wort reden will.
Noch einen schönen Abend
G.v.H.
Paaaaah, G.v.H,
das ist ja mal Klartext und eine kalte Dusche. War aber wohl auch längst erforderlich, um alte Strukturen in Frage zu stellen und ans Licht zu bringen. Bei dem, was Du da präsentiert hast, werden die Verpflichtungen aus einer öffentlichen Bestellung und Vereidigung ja wohl mit Füßen getreten und das hat eine kaum zu übersehende Dimension. Ich bin mal gespannt, wem es gelingen Könnte, die Karre aus dem Dreck zu ziehen. Jedenfalls sind die am Markt bisher etablierten Berufsverbände dazu wohl nicht geeignet und insbesondere der BVSK dürfte daran aus mehreren Gründen auch kein gesteigertes Interesse haben, denn er ist gehalten, schützend die Hand über die Mitglieder mit SSH-Stationen zu halten. Ja so sind eben die selbst verschriebenen Normen unterschiedlich auslegbar.
Norbert S.
Wenn einem mal ein Möwe auf den Kopf sch………, gibt es einen Schreck und entrüstetes Geschrei. Dabei kann man froh sein, dass Elefanten nicht fliegen können.
Noch einen schönen Tag
Scouty
@ G.v.H.
Nachdem ich erfahren hatte, daß der gerichtlich bestellte SV V. für SSH arbeitet, stellte ich nicht nur einen Befangenheitsantrag, sondern höchst vorsorglich und hilfsweise folgende Fragen an SV V.:
Diese Fragen hat das Gericht dem SV V. ausdrücklich nicht zur schriftlichen Stellungnahme vorgelegt (wohl aber die weiteren Fragen 9. bis 19.)
Im (ersten) Termin verneinte SV V. zur Frage 8., einen derartigen Kontakt aufgenommen zu haben.
Im übrigen entschied das Gericht im Termin:
Das Gericht hatte meine „Angriffe“ gegen den Sachverständigen zunächst abgewehrt und diesen geschützt, wo es nur geht. Nachdem der Sachverständige dann in der mündlichen Erörterung gravierende Lücken in seinem Gutachten offenbaren mußte, war das Gericht ziemlich verwundert. Ich hatte am Ende der Verhandlung jedenfalls den Eindruck, daß es das Thema Befangenheit des Sachverständigen jetzt etwas anderes sieht.
Nicht jede Kritik an einem Sachverständigen und an dessem Gutachten ist ein querulatorischer Angriff des Rechtsanwaltes, der mit dem Ergebnis eines Gutachtens nicht zufrieden ist. 🙂
Ich habe dunkel in Erinnerung, hier bei captain-huk vor nicht allzu langer Zeit den Hinweis auf eine Gesetzesinitiative zur Änderung der ZPO gelesen zu haben, nach der Gerichtssachverständige von sich aus offenbaren müssen, wenn sie engere Kontakte zu Beteiligten unterhalten. Ich finde diesen Hinweis leider nicht mehr. Vielleicht kann jemand helfen?
Noch eine kleine Anmerkung zu diesem Verfahren am Rande. Im ersten Termin zur mündlichen Erörterung des Gutachtens war der Sachverständige V. nicht richtig vorbereitet (was ich ihm nicht vorwerfe), wohl auch deshalb, weil das Gericht versehentlich meine Fragen nicht an ihn weitergeleitet hatte. Daraufhin wurde ein zweiter Erörterungstermin anberaumt. Im ersten Termin erklärte er allerdings:
Diese Argumentation habe ich schon öfters von Gerichtssachverständigen gehört, wenn ich konkrete Fragen hatte, die dem Sachverständigen (vielleicht) unanangenehm waren: Das kann ich zwar beantworten, aber das wird richtig teuer. Manchmal lohnt es sich, sich davon nicht abschrecken zu lassen.
Danke, Herr RA Schepers, für die ausführliche und interessante Erläuterung.
G.v.H.
@RA Schepers
„Diese Fragen hat das Gericht dem SV V. ausdrücklich nicht zur schriftlichen Stellungnahme vorgelegt (wohl aber die weiteren Fragen 9. bis 19.)
Im (ersten) Termin verneinte SV V. zur Frage 8., einen derartigen Kontakt aufgenommen zu haben.
Im übrigen entschied das Gericht im Termin:
=
1. Befangenheit des Gerichts?
2. Grob fahrlässige (oder wohl eher vorsätzliche) Verletzung des rechtlichen Gehörs, die geradezu nach formaler Verfassungsbeschwerde schreit.
Meiner Meinung nach ist der geschilderte Verlauf dieses Verfahrens ein weiterer Skandal des sog. Rechtssystemes, auch wenn die Sache im Ergebnis relativ glimpflich ausgegangen ist. Schweinereien wie diese sollte man noch viel öfter öffentlich zur Diskussion stellen. So lange vergleichbare Vorgänge wie diese in der Schublade oder im Archiv vergammeln, so lange bleibt der Sumpf genauso wie er ist.
@ Kollege Schepers
dieses Gericht hätte ich aus dem Stand abgelehnt!
Es war übrigens eine Empfehlung des Goslaer VGT,dass der SV seine mögliche Interessenkollision ungefragt gegenüber dem potentiellen Kunden offenbaren sollte.
@ Kollege Imhof
Danke für den Hinweis auf den VGT.
Im Nachhinein hat es sich – glaube ich – gelohnt, daß ich keinen Befangenheitsantrag gegen das Gericht gestellt habe. Der Richter war zum Schluß nicht begeistert von der Leistung des Gutachters. Und er hat einen (weiteren) Eindruck in die Regulierungspraxis der Kfz-Versicherungen gewonnen. Beim nächsten mal wird er einem Gerichtsgutachter sicherlich kritischer gegenüber stehen. Und vielleicht von sich aus mal hinterfragen, inwieweit ein Sachverständiger mit der Versicherungswirtschaft verbandelt ist.
@RA Schepers@..Im Nachhinein hat es sich – glaube ich – gelohnt, daß ich keinen Befangenheitsantrag gegen das Gericht gestellt habe. Der Richter war zum Schluß nicht begeistert von der Leistung des Gutachters.
Wahrlich – eine schöne „Gutenachtgeschichte“. „Der Richter war nicht begeistert“.
Donnerwetter! Das haut einen ja aus den Socken.
Mit der Befangenheit eines Sachverständigen (zu Mietwagenpreisen) hatte sich auch das LG Wiesbaden auseinanderzusetzen
(Beschluss vom 22.03.2013 – 4 T 49/13 –).